Boeselager, Philipp
- Lebensdaten
- 1917 – 2008
- Geburtsort
- Heimerzheim bei Bonn
- Sterbeort
- Altenahr (Rheinland-Pfalz)
- Beruf/Funktion
- Offizier ; Widerstandskämpfer ; Forstverbandsfunktionär ; Volkswirt
- Konfession
- römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 119173522 | OGND | VIAF: 97686987
- Namensvarianten
-
- Boeselager, Philipp Freiherr von
- Boeselager, Philipp
- Boeselager, Philipp Freiherr von
- Boeselager, Philipp von
- Boeselager, Philipp Leopold Antonius Hubertus von
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Boeselager, Philipp Leopold Michael Hubertus Antonius Maria Freiherr von
1917 – 2008
Offizier, Widerstandskämpfer, Forstverbandsfunktionär
Als Wehrmachtsoffizier baute Philipp Freiherr von Boeselager im Zweiten Weltkrieg mit seinem Bruder Georg einen berittenen Verband auf, der dem Kampf gegen Partisanen sowie als Verfügungstruppe für den Staatsstreichversuch des 20. Juli 1944 dienen sollte. Nach 1945 beteiligte er sich an der personellen Auswahl für die Bundeswehr, wirkte als Interessenvertreter der Forstwirtschaft und nahm als Zeitzeuge wesentlichen Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung des militärischen Widerstands in der Bundesrepublik.
Lebensdaten
Geboren am 6. September 1917 in Heimerzheim bei Bonn Gestorben am 1. Mai 2008 in Altenahr (Rheinland-Pfalz) Grabstätte Friedhof in Burg Heimerzheim (Nordrhein-Westfalen) Konfession römisch-katholisch -
Autor/in
→Winfried Heinemann (Cottbus)
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Zitierweise
Heinemann, Winfried, „Boeselager, Philipp“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119173522.html#dbocontent
Boeselager entstammte einer alten, westfälischen Adelsfamilie und wuchs auf der nahe Bonn gelegenen Burg Heimerzheim auf. Nach seinem Abitur in Bad Godesberg begann er 1936 die Offizierslaufbahn in dem Paderborner Reiter-Regiment 15, dem sich der westdeutsche katholische Adel traditionell anschloss. Über Boeselagers politisches Denken und sein Verhältnis zum Nationalsozialismus vor dem Zweiten Weltkrieg ist nichts bekannt. Er nahm 1939/40 als Oberleutnant an dem Überfall auf Polen und dem Westfeldzug gegen Frankreich teil und wurde im März 1943 zum Rittmeister ernannt. Boeselager, der schon kurz nach dem Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion von deutschen Kriegsverbrechen im besetzten Osten erfuhr, wurde Ende 1941 an der Ostfront schwer verwundet. Nach seiner Genesung war er seit Juni 1942 Ordonnanzoffizier beim Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, Generalfeldmarschall Günther von Kluge (1882–1944).
Wie sein älterer Bruder Georg schloss sich Boeselager im Januar 1943 dem militärischen Widerstandskreis um Henning von Tresckow (1901–1944) an, dem Ersten Generalstabsoffizier (I a) der Heeresgruppe Mitte. In dem Plan, Adolf Hitler (1889–1945) am 13. März 1943 bei dessen Besuch der Heeresgruppe zu erschießen, nahm er eine zentrale Rolle ein. Die von ihm geführte Abteilung sollte den Weg vom Flugplatz zum Besprechungsraum absichern und damit die äußere Sicherung des geplanten Attentats übernehmen. Da Kluge das Vorhaben jedoch ablehnte, als er erfuhr, dass Reichsführer-SS Heinrich Himmler (1900–1945) nicht anwesend sein würde und er nach der Ermordung Hitlers einen bewaffneten Konflikt zwischen Heer und SS befürchtete, wurde der Attentatsplan aufgegeben.
Boeselager kämpfte anschließend in dem von seinem Bruder geführten Reiterregiment Mitte und dessen Nachfolgeorganisationen als Schwadronschef, später als Abteilungs- und dann Regimentskommandeur, zuletzt im Dienstgrad eines Obersts. Im Rahmen des Staatsstreichversuchs vom 20. Juli 1944 wurde er im Auftrag seines Bruders mit rund 1200 Soldaten zur Unterstützung der Verschwörer in einem nach dem Attentat auf Hitler erwarteten Bürgerkrieg von der Front nach Westen entsandt, machte jedoch kehrt, als deutlich wurde, dass der Staatsstreich gescheitert war. Während mehrere Mitverschwörer in der Heeresgruppe Mitte von der Gestapo bald enttarnt und verhaftet wurden, sich töteten oder in sowjetische Gefangenschaft gingen, blieb die Rolle Boeselagers unentdeckt. Im Mai 1945 ging er am Tauernpass mit seinem Reiterverband in britische Kriegsgefangenschaft, aus der er kurz darauf nach Hause entlassen wurde.
Nach Kriegsende studierte Boeselager bis 1949 Volkswirtschaft und Jura in Bonn und übernahm zugleich schrittweise die Verwaltung des elterlichen Besitzes. Er engagierte sich in Interessenverbänden der Rheinischen Ritterschaft, Waldbesitzer und Pferdezüchter. Von 1968 bis 1998 leitete er als Vorsitzender die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände. In den ersten Jahren nach dem Krieg gelang es ihm v. a., eine übermäßige Rodung der Wälder zu verhindern. Politisch drängte er immer wieder auf den Erhalt des Privateigentums an Grund und Boden als Voraussetzung für eine freiheitliche Gesellschaftsordnung.
Boeselager lehnte es ab, als Berufsoffizier in die neuen westdeutschen Streitkräfte einzutreten, wirkte allerdings von 1955 bis 1957 im Personalgutachterausschuss für die Streitkräfte mit, der alle Bewerbungen vom Dienstgrad Oberst an aufwärts prüfte und für die Einstellung von Offizieren mit niedrigeren Dienstgraden die Grundsätze festlegte. Er war neben Walther Hensel (1899–1986), Annedore Leber (1904–1968) und Fabian von Schlabrendorff (1907–1980) einer von vier Vertretern des militärischen Widerstands im Personalgutachterausschuss, der in seinen Richtlinien für die Wiedereinstellung ehemaliger Wehrmachtsoffiziere bis zum Dienstgrad Oberstleutnant eine zumindest abgewogene Haltung zum 20. Juli 1944 zur Bedingung für eine Einstellung machte.
Seit den 1970er Jahren schilderte Boeselager als Zeitzeuge in Interviews und Publikationen seine Erlebnisse im Widerstand und trug so zu einer weiten Verbreitung des Wissens über die militärische Opposition in der deutschen Öffentlichkeit bei. Seine Erinnerungen wurden mit zunehmender Zeit allerdings durch die Memoiren anderer Beteiligter und durch wissenschaftliche Forschungsergebnisse beeinflusst.
1939 | Eisernes Kreuz II. und I. Klasse |
1944 | Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes |
1946 | Ritter des Malteserordens |
1988 | Ehrenvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände |
1989 | Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
2004 | Offizier der Französischen Ehrenlegion |
2005 | Ehrenbürger des Landkreises Ahrweiler |
2007 | Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz |
2009 | Philipp-Freiherr-von-Boeselager-Kaserne, Gelsdorf bei Bad Neuenahr-Ahrweiler |
2010 | Philipp Freiherr von Boeselager Realschule, Bad Neuenahr-Ahrweiler |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg im Breisgau, PERS 6/81764 (Personalakte); RH 11-I/60 (Handakte Boeselagers als Abteilungsleiter I beim General der Infanterie im OKH).
Der Widerstand in der Heeresgruppe Mitte, 1990.
Mein Weg zum 20. Juli. Die Einsamkeit des Widerstands, 2004.
Wir wollten Hitler töten. Ein letzter Zeuge des 20. Juli erinnert sich, 2008.
Georg Meyer, Zur inneren Entwicklung der Bundeswehr bis 1960/61, in: Hans Ehlert (Hg.), Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik, Bd. 3, 1993, S. 851–1162.
Thomas Reuther, Soldaten für den Staatsstreich. Die Heeresgruppe Mitte und der 20. Juli 1944, in: Militärgeschichte Zeitschrift für historische Bildung 3 (2004), H. 2, S. 4–7.
Antonius John, Philipp von Boeselager. Widerstand und Gemeinwohl. Wahrnehmungen aus sechs Jahrzehnten, 2007.
Dorothee von Meding/Hans Sarkowicz, Philipp von Boeselager. Der letzte Zeuge des 20. Juli 1944, 2008.
Winfried Heinemann, Georg und Philipp von Boeselager im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, in: Die Warte. Heimatzeitschrift für die Kreise Paderborn und Höxter, Nr. 143 (Herbst 2009), S. 23–29.
Winfried Heinemann, Unternehmen „Walküre“. Eine Militärgeschichte des 20. Juli 1944, 2019.
Fotografien, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs.