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München wird High-Tech-Biotop für Gourmet-Ente

Von Peter Schmalz
Veröffentlicht am 20.03.2000Lesedauer: 5 Minuten

Erfolgs-Gastronom Hans-Peter Wodarz kehrt in die Landeshauptstadt zurück - Neuer Feinschmecker-Treff im Grandhotel

Ein junger Mann geht mit seiner noch jüngeren Frau an der Isar spazieren und schaut den Enten zu, die elegant einschweben und in einer kleinen Bugwelle auf dem Wasser landen. "Ich hab's" sagt er, "es wird Le Canard heißen." Seit drei Jahren kocht Hans-Peter Wodarz bei Eckart Witzigmann, dem deutschen Kochwunder, hat Wissen und Gefühl für die ganz große Küche aufgesogen und will nun an den eigenen Herd. Das Lokal im Münchener Altstadtviertel Lehel ist schon gefunden, beim Namen scheint ihm ein Hauch Französisch das richtige Gewürz.

Doch seine Frau Annemarie blickt ihn zweifelnd an: "Mit diesem Namen kommst du im Lehel nicht an. Sag's doch auf Deutsch." Es war die Geburtsstunde der "Ente im Lehel", über der schon im Jahr darauf ein Michelin-Stern strahlte und von deren Tellern die Prominenz von Heinz Rühmann bis Soraya, von Sachs bis Karajan speiste. Auch George Harrison saß eines Abends in der "Ente" und bestellte "Ente orange". Der damals noch dunkelbärtige HPW war tief bewegt: "Das war mir wichtiger als der Stern." Denn als Jungmann war er monatelang durch England gezogen auf der vergeblichen Suche nach den Beatles, und nun hatte er einen von ihnen bei sich zu Gast.

Wodarz ist 25 Jahre älter geworden und hat zwischendurch die "Ente" zum "Nassauer Hof" in seiner Heimatstadt Wiesbaden verlegt, wobei sie auch in der Fremde die Herkunftsbezeichnung "Lehel" stolz im Gefieder trug. Und wieder wurde der Erfolg Stammgast: Bald gab es wieder einen Stern und Promis zuhauf. Mehr und mehr garnierte er den Genuss des Speisens mit dem Vergnügen der Unterhaltung. "Ich habe gemerkt, dass es an den Tischen immer feiner und stiller wurde. Da musste ein kräftiger Schuss Stimmung rein."

Er begann, ums Essen herum Feste zu feiern, ließ nach der Suppe Weltstars auftreten und zelebrierte "Brot und Spiele" auf hohem Niveau. Er wurde Muntermacher bei Kanzlerfesten und Exotenfeten, bekochte und belustigte Sportbälle und Bambi-Verleihungen. Schließlich wuchs daraus Europas größtes und erfolgreichstes Gourmet-Happening, eine um das feine Essen rankende Inszenierung von Traumwelten unter dem ein wenig sperrigen Namen "Pomp Duck and Circumstance". Und es begann eine bis heute erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem kanadischen, inzwischen weltumspannenden Entertainmentkonzern "Cirque du Soleil".

Zuvor aber war ein Zwischenspiel zu verdauen, an dem sich HPW beinahe verschluckt hätte. Mit 30 Containern war Wodarz in die USA gewechselt, wollte von New York bis Las Vegas den großen Deal wagen und kehrte wenig später mit nichts als zwei Koffern zurück. "Da hat man schon merkwürdige Gedanken." Mehr will er heute nicht mehr dazu sagen. Im harten US-Business wurde die Ente übel gegrillt, ein Prozess gegen skrupellose US-Partner läuft noch.

Doch "Cirque du Soleil" half mit, der Ente neue Flügel zu verleihen. Und Wodarz kann wieder strahlen: Die gemeinsame in den Niederlanden lokalisierte Gesellschaft setzt mit den Food-and-Fun-Spektakeln im Jahr 20 Millionen Mark um. Der Spiegelpalast mit 400 Plätzen ist transportabel und weckt die durchaus gewollte Erinnerung ans Varieté. An den zumeist ausverkauften Abenden sorgen 80 Artisten, Künstler, Köche und Kellner für das Wohlbefinden an Leib und Seele. Und HPW strahlt über eine Zahl, bei der seinen Kollegen das Wasser im Munde zusammenläuft: "86 Prozent Belegung". In München gastiert er seit Mitte September neben dem alten Flugtower von Riem und muss nach dreimaliger Verlängerung am 28. Mai endgültig zum nächsten Gastspiel weichen, weil auf dem alten Flughafengelände gebaut wird. "Dabei haben wir schon Nachfragen bis in den Oktober und November hinein."

Doch wo immer er in den nächsten Jahren Gaudi mit Gourmandise kombinieren mag, in München hat HPW wieder Fuß gefasst. "Und ich habe die Ente nach München zurückgebracht." Ein Vierteljahrhundert nach der ersten "Ente im Lehel" hat er für sein Markentier ein neues Nest gefunden: Am 1. Mai eröffnet "Die Ente vom Lehel" in dem mit 170 Millionen Mark neu gestylten Grandhotel "Arabella Sheraton". Schon am 1. April will er in dem Restaurant, das mit der für Münchener Verhältnisse gigantischen Zahl von 500 Plätzen bestückt ist, mit einer "Enten-Preview" beginnen und die Küchen-brigade vier Wochen lang auf die Qualität einschwören, mit der er sich schon zwei Mal einen Michelin-Stern erkocht hat.

Doch den Kochlöffel schwingt er nicht mehr selbst. Wodarz gibt nur Namen und Rat, am Herd wird der 32-jährige Schweizer Küchenchef Jörg Walter stehen, der in seiner Heimat schon mehrmals unter Gourmet-Sternen kochte. Nun übt er mit HPW an der Seite Überraschungsvarianten der Ente und vor allem das, was Wodarz "die Küche unserer Zeit" nennt: "Leicht, gesund, naturnah." Und vor allem schnell: "Die jungen Erfolgreichen der High-Tech-Branche haben nicht mehr die Zeit für ein vierstündiges Menü." München und seine Umgebung ist ihm das richtige Biotop, in dem seine neue Ente gut gedeihen kann: "Hier hat sich ein Zentrum modernster Technik entwickelt, in dem auf den Arbeitsplätzen der Zukunft viel Geld verdient wird." Und ein Teil davon möchte bitteschön im Kröpfchen der Ente landen.

Zuvor aber hatte der Enten-Vater noch einen Geburtstag zu feiern: Am vergangenen Samstag vor 25 Jahren öffnete die "Lehel-Ente" ihre Münchener Pforte. Seit Jahren schon lädt er an diesem Tag zum Benefiz-Dinner, dessen Erlös der Unicef zufließt. Am Samstag kochten sechs Küchen-Stars, darunter Witzigmann, Gerd Käfer und Inge Stollberg, Münchens höchstdotierte Köchin. 350 Mark kostete das Menü, gut 120 000 Mark werden der Unicef für die Kinder im Kosovo überwiesen.

Pomp Duck and Circumstance im Internet:

intranet.montreal.cirquedusoleil.com


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