Christine Buchholz

deutsche Politikerin (Die Linke), MdB

Christine Buchholz (* 2. April 1971 in Hamburg) ist eine deutsche Politikerin (bis 2024 Die Linke) und war von 2009 bis 2021 Mitglied des Bundestages. Dort war sie religionspolitische Sprecherin der Fraktion, sowie Mitglied im Verteidigungsausschuss und stellvertretendes Mitglied im Menschenrechtsausschuss. Von 2007 bis 2021 und von 2022 bis 2024[1] war sie im Parteivorstand der Partei Die Linke aktiv, mit dem Schwerpunkt Antifaschismus und Antirassismus.[2]

Christine Buchholz, 2019
Christine Buchholz 2020 im Deutschen Bundestag
Christine Buchholz traf sich 2010 in Juba mit Lise Grande, Koordinatorin von UN OCHA, zur humanitären Lage im Südsudan.

Buchholz studierte nach ihrem Abitur von 1991 bis 1998 Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Politik und Religion an der Universität Hamburg. Nach dem Staatsexamen zum Lehramt für Politik und Evangelische Religion nahm sie ein Ergänzungsstudium der Geschichtswissenschaft auf. Von 1995 bis 2009 arbeitete sie zudem als Assistentin für Menschen mit Behinderung in Hamburg und Berlin. Von 1997 bis 2001 war sie Betriebsrätin in einem Hamburger Pflegebetrieb. Sie war ötv-Vertrauensfrau und ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Ab 2002 arbeitete sie als freiberufliche Redakteurin und von 2005 bis 2009 als wissenschaftliche Mitarbeiterin einer Gruppe Bundestagsabgeordneter der Linksfraktion.

Buchholz ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie ist Enkelin des Chirurgen und Klinikgründers Hans-Wilhelm Buchholz.

Politisches Engagement

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Buchholz galt als eine Protagonistin des linken Parteiflügels innerhalb der Partei Die Linke.[3] Im Dezember 2024 trat sie aus der Linkspartei aus.[4] Ab den frühen 1990er Jahren war sie in der antifaschistischen Szene aktiv. 1994 wurde sie Mitglied der trotzkistischen, entristischen Organisation Linksruck. Von 1994 bis 1999 war sie Mitglied der SPD. Sie war früh in der globalisierungskritischen Bewegung aktiv und wurde Mitglied von Attac. Sie zählte zu den Organisatoren für das Europäische Sozialforum, das Sozialforum in Deutschland und die Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm (2007). Sie beteiligte sich an der Organisierung und Durchführung der Blockupy-Proteste gegen „Bankenmacht und das Spardiktat der EU-Troika“. Im Bundestag sprach sie gegen die Sparpolitik, den Europäischen Stabilitätsmechanismus und den Europäischen Fiskalpakt.

2016 war sie Mitinitiatorin des Bündnisses Aufstehen gegen Rassismus[5][6] und arbeitet auch weiterhin dort mit.[4]

Sie ist Mitglied des Beirats der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft.

Mitgliedschaft in Linksruck und Marx21

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Über ihre Mitgliedschaft in Linksruck[7] (2007 aufgelöst) kam sie 2004 zur WASG, deren erweitertem Bundesvorstand sie ab Frühjahr 2005 angehörte. Im März 2007 wurde sie in den geschäftsführenden WASG-Bundesvorstand gewählt, seit dem Vereinigungsparteitag am 16. Juni 2007 bis 2021 war sie Mitglied im geschäftsführenden Parteivorstand der Linken. Dort war sie u. a. zuständig für die Themen Frieden, Abrüstung, Internationales und Antirassismus. Von 2022 bis 2024 war sie erneut Mitglied des Parteivorstands.[1]

Buchholz war Unterstützerin der trotzkistischen Organisation Marx21 innerhalb Die Linke[8] und war Autorin für die gleichnamige Zeitschrift.[9] Sie gehörte der Sozialistischen Linken der Linkspartei an.

Abgeordnetentätigkeit

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Zur Bundestagswahl 2009 kandidierte sie auf Platz 3 der Landesliste Hessen und war Direktkandidatin der Linken für den Bundestagswahlkreis Offenbach. Über die Landesliste zog sie in den Bundestag ein, in dem sie im Verteidigungsausschuss und (stellvertretend) im Auswärtigen Ausschuss saß. Zudem gehörte Christine Buchholz dem Untersuchungsausschuss zum Luftangriff bei Kundus an.[10] Gemeinsam mit ihrem Fraktionskollegen Jan van Aken reiste Christine Buchholz im Januar 2010 nach Kundus, um sich mit Hinterbliebenen der Opfer des Luftangriffs zu treffen.[11] Über ihre Bundestagsrede am 26. Februar 2010,[12] eine Fotoausstellung, eine Gedenkveranstaltung und andere öffentliche Veranstaltungen machte sie auf die zivilen Opfer der Bombardierung aufmerksam.

Im 17. Bundestag war sie friedenspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, im 18. Bundestag verteidigungspolitische Sprecherin. Seit dem 18. Bundestag war sie religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion.

Im 18. Bundestag und 19. Bundestag war Buchholz erneut Ordentliches Mitglied im Verteidigungsausschuss, sowie im 1. Unterausschuss des Verteidigungsausschusses.[13][14] Im 19. Bundestag war sie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Bei der Bundestagswahl 2021 verlor sie ihr Listenmandat.

Die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin am 11. Februar 2024 führte auf Grund der niedrigen Wahlbeteiligung zu einer anderen Verteilung der Sitze unter den Landesverbänden der Parteien. Im Land Berlin verlor Die Linke ein Mandat und Christine Buchholz erhielt für den Landesverband in Hessen wieder ein Bundestagsmandat, welches sie jedoch ablehnte. Für sie rückte Jörg Cezanne nach.[15][16][17]

Positionen und Kritik

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Militäreinsätze

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Buchholz lehnt alle Auslandseinsätze ab. Sie kritisierte 2011 den Versuch von Reformern wie Stefan Liebich, außenpolitische Grundlagen der Partei zu verändern.[18]

Mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 (und offenbar zum Thema einer rot-rot-grünen Koalition) äußerte sie, es gebe wegen der Unterstützung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der Zustimmung zu Angela Merkels EU-Sparpolitik keine inhaltliche Grundlage für eine Regierungsbeteiligung.

Arabischer Frühling/Syrien

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Buchholz begrüßte die Demokratiebewegungen des Arabischen Frühlings.[19] Sie positioniert sich gegen das Assad-Regime sowie dessen Verbündete, die sicherheitspolitische Kooperation der deutschen Bundesregierung mit der türkischen Regierung sowie Waffenexporte in den Nahen und Mittleren Osten.[20]

Während des Kampfes um Kobanê, bei dem die Vereinigten Staaten die kurdischen Widerstandskämpfer mit Luftangriffen gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) unterstützten, veröffentlichte Buchholz ein Bild von sich mit einem Plakat, auf dem sie forderte: „Solidarität mit dem Widerstand in Kobane! US-Bombardement stoppen!“[21]

Nahostkonflikt

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Buchholz setzt sich für eine an Menschenrechten ausgerichtete Politik im Nahostkonflikt ein. Sie kritisiert die Rüstungs- und Militärkooperation der Bundesregierung mit Israel und setzt sich für ein umfassendes Verbot von Rüstungsexporten in den Nahen und Mittleren Osten ein.

Buchholz spricht sich gegen die Bezeichnung der Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) als antisemitisch aus. Auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Bad Boll sagte sie, dass die Gleichsetzung legitimer Kritik an der israelischen Regierungspolitik mit Antisemitismus zu „Shrinking Spaces“ führe. Dies verhindere einen offenen Menschenrechtsdiskurs über die Lage in Israel und Palästina.[22]

Nachdem 2011 der Landesverband Die Linke Bremen die BDS-Kampagne unterstützt hatte, unterzeichneten bundesweit zahlreiche Parteimitglieder eine Stellungnahme dagegen, in der die Kampagne explizit als „Antisemitismus“ bezeichnet wurde, „der an die NS-Parole ‚Kauft nicht beim Juden‘ erinnert“. Die Fraktion Die Linke im Bundestag beschloss einstimmig, sie lehne Boykottaufrufe, Aufrufe zu einer Einstaatenlösung oder einer weiteren Gaza-Flottille ab. Die Einstimmigkeit kam nur dadurch zustande, dass Buchholz und 14 andere Fraktionsmitglieder der Abstimmung fernblieben oder zuvor den Sitzungssaal verließen.[23][24]

Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus 2010 sprach Israels Staatspräsident Schimon Peres als Gast im Deutschen Bundestag. Nach seiner Rede blieben Christine Buchholz[25] und die Abgeordneten Nicole Gohlke, Sahra Wagenknecht und Sevim Dağdelen als einzige Personen im Plenum auf ihrem Platz sitzen. Dies wurde öffentlich teils scharf kritisiert, auch parteiintern durch den Berliner Landeschef der Linkspartei, Klaus Lederer,[26] und den Fraktionskollegen von Buchholz, Michael Leutert.[27] Buchholz erklärte, sie habe sich in der Gedenkveranstaltung bei der Würdigung der Opfer erhoben, nicht aber am Ende von Peres’ Rede, die sie als „ideologische Aufrüstung für eine neue Runde von Kriegen im Nahen Osten“ empfand.[28]

Christoph Seils (Die Zeit, November 2008)[29] und Peter Tauber (CDU Hessen, 2011) warfen Christine Buchholz „offenes Sympathisieren“ mit der Hamas und der Hisbollah vor. Buchholz erklärte durch ihren Sprecher 2011, sie hege keine Sympathie für Hamas und Hisbollah, halte die Organisationen aber für „legitim“.[30]

Religionspolitische Positionen

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In der Debatte um die Beschneidung minderjähriger Jungen unterstützte Christine Buchholz das Recht der jüdischen und muslimischen Gemeinden, die rituelle Beschneidung durchzuführen.[31] In einer Bundestagsrede begründete sie dies damit, dass die Beschneidung keine „Körperverletzung, Gewalt und Misshandlung“ darstelle und dass die Religionsfreiheit gewahrt werden müsse in einer Gesellschaft, die immer noch von Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus geprägt sei.[32]

Kopftuchdebatte

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Buchholz verteidigt das Recht auf individuelle Religionsfreiheit und damit das Recht, Kopftuch zu tragen. Sie begründet dies damit, dass die staatliche Neutralität durch die Trennung von Staat und Religion gewährleistet ist und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau, das Kopftuch zu tragen oder nicht zu tragen. In einer durch „antimuslimischen Rassismus“ geprägten Gesellschaft führe ein Verbot von Kopftüchern in staatlichen Institutionen zu Diskriminierung und Berufsverboten.[33]

Schriften

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Commons: Christine Buchholz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Christine Buchholz. In: www.die-linke.de. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar);
  • christinebuchholz.de
  • Biografie beim Deutschen Bundestag
  • Spiegel-Gespräch
  • Christine Buchholz auf abgeordnetenwatch.de (Abgeordneten-Profil)
  • Für das Recht Kopftuch zu tragen, immer und überall – Im Gespräch mit Christine Buchholz, Die Freiheitsliebe, 24. Juli 2015

Einzelnachweise

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  1. a b Wahl des Parteivorstandes. Die Linke, 2022, abgerufen am 29. Juni 2022.
  2. Christine Buchholz – Die Linke. Abgerufen am 3. Juni 2021 (deutsch).
  3. Nach Ausschluss von Berliner Anti-Israel-Aktivisten: „Sozialismus von unten“ will Linkspartei verlassen. In: tagesspiegel.de. 16. Dezember 2024, abgerufen am 16. Dezember 2024.
  4. a b Austritt aus der Partei Die Linke, Begründung ihres Austritts
  5. Start. Abgerufen am 23. März 2020 (deutsch).
  6. Wir wollen einen Gegenpol zur AfD aufbauen - Gespräch mit Christine Buchholz. In: Die Freiheitsliebe. 18. März 2016, abgerufen am 23. März 2020.
  7. Verfassungsschutzbericht des Bundes 2007 (Memento vom 21. Oktober 2012 im Internet Archive) (PDF) S. 163 f.
  8. marx21-Koordinierungskreis
  9. Inhalt. (Memento vom 11. Oktober 2008 im Internet Archive) In: marx21 – Magazin für internationalen Sozialismus. Nr. 6, Juni 2008.
  10. Christine Buchholz: Schlagwort: Kundus-Untersuchungsausschuss – Merkel äußert Verständnis für die Entschädigungsforderungen der Kundus-Opfer. christinebuchholz.de, Presseerklärung, 11. Februar 2011
  11. Jan van Aken, Christine Buchholz: Afghanistan: mehr Soldaten – mehr Probleme. (Memento vom 31. Dezember 2013 im Internet Archive) linksfraktion.de, Pressemitteilung, 3. Februar 2010.
  12. Sie entscheiden heute über Leben und Tod. christinebuchholz.de; Deutscher Bundestag, 26. Februar 2010.
  13. Mitglieder des Verteidigungsausschusses (Memento vom 18. Mai 2015 im Internet Archive) bundestag.de, abgerufen am 18. September 2014
  14. Deutscher Bundestag – Abgeordnete. Abgerufen am 15. April 2020.
  15. Bundestag einen Sitz kleiner - FDP-Mandat weg. 12. Februar 2024, abgerufen am 12. Februar 2024.
  16. hessenschau de, Frankfurt Germany: Hessische Linken-Politikerin Buchholz lehnt Bundestagsmandat ab. 12. Februar 2024, abgerufen am 12. Februar 2024 (deutsch).
  17. Wiederholung der Bundestagswahl 2021: Vorläufiges Ergebnis - Die Bundeswahlleiterin. Abgerufen am 12. Februar 2024.
  18. Interview mit Christine Buchholz und Stefan Liebich. In: taz
  19. Syrien: Solidarität mit der Revolution – Nein zu westlicher Intervention – Christine Buchholz. Abgerufen am 14. April 2020 (deutsch).
  20. Deutscher Bundestag - Mediathek. Abgerufen am 14. April 2020.
  21. Der Spiegel: Kobane: Linken-Abgeordnete Buchholz protestiert gegen Luftschläge. Abgerufen am 3. Juni 2021.
  22. Israel-Palästina: Menschenrechtsdiskurs weiterführen – Christine Buchholz. Abgerufen am 5. Juni 2020 (deutsch).
  23. Leandros Fischer: Zwischen Internationalismus und Staatsräson: Der Streit um den Nahostkonflikt in der Partei DIE LINKE. Springer, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-13353-5, S. 249 und 294.
  24. Bruno Engelin: Linkspartei: Einstimmig mit Abweichlern - Bundestagsfraktion streitet über Antisemitismusbeschluss, Jüdische Allgemeine vom 16. Juni 2011.
  25. Sebastian Leber: Links, progressiv – und antisemitisch: Die heimliche Macht der Israel-Hasser
  26. Linkspartei zofft sich wegen Israel. In: taz, 2. Februar 2010.
  27. Markus Wehner: Die Zeit der Lügen ist vorbei. FAZ.net, 30. Januar 2010.
  28. Christine Buchholz: Ich klatsche nicht für ideologische Kriegsvorbereitungen. christinebuchholz.de, Presseerklärung, 2. Februar 2010.
  29. Christoph Seils: Gysi, die Linke und der Antisemitismus. In: Zeit online, 4. November 2008.
  30. Linke als Antisemiten angegriffen. 7. Januar 2011, abgerufen am 5. Juni 2020.
  31. Pro und Contra in der Beschneidungsdebatte. (Memento vom 9. Februar 2013 im Internet Archive) linksfraktion.de, Interview vom 28. November 2012 mit Christine Buchholz und Raju Sharma.
  32. Christine Buchholz: Für eine tolerante, multikulturelle und multireligiöse Gesellschaft. (Memento vom 11. November 2013 im Internet Archive) linksfraktion.de, Rede vom 22. November 2012.
  33. Kopftuch - Gegen jeden Zwang. Abgerufen am 25. März 2020.
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