Video: Purism Librem 5 - Test
Das Librem 5 ist ein Linux-Smartphone, das den Namen wirklich verdient. Das Gerät enttäuscht aber selbst hartgesottene Linuxer.
Anders als die meisten Smartphones nutzt das Librem 5 eine übliche Linux-Distribution statt Android. Das ursprünglich per Crowdfunding finanzierte Gerät ist in langer Detailarbeit von Purism von Grund auf selbst erstellt worden.
Erklärtes Ziel dabei ist es immer gewesen, Komponenten gezielt nach der Unterstützung durch freie Software auszuwählen und dafür im Zweifel auch einige Abstriche bei der Gestaltung des Geräts hinzunehmen.
Das Gerät soll sich für alle eignen, denen der Schutz eigener Daten wichtig ist und damit alltagstauglich sein. Mehr als drei Jahre Entwicklungszeit haben dafür aber nicht gereicht.
Schon beim Auspacken des Geräts wird klar, dass das Librem 5 vor allem eines ist, nämlich ungewöhnlich. Denn das Librem 5 ist zwar vergleichbar hoch und breit wie aktuelle Android-Geräte, dabei aber auch fast doppelt so dick. Mit einem Gewicht von rund 260 Gramm ist das Gerät zudem schwerer als handelsübliche Smartphones.
Herzstück des Geräts ist das SoC i.MX 8M von NXP mit vier ARM-Cortex-A53-Kernen bei 1,5 GHz Takt. Diesen zur Seite stehen 3 GByte Arbeitsspeicher und 32 GByte eMMC-Festspeicher.
Die Rückseite des Librem 5 ist aus Kunststoff gefertigt und leicht abnehmbar. Der Akku mit einer Nennladung von 4.500 mAh ist wechselbar. Unterstützt wird ein Laden per USB Power Delivery bis 24 Watt, das mitgelieferte Ladegerät liefert maximal 18 Watt. Als Besonderheit verfügt das Librem 5 außerdem über Hardwareschalter an der linken Gehäuseseite für Mobilfunk, WLAN/Bluetooth sowie Mikrofon und Kamera.
Als Betriebssystem setzen die Macher des Librem 5 auf ihre eigene Linux-Distribution PureOS, die wiederum auf Debian basiert.
Als Browser kommt der schlicht Web genannte Browser des Gnome-Projekts in der aktuellen Version 3.38 zum Einsatz, der früher Epiphany hieß und als Rendering-Engine Webkit verwendet. Der Browser ist simpel und kann funktional keineswegs mit der Mobile-Variante Firefox oder Chrome mithalten.
Bisher wurden nur wenige der Gnome-Apps für die Smartphone-Ansicht optimiert, von anderen Open-Source-Apps wie dem Messenger Signal ganz zu schweigen. Andere auch angepasste Apps fühlen sich unter Umständen schlicht nicht so an, als seien sie gut auf den Mobile-Einsatz optimiert.
Problematisch ist jedoch die extrem schlechte Akkulaufzeit. Selbst im Standby mit aktiviertem WLAN hält das Gerät nur etwas mehr als einen 8-Stunden-Tag durch. Bei einer gewöhnlichen Smartphone-Benutzung ist der Akku jedoch viel schneller leer, als uns lieb ist, was das Librem 5 als Ersatz für den Alltag eigentlich unbrauchbar macht.
Im Bereich der Sicherheit sieht es eher mau aus. So fehlen dem Gerät grundlegende Sicherheitsfunktionen, die wir von anderen Linux-Distributionen gewohnt sind. So liegen beispielsweise alle Daten unverschlüsselt auf dem Flashspeicher. Eine Fesplattenverschlüsselung, die beim Installieren der meisten Linux-Distributionen aktiviert werden kann, ist schlicht nicht vorhanden.
Ohnehin fehlen dem Librem 5 viele Sicherheitsfunktionen, die unter Android umgesetzt wurden, beispielsweise die voneinander abgeschotteten Apps oder das Berechtigungskonzept.
Die Software mit der Phosh-Oberfläche fühlt sich noch sehr nach einem Alpha-Stadium an.
Das Librem 5 ist immerhin das erste Smartphone überhaupt mit einfach nutzbaren Hardwareschaltern, die die Privatsphäre so verbessern wie an Laptops auch. Insofern geben wir unsere Hoffnung noch nicht ganz auf, eines Tages doch noch unsere liebste Distribution auf einem beliebigen Linux-Smartphone unser Wahl betreiben zu können - mit einem Convergence-Modus, der uns überall arbeiten lässt.
Bis dahin ist es jedoch noch ein sehr weiter Weg und der Kauf des Librem 5 nur jenen zu empfehlen, die diesen Weg aktiv und vor allem finanziell unterstützen wollen.