Hegel, Immanuel
- Lebensdaten
- 1814 – 1891
- Geburtsort
- Nürnberg
- Sterbeort
- Berlin
- Beruf/Funktion
- Jurist ; preußischer Verwaltungsbeamter ; Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg ; Evangelischer Theologe ; Politiker
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 116570725 | OGND | VIAF: 118735813
- Namensvarianten
-
- Hegel, Emanuel
- Hegel, Thomas Immanuel Christian
- Hegel, Immanuel
- Hegel, Emanuel
- Hegel, Thomas Immanuel Christian
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Personen in der NDB Genealogie
- Christoph Karl Gottlieb Tucher von Simmelsdorf
- Georg Wilhelm Friedrich Hegel
- Johann Sigmund Karl Tucher von Simmelsdorf
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- Karl von Hegel
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- Marie von Bitter
- Rudolf von Bitter (1846–1914)
Personen im NDB Artikel
- Adalbert Falk (1827–1900)
- Adolf Sydow (1800–1882)
- Anna von Gritschker-Kunzendorf (1871–1930)
- Anton Thibaut (1772–1840)
- August Boeckh (1785–1867)
- Carl Ritter (1779–1859)
- Eduard Gans (1797–1839)
- Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865)
- Emil Herrmann (1812–1885)
- Friedrich Carl von Savigny (1779–1861)
- Friedrich Immanuel Niethammer (1766–1848)
- Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775–1854)
- Friedrich von Hermann (1795–1868)
- Friedrich von Rönnes (1798–1865)
- Georg Beseler (1809–1888)
- Georg Gottfried Gervinus (1805–1871)
- Georg Phillips (1804–1872)
- Gustav Lisco (1819–1887)
- Heinrich Gustav Hotho (1802–1873)
- Johann Hinrich Wichern (1808–1881)
- Karl August Milde (1805–1861)
- Karl Friedrich Eichhorn (1781–1854)
- Otto von Bismarck (1815–1898)
- Rudolph Delbrück, 1817–1903
- Theodor Hoßbach (1834–1894)
- Wilhelm I. (1797–1888)
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Hegel, Thomas Immanuel (Emanuel) Christian
1814 – 1891
Jurist, preußischer Verwaltungsbeamter, Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg
Immanuel Hegel stand lange Zeit als hoher Beamter und enger Mitarbeiter Otto von Bismarcks (1815–1898) im Zentrum des politischen Lebens in Berlin. Als Konsistorialpräsident prägte er die evangelisch-lutherische Kirche Brandenburgs und Berlins und beteiligte sich als Konservativer an den Auseinandersetzungen mit den liberalen Vertretern seiner Kirche.
Lebensdaten
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Autor/in
→Helmut Neuhaus (Erlangen)
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Zitierweise
Neuhaus, Helmut, „Hegel, Immanuel“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116570725.html#dbocontent
Hegel wuchs in Nürnberg, seit 1816 in Heidelberg und seit 1818 in Berlin auf, wo er 1831 das Abitur am Königlichen Französischen Gymnasium erwarb. Im Sommersemester 1832 schrieb er sich für Rechtswissenschaften an der Universität Berlin ein, hörte hier Friedrich Carl von Savigny (1779–1861), Karl Friedrich Eichhorn (1781–1854) und Eduard Gans (1797–1839) und besuchte auch Vorlesungen in Geografie bei Carl Ritter (1779–1859), in Klassischer Philologie und Altertumswissenschaften bei August Boeckh (1785–1867) sowie in Philosophie bei Heinrich Gustav Hotho (1802–1873). 1834 setzte er sein Studium an der Universität München fort, u. a. bei dem Nationalökonomen Friedrich von Hermann (1795–1868), dem Juristen Georg Phillips (1804–1872) und dem Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775–1854). In München lebte er bei seinem Paten, dem Zentralschul- und Oberkirchenrat Friedrich Immanuel Niethammer (1766–1848). 1835 wechselte er – nach dem Hambacher Fest für preußische Studenten verbotenerweise – für ein Semester an die Universität Heidelberg, hörte hier juristische Vorlesungen bei Anton Thibaut (1772–1840) und begegnete dem Juristen Georg Beseler (1809–1888) sowie dem Literaturhistoriker Georg Gottfried Gervinus (1805–1871) aus dem engsten Freundeskreis seines Bruders Karl.
Nach Abschluss seines Studiums und Erster juristischer Prüfung in Berlin 1836 erwarb Hegel erste praktische Erfahrungen am Stadtgericht Berlin und wechselte 1838 in die preußische Staatsverwaltung, für die er auf allen Ebenen (Landkreis, Regierungsbezirk, Provinz, Staatsministerium) tätig war. Dabei wurde er stets in die engeren Kreise um die jeweiligen Behördenchefs berufen und arbeitete ihnen zu: Im Magdeburger Regierungspräsidium war er Mitarbeiter des gleichzeitigen Oberpräsidenten von Sachsen, Eduard Flottwell (1786–1865), im neu geschaffenen preußischen Handelsamt in Berlin von dessen Präsidenten Friedrich Rönne (1798–1865) und des einflussreichen Zollvereinspolitikers Rudolph Delbrück (1817–1903) sowie im preußischen Handelsministerium des Handelsministers Karl August Milde (1805–1861). Während seiner Dienstzeit im Preußischen Staatsministerium stand er als Angehöriger des Zentralbüros und Vortragender Rat im engsten Kontakt zu allen Präsidenten des Hauses (Ministerpräsidenten). Otto von Bismarck (1815–1898) diente er in einem persönlich engen Vertrauensverhältnis bis Anfang 1865.
Hegels Tätigkeitsfeld umfasste zunächst gewerbe- und handelspolitische Fragen, für deren Beurteilung er sich früh praktische Anschauung verschaffte, u. a. beim Studium des Eisenbahnausbaus auf einer Englandreise 1841 und durch die Beobachtung der wirtschaftlichen Entwicklung in Westfalen und der Rheinprovinz 1847. Seit 1848 wurde er mit anderen Funktionen (Presseangelegenheiten, Redeentwürfe auch für den preußischen König, Kurator des Staatsschatzes, Prüfungsaufsicht) betraut und war von 1850 bis 1853 als konservativer Stadtverordneter für den Berliner Bezirk Tiergarten politisch aktiv.
1865 wurde Hegel, befördert von Bismarck und mit Zustimmung des preußischen Königs Wilhelm I. (1797–1888), zum Präsidenten des Königlichen Konsistoriums Brandenburg zu Berlin ernannt. Als solcher war er mit kirchlichen Leitungs- und Verwaltungsaufgaben befasst, deren Erledigungen in der Amtszeit des liberalen preußischen Kultusministers Adalbert Falk (1827–1900) von den grundsätzlichen Auseinandersetzungen zwischen konservativen und liberalen Kirchenmitgliedern geprägt waren. Im sog. Kulturkampf gehörte der Protestant Hegel zu den entschiedensten Gegnern der preußischen Politik.
Zur Eskalation kamen die Gegensätze zwischen dem orthodoxen Lutheraner Hegel und dem reformorientierten Präsidenten des Evangelischen Oberkirchenrats der Altpreußischen Union, Emil Herrmann (1812–1885), als Hegel in den 1870er Jahren die Entlassungen der von der Kirchenlehre des Apostolikums abweichenden Pfarrer Adolf Sydow (1800–1882), Gustav Lisco (1819–1887) und Theodor Hoßbach (1834–1894) durchsetzte. Nachdem die Suspensionen von Herrmann 1877 wieder aufgehoben worden waren, die Konflikte um die neue Kirchengemeinde- und Synodalordnung zugenommen und Hegel vom Evangelischen Oberkirchenrat einen scharfen Verweis erhalten hatte, erbat er vom preußischen König seinen Abschied, der ihm von Wilhelm I. gegen Bismarcks ausdrücklichen Rat verweigert wurde. Während Herrmann 1878 aus seinem Amt ausschied, blieb Hegel weiter als Konsistorialpräsident tätig, wobei sich seine Zuständigkeiten aufgrund der neuen Kirchenverfassung und einer kirchlichen Verwaltungsordnung 1886 durch Verlagerungen aus dem staatlichen Bereich in das Konsistorium stark vermehrten.
Als Konsistorialpräsident engagierte sich Hegel in Institutionen der von Johann Hinrich Wichern (1808–1881) begründeten Inneren Mission und wirkte nebenamtlich v. a. als Präsident der Preußischen Haupt-Bibelgesellschaft, in der er für die Verbreitung von Bibel und Neuem Testament sorgte, sowie als Vorsitzender des Evangelischen Vereins für kirchliche Zwecke in Berlin, in dessen Obhut die Herstellung und Verbreitung von Zeitungen und Zeitschriften für alle sozialen Schichten lag. Der Verdreifachung der Einwohnerzahlen Berlins in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begegnete Hegel mit einem umfangreichen, staatlich unterstützten Kirchenbauprogramm (20 neue Kirchen), das weit in das 20. Jahrhundert wies.
1884 | D. theol., Universität Greifswald |
Nachlass:
Privatbesitz.
Weitere Archivmaterialien:
Universitätsarchiv Greifswald.
Gedruckte Quellen:
Verzeichniß des Lehrer-Personals und der sämmtlichen Studirenden an der königl. Ludwigs-Maximilians-Universität in München im Studien-Jahre 1834/35, 1835.
Preußischer Staat und Evangelische Kirche in der Bismarckära, hg. v. Gerhard Besier, 1980.
Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1817–1834/38, Bd. 4/1 u. 4/2, bearb. v. Bärbel Holtz, 2001, Bd. 5, bearb. v. Rainer Paetau 2003.
Die Matrikel der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 1810–1850, bearb. u. hg. v. Peter Bahl/Wolfgang Ribbe, 2 T., 2010.
Heinrich Gustav Hotho. Vorlesungen über Ästhetik oder Philosophie des Schönen und der Kunst (1833). Nachgeschrieben [und durchgearbeitet] von Immanuel Hegel, hg. u. eingel. v. Bernadette Collenberg-Plotnikov, 2004.
Handels-Archiv. Sammlung der neuen auf Handel und Schiffahrt bezüglichen Gesetze und Verordnungen des In- und Auslandes und Statistische Mittheilungen über den Zustand und die Entwicklung des Handels und der Industrie in der Preussischen Monarchie. Nach amtlichen Quellen hg. im Königlichen Handelsamte zu Berlin. Redactoren: R[udolph] Delbrück und J[mmanuel] Hegel, Jg. 1847 u. 1848 (1847 u. 1848).
Die Evangelische Kirchenverfassung. Ein Vortrag gehalten am 9ten März 1868 im Evangelischen Verein für kirchliche Zwecke, 1868.
Geschichte der Gründung und ersten 25 Jahre der St. Matthäus-Kirche zu Berlin. Dargestellt zur Feier des Kirchweihfestes am Sonntage Rogate 1871 von dem Gemeinde-Kirchenrath der St. Matthäus-Kirche, 1871.
Abschiedswort des Konsistorial-Präsidenten D. Hegel, in: Amtliche Mittheilungen des Königlichen Konsistoriums der Provinz Brandenburg vom 31. März 1891, Nr. 4 (1891), S. 51 f.
Erinnerungen aus meinem Leben, 1891.
Rede am Sarge des Präsidenten D. Hegel gehalten von Generalsuperintendenten D. Braun in der St. Matthäikirche am Montag, den 30. November 1891, 1891.
Erich Foerster, Adalbert Falk. Sein Leben und Wirken als Preußischer Kultusminister, 1927.
Willi Ferdinand Becker, Fragen und Quellen zur Geschichte von Hegels Nachlaß. II. Hegels hinterlassene Schriften im Briefwechsel seines Sohnes Immanuel, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 35 (1981), S. 592–614.
Klaus Duntze, Kirche zwischen König und Magistrat. Die Entwicklung der bürgerlichen Kirche im Spannungsfeld von Liberalismus und Konservativismus im Berlin des 19. Jahrhunderts, 1994.
Marion Kreis, Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort, 2012.
Helmut Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, 2013.
Julia Winnebeck, Apostolikumsstreitigkeiten. Diskussionen um Liturgie, Lehre und Kirchenverfassung in der preußischen Landeskirche 1871–1914, 2016.
Halbporträt (Öl/Leinwand) v. Anna von Gritschker-Kunzendorf (1871–1930), 1901 (Privatbesitz).