Rössler, Carl
- Lebensdaten
- 1864 – 1948
- Geburtsort
- Wien
- Sterbeort
- London
- Beruf/Funktion
- Schriftsteller ; Schauspieler ; Dramatiker ; Librettist
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 116595663 | OGND | VIAF: 309803239
- Namensvarianten
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- Rößler, Carl
- Reßner, Franz (Pseudonym)
- Rössler, Carl
- Rößler, Carl
- Reßner, Franz (Pseudonym)
- reßner, franz
- Rössler, Carl
- Ressner, Franz
- Reßner, Carl
- Roeßler, Carl
- Roeßler, Karl
- Rössler, Karl
- Rößler, Carl
- Rößler, Karl
- Väterchen Rössler
- Rössler, Karl
- Rößler, Karl
- Reßner, Karl
- Vätherchen Rössler
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Rössler (Rößler), Carl (Karl) (Pseudonym Franz Reßner)
Schriftsteller und Schauspieler, * 25.5.1864 Wien, † 13.2.1948 London, ⚰ London, Golders Green. (jüdisch)
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Genealogie
V →Hermann (1825–1911), RA in W., S d. Josef, Kaufm. in Jungbunzlau (Böhmen), u. d. Pauline Porges;
M Johanna (Jeanette), verw. Engländer (1836–1919), T d. Salomon Fried, Kaufm., u. d. Josefine Sommer;
2 Schw Malvina (* 1856); Paula Dubs (1867–1907);
1 B →Josef (* 1859, ⚭ Emma Martha Ernestine Menzel, * 1872), Bankdir.;
– ⚭ 1) →Madeleine (1868–1900), Schausp., T d. →August Meffert (1820–88), Tenor u. a. in Mainz, Weimar, Rotterdam, seit 1874 Theaterdir. in Stralsund u. Trier, befreundet mit Franz Liszt (s. Riemann), 2) Friedrichshagen 1902 (später ⚮) Marie (Mary) Emilie Hermes (1876–1944), Malerin (s. ThB);
1 S aus 1) →Hermann (Ps. Remus Fighter, 1895–1976, ⚭ Ilse v. Münch-Brodé), Schriftst., Übers., emigrierte nach Norwegen, 1940 nach Großbritannien, nach 1945 nach Kanada, 2 T aus 2) Lotte (* 1902), Angest., Sekr., →Gwendolina (* 1908), Buchhändlerin, techn.|Assistentin; – Lebensgefährtin seit ca. 1935 Henriette v. Cleve (1895 ?-1946 ?), Haushälterin. -
Biographie
Nach der Matura in Wien ergriff R. auf Wunsch des Vaters einen kaufmännischen Beruf, gab diesen jedoch bald auf und ging zum Theater. Unter Pseudonym war er als Schauspieler (zunächst im Fach der Heldenväter) und Regisseur an Provinzbühnen engagiert, u. a. in Linz (1887), Teplitz (Böhmen, 1888), Zürich (1889), Görlitz (1891), St. Gallen (1892) und Heidelberg (1893). 1894/95 arbeitete R. in kleineren Rollen am Dt. Theater in Berlin unter →Otto Brahm. Nach einem Engagement in Erfurt zog er 1897 nach München, wo er dem Kreis um →Max Halbe angehörte und am Schauspielhaus unter Vertrag stand. 1898/99 spielte er in Reichenberg (Liberec, Böhmen). 1900 war er für die „German Dramatic Society“ an der neugegründeten St. George's Hall in London beschäftigt. Anschließend wurde er in Berlin Oberregisseur und Schauspieler an Ernst v. Wolzogens „Buntes Theater (Überbrettl)“, dem ersten literarischen Kabarett Deutschlands. 1902 kehrte er zum Dt. Theater zurück; nach einer Amerikatournee zog er 1905 erneut nach München (Intimes Theater).
1906 beendete R., der als „Väterchen Rößler“ zeitlebens den Typus des Bohemien verkörperte, seine Laufbahn als Schauspieler und lebte als freier Schriftsteller. Sein erstes Drama, das auf einem Bibelgleichnis (Lk. 18, 18-31) basierende Trauerspiel „Der reiche Jüngling“ erschien 1905 im Verlag S. Fischer und wurde 1906 mit dem Bauernfeldpreis ausgezeichnet. Nach der kühl aufgenommenen Uraufführung (Volkstheater München, 1905) feierte es in der engl., stark modifizierten Fassung „Great Possessions“ in Großbritannien große Erfolge. Auf Anraten Samuel Fischers wandte sich R. in der Folge der Komödie zu (Das Lebensfest, 1906, UA Lessingtheater Berlin, 1906). Während R. hier die Maler-Bohème der Künstlerkolonie in Dachau persiflierte, setzte er sich in dem „Stilleben“ „Hinterm Zaun“ (UA Lustspieltheater Wien, 1908) mit dem Milieu der Provinzbühne auseinander. Zusammen mit →Alexander Roda Roda (1872–1945), mit dem er seit 1904 befreundet war, schrieb er die „Schnurre“ „Der Feldherrnhügel“ (UA Neue Wiener Bühne, 1909), die für beide Autoren den Durchbruch bedeutete. R.s Komödie „Die fünf Frankfurter“ (UA Theater an d. Königgrätzer Straße, Berlin, 1911), die sich versöhnlich mit der Problematik jüd. Assimilation auseinandersetzt, war eines der meistgespielten Stücke in Deutschland vor dem 1. Weltkrieg und wurde in mehrere Sprachen übersetzt.
Von den Produktionen während des 1. Weltkriegs fand das später mehrfach verfilmte Lustspiel „Die beiden Seehunde“ (UA Dt. Schauspielhaus Hamburg, 1916), in dem kleinstädtisches Strebertum entlarvt wird, den meisten Anklang. In „Der pathetische Hut“ (UA Kammerspiele d. Dt. Theaters Berlin, 1921) diente der 1919 ermordete →Gustav Landauer als Vorlage für die Figur des „sozialistischen Schwärmers“, was u. a. →Alfred Kerr und →Siegfried Jacobson empörte.
R. war auch Verfasser zahlreicher Libretti. Mit →Kurt Tucholsky (1890–1935) schrieb er die „Revue in sieben Bildern“ mit dem Titel „Wir steh'n verkehrt“, die seit 1922 im Berliner Nelson-Theater lief. Für →Max Reinhardt (1873–1943) überarbeitete R., der 1928 nach Berlin übersiedelte, mit →Marcellus Schiffer (1882–1932) das Textbuch von →Johann Strauß' „Die Fledermaus“ im Arrangement von →Erich Wolfgang Korngold (Premiere Dt. Theater, 1929; die von Reinhardt in der New Yorker Emigration als „Rosalinda“ inszenierte Fassung brachte es 1942-44 am Broadway auf über 600 Aufführungen). In den 20er Jahren versuchte sich R. auch als Romanautor.
Nach der NS-Machtübernahme durften R.s Stücke in Deutschland nicht mehr aufgeführt werden. Im April 1933 emigrierte R. nach Wien und lebte in einem Altenheim, das er nach dem Novemberpogrom 1938 verlassen mußte. Im Juni 1939 gelang ihm durch Vermittlung →Rudolf Oldens (1885–1940) und des Exil-PEN die Emigration nach Großbritannien. Er lebte zuerst in Oxford, dann in London, zwischenzeitlich in Cambridge. R. hatte Kontakt mit dem „Bavarian Circle“ um →Franz Xaver Aenderl (1883–1951) und verkehrte regelmäßig u. a. mit →Olden, →Hermann Sinsheimer (1883–1950), Martin Beradt (1881–1949) und →Veit Valentin (1885–1947). Mit dem Münchner Rechtsanwalt →Ferdinand Kahn verfaßte er ein Lustspiel, beteiligt war er auch an der Verfilmung seiner Operette „Die tanzende Stadt“. Für eine Weiterreise nach New York erhielt R. kein Visum. Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin Henriette v. Cleve lebte er im Londoner Altenheim des Laienordens der Alexianer.
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Werke
Weitere W Wolkenkratzer, 1908;
Im Klubsessel, 1909 (mit Ludwig Heller);
Rösselsprung, 1914;
Der Jüngling mit d. Ellenbogen, 1916 (mit Ludwig Heller, Musik v. Ernst Steffan);
Eselei, 1919;
Der Stiefel, 1922;
Der hl. Crispin, 1924;
Die drei Niemandskinder, 1926 (Roman);
Wellen d. Eros, Roman, 1928;
Das blaue Hemd v. Ithaka, 1930 (mit L. Feuchtwanger, Musik v. J. Offenbach, bearb. v. E. Römer);
Das verfl… Geld, 1931. -
Literatur
Beim Dichter d. „Fünf Frankfurter“, in: Neues Wiener Journal v. 12.4.1914;
K. Pinthus, in: Aufbau v. 27.2.1948;
F. Kahn. R.-Anekdoten, ebd. v. 5.3.1948 (P);
H. Sinsheimer, Gelebt im Paradies, Erinnerungen u. Begegnungen, 1953, S. 151-54 (P);
E. Castonier, Stürmisch bis heiter, Memoiren e. Außenseiterin, 1964;
Remus Fighter (d. i. H. Rössler), Tintenklecks u. Feldherrnhügel, in: Neues Österr. v. 23.5.1964;
ders., in: Wiener Ztg. v. 10.2.1968;
R. Hackermüller, Einen Handkuß d. Gnädigsten, Roda Roda – Bildbiogr., 1986 (P);
P.-P. Schneider, „Beinahe e. Inventaraufnahme“, Die Briefe Heinrich Manns an C. R. 1939-1946, in: Lit.magazin 21, 1988, S. 39-55;
Hdb. d. dt.sprach. Exiltheaters, 1999;
Lex. d. österr. Exillit., hg. v. S. Bolbecher u. K. Kaiser, 2000;
Kosch, Lit.-Lex³;
Kosch, Theater-Lex.;
Killy;
Brümmer;
ÖBL (L);
Lit.-Brockhaus;
Giebisch-Gugitz;
BHdE II;
Hist. Lex. Wien. – Eigene Archivstudien: Stadt- u. Landesarchiv Wien;
Magistratsabt. 61 d. Gem. Wien;
Hs.slg. d. Stadt- u. Landesbibl. Wien;
Dt. Exilarchiv 1933-1945 d. Dt. Bibl. Frankfurt/M.;
Landesarchiv Berlin. -
Autor/in
Max Kaiser -
Zitierweise
Kaiser, Max, "Rössler, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 748-50 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116595663.html#ndbcontent