Überraschend hat der schweizerisch-britische Konzern Ineos angekündigt, den Fussballklub Lausanne-Sport zu übernehmen. Hinter dem Konzern steckt der britische Milliardär Jim Ratcliffe, der in der jüngeren Vergangenheit mit mehreren ungewöhnlichen Projekten aufgefallen ist.
Sosehr der britische Milliardär Jim Ratcliffe als medienscheu bezeichnet wird, so sehr sorgte er in vergangener Zeit für Schlagzeilen. Der letzte Streich des Gründers des schweizerisch-britischen Chemiekonzerns Ineos war der Kauf des Super-League-Klubs Lausanne-Sport. Der Schweizer Fussballklub soll dereinst auch auf europäischer Ebene um sportliche und kommerzielle Meriten mitspielen können. Ineos sponsert auch den Eishockey-Klub Lausanne HC und unterstützt den Nachwuchssport in der Waadt.
Vor sieben Jahren hatte Ratcliffe den Hauptsitz von Ineos und seinen Steuersitz von Grossbritannien an den Genfersee verlegt. Damit begann das Interesse des sportlichen Briten an der Westschweiz. Das 1998 gegründete Unternehmen wuchs in den folgenden Jahren rasant, indem Unternehmensteile aufgekauft wurden, die andere Chemiekonzerne wie BP, ICI, Dow, BASF und Bayer nicht mehr haben wollten. Es entstand ein Unternehmen mit 17 000 Mitarbeitern an 80 Standorten in 16 Ländern. Der Umsatz beträgt rund 40 Mrd. $. Um die Expansion zu finanzieren, hatte sich Ineos hohe Schulden aufgehalst, was während der Finanzkrise den Konzern in die Bredouille brachte. Davon erholte sich Ineos aber wieder.
Als die britische Labour-Regierung auf das Jahr 2010 hin die Unternehmensbesteuerung veränderte und dem Unternehmen keine Steuererleichterung gewähren wollte, entschloss sich Ineos dazu, den Hauptsitz in die Schweiz zu verlegen. Das Privatunternehmen hat mit dem Schritt laut Medienberichten rund 100 Mio. £ jährlich eingespart. Im vergangenen Jahr machte Ratcliffe die Entscheidung aber wieder teilweise rückgängig. Ineos errichtete im noblen Londoner Stadtviertel Knightsbridge einen Firmensitz, über den rund die Hälfte des Geschäfts des Chemieriesen abgewickelt wird. Die andere Hälfte läuft weiterhin über den Sitz in Rolle im Kanton Waadt. Ratcliffe, der rund zwei Drittel des Konglomerats kontrolliert, und andere Ineos-Manager verlegten ihren privaten Steuersitz wieder auf die Insel.
Als Gründe für den Umzug gab Ratcliffe den Optimismus in die britischen Geschäftsaktivitäten und das positive Umfeld in London für Wachstum und Geschäfte an. Ein wirtschaftsfreundlicher Kurs der (mittlerweile) konservativen Regierung und einige Steuersenkungen werden die Überlegungen beflügelt haben. Die Entscheidung von Ineos erfolgte nach dem Referendum über einen Austritt aus der EU. Für den diplomierten Chemie-Ingenieur, der für den Brexit gestimmt hatte, ist der britische Austritt aus der Union ein Zeichen von Vitalität.
In Grossbritannien stieg Ineos unlängst zu einem der zehn grössten Erdöl- und Erdgasproduzenten in der Nordsee auf. Der Chemiekonzern kaufte in diesem Jahr die Förderaktivitäten des dänischen Unternehmens Ørsted, das früher unter dem Namen Dong Energy bekannt war. Zudem hatte das Unternehmen bereits Gasfelder und das Forties-Pipeline-Netz in der Nordsee erworben. Ineos möchte zudem Schiefergas auf der Insel fördern. Die petrochemische Industrie ist ein grosser Stromverbraucher und verwendet Erdöl als Ausgangsstoff. Ratcliffe hatte zudem angekündigt, rund 2 Mrd. € in europäische petrochemische Kapazitäten zu investieren, um vom günstigen Schiefergas, das aus den Vereinigten Staaten nach Europa kommt, zu profitieren.
Der umtriebige Unternehmer, der den Verwaltungsrat von Ineos präsidiert, fiel in der vergangenen Zeit mit Vorhaben weitab seiner angestammten Branche auf. Neben der Investition in den Fussball kaufte das Unternehmen vor kurzem von der deutschen Reimann-Familie die britische Modemarke Belstaff, die vor allem durch ihre Bekleidung für Motorradfahrer bekannt ist.
Das «Projekt Grenadier» ist noch exzentrischer: Ratcliffe möchte den spirituellen Nachfolger des Land Rover Defender bauen. Der Autokonzern Jaguar Land Rover (JLR) stellte die Produktion des kantigen und urchigen Geländewagens, der seit dem Jahr 1948 gebaut worden war, im vergangenen Jahr ein. Ratcliffe kann sich vorstellen, bis zu 600 Mio. £ für das Projekt auszugeben, das im Londoner Pub Grenadier seinen Ausgang gefunden hat. Wenn das Auto in Grossbritannien gebaut werden solle, benötige er staatliche Unterstützung, liess er schon wissen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass JLR ebenfalls mit einem neuen Defender auf den Markt kommen will.
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