Geib, Hermann
- Lebensdaten
- 1872 – 1939
- Geburtsort
- Bergzabern (Pfalz)
- Sterbeort
- Berlin
- Beruf/Funktion
- Jurist ; Politiker ; Staatssekretär ; Staatssekretär
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 13357055X | OGND | VIAF: 6126291
- Namensvarianten
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- Geib, Karl Julius Hermann
- Geib, Hermann
- Geib, Karl Julius Hermann
- Geib, Julius Hermann
- Geib, Carl Julius Hermann
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Geib, Karl Julius Hermann
1872 – 1939
Jurist, Politiker, Staatssekretär
Hermann Geib war von 1903 bis 1910 (Ober-)Bürgermeister von Regensburg und prägte nach dem Ersten Weltkrieg als Staatssekretär im Reichsarbeitsministerium mit Reichsminister Heinrich Brauns (1868–1939) den Sozialstaat der Weimarer Republik. Bis 1932 unter fünf Reichsministern tätig, gewährleistete er maßgeblich die Kontinuität in der Arbeit des Ministeriums.
Lebensdaten
Geboren am 22. Juni 1872 in Bergzabern (Pfalz) Gestorben am 23. September 1939 in Berlin Grabstätte Südwestkirchhof (seit 2007 Ehrengrab) in Stahnsdorf (Brandenburg) Konfession evangelisch -
Autor/in
→Rüdiger Hachtmann (Potsdam)
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Zitierweise
Hachtmann, Rüdiger, „Geib, Hermann“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/13357055X.html#dbocontent
Geib besuchte das humanistische Maximiliansgymnasium in München und studierte von 1891 bis 1895 hier und in Erlangen Rechtswissenschaft und Nationalökonomie. Nach anschließendem Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger war er seit 1896 als Referendar, seit 1899 als Assessor sowie ein Jahr später als juristischer Hilfsarbeiter im Bayerischen Staatsministerium des Innern tätig. 1901 avancierte er zum Bezirksassessor und Stellvertreter des Nürnberger Landrats und wirkte 1902/03 als Referent für Schul- und Kunstangelegenheiten im Bayerischen Kultusministerium.
Geib, der sich in diesen Funktionen Ansehen als vielseitiger Verwaltungsfachmann erworben hatte und zeitlebens parteilos blieb, wurde im Oktober 1903 durch das Gremium der Gemeindebevollmächtigten von Regensburg zum Ersten Bürgermeister gewählt. Seit September 1906 „Bürgermeister auf Lebenszeit“, verlieh ihm Prinzregent Luitpold von Bayern (1821–1912) im Dezember 1907 den Titel eines Oberbürgermeisters. Mit dem Ruf eines energischen und durchsetzungsstarken Politikers trieb Geib den Ausbau der Infrastruktur für Industrieansiedlungen voran, führte eine Hausmüllabfuhr ein und gründete ein städtisches Wohnungsamt sowie weitere soziale Einrichtungen. In seine Amtszeit fiel der Bau des Luitpoldhafens (1906–1910) – eines winterfesten Umschlaghafens, dessen Finanzierung u. a. durch eine Erhöhung der Unternehmenssteuern gewährleistet wurde, was öffentliche Anfeindungen nach sich zog. Wohl deshalb und nicht wegen der offiziell angegebenen „gesundheitlichen Gründe“ trat Geib im März 1910 als Oberbürgermeister zurück. Durch eine Erbschaft finanziell unabhängig, bereiste er anschließend bis 1914 Europa, Nordafrika und Vorderasien und betrieb naturwissenschaftliche Studien.
Nach Beginn des Ersten Weltkriegs profilierte sich Geib seit 1915 als Gründer und Leiter der Reichsgeschäftsstelle des Reichsausschusses für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Berlin. Er wurde hierbei von sachkundigen Mitarbeitern unterstützt, die nach Kriegsende einflussreiche Positionen im Reichsarbeitsministerium übernahmen und dieses stark prägten, darunter Oskar Karstedt (1884–1945). Geib stand im Krieg zudem ehrenamtlich der Abteilung für Kriegsbeschädigten- und Bäderfürsorge im Zentralkomitee des Roten Kreuzes vor und gehörte u. a. dem Vorstand des 1916 gegründeten Hilfsbunds für Kriegsverletzte Offiziere an. Auf ihn geht auch die Ende Mai 1918 ins Leben gerufene „Ludendorff-Spende“ zurück, durch die finanzielle Engpässe in der Rentengesetzgebung für Kriegsversehrte überbrückt wurden.
Im März 1918 überführte Geib die Reichsgeschäftsstelle des Reichsausschusses für Kriegsbeschädigtenfürsorge in das am 3. Oktober 1918 gegründete Reichsarbeitsamt – den Nukleus des im Februar 1919 gegründeten Reichsarbeitsministeriums. Der von Geib als Ministerialdirigent geleitete Bereich der neuen Institution firmierte fortan als Abteilung für Soziale Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge, seit Juli 1919 als Hauptabteilung. Zunächst Unterstaatssekretär, wurde Geib im Mai 1920 durch den sozialdemokratischen Reichsarbeitsminister Alexander Schlicke (1863–1940) zum Staatssekretär ernannt.
Neben Reichsarbeitsminister Heinrich Brauns (1868–1939) war es das Verdienst Geibs, dass die Existenz des Ministeriums nicht mehr (wie 1919 und 1932/33) grundsätzlich infrage gestellt oder gar seine Auflösung avisiert wurde. Geib war es zu verdanken, dass das Ministerium eine personell schlanke oberste Behörde blieb und wichtige Kompetenzen bei den ihr unterstellten Reichsmittelbehörden wie dem Reichsversicherungsamt sowie der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung verblieben. Geib war an der Formulierung zentraler Sozialgesetze der Weimarer Republik direkt beteiligt, u. a. dem Gesetz über die Versorgung der Militärpersonen und ihrer Hinterbliebenen bei Dienstbeschädigung (Reichsversorgungsgesetz) von Mai 1920, dem Arbeitsnachweisgesetz von Juli 1922 und dem Gesetz über die Kleinrentnerfürsorge von Februar 1923.
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt Geibs war die Agrarpolitik. So war er Vorsitzender des Kuratoriums des nach US-amerikanischen Vorbildern im Frühjahr 1921 gegründeten Deutschen Instituts für Agrar- und Siedlungswesen – einer u. a. Reichstag und Reichskabinette beratenden Forschungseinrichtung, die sich der Rationalisierung der deutschen Agrarwirtschaft und der Untersuchung der Weltagrarmärkte verschrieben hatte.
Fünf Tage nach der Ernennung Franz von Papens (1879–1969) zum Reichskanzler trat Geib am 6. Juni 1932 als Staatssekretär zurück. In seinem Rücktrittsgesuch machte er deutlich, als liberaler Verwaltungsbeamter eine weitere autoritäre Überformung der Weimarer Republik nicht mittragen zu wollen. Daraufhin in den einstweiligen Ruhestand versetzt, war Geib bis zu seinem Tod v. a. in Aufsichtsräten von Unternehmen der keramischen Industrie aktiv.
vor 1895 | Mitglied des Akademischen Gesangvereins (A.G.V.), München (nichtschlagende Studentenverbindung) |
vor 1895 | Mitglied des AMV Fredericiana, Erlangen (nichtschlagende Studentenverbindung) |
1920 | Dr. med. h. c., Universität Heidelberg |
1929 | Ehrenbürger der Stadt Regensburg |
1930 | Ehrenmitglied der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften |
1932 | Dr. phil. h. c., Universität Berlin |
vor 1939 | Ehrenmitglied des Deutschen Sprachvereins |
vor 1939 | Ehrenphilister der A.G.V., München |
1967 | Hermann-Geib-Straße, Regensburg |
Nachlass:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, N 2091. (weiterführende Informationen)
Gedruckte Quellen:
Margarethe Zündorff, Ludendoff Spende. Gebt für Deutsche Soldaten, in: Frankfurter Zeitung v. 25.5.1918. (Onlineressource)
L[udwig] H[eyde], Dr. Geib 10 Jahre Staatssekretär des Reichsarbeitsministeriums, in: Soziale Praxis 38 (1929), Sp. 629 f.
Die Einrichtung und Entwicklung der Bäder- und Anstaltsfürsorge des Zentralkomitees der Deutschen Vereine vom Roten Kreuz, 1917.
Zur Organisationsgeschichte des Reichsarbeitsministeriums, in: Reichsarbeitsblatt II 8 (1928), S. 195 f.
Das Deutsche Forschungsinstitut für Agrar- und Siedlungswesen, in: Reichsarbeitsblatt II 10 (1930), S. 103.
Dieter Albrecht, Regensburg im Wandel. Studien zur Geschichte der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert, 1984, S. 169–173.
Peter Reinicke, Art. „Geib, Hermann“, in: Hugo Maier (Hg.), Who is who der Sozialen Arbeit, 1998, S. 197 f.
N. N., Art. „Geib, Hermann“, in: Eckhard Hansen/Florian Tennstedt (Hg.), Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871–1945, Bd. 2, 2018, S. 56 f. (Onlineressource)
Fotografien, ca. 1920–1930, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs.