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Wie EA das Battlefield-Franchise gerettet hat

Das neue BF 2042: EA hat Battlefield gerettet

Battlefield 2042 war ein Desaster und wir fürchteten schon das Aus für die ganze Serie. Dann aber haben EA und Dice auf die Community gehört.
/ Oliver Nickel
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Spezialisten werden nun in Klassen unterteilt. (Bild: EA)
Spezialisten werden nun in Klassen unterteilt. EA

Dungeon Keeper, Command and Conquer und zuletzt Anthem: EA ist dafür berüchtigt, bekannte Serien und an sich vielversprechende Spiele einzustellen und die Studios in Luft aufzulösen. Auch für Dice hatten wir zuerst mit dem Marketing-Debakel um Battlefield 5 und zuletzt mit dem desaströs gestarteten Battlefield 2042 (Test, g+) wenig Hoffnung. EA hat aber auf die Kritik am Spiel reagiert, allerdings nicht wie bei den genannten Beispielen zuvor.

Der Publisher hat dem Studio Dice nämlich noch einmal Zeit und Ressourcen eingeräumt, um den in der nahen Zukunft spielenden Mehrspieler-Shooter noch einmal aus dem tiefen Loch herauszuholen. Mit Erfolg: Im Jahr 2023 ist Battlefield 2042 ein wirklich gutes Spiel, das den Namen der Serie auch verdient. Der Weg dahin war jedoch ziemlich schwierig und lang.

Anfangs hatte sich Dice das metaphorische Loch selbst geschaufelt, möglicherweise mit Hilfe von EA-Anweisungen. Denn die bekannte Battlefield-Formel wurde zu großen Teilen verworfen und etwa das Klassensystem durch Spezialisten mit besonderen Fähigkeiten ersetzt. Selbst das Scoreboard wurde gestrichen, eines der wichtigsten Elemente in Ego-Shootern seit der Quake-Ära.

Angriff der Klonkrieger

Das fehlende Klassensystem hatte zur Folge, dass sämtliche Spieler mit Panzerabwehrraketen und den immer gleichen besten Sturmgewehren herumrannten. Vielfalt oder Teamwork? Fehlanzeige. Aber zumindest konnten wir uns über die nervigen Sprüche ärgern, die unsere Figuren zu Beginn und zum Abschluss jeder Runde abließen. "Ärgert euch nicht, so läuft die Sache nunmal" , prahlte etwa Specialist Angel, wenn er von einigen der besten Spieler gesteuert wurde. Das wollte so gar nicht in eine Schlacht der nahen Zukunft passen.

Battlefield 2042 - 30 Minuten Gameplay
Battlefield 2042 - 30 Minuten Gameplay (31:09)

Apropos Angel: Durch die Möglichkeit, jeden Charakter mit jeder beliebigen Ausrüstung zu spielen, fühlten sich gerade Support-Charaktere enorm stark an. Sie konnten schließlich gefallene Teammitglieder wiederbeleben, während andere Charaktere nur Squadmitglieder wiederbeleben konnten. Entsprechend bestanden beide sich gegenüberstehende Armeen nur noch aus gleich aussehenden Klonen.

Es war schnell klar, warum Dice und EA sich für dieses radikal neue und absolut unpassende System entschieden haben: Viele verschiedene Charaktere bedeuten eben noch mehr kosmetische Gegenstände, die verkauft werden können. Außerdem war Dice noch der Meinung, mit Battle-Royale-Titeln wie Apex Legends und dem enorm erfolgreichen Call of Duty Warzone konkurrieren zu müssen. Die Antwort war der Modus Hazard Zone, in dem Squads auf einer Karte abgeworfen werden und im großen Alle-gegen-Alle-Match um Datendisks kämpfen.

Die Kurve kriegen

Dieser halbgare Versuch, mit großen Marken zu konkurrieren, ging total schief. Niemand spielte Hazard Zone und der Modus ist auch heute noch einer der unbeliebtesten in Battlefield 2042. Das liegt aber auch daran, dass Dice das Game noch einmal aus dem Matsch gezogen hat und sich auf den Ausbau der Kernmodi konzentrierte.

Das konnte aber nicht vor einer wichtigen Schadensbegrenzung geschehen. Zum Release war Battlefield 2042 voller Bugs und teilweise enorm unbalanciert. Erst machten Wände hinauf kletternde Hovercrafts das Schlachtfeld unsicher, später entdeckte die Community den M5C Bolte und seine absurd starke Bordkanone. Es machte zeitweise einfach keinen Spaß, auf den viel zu riesigen und offenen Karten zu spielen. Generell wollte der extrem chaotische 128-Spieler-Modus - ein Anstieg von den bisherigen 64 Spielern - nicht funktionieren.

Dice brauchte viele Monate, um alle Probleme von Battlefield 2042 anzugehen. Schlussendlich hat das Team auf die Community gehört und ursprüngliche Ideen verworfen, um bekanntes Gameplay zurückzubringen.

Ja, es gibt wieder Klassen (und ein Scoreboard)!

Was Dice an Battlefield 2042 verändert hat

Wie erwähnt, gehörten die Specialists zu den größten Kritikpunkten an Battlefield 2042. Deshalb kündigte Dice nach einiger Zeit erst leichtere und dann drastische Änderungen diesbezüglich an. Zunächst entfernte das Studio die nervigen und äußerst unpassenden Angebersprüche. Specialists wirkten dadurch professioneller und nicht mehr so peinlich.

Anfang 2023 brachte Dice dann endlich die bekannten Klassen wieder zurück. Dabei wurden die bisherigen Specialists in vier Gruppen unterteilt: Aufklärer, Sturmsoldat, Unterstützer und Pionier. Prompt wurde das Meta-Gameplay komplett über den Haufen geworfen. Heute können wir nicht mehr einfach alle Teammitglieder wiederbeleben und gleichzeitig Hubschrauber und Panzer bekämpfen.

Wir müssen uns vorher entscheiden, welche Spezialisierung wir spielen wollen und unseren Squad- und Teammitgliedern dann andere Aufgaben überlassen. So macht es auch mehr Spaß, mit Freunden zusammen im Squad zu spielen und sich abzustimmen. Gleichzeitig müssen Panzercrews und Jetpiloten nicht mehr so häufig Raketen aus allen Richtungen ausweichen. Eine Win-Win-Situation für alle Aspekte im Spiel.

Freie Wahl bei den Schießeisen bleibt

Das Klassensystem ist aktuell aber bei weitem noch nicht so eingeschränkt, wie es in anderen Battlefield-Spielen normal ist. Wir können uns immer noch für eine beliebige Primärwaffe entscheiden und etwa als Aufklärer mit leichten Maschinengewehren und Sturmgewehren kämpfen. Wir sehen deshalb noch immer die gleichen Waffen. Aktuell ist es zum Beispiel das etwas zu starke RM-68-Sturmgewehr.

Hier kann Dice definitiv noch nachbessern und die Klassenboni für einzelne Waffengattungen weiter verstärken. Aktuell sehen wir beispielsweise keinen Grund, als Unterstützungssoldat mit einer Maschinenpistole herumzulaufen, nur weil wir damit etwas schneller anvisieren können. Dafür sind Maschinenpistolen durch ihre kurze Reichweite einfach zu schwach.

Denn ein Problem konnte Dice noch nicht komplett aus dem Weg räumen: Die meisten Karten sind enorm weitläufig. Zwar gilt das vor allem für die Maps, die zum Release von BF 2042 spielbar waren. Diese wurden klar für 128 Spieler entwickelt und sind daher besonders groß. Dice ist dabei schon früh aufgefallen: 128 Spieler sind einfach zu viele.

Weg mit den 128 Spielern

Wir als einzelne Personen fühlen uns dort nicht so, als würden wir viel zum Kampfgeschehen beitragen. Stattdessen sterben wir meist durch überwältigendes Gegenfeuer - und das oft aus absurden Entfernungen. Gerade im neuen Breakthrough-Modus, bei dem wir jeweils zwei Punkte verteidigen oder angreifen müssen, wurden die 128-Spieler-Gefechte zu einem langweiligen Stellungskampf ohne Fortschritte oder Spannung.

Der 128-Spieler-Breakthrough wurde deshalb recht früh wieder fallengelassen und als optionaler Modus in das Matchmaking eingebaut. 64-Spieler-Schlachten sind wesentlich spaßiger und deshalb wieder der Standard. Zugleich wurden die alten Karten überarbeitet. Hier gibt es jetzt mehr Deckungsmöglichkeiten und deshalb merklich intensivere und spannendere Infanteriegefechte.

Die drei neuen Karten Gestrandet, Speerspitze und Kontakt berücksichtigen diese Designphilosophie schon wesentlich besser. Hier können wir als Hubschrauberpiloten, Panzerfahrer und Infanteristen gleichermaßen Spaß haben. Es ist aber etwas ironisch, dass die aus älteren Battlefield-Spielen übernommenen Karten wie Kaspische Grenze und Arica Harbor weiterhin zu den besten Karten im Spiel zählen.

Apropos ältere Karten: Die Modularität von Battlefield 2042 ist durch den Portal-Modus eine enorm starke Ergänzung.

Ein Live-Service-Game, das funktioniert?

Mittlerweile hat Dice Battlefield 2042 zu einem echten Live-Service-Spiel gemacht. Dabei funktioniert ein solcher Ansatz in den seltensten Fällen wirklich gut. Jede Woche können wir uns neuen Herausforderungen stellen, indem wir etwa zehn Teammitglieder wiederbeleben, 30 Abschüsse erreichen oder fünf Fahrzeuge zerstören müssen. Jede abgeschlossene Aufgabe belohnt uns mit Punkten, die Battle-Pass-Stufen freischalten.

Selbst wenn wir für diesen Pass kein Geld ausgeben, können wir hier einige interessante kosmetische Gegenstände und Abzeichen freischalten. In jeder neuen Saison werden zudem auch neue Battle-Pass-Level generiert. Das motiviert zusätzlich, regelmäßig vorbeizuschauen und ein paar Runden zu spielen.

Wöchentlich neues Battlefield-Chaos

Besonders interessant: Jeden Freitag gibt es das Event Friday Night Battlefield - in Anlehnung an das Magic-The-Gathering-Turnierformat. Hier können wir besonders skurrile Spielmodi ausprobieren. Mal treten alle Spieler in Panzern und Hubschraubern gegeneinander an, mal dürfen wir ausschließlich Flugzeuge und Helikopter steuern oder zu Fuß in einer Art Hauptquartier-Modus um festgelegte Punkte kämpfen.

Möglich macht dies das Portal-System, mit dem die Community und Dice schnell neue Spielmodi erstellen können. Das war schon zum Release von BF 2042 eine tolle Funktion, die durch regelmäßige Ingame-Events ihr Potenzial entfalten kann.

Es hat sich seit dem Release in BF 2042 viel geändert: neue Karten, neue Waffen, besseres Balancing, ein Klassensystem und ein - hust - Scoreboard: All diese Faktoren tragen zu einem Battlefield-Teil bei, der der Serie mehr als gerecht wird. Ganz aus dem Dreck hat Dice den Karren aber noch nicht gezogen.

Aktuelle Hürde sind Bugs

Es existieren etwa unzählige merkwürdige Bugs, die teilweise spielentscheidend sein können. Manchmal sind es schwarze Bildschirme, manchmal können wir gefallene Kameraden nicht mehr wiederbeleben. Wir konnten auch beobachten, wie sämtliche Fahrzeuge auf einmal unsichtbar wurden und stattdessen Fahrer und Beifahrer in der Luft über die Karte schweben. Neben Frust sorgt so etwas auch immer wieder für herzliche Lacher.

Das Studio sollte aber unbedingt am Gruppensystem schrauben. Wir stoßen immer wieder auf Probleme, wenn wir unsere Freunde einladen und mit ihnen spielen wollen. So kann es passieren, dass Spieler in einer Gruppe einfach auf unterschiedlichen Servern landen oder ein Squadmitglied einfach gar nicht in die Karte lädt. Diese Bugs existieren schon seit dem Release, auch wenn sie mittlerweile nicht mehr ganz so gravierend auffallen.

Grundsätzlich können wir Dice und EA aber nur Dank aussprechen: Battlefield 2042 bringt uns mit absurden Battlefield-Momenten zum Lachen und es macht einfach Spaß, in letzter Sekunde doch noch den Sieg mit einem Unterschied von wenigen Tickets zu erlangen.

Das ist ein Battlefield, wie es von Anfang an hätte sein sollen. Aber wie heißt es so schön: Besser spät, als nie!


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