Elser, Georg
- Lebensdaten
- 1903 – 1945
- Geburtsort
- Hermaringen (Württemberg)
- Sterbeort
- Konzentrationslager Dachau
- Beruf/Funktion
- Widerstandskämpfer ; Schreiner ; Widerstandskämpfer ; Kunsttischler
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 118530046 | OGND | VIAF: 73898009
- Namensvarianten
-
- Elser, Johann Georg
- Elser, Georg
- Elser, Johann Georg
- Elser, Johann
- Elser, Johann G.
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Personen im NDB Artikel
- Adolf Hitler (1889–1945)
- Anton Hoch (1914–1981)
- Friedrich Frankowitsch (geb. 1959)
- Friedrich Seibold (geb. 1909)
- Heinrich Müller (1900–1945)
- Helmut Kohl (1930–2017)
- Herbert Kappler (1907–1978)
- Kay Winkler (geb. 1958)
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- Lothar Gruchmann (1929–2015)
- Markus Daum (geb. 1959)
- Markus Müller (geb. 1967)
- Martin Niemöller (1892–1984)
- Mathias Köhler (geb. 1968)
- Sigismund Payne Best (1885–1978)
- Silke Wagner (geb. 1968)
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Elser, Johann Georg
1903 – 1945
Widerstandskämpfer, Schreiner
Mit dem Ziel, einen Krieg zu verhindern, fasste der Schreiner Georg Elser im Herbst 1938 den Entschluss, Adolf Hitler (1889–1945) durch ein Bombenattentat im Münchner Bürgerbräukeller zu töten. Der Anschlag am 8. November 1939 scheiterte, da Hitler den Saal vorzeitig verließ. Elsers Tat sticht unter den mehr als 40 Attentaten auf Hitler durch seine exakte Ausführung und seinen frühen Zeitpunkt hervor.
Lebensdaten
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Autor/in
→Wolfgang Benz (Berlin)
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Zitierweise
Benz, Wolfgang, „Elser, Georg“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118530046.html#dbocontent
Elser wurde in pietistischer Umgebung sozialisiert und wuchs in dem württembergischen Industriedorf Königsbronn auf. Seit 1910 besuchte er hier die Volksschule und begann im Herbst 1917 eine Lehre als Eisendreher, die er nach anderthalb Jahren abbrach. Seit März 1919 absolvierte Elser eine Lehre bei dem Schreinermeister Robert Sapper (1875–1953). Nach der Gesellenprüfung an der Gewerbeschule in Heidenheim an der Brenz im Frühjahr 1922 war er von 1923 bis 1925 v. a. als Möbelschreiner in Aalen, Heidenheim und Königsbronn tätig, verbrachte danach Wanderjahre am Bodensee und arbeitete u. a. in Uhrenfabriken in Konstanz und Meersburg. Elser schloss sich dem Holzarbeiterverband des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds an und war seit 1928/29 zahlendes, aber nicht aktives Mitglied im Roten Frontkämpferbund. Laut Eigenaussage wählte er die KPD, interessierte sich jedoch nicht näher für deren Programm.
Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise kehrte Elser Mitte 1932 nach Königsbronn zurück, wo er im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern arbeitete. Von Dezember 1936 bis März 1939 war er Hilfsarbeiter in einer Armaturenfabrik in Heidenheim an der Brenz. In der Überzeugung, dass das NS-Regime soziale Errungenschaften sowie individuelle Freiheitsrechte preisgab und einen Eroberungskrieg vorbereitete, fasste Elser im Herbst 1938 den Entschluss, Adolf Hitler (1889–1945) zu töten. Er tat dies ohne Hintermänner und Mitverschwörer. Seine Beweggründe sind in den Vernehmungsprotokollen der Gestapo in Berlin ausführlich dargelegt und umfassten auch wirtschaftliche und religiöse Aspekte.
Als Anschlagsort wählte Elser den Münchner Bürgerbräukeller, wo jährlich am 8. November die NS-Gedenkveranstaltung an den Putschversuch von 1923 stattfand. Zur Vorbereitung des Attentats hielt er sich im April 1939 für acht Tage in München auf. Nach der Rückkehr nach Königsbronn im April/Mai 1939 als Hilfsarbeiter in einem Steinbruch tätig, stahl er hier Sprengkapseln und erwarb Kenntnisse in Sprengtechnik. Die folgenden Monate verwandte er auf die akribische Planung des Attentats, ehe er am 5. August 1939 nach München übersiedelte.
In den folgenden Wochen höhlte Elser im Bürgerbräukeller in über 30 Nächten eine nahe am Rednerpult platzierte Säule aus, sodass die von ihm konstruierte, in der Nacht zum 6. November installierte Bombe mit Zündmechanismus darin Platz fanden. Die Explosion funktionierte plangemäß, tötete jedoch nicht Hitler, da dieser den Saal unvorhergesehen vorzeitig verlassen hatte; stattdessen kamen sieben NSDAP-Mitglieder sowie eine Kellnerin ums Leben. Der Anschlag war die am akribischsten geplante Widerstandshandlung im „Dritten Reich“; der frühe Zeitpunkt, die Intention, den Krieg zu verhindern, sowie die aufwendige technische Ausführung machen das Attentat einzigartig.
Beim Versuch, in Konstanz die Grenze zur Schweiz zu überschreiten, wurde Elser am Abend des 8. November 1939 verhaftet und am folgenden Tag nach München verbracht, wo er tagelang verhört und misshandelt wurde. Am 15. November legte er ein schriftliches Geständnis ab. Einen Tag später wurde er in das Geheime Staatspolizeiamt nach Berlin verlegt und hier u. a. durch Herbert Kappler (1907–1978) und Friedrich Seibold (geb. 1909) erneut vernommen. NS-Presse und -Rundfunk verbreiteten die haltlose Behauptung, Elser habe im Auftrag des britischen Geheimdienstes gehandelt. Für die Zeit nach dem „Endsieg“ plante die NS-Führung einen Schauprozess gegen Elser, sodass dieser nicht sofort exekutiert wurde. Seit ca. Ende 1939 war er „Sonderhäftling“ des Konzentrationslagers Sachsenhausen, wo er in Isolationshaft gehalten wurde. Im Februar oder März 1945 in das Konzentrationslager Dachau überführt, wurde Elser hier am 9. April auf Weisung des Gestapo-Chefs Heinrich Müller (1900–1945) erschossen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hielt sich lange die u. a. von dem Theologen und Widerstandskämpfer Martin Niemöller (1892–1984) verbreitete Legende, Elser sei Mitglied der SS gewesen und für sein Attentat von der NS-Führung angeworben worden. Vorlage hierfür waren v. a. die fiktiven Ausführungen zu Elser in der autobiografischen Schrift „The Venlo Incident“ (1950) des britischen Geheimagenten Sigismund Payne Best (1885–1978), der mit Elser im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert gewesen war. Erst auf Grundlage der 1964 von dem Historiker Lothar Gruchmann (1929–2015) entdeckten Verhörprotokolle wurden diese Behauptungen widerlegt; 1969 wies der Leiter des Archivs des Instituts für Zeitgeschichte, Anton Hoch (1914–1981), die Alleintäterschaft Elsers nach. Umfassend rehabilitiert wurde Elser in der Bundesrepublik seit Beginn der 1980er Jahre; 1984 würdigte ihn Bundeskanzler Helmut Kohl (1930–2017) öffentlich neben Persönlichkeiten des 20. Juli 1944 als zentrale Figur des deutschen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Anfang der 1990er Jahre setzte eine bis heute andauernde intensive erinnerungskulturelle Beschäftigung ein, die auch von dem Kinofilm „Georg Elser. Einer aus Deutschland“ (1989) des Regisseurs Klaus Maria Brandauer (geb. 1943) angestoßen wurde.
1972 | Gedenkstein, Heidenheim-Schnaitheim (weiterführende Informationen) |
1984 | Georg-Elser-Straße, Hermaringen |
1989 | Gedenktafel am Gasteig, München (weiterführende Informationen) |
1997 | Sonderausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand |
2001–2007 | Georg-Elser-Preis (zweijährlich) (weiterführende Informationen) |
2003 | 55 Cent-Briefmarke der Deutschen Post (weiterführende Informationen) |
2004 | Gedenksäule, Freiburg im Breisgau (weiterführende Informationen) |
2009 | Stolperstein (Karlstraße 29, Hermaringen) |
2009 | Neonröhreninstallation von Silke Wagner (geb. 1968), München (weiterführende Informationen) |
2010 | Statue aus Cortenstahl und Edelstahl von Friedrich Frankowitsch (geb. 1959), Königsbronn (weiterführende Informationen) |
2014 | Gedenkstein, Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen (weiterführende Informationen) |
2017 | Graffito-Denkmal von Mathias Köhler (geb. 1968) und Markus Müller (geb. 1967), München (weiterführende Informationen) |
2019 | Georg-Elser-Denkmal, Rathaus Hermaringen (weiterführende Informationen) |
bis 2023 | rund 60 weitere Georg-Elser-Straßen und -Plätze in ganz Deutschland (weiterführende Informationen) |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, München, ZS/A 17. (Quellensammlung zum Bürgerbräu-Attentat 1939) (Onlineressource)
Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 48/4 Bü 1. (Elser-Akte der Kriminalhauptstelle der Landespolizei Württemberg) (Onlineressource)
Staatsarchiv München, Staatsanwaltschaften 34 475. (v. a. Zeugenvernehmungen)
Georg Elser Gedenkstätte, Königsbronn. (Dokumentensammlung)
Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin. (Dokumentensammlung)
Gedruckte Quellen/Quelleneditionen:
Lothar Gruchmann (Hg.), Johann Georg Elser. Autobiographie eines Attentäters. Aussage zum Sprengstoffanschlag im Bürgerbräukeller, 1970, Neuaufl. 1989.
Anton Hoch/Lothar Gruchmann (Hg.), Georg Elser. Der Attentäter aus dem Volke, 1980. (Wortlaut der Verhörprotokolle)
Monografien:
Peter Steinbach/Johannes Tuchel, Georg Elser. Der Hitler-Attentäter, 2010. (P, Qu)
Wolfgang Benz, Im Widerstand. Größe und Scheitern der Opposition gegen Hitler, 2019, bes. S. 129–155.
Ulrich Renz, Georg Elser. Allein gegen Hitler, 2014, 22016, Taschenbuchausg. 2020. (P)
Wolfgang Benz, Allein gegen Hitler. Leben und Tat des Johann Georg Elser, 2023, 22024. (P)
Aufsätze und Artikel:
Anton Hoch, Das Attentat auf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller 1939, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 17 (1969), S. 383–413. (Onlineressource)
Lothar Gruchmann, Georg Elser, in: Karl Dietrich Bracher/Hermann Graml (Hg.), Widerstand im Dritten Reich. Probleme, Ereignisse, Gestalten, 1984, S. 183–189.
Peter Steinbach, Der einsame Attentäter. Zur Erinnerung an Johann Georg Elser, in: Zeitgeschichte 17 (1989/90), S. 349–363.
Peter Steinbach, Der „Bürgerbräu“-Attentäter Elser. Widerstandskämpfer ohne Dilemma durch Verstrickung in Schuld und Kooperation, in: Tribüne 29 (1990), S. 142–156.
Wolfram Selig, Art. „Bürgerbräu-Attentat“, in: Wolfgang Benz/Walter H. Pehle (Hg.), Lexikon des deutschen Widerstandes, 1994, S. 185–188.
Peter Steinbach/Johannes Tuchel, Art. „Elser, Johann Georg“, in: dies. (Hg.), Lexikon des Widerstandes 1933–1945, 2. überarb. u. erw. Aufl. 1998, S. 51 f.
Peter Steinbach/Johannes Tuchel, Der Einzeltäter Georg Elser. Interpretationen und Missdeutungen des Attentats auf Hitler vom 8. November 1939, in: Christine Schindler (Red.), Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes. Jahrbuch 2002, 2002, S. 9–24. (Onlineressource)
Peter Steinbach/Johannes Tuchel, Georg Elser und das Attentat vom 8. November 1939. Realgeschichte und Wahrnehmung, in: Revue d'Allemagne et des pays de langue allemande 42 (2010), S. 501–517.
Wolfgang Benz, Art. „Bürgerbräu-Attentat, 8. November 1939“, in: Historisches Lexikon Bayerns, 2024. (P) (Onlineressource)
Fotografien, 1929–ca. 1940, Abbildungen in: Wolfgang Benz, Allein gegen Hitler. Leben und Tat des Johann Georg Elser, 2023, Frontispiz, S. 31 f., 104, 131, 133 u. 147.
Fotografien, 1939, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek, München.
Zeichnungen v. Kurt Grabert (1922–1999), Gedenkstätte „Hotel Silber“ in Stuttgart.
Büste v. Kay Winkler (geb. 1958), 2008, Berlin. (Onlineressource)
Büste v. Markus Daum (geb. 1959), 2009, Konstanz. (Onlineressource)