Schultze-Naumburg, Paul
- Lebensdaten
- 1869 – 1949
- Geburtsort
- Almrich/Saale bei Naumburg
- Sterbeort
- Jena
- Beruf/Funktion
- Architekt ; Publizist ; Maler ; Schriftsteller
- Konfession
- evangelisch?
- Normdaten
- GND: 118891987 | OGND | VIAF: 3269092
- Namensvarianten
-
- Schultze, Paul Eduard (eigentlich)
- Schultze-Naumburg, Paul
- Schultze, Paul Eduard (eigentlich)
- schultze, paul eduard
- Naumburg, Paul S.-
- Naumburg, Paul Schultze-
- Schultze Naumburg, Paul
- Schultze, Paul
- Schultze, Paul Naumburg-
- Schultze-Naumburg, P.
Vernetzte Angebote
- Blue Mountain. Historic Avant-Garde Periodicals for Digital Research [2017-]
- * Kalliope-Verbund
- Archivportal-D
- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- Personendaten-Repositorium der BBAW [2007-2014]
- Mitgliederverzeichnis der Akademie der Bildenden Künste Berlin [2006-]
- Pressemappe 20. Jahrhundert
- * Ernst Haeckel Online Briefedition
- * Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten Basis: Parlamentsalmanache/Reichstagshandbücher 1867 - 1938 [1867-1938]
- * Historisches Lexikon Bayerns
- * Nachlassdatenbank beim Bundesarchiv
- * Forschungsdatenbank so:fie Personen
- * Katalog des Deutschen Kunstarchivs (DKA) im Germanischen Nationalmuseum
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Thesaurus des Consortium of European Research Libraries (CERL)
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Literaturnachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Werknachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- Personen im Fachinformationsdienst Darstellende Kunst
- Sächsische Bibliographie
- Index Theologicus (IxTheo)
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Verknüpfungen
Personen in der NDB Genealogie
- NDB 5 (1961), S. 432* (Frick, Wilhelm)
- NDB 23 (2007), S. 247 in Artikel Schmitthenner, Paul (Schmitthenner, Paul)
- NDB 24 (2010), S. 189 in Artikel Seifert, Alwin (Seifert, Alwin)
- NDB 25 (2013), S. 786 in Artikel Tappert, Georg (Tappert, Georg Wilhelm)
- NDB 26 (2016), S. 43 in Artikel Tessenow, Heinrich (Tessenow, Heinrich Helmuth Leonhard Joachim)
- NDB 27 (2020), S. 260* (Wahnschaffe, Arnold Karl Gustav)
- NDB 27 (2020), S. 666 (Weise, Georg Adolf Richard)
Orte
Symbole auf der Karte
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Schultze-Naumburg (eigentlich Schultze), Paul Eduard
Architekt, Publizist, Maler, * 10.6.1869 Almrich/Saale bei Naumburg, † 19.5.1949 Jena ⚰ Weimar. (evangelisch)
-
Genealogie
V →Gustav Schultze († 1898), Porträtmaler, später Photograph in N., fertigte u. a. Porträtphotographien v. →Friedrich Nietzsche an;
M Emma Lienemann; 5 ältere Geschw u. a. →Richard Schultze (1855–1923), Architekt, Wirkl. Geh. Oberbaurat, Vortr. Rat im preuß. Min. d. öff. Arbb., Mitgl. d. Ak. d. Bauwesens (s. DBJ V. Tl.; ThB; Vollmer);
– ⚭ 1) 1893 →Ernestine Mack (* 1869), aus Hanau, Malerin, beteiligte sich an Ausstellungen d. Sezession in München (s. Das geistige Dtld. am Ende d. 19. Jh., 1898),
2) 1901 Marie, T d. Philipp Wahnschaffe, Rittergutsbes., u. d. Hedwig Freiin v. Wangenheim,
3) Margarete Doerr (1896–1960, ⚭ 2] 1934 →Wilhelm Frick, 1877–1946, NS-Pol., Reichsminister d. Innern, s. NDB V), Bibl.,
4) Charlotte Ulrich;
2 S u. a. N. N. (⚔), Graphologe, N. N., Mitarb. d. Reichssippenamts, Bildberichterstatter, Photograph, 3 T u. a. Irene (⚭ →Walther Hertzsch, 1901–75, aus Zwickau, Dr. agr., Zool., Abt.leiter am MPI f. Züchtungsforsch, in Köln-Vogelsang, s. Kürschner. Gel.-Kal. 1970); Schwager →Arnold Wahnschaffe (1865–1941), Unterstaatssekr. in d. Reichskanzlei, 1907 Vortr. Rat in d. Reichskanzlei (s. Wi. 1911; Rhdb.; Wenzel; NDB 17, Fam.art. Moellendorff). -
Biographie
Als Kind eines Schadow-Schülers, der Verbindung u. a. zu →Franz Kugler, Emanuel Geibel, →Paul Heyse und →Friedrich Nietzsche unterhielt, kam S. früh mit der Kunst in Berührung. Nach dem Abitur an der Oberrealschule in Naumburg begann er 1886 an der Kunstgewerbeakademie Karlsruhe zu studieren, 1887 wechselte er zum Malereistudium an die Kunstakademie. Wenngleich zwei Semester Gasthörer an der TH, blieb S. als Architekt Autodidakt, dabei beeinflußt durch den Bruder Richard. Nach zwei Jahren (1891–93) als Meisterschüler des Historien- und Landschaftsmalers →Ferdinand Keller (1842–1922) zog S. nach München, wo er eine Malschule gründete; 1897 ging er nach Berlin und war dort als freischaffender Künstler und Sezessionist tätig. Seine während dieser Zeit entstandenen Gemälde zeigen bereits das Lebensthema der harmonischen Idealverbindung von Natur-, Kulturlandschaft und Baukunst, das den ganzheitlich-soziokulturellen Anspruch der Reformbewegung reflektiert.
1901 zog S. nach Saaleck bei Kösen und errichtete sich ein großzügiges Einfamilienhaus mit Garten. Das manifestartige Gesamtkunstwerk wurde bis zum Umzug nach Weimar 1934 ständig erweitert. Analog zu den Vereinigten Werkstätten in München gründete S. 1901 die Saalecker Werkstätten mit kunsthandwerklicher und architektonischer Produktion, und eröffnete Niederlassungen in Berlin, Köln, Essen, die bis zu 70 Mitarbeiter beschäftigten. Im selben Jahr legte er das erste Buch der neunbändigen „Kulturarbeiten“ (abgeschlossen 1917) vor, Grundlage der sog. Heimatschutz-Bewegung und der Überwindung des akademischen Historismus. Antrieb, gewachsene Kulturlandschaften in Musterbüchern mit enzyklopädischem Anspruch zu dokumentieren, war die „Verheerung unseres Landes auf allen Gebieten sichtbarer Kultur“ (Vorwort) als Folge der Industrialisierung. Neueste Druckverfahren ermöglichten S., die zumeist eigenen Fotografien eng mit der textlichen Argumentation zu verbinden. Damit beeinflußte er inhaltlich und konzeptuell weitere Schriften, darunter Paul Mebes' „Um 1800“ (1908).
Eine ganzheitliche Ästhetik, die schöpferisches Weiterdenken aus kulturlandschaftlichem Erbe anstrebte, bildete auch die Grundlage der planerischen Arbeit. Seit 1901 errichtete S. großangelegte Schlösser, Landhäuser und Gärten in stilistischem Amalgam aus Barock und Klassizismus. Zu den bekanntesten Anlagen zählt Schloß Cecilienhof bei Potsdam, 1913-17 für den preuß. Thronfolger Wilhelm errichtet. 1902, unter der Direktion Henry van de Veldes, wurde S. Dozent an der Weimarer Kunsthochschule, 1904 erhielt er den Professorentitel. Im selben Jahr war er Mitbegründer des „Bundes Deutscher Heimatschutz“, den er bis 1913 leitete. 1907 gehörte er zu den Initiatoren des „Deutschen Werkbundes“. S. verließ die Vereinigung 1927 aus Protest gegen Mitglieder wie Mies van der Rohe, Walter Gropius oder Otto Bartning und deren Engagement für das „Neue Bauen“ in der Avantgardevereinigung „Der Ring“. 1928 formierte sich die nationalkonservative Gegengruppe „Block“ mit S. als Vorsitzendem. 1930 gab S. die Saalecker Werkstätten aus wirtschaftlichen Gründen auf und übernahm Bartnings Stelle als Direktor der Staatl. Kunsthochschule Weimar.
Das Festhalten an Vorstellungen der Vorkriegszeit, vermischt mit völkisch-rassischen Ideologemen, machte S. zur zentralen Figur der Antimoderne. In „Kunst und Rasse“ (1927) zeigte er, analog zu den didaktischen Negativbeispielen in den „Kulturarbeiten“, Fotografien Behinderter neben expressionistischen Kunstwerken, um auf „Entartungen“ hinzuweisen – in enger Anlehnung an die „Rassetheoretiker“ Hans F. K. Günther (1891-1968) und Walther Darré (1895–1953), der „Neuadel aus Blut und Boden“ 1930 auf Saaleck verfaßte. Als NSDAP-Mitglied seit 1930, Leiter des „Kampfbundes deutscher Architekten und Ingenieure“ seit 1931 und Reichstagsabgeordneter seit 1932 diente sich S. dem Nationalsozialismus an. An der Schließung des Bauhauses Dessau 1932 hatte er maßgeblichen Anteil. Dennoch fanden seine eigenen Konzepte in der NS-Kulturpolitik keine besondere Berücksichtigung. Nach seinem Umbau der Nürnberger Oper kam es 1935 zum Zerwürfnis mit →Hitler, der seit 1924 in Saaleck verkehrt war. Nach Auseinandersetzungen mit dem thür. Gauleiter →Fritz Sauckel (1894–1946) wurde S. 1940 in Ruhestand versetzt, erhielt jedoch eine Ehrenpension und zahlreiche Auszeichnungen. Nach Kriegsende 1945 enteignet, wurde der in Jena verstorbene S. auf dem Friedhof in Weimar anonym beigesetzt, in dem von ihm gestalteten Grab →Ernst v. Wildenbruchs († 1909). Die ideologischen Verstrickungen, die seine späten, von menschenverachtendem Haß getragenen Schriften dokumentieren, überschatten bis heute S.s Bedeutung für Denkmalpflege, Reformkultur und künstlerische Erneuerung nach 1900.
-
Auszeichnungen
Dr. h. c. (Tübingen 1923);
Dr.-Ing. E. h. (TH Stuttgart 1929);
Goethepreis d. Stadt Frankfurt/M. (1939);
Silberner Gauadler d. Staates Thüringen (1940);
Adlerschild d. Großdt. Reiches (1944);
Ehrenbürger d. Städte Weimar u. Jena (1944);
Mitgl. d. Dürerbunds, d. Ak. d. Bauwesens, d. Preuß. Ak. d. Künste (1930), d. Dt. Künstlerbunds (Ausschluß 1931 wegen antimodernistischer Aktivitäten) u. d. Sachverständigenrats f. Bevölkerungs- u. Rassepolitik im Reichsinnenministerium. -
Werke
Weitere W u. a. Gem.: Wandbilder in d. Villa Poppe, Dresden, undat.;
Burg Plaue, 1899 (Mus. Leipzig);
Saalelandschaft, 1899 (Mus. Schloß Moyland);
– Schrr.:
Der Studiengang d. modernen Malers, 1896;
Häusl. Kunstpflege. 1899;
Die Kultur d. weibl. Körpers, 1901;
Kulturarbeiten, 9 Bde., 1901-17, zahlr. spätere Auflagen;
Der Bau d. Wohnhauses, 2 Bde., 1917-24;
Vom Verstehen u. Genießen d. Landschaft, 1924;
Das bürgerl. Wohnhaus 1926, ²1927;
ABC d. Bauens, 1926;
Saaleck, Bilder v. meinem Hause u. Garten, 1927;
Flaches oder geneigtes Dach?. 1927;
Kunst u. Rasse, 1927, ²1934, ³1938, ⁴1942;
Das Gesicht d. dt. Hauses, 1930;
Die Kunst d. Deutschen, 1934;
Kunst aus Blut u. Boden, 1934;
– Bauten:
Schloß Freudenberg b. Wiesbaden, 1905;
Schloß Altendorf b. Eckernförde, 1905-07;
Wasserschloß Hackhausen b. Ohlings/Solingen, 1907;
Gutshaus Jalkowicz, Kroatien 1908;
Landhaus Fichteneck in Rindbach/Gmundener See, Österr., 1909;
Gartenstadt am Rechenberge in Bad Kösen, 1910;
Gutsanlage Marienthal b. Eckartsberga, Thüringen, 1913-16;
Gut u. Schloß Seeburg b. Halle/Saale, 1923;
Jagdgut Hospelt b. Münster/Eifel, 1924-26;
Kreishaus Merseburg, 1928;
Städt. Sparkasse u. Kreishaus Parchim, 1934-35;
Nietzsche|Gedächtnishalle Weimar, 1936-39;
– Teilnachlaß:
DLA Marbach: Akten: BA Berlin. -
Literatur
L. Bartning, P. S., Ein Pionier dt. Kulturarbeit, 1929;
Bauten S.s, mit e. Einf. v. R. Pfister, 1940 (W-Verz.);
N. Borrmann, P. S., 1869-1949, Maler, Publizist, Architekt, 1989;
J. Campbell, Der Dt. Werkbund 1907-1934, 1989;
R.-P. Pinkwart, S., Ein konservativer Architekt d. frühen 20. Jh., Diss. Halle 1991;
ders., Der Kunstreformer, Architekt u. Gestalter P. S.-N. u. d. Weimarer Hochschule unter seinem Rektorat in d. dreißiger Jahren, in: Denkmale u. Gedenkstätten, hg. v. A. Hubel u. H. Wirth, Wiss. Zs. d. Hochschule f. Architektur u. Bauwesen 41, 1995. H. 4/5, S. 69-82 (P);
M. G. Davidson, Kunst in Dtld. 1933-1945, Bd. 3, Architektur, 1995, S. 548-54;
D. Kerbs. „Vestigia terrent“. P. S.-N., Vom Lebensreformer zum Rassetheoretiker, in: Jb. d. Archivs d. Dt. Jugendbewegung. 98, 1999, S. 219-32;
Die Lebensreform, Entwürfe z. Neugestaltung v. Leben u. Kunst um 1900, Ausst.kat. Darmstadt 2001;
Die Burg Hospelt in der Eifel, in: Burgen u. Schlösser 2004, Nr. 3, S. 171-76;
Rhdb. (P);
Wi. 1935;
ThB: Vollmer;
Lex. d. Kunst;
I. Eberl u. H. Marcon. 150 J. Promotion an d. Wirtsch.wiss. Fak. d. Univ. Tübingen, 1984 (P);
Dict. of Art;
Munzinger;
Hdb. z. „Völkischen Bewegung“ 1871-1918, 1996;
Personenlex. Drittes Reich;
Lilla, MdR. -
Autor/in
Christian Welzbacher -
Zitierweise
Welzbacher, Christian, "Schultze-Naumburg, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 709-711 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118891987.html#ndbcontent