[338] Und war es denn nicht die sch�ne Galerie der Br�der Boisser�e und Bertram, wo sie sich zuerst fanden und erkannten? Diese gastfreien M�nner hatten dem jungen Manne erlaubt, ihre Bilder so oft zu besuchen, als er immer wollte; und er tat dies, wenn er nur immer in der Mittagsstunde, wo die Galerie ge�ffnet wurde, kommen konnte. Es mochte regnen oder schneien, das Wetter mochte zu den herrlichsten Ausfl�gen in die Gegend locken, er kam; er sah oft recht krank aus und kam dennoch. Man w�rde aber unbilligerweise den Kunstsinn des Herrn von Fr�ben zu hoch anschlagen, wenn man etwa glaubte, er habe die herrlichen Bilder der alten Niederl�nder studiert oder nachgezeichnet. Nein, er kam leise in die T�re, gr��te schweigend und ging in ein entferntes Zimmer, vor ein Bild, das er lange betrachtete und ebenso stille verlie� er wieder die Galerie. Die Eigent�mer dachten zu zart, als da� sie ihn �ber seine wunderliche Vorliebe f�r das Bild befragt h�tten; aber auch ihnen mu�te es nat�rlich aufgefallen sein, denn oft wenn er herausging, konnte er nur schlecht die Tr�nen verbergen, die ihm im Auge quollen.
Gro�en historischen oder bedeutenden Kunstwert hatte das Bildchen nicht. Es stellte eine Dame in halb spanischer, halb altdeutscher Tracht vor. Ein freundliches bl�hendes Gesicht mit klaren, liebevollen, Augen, mit feinem, zierlichem Mund und zartem,[338] rundem Kinn trat sehr lebendig aus dem Hintergrund hervor. Die sch�ne Stirne umzog reiches Haar und ein kleiner Hut, mit wei�en buschigten Federn geschm�ckt, der etwas schalkhaft zur Seite sa�. Das Gewand, das nur den sch�nen zierlichen Hals frei lie�, war mit schweren goldenen Ketten umh�ngt und zeugte ebensosehr von der Sittsamkeit als dem hohen Stand der Dame.
Am Ende ist er wohl in das Bild verliebt, dachte man, wie Kalaf in das der Prinzessin Turandot, obschon mit ungleich geringerer Hoffnung, denn das Bild ist wohl dreihundert Jahre alt und das Original nicht mehr unter den Lebenden.
Nach einiger Zeit schien aber Fr�ben nicht mehr der einzige Anbeter des Bildes zu sein. Der Prinz von P. hatte eines Tages mit seinem Gefolge die Galerie besucht. Don Pedro, der Haushofmeister, hatte die umherschreitende Schar der Zuschauer verlassen und besah sich die Gem�lde, einsam von Zimmer zu Zimmer wandelnd; doch wie vom Blitz ger�hrt, mit einem Ausruf des Erstaunens war er vor dem Bild jener Dame stehen geblieben. Als der Prinz die Galerie verlie�, suchte man den Haushofmeister lange vergebens. Endlich fand man ihn, mit �berschlagenen Armen, die feurigen Augen halb zugedr�ckt, den Mund eingepre�t, in tiefer Betrachtung vor dem Bilde.
Man erinnerte ihn, da� der Prinz bereits die Treppe hinabsteige, doch der alte Mann schien in diesem Augenblicke nur f�r eines Sinn zu haben. Er fragte: wie dies Bild hiehergekommen sei? Man sagte ihm, da� es von einem ber�hmten Meister vor mehreren hundert Jahren gefertiget und durch Zufall in die H�nde der jetzigen Eigent�mer gekommen sei.
�O Gott, nein!� antwortete er, �das Bild ist neu, nicht hundert Jahre alt; woher, sagen Sie, woher? o ich beschw�re Sie, wo kann ich sie finden?�
Der Mann war alt und sah zu ehrw�rdig aus, als da� man diesen Ausbruch des Gef�hls h�tte l�cherlich finden k�nnen; doch als er dieselbe Behauptung wieder h�rte, da� das Bild alt und wahrscheinlich von Lucas Cranach selbst gemalt sei, da sch�ttelte er bedenklich den Kopf.
�Meine Herren�, sprach er, und legte beteurend die Hand aufs Herz: �meine Herren, Don Pedro di San Montanjo Ligez h�lt Sie f�r ehrenwerte Leute. Sie sind nicht Gem�ldeverk�ufer und wollen mir dies Bild nicht als alt verkaufen, ich darf durch Ihre G�te diese Bilder sehen, und Sie genie�en die Achtung dieser[339] Provinz. Aber es m��te mich alles t�uschen oder – ich kenne die Dame, die jenes Bild vorstellt.� Mit diesen Worten schritt er, ehrerbietig gr��end, aus dem Zimmer.
�Wahrhaftig!� sagte einer der Eigent�mer der Galerie, �wenn wir nicht so genau w��ten, von wem dieses Bild gemalt ist, und wann und wie es in unsern Besitz kam und welche lange Reihe von Jahren es vorher in C. hing, man w�re versucht, an dieser Dame irre zu werden. Scheint nicht selbst den jungen Fr�ben irgendeine Erinnerung beinahe t�glich vor dieses Bild zu treiben, und dieser alte Don, blitzte nicht ein jugendliches Feuer aus seinen Augen, als er gestand, da� er die Donna kenne, die hier gemalt ist? Sonderbar, wie oft die Einbildung ganz vern�nftigen Menschen mitspielt; und mich m��te alles t�uschen, wenn der Portugiese zum letztenmal hier gewesen w�re.�
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