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Wie CO2-Neutralität gelingen kann - ein Rechenbeispiel

Klimawandel: So geht CO2-Neutralität

Fahren, Essen und Heizen: Fast alles verursacht CO2-Emissionen. Kann es da überhaupt gelingen, die weltweiten Emissionen auf null zu bringen? Ein Rechenbeispiel.
/ Mario Petzold
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Wälder nehmen viel CO2 aus - aber das reicht nicht. (Bild: yoshitaka2/Pixabay)
Wälder nehmen viel CO2 aus - aber das reicht nicht. yoshitaka2/Pixabay

Der Anteil von CO 2 lag einmal bei 280 ppm - nicht vor einem Erdzeitalter, noch nicht einmal vor 1.000 Jahren, sondern um das Jahr 1850. Rein erdgeschichtlich betrachtet war das vor gefühlten 20 Minuten, also nicht wirklich lange her.

50 Prozent mehr sind es also mittlerweile. Kann man nachmessen, ganz problemlos. Vom Eisbohrkern über den Jahresring bis zu den ersten wissenschaftlichen Messungen lässt sich das nachvollziehen.

Wer sich noch an seine oder ihre bereits weiter in der Vergangenheit liegende Schulzeit erinnert, könnte jetzt einwenden, dass schon damals von mehr als 0,04 oder gar 0,05 Prozent CO 2 die Rede war. Dabei wurde jedoch der Massenanteil beziffert, der wegen des hohen Gewichts von Kohlenstoffdioxid größer als der Anteil an der Teilchenzahl ist und deshalb mittlerweile schon bei 0,06 Prozent liegt.

Es ist also wie gesagt die Hälfte CO 2 mehr - und die Hälfte mehr ist fast immer zu viel. So viel mehr Verkehr, so viel mehr auf den Rippen, so viel mehr Kreditrate: Problem. Und ja, die Konzentration ist unbedenklich, aber CO 2 ist ein Atemgift. Bei fünf Prozent bleibt die Luft weg. Bei zehn Prozent droht recht sicher das Ersticken.

Treibhauseffekt als kritischer Punkt

Die Geschichte mit dem Treibhausgas macht noch dazu Probleme. Kurz gesagt: Kohlenstoffdioxid reflektiert genau die Strahlung, die von der durch die Sonne erwärmten Erdoberfläche wieder nach oben abgestrahlt werden sollte. Der Effekt entspricht in etwa dem des Wasserdampfs in der Atmosphäre, der drei- bis viermal häufiger dort vorkommt.

Beobachten lässt sich das weltweit an Messstationen zur Oberflächentemperatur. Er drückt sich unter anderem in einer fehlenden nächtlichen Abkühlung in den europäischen Sommernächten aus. Vor fünfzehn oder zwanzig Jahren war das noch anders, die Älteren erinnern sich.

Wir halten also fest: CO 2 ist höchstwahrscheinlich, nach allen Erkenntnissen, ein Problem. Es steckt aber leider als Emission in fast allen unseren Interaktionen. Beim Heizen, beim Fahren, beim Geld verdienen, beim Essen, beim Smartphone anschauen.

Die Masse macht's

Insgesamt geht es um knapp 40 Milliarden Tonnen CO2(öffnet im neuen Fenster) , die jährlich durch die unterschiedlichsten menschlichen Quellen ausgestoßen werden. Das entspricht einem Würfel mit 27 km Kantenlänge, angefüllt mit reinem Kohlenstoffdioxid.

Die menschliche Atmung bleibt hier im Übrigen außen vor, da lediglich der zuvor in Pflanzen und Tieren gebundene Kohlenstoff wieder freigesetzt wird. Es ist also ein mehr oder weniger geschlossener Kreislauf und damit in Summe CO 2 -neutral. Zumal die gesamte Menschheit auf diese Weise lediglich auf etwa drei Milliarden Tonnen CO 2 pro Jahr kommt.

Immerhin acht bis zehn Milliarden Tonnen kann unser Planet durch vermehrtes Pflanzenwachstum oder die Aufnahme von CO 2 in Böden und Gewässern gut kompensieren. Das wäre ziemlich genau eine Tonne pro Kopf, während der weltweite Durchschnitt beim Ausstoß jedoch bei fast fünf Tonnen liegt.

Die Menschen in Ghana (0,5 Tonnen) oder Kenia (0,3 Tonnen) können jetzt ganz entspannt bleiben. Aber bereits Indien (1,7 Tonnen) und Brasilien (2,1 Tonnen) liegen über dem erstrebenswerten Wert.

Von anderen Ländern ganz zu schweigen: Weit oben finden sich China oder Japan (je 8,5 Tonnen), Deutschland (10,3 Tonnen), die USA und Russland (je 14 Tonnen) oder Saudi-Arabien (17 Tonnen). Genau hier lassen sich die großen Einsparpotenziale finden, auch wenn es am Ende weltweite Lösungen braucht.

Der lange Weg zur CO2-Neutralität

Aber wie sollen solche Lösungen aussehen und könnte es tatsächlich gelingen, dass wir alle auf diesem Planeten zu guter Letzt weniger CO 2 ausstoßen könnten, als die Erde wieder aufnehmen kann?

Denn da ist auch noch der pinke Elefant im Raum. Der wiegt beträchtliche 1.000 Milliarden Tonnen, was dem bereits in der Atmosphäre zu viel angereicherten CO 2 entspricht. Damit sich das derzeit deutlich spürbar wandelnde Klima wieder beruhigt, müsste auch davon ein erheblicher Teil entnommen werden.

Überraschend dürfte folgende Erkenntnis nicht sein: Mit dem derzeitigen CO 2 -Ausstoß ist es aussichtslos. Es müssten auf jedem freien Quadratmeter Wälder und Moore angelegt werden. Und überall anders müsste man Systeme installieren, die irgendwie das übrige CO 2 umwandeln oder einlagern, natürlich ausschließlich mithilfe erneuerbarer Energie, die gar keinen Platz mehr hätte.

Die großen Stellschrauben

Ein Blick auf die Zusammensetzung der CO 2 -Emissionen in Deutschland zeigt, dass allein beim Heizen mehr als zwei Tonnen pro Kopf und Jahr anfallen. Über zwei Tonnen kommen zudem bei der Mobilität zwischen täglicher Autofahrt, Urlaubsflug und Straßenbahn zusammen. Bei Herstellung und Transport aller möglichen Konsumgüter von der Zahnbürste bis zum neuen Smartphone sind es knapp 2,5 Tonnen pro Kopf und Jahr.

Gut nachvollziehen lässt sich das zum Beispiel mit dem CO2-Rechner des Umweltbundesamtes(öffnet im neuen Fenster) . Hier sieht man außerdem, dass es bereits jetzt ein paar sehr wirkungsvolle Angriffspunkte zur Vermeidung von Emissionen gibt.

Beim Heizen stehen Wärmepumpe und Solarthermie ganz oben auf der Liste und können ziemlich genau zwei Tonnen einsparen. Hinzu kommt Strom, der nur noch aus regenerativen Quellen kommt, womit noch einmal 0,6 Tonnen wegfallen. Das wären 90 Prozent weniger CO 2 -Ausstoß aus den eigenen vier Wänden.

Bei der Mobilität würde allein der Verzicht auf die Flugreise und eine Woche Kreuzfahrt über eine Tonne einsparen. Durchaus vertretbar wirken dann noch 5.000 Kilometer allein oder 10.000 Kilometer zu zweit in einem Mittelklassewagen mit Verbrennungsmotor. Die belaufen sich auf gerade noch eine Tonne CO 2 .

Wird beim Essen öfters auf Regionales geachtet und der Konsum von Fleisch und Milchprodukten eingeschränkt, ohne gleich ganz zu verzichten, wären wieder 0,7 Tonnen gespart. Reparieren, Leihen und möglichst Haltbares kaufen spart dazu beim Konsum direkt eine weitere Tonne.

Greifbare Ziele - oder auch nicht

Dass der CO 2 -Ausstoß sinken kann, zeigen diese Beispiele, die in Summe 6,3 Tonnen pro Kopf und Jahr an Emissionen einsparen würden. Dafür sind weder eine vegetarische Ernährung noch der Verzicht auf den Verbrennungsmotor im Auto notwendig.

Nur dass die aufsummierten 3,9 Tonnen noch immer das Doppelte eines halbwegs erstrebenswerten Ausstoßes sind. Und zur Sicherheit sollte man auch nicht davon ausgehen, dass in Ländern mit grundlegend niedrigem Ausstoß oder sogar vernachlässigbarem Ausstoß, weil unterhalb einer Tonne CO 2 , alles so bleibt, wie es gerade ist.

Wobei vom Elektroauto, das aber nur einen kleinen Effekt hat, über nachhaltige Landwirtschaft bis zum Überdenken der Anschaffung aller möglichen Konsumgüter weiteres Potenzial besteht. Allein die Verwendung recycelter Materialien und regenerativer Energien für die Produktion von Konsumgütern aller Art würde das Ziel von weltweit zwei Tonnen deutlich realistischer erscheinen lassen.

Die nächsten Schritte sind vorgezeichnet

Zu tun gibt es somit viel. Da wäre die Umstellung der Stromproduktion zu nennen, die auch für das Heizen und die Mobilität erhebliche Einsparungen mit sich bringen würde. Gleichzeitig verursacht der notwendige Neubau von Windrädern, Solaranlagen oder Elektroautos wiederum CO 2 .

Der Blick in die Zahlen verschafft aber Erleichterung. Bau, Transport und Fundament eines Windrades verursachen CO 2 -Emissionen - die liegen aber selbst bei besonders großen Windkraftanlagen insgesamt bei ungefähr 1.000 Tonnen.

Hochgerechnet auf die Lebensdauer des Windrades wären das am Ende knapp zehn Gramm je Kilowattstunde(öffnet im neuen Fenster) . Oder anders: Nach drei Monaten hätte sich der Bau amortisiert, wenn dafür entsprechend weniger Kohle oder Gas verbrannt würden.

Nicht ganz so glänzend ist die Bilanz bei Photovoltaikanlagen. Gerechnet auf ihre Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren müsste mit 60 Gramm je Kilowattstunde kalkuliert werden(öffnet im neuen Fenster) . Damit wäre die CO 2 -Bilanz nach anderthalb Jahren positiv.

Gar nicht mal viel besser schneidet die Atomkraft ab. Vom Bau des Meilers über den Betrieb und den Abbau von Uran bis zur Endlagerung wird von bis zu 30 Gramm je Kilowattstunde(öffnet im neuen Fenster) ausgegangen. Die begrenzte Verfügbarkeit des Brennstoffs oder die geringe Akzeptanz von Kernkraftwerken und Endlagerstätten in der direkten Nachbarschaft sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Verglichen mit dem riesigen Einsparpotenzial bei Strom und Heizung fällt das Elektroauto deutlich zurück. Wird der gesamte Lebenszyklus betrachtet, liegt der durchschnittliche Verbrenner bei 200 Gramm pro Kilometer. Das E-Auto kommt auf 125 Gramm pro Kilometer(öffnet im neuen Fenster) .

Das stellt dem Individualverkehr eine eher schlechte Note aus. Wobei Entwicklungen wie Akkumulatoren mit 10.000 Ladezyklen(öffnet im neuen Fenster) oder Elektromotoren mit mehreren Millionen Kilometern Laufleistung(öffnet im neuen Fenster) in der Kalkulation noch nicht berücksichtigt sind. Aber wer will schon eine Million Kilometer mit dem immer gleichen Auto fahren?

Wohin mit dem CO2?

Völlig abwegig erscheint es also nicht, einen weltweiten Durchschnitt von zwei Tonnen CO 2 pro Kopf zu erreichen. Sicherlich wird das nicht in den nächsten 10 oder 15 Jahren möglich sein, in 20 oder 25 Jahren aber vielleicht schon.

Dann bleibt aber noch immer ein CO 2 -Ausstoß von etwa 20 Milliarden Tonnen, von dem zehn bis zwölf Milliarden Tonnen kompensiert werden müssten. Der von uns allen aufgebaute Überschuss von 1.000 Milliarden Tonnen sollte jedoch ebenfalls reduziert werden. 20 Milliarden Tonnen im Jahr zu kompensieren, wäre somit eine Zielvorgabe, die tatsächlich zur langfristigen CO 2 -Neutralität führen würde.

Ein paar offensichtliche Lagerstätten hat man schon in den Blick genommen. Wälder und Moore zum Beispiel sind sogenannte Kohlenstoffsenken. Sie nehmen das CO 2 aus der Umgebung auf, speichern es und reichern außerdem den Boden damit an. So wird Jahr für Jahr immer mehr CO 2 eingelagert.

Große Zahlen, große Wirkung

Ein Hektar deutscher Mischwald zum Beispiel kann etwas mehr als fünf Tonnen CO 2 im Jahr aufnehmen. Sämtliche Wälder in Deutschland zusammen bringen es auf 60 Millionen Tonnen(öffnet im neuen Fenster) . Aktuell wären das gerade einmal zehn Prozent des hierzulande verursachten Ausstoßes. Nimmt man importierte Emissionen durch die Herstellung von Konsumprodukten in anderen Ländern hinzu, sind es weniger als acht Prozent.

Auch weltweit nehmen die Wälder insgesamt nicht genügend CO 2 auf. Wo es möglich ist, müssten Wälder hinzukommen. Der Bestand von etwa 40 Milliarden Hektar könnte, müsste sogar um zehn Milliarden erweitert werden.

Dieser zusätzliche Baumbestand würde jedes Jahr 3,5 bis 4 Milliarden Tonnen CO 2 aus der Atmosphäre entnehmen. Angesichts von durchschnittlich 700 Bäumen pro Hektar(öffnet im neuen Fenster) ergäbe sich die Zahl von 7.000 Milliarden Bäumen, die im Laufe der nächsten Jahrzehnte zusätzlich gepflanzt werden sollten. 100 bis 200 Milliarden Bäume wären das pro Jahr, mindestens.

Noch einmal wesentlich effektiver ist das Anlegen von Mooren, da diese pro Jahr und Hektar 20 bis 25 Tonnen CO2(öffnet im neuen Fenster) aufnehmen können. Bei einer geschätzten Fläche von 100 Millionen Hektar, die im Laufen der Industrialisierung verloren gegangen sind, ergibt sich ein brauchbarer Speicher. 2,5 Milliarden Tonnen CO 2 ließen sich auf diese Weise pro Jahr aufnehmen.

Zwar setzt ein wiedervernässtes Moor zunächst Methan frei, das deutlich stärker den Treibhauseffekt fördert als CO 2 , aber dieser Effekt wird bereits im zweiten Jahr der Vernässung durch die negative CO2-Bilanz kompensiert(öffnet im neuen Fenster) . Weil Methan durchschnittlich nur zwölf Jahre in der Atmosphäre verbleibt, ist der Effekt der CH4-Freisetzung bei der Wiedervernässung langfristig vernachlässigbar und es gibt bereits Untersuchungen, die Methanentwicklung zu reduzieren (PDF)(öffnet im neuen Fenster) .

Landwirtschaft ist die große Unbekannte

Böden im Allgemeinen nehmen sehr viel Kohlenstoff auf(öffnet im neuen Fenster) . Während Moore auf 600 bis 700 Tonnen Kohlenstoff kommen, lagern in Grünflächen etwa 130 Tonnen und in intensiv genutzter Agrarfläche noch 80 bis 90 Tonnen pro Hektar ein.

Geht man davon aus, dass Pflanzen diesen Kohlenstoff durch die Umwandlung von CO 2 in den Boden einbringen, ergeben sich noch höhere Werte. Schließlich ist eine Tonne Kohlenstoff nicht eine Tonne CO 2 . Ein Mol (ganz viele Atome, genauer 6 mal 10 hoch 22 Atome) Kohlenstoff wiegt nur zwölf Gramm. Ein Mol CO 2 bringt dagegen 44 Gramm auf die Waage. Eine Tonne Kohlenstoff entspricht also 3,7 Tonnen CO 2 .

Würden 40 bis 50 Tonnen Kohlenstoff zurück in die landwirtschaftliche Nutzfläche gelangen, Stichwort: Humusaufbau, würde dies bei fünf Milliarden Hektar, die weltweit bestellt werden, über 900 Milliarden Tonnen CO 2 entsprechen.

Dann müsste aber davon ausgegangen werden, dass in der Landwirtschaft überall zusätzlicher Humus eingebracht werden kann. Außerdem müsste dieser bei der zukünftigen Bewirtschaftung erhalten oder sogar noch weiter aufgebaut werden.

Deshalb wird aktuell auch davon ausgegangen, dass auf jeden Hektar pro Jahr sogar 0,2 Tonnen entweichen. Zudem geht eine eher vorsichtige Schätzung der UN davon aus, dass weltweit fünf Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr(öffnet im neuen Fenster) auf diese Weise aus der Atmosphäre entnommen werden können. Das wären dann immer noch sechs Milliarden Tonnen zusätzlich.

In Summe ließen sich damit zwölf Milliarden Tonnen CO 2 im Jahr kompensieren, was bei optimistischer Schätzung dem einzufangenden Überschuss der Menschheit in einer sparsameren Zukunft entsprechen würde.

Weitere Möglichkeiten kommen hinzu

Andere Ideen, die es sicher brauchen wird, lassen sich deutlich schwerer in Zahlen fassen. Auch die Ozeane lassen sich begrünen. Algen und Seegras nehmen im Vergleich mehr CO 2 auf als Bäume.

Nicht ganz so natürlich, aber durchaus vielversprechend wären auch die Mineralisierung oder Düngung der Ozeane. So könnten die CO 2 -Aufnahme und das Algenwachstum beschleunigt werden. Allein aufgrund der schieren Aufnahme unserer Ozeane schlummert hier ein erhebliches Potenzial, das die ganze Hochrechnung retten könnte.

Und es fehlt natürlich noch CCS, das Einfangen und Einlagern von Kohlenstoffdioxid . Nach derzeitigem Stand können solche Anlagen in verschiedenen Ausprägungen einige Tausend Tonnen CO 2 jährlich entnehmen. Bei Milliarden Tonnen geht es somit um Millionen solcher Anlagen.

Außerdem benötigen sie viel Energie, die an anderer Stelle wahrscheinlich sinnvoller eingesetzt wäre. So finden sich viele kritische Stimmen, die die gesamte Herangehensweise infrage stellen(öffnet im neuen Fenster) . Nicht zuletzt besteht die Gefahr, sich auf technische Innovation in dem Bereich zu verlassen und andere, erwiesenermaßen wirksame Schritte zu unterlassen. Wäre nicht das erste Mal.

Zwischen machbar und machen

Der CO 2 -Ausstoß muss sinken. Gleichzeitig müssen alle bekannten und effektiven Wege zur Einlagerung von CO 2 aktiviert werden. Wobei ein Absenken der Emissionen pro Kopf um weltweit 60 Prozent nicht völlig unrealistisch erscheint. Schließlich ist (wie so oft) nur ein Teil der Erdbevölkerung für den übermäßigen Ausstoß verantwortlich.

Während die Einschnitte in Deutschland die Minderung von über zehn auf unter vier Tonnen natürlich zu spüren sein werden, aber sicher nicht dramatisch ausfallen, gibt es Beispiele, dass solche Werte für Industrieländer nicht utopisch sind. Die Schweiz oder Portugal liegen pro Kopf bei diesem unteren Wert.

Und bleibt die Welt ungleich, wovon selbst Optimisten ausgehen müssen, ist das bereits ein Emissionswert, der global gesehen für maximal 20 Milliarden Tonnen insgesamt im Jahr genügen könnte.

Mit riesigen Anstrengung bezüglich Aufforstung, Vernässung von Mooren und Umbau der Landwirtschaft wäre dieser CO 2 -Ausstoß, der eigentlich noch immer zu hoch läge, in den Griff zu bekommen. Dazu müssten jedoch weitere Maßnahmen kommen, die das bereits länger die Atmosphäre anreichernde CO 2 reduzieren. Die Ozeane werden hier aller Voraussicht nach die entscheidende Rolle spielen.

Der Weg ist angezeigt

Es ist nicht so, dass bisher keine Maßnahmen ergriffen werden. Es gibt Aufforstungsprojekte , wenn auch nicht mit 100 Milliarden Bäumen pro Jahr. Die EU hat es sich zur Aufgabe gemacht, verloren gegangene Moore wieder zu aktivieren.

Auch der Humusaufbau in der Landwirtschaft oder die durchgehende Begrünung von Feldern über das ganze Jahr mit verschiedenen Zwischenfrüchten, die eben dies bewirken, lässt sich auf Feldern in der näheren Umgebung mit großer Sicherheit schon beobachten. Das Thema ist also längst in der Realität angekommen.

Und dass die Emission von CO 2 verringert werden muss, hat sich ebenfalls herumgesprochen, spätestens seit die Skigebiete in den Mittelgebirgen nach und nach verschwinden und 30 Grad im Oktober keine große Meldung mehr sind.

Die Zahlen zeigen, dass CO 2 -Neutralität und sogar ein negativer Ausstoß im Bereich das Möglichen liegen. Fleisch wird dann trotzdem nicht vom Teller verschwunden sein und sogar ein Auto wird in der Garage oder vor der Tür parken - nur kein zweites oder drittes mehr.

Dass dies enorme Anstrengungen und nicht weniger Umstellungen erfordert, steht außer Frage. Ob diese Anstrengung gelingt, ist keinesfalls gesichert, aber rein rechnerisch spricht nichts gegen eine praktische Umsetzung.

Vielleicht hilft es, die Zukunft einmal anders zu betrachten: Wer hätte schon vor 25 Jahren vermutet, dass der heimische 55-Zoll-Fernseher, gerade einmal fünf Zentimeter dick, fast jeden Film auf Knopfdruck abspielt und Solarmodule für den Balkon für ein paar Hundert Euro in jedem Supermarkt verkauft werden. Gedämmte Häuser, funktionierender Nah- und Fernverkehr sowie ein fußläufig erreichbarer Hofladen klingen da gleich viel weniger utopisch.


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