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Meine hochzuverehrenden Herren! Das Unter-
nehmen einer Vorleſung über die phyſikaliſche Ge-
ographie, erregt bei mir zwei Beſorgniſſe, über die ich
zuvor mich auszuſprechen mich verpflichtet halte. Die
eine läßt mich befürchten, daß die Abweſenheit von
hier ſo vielen Jahren, wo ich in andern Ländern lebte, und
fremde Sprachen redete, meinem Vaterlande mich fremd
machte, und ein anderer Accent vielleicht meiner Sprache
nun nicht die Deutlichkeit giebt, die Sie wohl von mir
fordern könnten. Auch daß ich zum erſten Male jetzt
den Lehrſtuhl beſteige, läßt mich von der hochverehrten
Verſammelung, Nachſicht über die Mängel meines Vor-
trags hoffen. Eine zweite Beſorgniß liegt darin, daß
die Gegenſtände dieſer Vorleſung ſchon von zwei ver-
dienten Männern auf dieſer Univerſität vorgetragen
wurden, indem der hochverdiente Herr Prof. Ritter, mir ſchon
voranging, und ein anderer bekannter Gelehrter, wenn
auch nur mit theilweiſem Beifalle, doch mit einer glänzen-
den Rednergabe, gleiche Gegenſtände zum Vortrag
wählte; – Verhältniſſe, welche die Schwierigkeiten
für mich ſteigern. Nicht minder liegt der phyſikaliſchen
Geographie ein ſo viel umfaſſendes Sein zum Grunde,
daß ich bei der beſchränkten Zeit nur vorläufig eine
allgemeine Ueberſicht geben kann. Jedoch werde ich
ſpäter dieſe Wiſſenſchaft näher begrenzen, ſo wie auch
die verſchiedenen Erſcheinungen, die wir bei derſelben wahr-
nehmen, unterſuchen.
Wenn wir einen Blick auf das Weltſyſtem
werfen, ſo ſehen wir, wie in den entfernten Räumen
die Materie entweder in große Kugeln geballt, oder
im Lichtproceß begriffen, oder in Dunſtform ausge-
breitet liegen. Solcher Nebelflecke welche ſichelförmig
beſonders nach dem ſüdlichen Pole zu zerſtreuet liegen,
giebt es wohl an 3000. Dieſe ſind vorzugsweiſe durch
Herſchel’s und Frauenhofer’s Fernröhre beobachtet; dem
ungeachtet konnten ihre Grenzen oft nur unbeſtimmt
angegeben werden, da einige ſich faſt nur ahnden laſſen.
Einige Sterne finden ſich im Wechſelproceß mit den ſie
umgebenden Nebeln, in welchen ſie zu ſchweben ſcheinen,
und die wohl das farbige Licht veranlaſſen, welches ſie vor
andern auszeichnet. Einen Begriff ihrer großen Ent-
fernung giebt, daß ihr Licht um zu uns zu kommen die
Zeit von 20–25,000 Jahre nöthig hat, da das der Sonne
in 7½ Minuten uns erreicht. Ob wir in irgend einer
Verbindung mit jenen entfernten Räumen ſtehen, ob die
Syſteme jener Weltkörper ſich dem unſrigen durch Planeten
nähern, wird die Folge lehren.
In dem großen Weltraume ſind ſchon gegen 700 Doppel-
ſterne entdeckt, und man hat gefunden, daß die mit einem
farbigen Lichte ſich um die drehen, die daſſelbe entbehren
und zwar von Oſten nach Weſten. In unſerm Planetenſyſtem
hat nur ein Trabant des Mars ein ſolches farbiges Licht,
welches zu erkennen iſt, wenn er die Sonnenſcheibe paſſiert.
Auſſer dieſen zeigen ſich auch noch einige andere wandel-
bare oder veränderliche Sterne, wie z. B. in der Caſſio-
peia ſich einer findet.
Wären die Sterne überall gleich verbreitet, ſo würden
alle Himmelsräume mit einem ſonnenähnlichen Glanze er-
hellt ſein, und wäre unſere Sternſchicht gleich weit von
uns entfernt, müßte ſie einen hellglänzenden Teppich
bilden, wie ſchon Olbers früher bemerkt hat. Aber die
Sternſchichten dichter und dünner gewebt, müſſen daher auch
einen verſchiedenen Lichtglanz verbreiten, der dem aufmerk-
ſamen Beobachter nicht entgehen wird. Durch dieſe ungleiche
Vertheilung der Sterne entſtehen die ſchwarzen Flecken,
wie ich mehrere am ſüdlichen Himmel, beobachtete. Es
ſind wahrſcheinlich ins Unendliche fortlaufende leere
Räume, die nicht von Sternen erhellt ſind. Bei der
groſſen Zahl der Sterne und ihrem oft ſtarken Glanze
müſſten aber dennoch jene Himmelsräume hell erſcheinen,
wenn ſie nicht mit einer Licht tödtenden Materie gehüllt wären.
Unſer Planetenſyſtem gehört zu der Sternſchicht, die
wir Milchſtraſſe nennen, und ſcheint an der Theilung
derſelben ſeine Stelle zu haben. Wir können aber nur
die Axe dieſer Sternſchicht ſehen, weshalb die Sterne derſelben,
ſo gedrängt beiſammen zuſtehen ſcheinen. Die Ent-
deckungen von Frauenhofer haben ergeben, daß die zu
ihr gehörigen Weltkörper Aehnlichkeit des Lichtes von
ſich geben; dieſe Sternſchicht iſt aber im Auflöſen be-
griffen. Die eigentliche Bewegung der Fixſterne iſt nur
ſcheinbar.
Zwei weſentliche Unterſchiede der Weltkörper unſers
Sonnenſyſtems ſind die, daß welche immer in einer faſt
cirkelförmigen Annäherung zur Sonne bleiben, andere da-
gegen ſich oft weit von ihr entfernen. Dieſe ſind die
Cometen, jene aber die Planeten. Ein Uebergang
zwiſchen beiden findet nicht ſtatt, wie einige aus den
Ringen und der mehr geſtreckten Bahn der kleinere Pla-
neten folgern wollten. Die Planeten unſers Syſtems
werden aber von den kleinern, zwiſchen Jupiter und Mars
ſtehenden in 2 beſondern Abtheilungen getheilt, und die
ſich auſſer ihrer Kleinheit auch durch ihre ſich durchſchneidende
Bahnen auszeichnen. Erſt in neuern Zeiten wurden ſie
entdeckt und ſind die Veſta, Ceres, Pallas und Juno.
Dieſe, ſowie die welche auſſerhalb ihrer Bahn ſich bewegen:
der Jupiter, Saturn und Uranus ſind den Polen zu ſtark
abgeplattet, und haben eine nur dünne Rinde die dem Fichten-
holze uns der Naphtha an Feſtigkeit gleich kömmt. Der
Uranus iſt dichter wie Saturn. Ihr Unterſchied verhält ſich
wie Naphtha zu Waſſer. Die andern Planeten dagegen,
die innerhalb der Bahnen der kleinern Planeten ſich drehen,
zeichnen ſich aus durch weit größere Dichtigkeit, die der
von Platina und Magneteiſenſtein gleich kommt, und
weniger an den Polen abgeflacht ſind, wohin auſſer un-
ſerer Erde, Mars, Venus und Mercur gehören.
Auſſer dieſen wenigen Planeten gehören zu unſerm
Sonnenſyſtem eine große Anzahl von Cometen, deren
man ſchon gegen 400 beobachtet hat, und es iſt wahrſchein-
lich daß mehrere 1000 dazu gehören. Sie ſind weit weniger
dicht wie die Planeten, da der dichteſte Comet kaum 1/5000
Theil von der unſerer Erde enthält. Herr Enke hat das
Verdienſt, zuerſt beobachtet zu haben, daß einer regel-
mäſſig in 3½ Jahren zurückkehrt, und fand, daß es ſeine
Bahn nicht weiter wie Mars von der Sonne entfernt, und
ihre nicht näher als zum Mercur ausdehnt. Er iſt ſchon 5
mal beobachtet, und hat den Namen, der Enkſche Comet
erhalten. Nach ihm hat der Hr. Hauptmann Biela bei
einem andern die Entdeckung gemacht, daß er in 6½ Jahren
ſeinen Lauf vollbringt. So ſind nun ſchon 2 Cometen be-
kannt, die ſich nicht aus unſerm Planetenſyſtem entfernen.
Der Bielaſche Comet iſt derjenige, welcher ſeine Bahn
der Erde am nächſten hat, und wohl mit ihr in Berührung
kommen könnte. Daß er aber wenig zerſtöhrende Eigen-
ſchaften beſitzt, beweiſt, daß er zwiſchen den Uranus
und ſeinen Trabanten hindurchging, ohne daß ſich eine
Veränderung darnach wahrnehmen lieſs. Die unver-
änderte Fortdauer der Stabilität dieſes Planetenſy-
ſtems läßt ſich beweiſen, und kann nur durch einen Stoß
von auſſen zerſtört werden.
Einen Begrif von der auſſerordentlichen Größe des
Weltraumes, giebt ſchon der Durchmeſſer unſers Sonnen-
ſyſtems; welcher 86 tauſend millionen Meilen beträgt,
und dieſe Entfernung verhält ſich zu dem Abſtande des
letzten Nebelfleckes von der Sonne, wie eine Linie
zu 4½ Meilen. Ueber die Beſchaffenheit jener Welt-
körper wiſſen wir nun wenig, doch laſſen die Aerolithen
muthmaſſen, daß ſie von jenen zu uns geführt ſind, und
dieſe haben nahe Verwandſchaft mit unſern Gebirgsarten.
Wie die Geognoſie durch das Studium der Verſteine-
rungen aufgeklärt iſt, ſo hat ſich die phyſik. Geographie
durch das Studium der Optic erweitert.
Bis hierher geht die phyſikal. Aſtronomie, und wir
kommen nun zu unſern Planeten, deſſen Form, Dichtig-
keit, Maſſe und Größe wir zuerſt betrachten wollen.
Die Form der Erde wurde ſchon von Ariſtoteles nach
den Mondfinſterniſſen genau angegeben, und man nahm
bisher ihre Abplattung zu 1/305 Theil an. Neuere Pendel-
verſuche im ſüdlichen Afrika, der Spitze Grönlands und
Spitzbergen, ſowie die genauere Berechnung des Mondes
haben dieſelbe zu 1/389 Theil ergeben.
Die Dichtigkeit iſt wahrſcheinlich dieſelbe, welche die
andern Planeten innerhalb dem Kreiſe der kleinern haben,
nach der Attraction der Berge gemeſſen beträgt ſie 4 3/10(5½?)
Innere Verſuche ſtellen ſolche zu 4 4/10. Dieſe Dichtigkeit
nimmt im Innern der Erde immer zu, und der höchſte
Grad derſelben, muß nach den Geſetzen der Attraction
im Mittelpunct der Erde ſein. Auch muß ſich die innere
Dichtigkeit durch den Druck der Schichten aufeinander ver-
ſtärken. Auch giebt die Stabilität der Meere einen
ſichern Beweis von der innern Dichtigkeit der Erde, da
ſie ſonſt durch den Druck der Schichten aus ihren Tiefen
gedrängt würden.
Die Erdwärme ſcheint aus den durch die Sonnenſtrahlen
aufgeregte, magnetiſchen Kräfte hervorzugehen. Denn
der Einfluß der Sonnenſtrahlen auf die electriſche
Spannung iſt ſo groß, daß man unmagnetiſches Eiſen
dadurch magnetiſiren kann. Neuere Beobachtungen in
der Tiefe der Erde haben gezeigt, daß die Temperatur
in derſelben zunimmt. Die äuſſere Rinde der Erde
giebt uns die Gebirgskunde, wir kennen aber die Erde
nur in einer Tiefe von 900′.
Wäre unſer Erdkörper aus einer Maſſe gebildet
ſo würde er dem Mineralogen kein Intereſſe gewähren;
aber die einzelnen Materien bilden unendlich Aſſociationen
unſerer Erdrinde, worauf jedoch die climatiſchen Verhält-
niſſe keinen Einfluß zeigen.
Je tiefer wir in die Erde eindringen, finden wir daß
die Wärme in derſelben beträchtlich zu nimmt. Quellen
die tief aus den Erde hervorkommen, ſind weit wärmer
als diejenigen, welche einen weniger tiefen Urſprung haben.
Die tiefſten Gruben auf den Gebirgen von Peru, wo
die mittlere Temperatur etwa 6–7°+ iſt, haben eine
gleichmäſſige Temperatur von 26–27°+. Ja man glaubt,
daß meilenweit inm Innern der Erde eingedrungen eine
ſolche Hitze ſei, daß die äuſſern Schichten daſelbſt ſchmelzen
würden, und eine Folge dieſer innern Hitze ſind die heiſſen
Quellen und vulkaniſchen Erſcheinungen, von denen es
zweierlei Arten giebt, wie ſie der verdiente Geognoſt
Herr. L. von Buch eingetheilt hat.
Die Erdwärme als die Urſache innerer Wärmeausſtrö-
mungen anzunehmen, iſt eine Anſicht eigener Art, die näher
zu unterſuchen iſt, da ſie wohl durch gewaltſame Spaltungen
des Innern der Erde die ſich wieder ſchlieſſen, hervorbrechen
kann. Das Innere der Erde könnte an Wärme ab- oder
zunehmen, ſo würde die äuſſere Temperatur derſelben dennoch
in 4000 Jahren ſich gleich bleiben.
Die bleibenden Vulkane ſtehen in einem fortwährenden
Zuſammenhange mit der Atmosphäre und ſtrömen nur
Wärme aus. Die temporären dagegen werfen nur
periodiſch ſteinige und erdige Maſſen aus, heben große
Maſſen aus dem Innern der Erde hervor, und bilden ſo
nicht ſelten neue Berge und Inſeln.
Die bleibenden Vulkane haben eigenthümliche abge-
flachte Formen, und bilden bei den ſie umgebenden Ge-
birgsarten das Dichte ins Körnige um. So ſieht man in
der neuern Lage ältere Baſaltſyſteme und Granit.
Wenn wir die Schichten der Erde von oben anfangen,
ſo finden wir 4 Schichtungen. 1. Eine aufgeſchwämmte
lockere Erdmaſſe, mit Waſſer und Knochen von Thieren
jetziger und früherer Zeiten vermiſcht, welche letztern
oft von einer rieſenhaften Geſtalt ſind. 2. Dann kom-
men die Schichten von Kalkſtein abwechſelnd mit Sandſtein
vermiſcht, in denen ſich häufig thieriſche Spuren finden,
auch ſind nicht ſelten Lagerungen von Vegetabilien ebenſo
Steinkohlen darin. 3. Thonſchiefer, alter Sandſtein ohne
thieriſche Spuren, und ſchwarzbrauner alter Kalkſtein, unter
denen Lagerungen von monocotyledoniſchen Stämmen, als
Gräſer, Bambus, Farrnkräuter und Palmen, auch wenige
Spuren von kleinen Thiermuſcheln ſich finden. 4. Granit,
Gneis, Serpetinſtein, Glimmerſchiefer, Baſalt und Chlorit,
die beiden letztern aus der Tiefe oft zapfenförmig hervor-
ſtehen.
Dieſe letzten körnigen Gruppen hat man Urgebirge
genannt,vorausgeſetzt daß das untere älter ſei. Auf-
fallend iſt es daß ſich im Granit und Gneiſs das körnige
Gefüge wiederfindet, welches wir bei den Gebirgsarten
in der Nähe der Vulkane wahrnehmen. Es iſt eine ſonder-
bare Erſcheinung, daß man in den älteſten Gebirgen die
älteſten Spuren des vegetabiliſchen Lebens und nur
von Monocotyledonen findet; dagegen zwiſchen den
Uebergangs- und Flözgebirgen ſich eine groſſe Schicht
von Vegetabilien mit Waldungen untermiſcht vorfinden.
Eine zweite Zerſtörung der Wälder ſehen wir auf unſe-
rer Erde in den Schichten von Steinkohlen, davon einige
ſich in einer Höhe von 15–16,000′ über dem Meere vorfinden.
Die verſchiedenartigen Verhältniſſe der Gebirgsarten
auf der Oberfläche der Erde veranlaſſen die Unebenheiten
derſelben. Ihre Heterogenität iſt entweder mechaniſch
oder chemiſch. Mechaniſch iſt ſie, wo nur die Geſtalt, nicht
die Beſtandtheile eine Abänderung erlitten, wie bei den
Gebirgsarten, die aus dem dichten ins körnige Geſtein
übergingen. Die chemiſchen Heterogenen der Erde finden
ſich theils einfach in Schichten gelagert, theils durch die
Aſſociation der Theile in Maſſen zuſammengeſetzt,
wie z. B. bei dem Granit und Gneuſs. Dieſe chemiſche Zu-
ſammenſetzungen ſind ſich immer conſtant, und finden ſich
in den entfernteſten Theilen der Erde wieder.
Die Gebirgsarten vereinigen ſich wieder in Gruppen,
die wir Formationen nennen. Werner hat das groſſe
Verdienſt die Aſſociationen zuerſt bewieſen zu haben,
und daß Dinge ſich zuſammengebildet hätten, die heterogen
ſcheinen. Eine der wichtigſten Entdeckungen iſt aber
das Beiſammenſein der Gebirgsarten in Gruppen, ſo
daß ſich von einer immer auf das Daſein anderer ſchlieſſen
läßt. Baſalt, Granit und Mandelſtein finden wir
ſo immer vereinigt. Steinkohlen ſind immer von Quarz
und Porphyr begleitet.
Man findet die verſchiedenſten Aſſociationen neben- und
untereinander. Die Gruppen der Gebirge folgen peri-
odiſch hinter einander. Das Problem der Geognoſie iſt
eine Reihe, worin die Gebirgsarten die einzelnen Glieder
ausmachen. Man findet dieſe Reihen in einer arithmeti-
ſchen oder unterbrochenen Folge.
Die heterogenen Stoffe der ganzen Erde kommen
zu Gebirgsketten aneinander gereiht in 3 verſchiedene
Klaſſen vor. 1. Die Schichten ſind plattenförmig auf
einander gelagert, mit verſteinerten Thieren häufig ge-
miſcht; dies iſt das Flözgebirge, das man auch Vertical-
gebirge nennt. 2. die fragmentariſche Formation, die
von Zerſtörungen zeigt, und oft aus Bruchſtücken ver-
ſchiedener Gebirgsarten zuſammengeſetzt iſt, wie Sand-
ſtein, Thonſchiefer etc. 3. Aus körnigen Gebirgsarten
gebildet, wie Granit, der groſſe Brocken bildet, oder
Porphyr, der wie der Chimboraſſo ſich kegelförmig erhebt.
Mit Quarzporphyr ſtehen Steinkohlen in Verbindung.
In ganzen Erdſtrichen ſehen wir dieſe oder jene Klaſſe
oft ganz fehlen. Ganze Eilande ſind durch die Mollusken
aus Corallen gebildet, wie mehrere Inſeln der Antillen
die Columbus wegen ihrer Fruchtbarkeit die Gärten des
Königs und der Königin nannte. In dem weiten Land-
ſtriche zwiſchen dem Orinoco und dem Amazonenſtrom
fehlen die Flözgebirge ganz.
In den Uebergangsformationen erkennen wir das
erſte Aufkeimen der Vegetation auf zweiſchaligen See-
thieren gelagert. Dieſe beſteht wie ſchon erwähnt iſt
aus einer dünnen Steinkohlenſchicht von Monocotyledoniſchen
Stämmen. Höher finden ſich Lagerungen von Waldungen,
dann kommen rieſenmäſſige Eidexen, groſſe Schildkröten.
Mehr der Oberfläche zu, zeigen ſich Ueberreſte groſſer
See- und Landthiere, und zuletzt Vögelknochen.
Zwiſchen dem Tertiären- und dem Flözgebirge finden
wir eine zweite Schicht Steinkohlen, die aus dicotyledoniſchen
Waldungen entſtand, und neuern Urſprung iſt als die
früher genannte. Beide Steinkohlenlagerungen bilden
geognoſtiſche Horizonte, die man überall wieder findet.
Lange glaubte man daß die tiefer liegenden Gebirgs-
arten älter ſein müſſten, als die welche das Uebergangs-
und Flözgebirge bilden, und nannte ſie deshalb Urgebirge.
Neuere Entdeckungen haben jedoch ergeben, daß nicht Auf-
lagerungen, ſondern Anlagerungen ſtatt gefunden haben.
Manche der ſecundären Gebirge erſcheinen ſo durch Spaltungen
getheilt, indem die untere Gebirgsarten ſich zwiſchen ihnen
emporheben. Selbſt die Flözgebirge gewannen hierdurch
an Höhe.
Es iſt wahrſcheinlich daß die Vulkane durch tiefe Wurzeln
im Innern der Erde zuſammenhängend, eine weite unſern
Blicken verborgene Ausdehnung haben. Wenigſtens iſt
es auſſer zweifel geſetzt, daß an demſelben Tage, als
das groſſe Erdbeben Liſſabon zerſtörte, das Meer an
den Küſten der Antillen hoch aufbrauſte, und im Carlsbade
zwei Quellen verſiegten. Dieſe Erſcheinungen laſſen
muthmaßen, daß das Innere der Erde viele brennbare
Subſtanzen enthält, die beſonders aus Metallen beſtehen.
Bei der Berührung dieſer Metalle mit der atmosphäriſchen
Luft mußten dieſe oxydiren, und es iſt wahrſcheinlich daß
ſich ſo die Rinde unſers Erdkörpers gebildet hat. Die
Chemie lehrt wie ſchnell die Oxydation mancher Metalle
erfolgt ſobald der Sauerſtoff der Atmosphäre auf ſie wirken
kann. Die körnigen Gebirgsarten der Ebenen, beſonders
der Granit, können eine der erſten Oxydationen dieſer
Art geweſen ſein.
Betrachten wir eine mineralogiſche Karte, ſo ſehen
wir den Granit, Gneuß und Glimmerſchiefer in groſſen
elliptiſchen Formen ſich durch Spaltungen der neueren
Formationen emporheben, in denen ſie gleichſam einge-
ſchichtet ſind. Bei Podezo im ſüdlichen Tyrole ſehen wir
den Granit auf Kalk aufliegend, wo der dichte Kalk-
ſtein ſowie in den Appeninen in körnigen umgewandelt
iſt, daß hierbei das Feuer mitwirkte, beweiſt, daß
der körnige Kalkſtein immer in Berührung mit den
Vulkanen ſich findet. Nach andern Beweiſe finden
ſich im ſüdlichen Tyrole, wo man ſchwarzen Porphyr
in dieſen Kalkſtein gefunden hat. Das Vorkom-
men der Conchilien auf hohen Gebirgen iſt nicht, wie
man glaubte, eine Folge des hohen frühern Waſſerſtandes,
ſondern ſie wurden durch die Hebung der Gebirgsarten
mit emporgetragen. So fand ich deren auf der Kette
den Andes in einer Höhe von 14,000′. Auf den Pariſchen
Inſeln, die durch gleiche Phänomene ihr Daſein erhielten,
fanden ſich Meerespflanzen, die von dem Boden des
Meeres herauf ins Trockene gehoben waren. Die Baſalt-
maſſen nehmen nach der Tiefe zu ab, ſo daß ſie gleichſam
auf Stiften zu ſtehen ſcheinen.
Die elaſtiſchen Dämpfe, welche durch Spaltungen die
innere Maſſen emporgehoben haben, wirkten wahrſchein-
lich auch zur Erzeugung ? der Metalle mit, und veranlaſſen
daß ſie ſich ſchichtweiſe in Gänge lagerten.
Dieſe Revolution der geognoſtiſchen Ideen, und
neueren Anſichten über die Bildung unſers Erdkörpers
haben in Frankreich und England den tiefſten Eindruck
gemacht. Sie gehören nicht dem Auslande an, ſondern
gingen von unſerer Mitte aus, da ſie allein von dem
hier lebenden großen Geognoſten, Herrn L. von Buch
ausgingen. – Auch die Chemie hat viel beigetragen,
Licht hierüber zu verbreiten, und die Verhältniſſe ihrer
Bildungen feſtzuſtellen, wobei wir den glücklichen
Verſuchen des Herrn Profeſſor Mitſcherlich viel zu
verdanken haben.? –
Von den ſtarren Theilen der Erde gehen wir
zu den flüſſigen über, der Luft und dem Waſſer.
Die Atmosphäre beſteht aus Sauerſtoff, Stickſtoff
und einem kleinen Theile von Kohlenſtoff, der in Ver-
bindung mit Sauerſtoff, Kohlenſäure bildet. Das Ver-
hältniß des Sauerſtoffs iſt in den untern Luftſchichten
ſowohl wie in den oberen ſich immer gleich, wie ich es
auf dem Chimboraſſo beobachtete, und noch höher durch
Montgolfièren gemeſſen iſt. Der Gehalt an Kohlen-
ſäure iſt ſich nicht immer gleich, er ändert ab mit den
Jahreszeiten.
Es giebt Bewegungen in der Luft die das Baro-
meter anzeigt, und die täglich regelmäſſig wechſeln,
indem 2 mal Ebbe und 2 mal Fluth darin iſt, und be-
ſtimmt nicht durch Ströme und Erdbeben unterbrochen
werden. Im Süden iſt ſie ſtärker und leichter zu
beobachten weil die Luft ruhiger iſt, regelmäſſig
ſtellt ſich die Ebbe in den Tropenländern des Morgens
um 9 Uhr ein, gegen 3 Uhr iſt die höchſte Fluth, die bei
10 Uhr abnimmt, und um 4 Uhr des Morgens wieder-
kehrt. Schwieriger iſt dieſe Bewegung im ſtürmiſchen
Norden zu beobachten, wo längere Zeit nöthig iſt,
um die Stunden des Wechſels aufzufinden.
Die Quantität der Feuchtigkeit in der Atmos-
phäre iſt ſehr verſchieden. Der Niederſchlag derſelben
als Regen iſt der Menge nach, von dem Clima und von
Lokalverhältniſſen abhängig und ſehr abweichend; denn
wenn in den Tropen jährlich 120–130 Cubic Zoll Waſſer
fällt, beträgt dies bei uns nur 14–15 C. Zoll. Eine
der regenreichſten Gegenden im Norden iſt die weſt-
lichſte Küſte von Schottland und dennoch regnet es nicht
mehr als 30–35 C. Z.
Das Clima iſt nicht allein vom Stande zur Sonne,
ſondern auch von den wechſelſeitigen Verhältniſſen der
Continente und Meere abhängig, und wird von den vor-
herſchenden Winden modificirt. Nahe Meere, hohe Ge-
birge haben den größten Einfluß. Die Temperatur
wird vorzugsweiſe bedingt, ob die Sonnenſtrahlen auf
lichte oder opake Flächen fallen. Auf dem Waſſer-
ſpiegel werden nicht alle, ſondern nur ein Theil der
Sonnenſtrahlen gebrochen, weshalb dieſe nie die hohe
Temperatur der ſtarren opacen Flächen der Erde er-
halten. Groſſe Waſſerflächen mindern daher einen
hohen Grad der Wärme. In den kältern Jahreszeiten
müſſen aber die Winde wieder wärmer ſein, welche lange
in Berührung mit groſſen Waſſerflächen ſtehen, die nie
zufrieren, als wenn ſie weite Strecken über erkälte-
tetes vom Eiſe erſtarrtes feſtes Land kommen. Die
Oſtwinde ſind deshalb in Winter kälter als die
Weſtwinde.
Europa verdankt ſein gemäſſigtes Clima drei Umſtänden
Beſonders hängt die Temperatur von der Ruhe der
Luft und Feſtigkeit der Erdoberfläche ab. Die Wärme
wird durch den Winkel bedingt, unter dem die Sonnen-
ſtrahlen auffallen. Nur in einer verticalen Richtung
kann die größte Zahl auf einen gewiſſen Flächenraume
fallen, und im gleichen Verhältniſſe wie ſich der
Winkel verkleinert, muß auch die Wärme bei der ge-
ringern Zahl der auffallenden Sonnenſtrahlen abnehmen.
Der Gang des Windes hat vorzüglich nur in den untern
Luftſchichten Einfluß auf die Temperatur, da in den hohen
Regionen der Atmosphäre ſeine Wirkungen gering ſind.
Der Ocean aber hat eine andere Temperatur, weil
die durchſcheinenden Flächen ſich anders erwärmen als
die feſten. Es finden in ihm wie in der Atmosphäre
dieſelben Schichtungen ſtatt. Die kältere Theile dieſer
Schichten ſind ſchwerer als die wärmern, weshalb jene
auch unter fallen, dieſe aber an der Oberfläche ſich er-
halten. Ebenſo erkalten die öſtlichen Theile des Oceans
leichter als die weſtlichen. Wir können demnach 3
Temperaturen im Meere annehmen. 1, Ein almähliges
Abnehmen der Wärme von der Oberfläche zur Tiefe.
2. Die Untiefen welche durch Gebirgsrücken im Meere
gebildet werden, haben eine höhere Temperatur als
die andern Schichten, ſo daß man ihre Annäherung ſchon
durch den höhern Stand des Thermometers erkennen kann.
3. Strömungen, die den Strömungen der Luft ganz ähnlich
ſind. Eine der ſtärkſten von dieſen, iſt die bekannte
unter dem Namen Golfſtrom. Er bewegt ſich längs
den Küſten Südamerika’s nach der groſſen Inſelgruppe
der Antillen, wo er zwiſchen Ober-Mexico und Cuba in
den mexicaniſchen Meerbuſen ſich eindreht, und von den Küſten
Florida’s nach Europa ſich wendet, einige Küſten von
Irrland und Schottland, von ganz Dänemark und
Schweden beſpült, und die Erzeugniſſe des Südens
beſonders Holz und Früchte ans Land wirft. Erſte-
res iſt unter dem Namen, Treibholz bekannt. Groſſe
Wahrſcheinlichkeit erhält durch dieſe Strömungen die
Saga, welche Cornelius Nepos erzählt, daß über
1000 Jahre von der erſten Entdeckung durch die Nor-
männer, Indianer in kleinen Boten von Häuten nach dem
nördlichen Scandinavien gekommen wären, die ſich durch kleine
Natur und gelbe Farbe auszeichneten. Höchſt wahrſchein-
lich iſt es daß dieſe Nordamerika angehörten, und durch die
Strömungen durch den Ocean geführt werden, da jene Be-
ſchreibung ganz auf die Eskimos paßt, auch bei dieſen noch
ſolche Bote von Häuten gefunden werden.
Von dem Unorganiſchen, dem Starren und Flüſſigen
gehen wir nun zur Betrachtung des Organiſchen über.
Im Aufkeimen der organiſchen Anfänge herſcht eine
Ungewißheit ob es Thier oder Pflanze werde. Die
Prieſtleiſche Materie, die Oscillatorien und Infuſorien
haben eine ſolche Zwitternatur. Vorzugsweiſe hat ſich in
der neueſten Zeit Bory St. Vincent mit dieſe Organis-
men beſchäftigt.
Man hat lange geglaubt daß das Licht zur Ent-
wickelung organiſcher Stoffe nothwendig ſei. Sie ver-
breiten ſich aber in’s Innere der Erde ſo weit wie wir
gedrungen ſind, in Gruben und Höhlen. In den Tiefen
des Meeres leben Muſchelthiere und Tangen ſelbſt von
grüner Farbe, wie ich ſelbſt im atlantiſchen Ocean mit
dem Senkblei hervorzog, und wohin gewiß kein Strahl des
Lichtes drang. Ganz des Lichts entbehren die Eingeweidewürmer,
die bei einem groſſen Wärmegrade gedeihen. Man hat ſchon
über 1000 Arten derſelben entdeckt. Weit verbreitet
finden ſich in allen Zonen und den entfernteſten Ländern
dieſelben Arten, wenn Thiere durch nahe Verwandſchaft
zu einer Familie gehörend in derſelben vorkommen. Dieſelbe
Art die ſich in den Hirſchen und Rehen findet kömmt auch
in der Antilope und dem Kengeruh vor.
Der rothe Schnee ſcheint einer der erſten Anfänge
organiſcher Entwickelung zu ſein, da er ſchon in der Feuchtig-
keit der Luft ſein Daſein erhält, und in einer Temperatur
unter dem Gefrierpuncte ſeine Wachsthumsperiode hat.
Es beſteht aus kleinen organiſchen kugelförmigen Körpern
die Bauer Uredo nivalis nannte, er gehört aber zu
den gallertartigen Gewächſen. – Die Prieſteiſche Materie,
Leper, Monilien und ähnliche, ſind die erſten Anfänge der
Vegetation, die durch eine Aneinanderreihung von Schläuchen
ſich bilden. So ſteigt die Vegetation immer höher von der
Einfachheit zum Zuſammengeſetzten, und von der Kleinheit
zum Groſſen. Von den Ulven in den Tiefen des Meeres
ſteigt ſie empor zu den Palmenbäumen die 250–300′
ſich über der Erde erheben. Die Ulven vegitiren
ſelbſt bei 60–68° R. fort.
Die Zahl der bekannten Pflanzenarten beläuft ſich
etwa auf 60,000, und wenn der Süden in der Fülle
der Arten ſchwelgt, ſo ſind ſie den kalten Zonen nur kurz
zugetheilt.
Wenn wir auf die Pflanzengeographie zurückkommen,
werden wir ſehen, welche Einheit der Natur in der Ver-
theilung der Pflanzen herſcht, die höchſt merkwürdig iſt.
Man kann beſtimmt die Zahl der Arten von einem Lande
berechnen, wenn zwei Länder unter gleichem Himmels-
ſtriche verſchiedene Pflanzen haben, und dieſe nur von
einem Lande bekannt ſind, weil die fehlenden durch
andere ihren aber ähnliche erſetzt werden, ſo daß zugleich
die Stände der Familien daraus mit Gewißheit gefol-
gert werden kann. Viele dieſer Familien ſind nur
dem Süden eigen, andere dagegen nur dem Norden. Auf-
fallend iſt der Unterſchied in den Arten der Pflanzen
ſolcher Länder die unter gleichen Breitegraden liegen,
aber durch Meere oder hohe Gebirge getrennt ſind.
Ihrem Vorkommen auch, kann man die Pflanzen ein-
theilen in geſelliglebende und einzeln ſich findende. Letz-
tern bilden vorzüglich die dichten Urwälder der Tropen durch
die Vereinigung einer groſſen Zahl von Arten, unter denen
halten eine vorherſchend iſt. Nachtheilig wirken dieſe auf
die Cultur der Menſchen, ſie widerſtrebten ihren ſtärken
und hielten die Entwickelung des Geiſtes zurück. Ein Bild
der geſelligen Vegetation ſind unſere Waldungen, wo viele
Pflanzen derſelben Art zu groſſen Maſſen ſich vereinigen,
und ein Grund mit iſt die vorgeſchrittenen Cultur in Eu-
ropa. Andere Länder wie das nördliche Aſien, haben
nur baumloſe Steppen, welche das Nomadenleben er-
zeugten. Das Gemiſch der Arten bietet keine groſſe Ab-
wechſelung dar, und giebt nicht den ſchönen Anblick der Natur
als da, wo die Mannigfaltigkeit nur in den Gruppen herſcht,
wie wir ſie beſonders auf den Gebirgen weiter gegen
Norden antreffen, wo das Verhältniß der Zahl der
Gattungen zu denen der Arten weit gröſſer iſt als
irgendwo.
Die Thiere ſondern ſich auf ihren niedrigſten Stufen
von denen der Pflanzen: durch willkührliche Bewegung.
Viele von ihnen ſind wie die Pflanzen an einem Ort
gefeſſelt, (doch hängt) dieſe Locomotivität hängt nicht
mit ihrer organiſchen Vollkommenheit zuſammen, da
mehrere Arten von Muſchelthieren, die ſich durch Feſtwach-
ſung nicht von dem Orte ihrer Geburt entfernen können,
auf einer höhern Stufe der Vollkommenheit ſtehen wie
Echinus Arten, die durch membranöſe Füſſe, ſich durchaus
frei bewegen können.
Durch die freie Bewegung ſind die Thiere anders ver-
theilt als die Pflanzen, ſo findet man z. B. viele Fiſche
die bei Gibraltar vorkommen am Vorgebirge der guten
Hoffnung wieder. Die verſchiedene Temperatur der Meeres-
ſchichten begünſtigt dieſe Verbreitung, wie die Gebirge
bei den Pflanzen.
Aus dem Thierreiche kennen wir bis jetzt 45,000 In-
ſecten, 5400 Vögel, 3500 Fiſche und 700 Säuge-
thiere, etwa ⅐ der Vögel. Dieſes Verhältniß hat
jedoch nicht immer beſtanden, denn bei den groſſen Ka-
taſtrophen der Erde ſind viele, beſonders rieſenartige
Säugethiere untergegangen, denen die Vögel leichter
entgehen konnten. Nur Theile ihres Knochenbaues
ſind uns als Ueberreſte von dieſen groſſen Thieren
geblieben, wie ſie die Schöpfung nicht mehr aufzuwei-
ſen hat, und wovon beſonders den Schweinen, Ele-
phanten und Krokodillen ähnlich. So war z. B. der
Mecoloſaurus ein Krokodill von der Höhe eines
Ochſens u. ſ. w.
Die Geographie der Thiere giebt wichtige Auf-
ſchlüſſe über den frühern Zuſammenhang der Länder,
und wir erkennen daraus den frühern Zuſammenhang
vieler Inſeln mit den Continenten. Die Inſeln der
Südſee haben nur kleine den Mäuſen ähnliche Thiere.
Hingegen die Inſeln des indiſchen Oceans haben die-
ſelben Thiere welche im ſüdlichen Aſien vorkommen.
An der Küſte von Malacca hat man 2 neue Rhinoceros
entdeckt, die ſich auch auf Sumatra finden. Dieſe Inſeln
waren wahrſcheinlich die Gipfel von zuſammenhängenden Ge-
birgen, deren Thäler nun das Meer füllt.
Das höchſte Ziel der Naturbeobachtungen iſt die Ent-
wickelung der Menſchheit ſelbſt, und deren Verbreitung
auf der Oberfläche der Erde.
Man hat verſucht verſchiedene Menſchenracen aufzuſtellen,
und zur Eintheilung haben Knochenbau, Haare und Farbe
gedient. Dieſe Merkmale ſind aber ſehr ſchwenkend
und unbeſtimmt, denn ihre Vereinigung findet ſich nicht
bei allen Individuen einer Race, und auf der Lage der
Länder finden häufige Übergänge ſtatt, wo keine Ver-
miſchungen wahrſcheinlich ſind. Kielchen theilte ſie zuerſt
in die weiſſe, gelbe und ſchwarze Race, denen Blumenbach
noch die Malaien und Amerikaner hinzufügte. Die Neger-
völker wovon den Alten ſchon nach dem Knochenbau, den
aufgeworfenen Lippen und ſchwarzen wolligen Haaren be-
kannt. – Später hat man geſucht die Sprachen auf die
Eintheilung und Verwandſchaft der Menſchen anzuwenden,
doch Wilh. von Humboldt hat gefunden, daß ſie bei den ver-
ſchiedenſten Racen oft ſehr übereinſtimmend, bei ähnlichen
Völkern dagegen ſehr verſchieden ſind. Man wird dann
auch hier die groſſen Eintheilungen verlaſſen müſſen,
wie es bei der Botanik ſchon geſchehen iſt, um in klei-
nere Familien engere Grenzen zu ſetzten.
Hiermit wäre dann das Naturgemälde geſchloſſen,
deſſen Umriſſe wir in 5 Abtheilungen durchgingen. Die
1te zeigte die feſten Theile der Erde, die 2te die flüſſigen:
Luft und Waſſer; die 3te gab ein Bild der Vegetation,
die 4te der Thiere, und die 5te zeigte uns den Menſchen
in ſeiner Verbreitung.
Die Geſchichte der Einheit der Natur, und die der
Völker in gegenſeitiger Beziehung, iſt eine Unterſuchung
der wir uns, wenn auch nur theilweiſe hingeben wollen.
Zur Einheit der Natur führt uns die Naturkenntniß,
womit ſich die Naturwiſſenſchaften beſchäfftigen. Die Er-
weiterungen der Wiſſenſchaften ſtehen in einem nahen
Zuſammenhange, indem wir oft durch Entdeckungen in
einer, mit neuen Anſichten in andern oft unerwartet
überraſcht werden.
Es liegt in jeder Wiſſenſchaft ſelbſt, daß ſie kürzer
und deutlicher vorgetragen werden kann, je mehr ſie er-
weitert iſt, da die Entwickelungen aus einfachen Grund-
lagen ſich leichter auffaſſen laſſen, als bei Erklärungen
von Erſcheinungen, die in einem Chaos gehäuft ſind, und
die nur beziehungsweiſe erläutert werden können. Ein
Beiſpiel giebt uns die Meteorologie, wo wir die Kräfte
mannigfaltiger Erſcheinungen, wie die Inclination des
Magneteiſens und der Magnetnadel wirkſam ſehen, ohne
ſie beſtimmt erklären zu können.
Die Kenntniß der Natur und ihre Verhältniſſe
zum Menſchen, theilt ſich in eine Menge von Wiſſen-
ſchaften. Es könnte ſcheinen als ſollte mein Vortrag
eine Encyclopädie der Naturwiſſenſchaften ſein. Die
Encyclopädie verfolgt aber eine jede Wiſſenſchaft
ausführlich in ihre einzelnen Theile. Bei einer ſo groſſen
Menge von Gegenſtänden, kann aber ein Vortrag wie
der meinige, auf wenige Stunden beſchränkt, nicht einzeln
jede Wiſſenſchaft verfolgen. Nur kann es meine Ab-
ſicht ſein, durch eine Zuſammenfaſſung der Wiſſenſchaften
in Umriſſen zu zeigen, wie weit wir in der Er-
gründung der Naturkörper und Naturkräfte ge-
drungen ſind.
Natur iſt die Vielheit in der Einheit, der Inbegriff
aller Naturdinge und Naturkräfte. Naturkenntniß
iſt die Kenntniß der Dinge neben einander, oder hinter-
einander. Erſteres iſt die Naturbeſchreibung, letzteres die
Naturgeſchichte. Die Naturbeſchreibung ſetzt die Körper
neben einander nach ihren Verwandſchaften. Die Natur-
geſchichte dagegen verfolgt ſie von ihrem erſten Entſtehen
an, in ihre Verbreitung, und ſucht die Abänderungen
zu erforſchen, die durch äuſſere Wirkungen entſtehen
konnten. Beide Arten der Naturkunde bilden beſondere
Wiſſenſchaften, doch zuweilen kann eine nicht ohne die
andere beſtehen, wie wir allein die neuern Anſichten
der Geognoſie ihrer Geſchichte verdanken.
Der Name Naturgeſchichte iſt vielfältig gemißbraucht
da man allgemein auch die Naturbeſchreibung damit be-
legt hat. Die Veranlaſſung dazu gab ohne Zweifel
Plinius der die Hiſtoria naturalis nannte, indem
er den Namen aus dem Griechiſchen in’s Lateiniſche übertrug.
Die Naturkenntniß iſt entweder eine beſondere
oder allgemeine. Sie ſtrebt entweder nach dem Ojecte
ſelbſt, oder ſie betrachtet alle Körper als ein Ganzes,
und ſucht die verſchiedenen Verhältniſſe auf in denen
ſie zur Menſchheit ſtehen. Die Botanik ſelbſt gründet
ſich ſchon auf eine Art objectiver Anſchauung, wie z. B.
der Drachenbaum auf Orotava darbietet, der bei ſeiner
Entdeckung vor 500 Jahren faſt dieſelbe Stärke wie
jetzt ſchon hatte. Oder Adanſonia des Senegal die
oft 30–40′ im Durchmeſſer hat, wo in einem Stamme
derſelben, die Vorſteher einer Ortſchaft ihre Zuſammen-
künfte halten. Die Eintheilung der Monocotyledonen
in Gräſer, Zwiebeln, Palmen und Farrenkräuter geben
andere Beiſpiele.
Nach dem Object kann man die Naturgegenſtände
auch für ſich betrachten; ſo iſt eine 2te Abſtraction, alle
Körper in ihren räumlichen Verhältniſſen zu den Zonen
als ein Ganzes zu betrachten, womit ſich die Pflanzen-
geographie beſchäftigt. Valerius ſtellt in ſeinem Werke
Geographia generalis et ſpecifica 1650, wozu Newton
mehrere Erläuterungen gegeben, zuerſt die Geographia reſpectiva
auf, worin er den Stand unſers Weltkörpers zu den
übrigen angiebt, und die Geographia comperativa, worin er
die einzelnen Naturerſcheinungen mit einander vergleicht.
Die hier abgehandelte Wiſſenſchaft hat Kant ohne
daß er ſelbſt etwas darüber ſchrieb, ſehr richtig Welt-
beſchreibung genannt, eine Benennung die auch wir bei-
behalten wollen. Die ſpecielle Geographie in Verbin-
dung mit dem telluriſchen Theile, iſt vortreflich in der
vergleichenden Geographie von Carl Ritter abgehandelt,
welches das vorzüglichſte Werk über dieſen Gegenſtand iſt.
Die Weltbeſchreibung giebt Materialen der Wiſſen-
ſchaft. Das Ziel aller Beobachtungen und Unter-
ſuchungen iſt die Kenntniß aller Naturkräfte und
Naturkörper in ihren mannigfaltigen Verhält-
niſſen zueinander, ohne Widerſprüche darin zu finden.
Kein Widerſpruch ſollte in den Wiſſenſchaften ſtatt
finden, denn er beruht immer, entweder auf falſche
Beobachtungen oder auf falſche Speculationen. Erfahrung
und Beobachtungen ſollten nie mit der ächten Natur-
philoſophie im Streite ſein. Unſer Zeitalter hat das
Merkwürdige, daß zwei entgegengeſetzte Tendenzen
darin vorherſchen. Nämlich entweder eine bloſſe Anhäu-
fung von Thatſachen, eine ſinnliche Wahrnehmung derſelben
oder 2, die der Beobachtungen nach Vernunftſchlüſſen,
wobei alle Verſuche und genauere Prüfungen verachtet
werden, und nur ſpeculativ Syſteme gebildet, die doch
nur die Form einer Naturphiloſophie ohne Kenntniſſe
und Erfahrungen haben. Nur in den Fällen wo
es zur Verſinnlichung nothwendig iſt, dürfen wir
mathematiſche Hypotheſen anwenden. So wiſſen
wir z. B. daß es keinen Licht- und keinen Schallſtoff
giebt, und dennoch iſt es nothwendig um die Bewegung
derſelben mathematiſch zu beſtimmen, auf Quantität
und räumliche Verhältniſſe zurückzukehren.
Die Geſchichte der Wiſſenſchaften iſt nicht die Geſchichte
einer einzelnen, ſondern es ſoll darin entwickelt
werden, wie die Völker im Allgemeinen zu den neuern
Naturanſichten gekommen ſind, und welche Begeben-
heiten darauf einwirkten.
Die Idee der Einheit der Natur iſt bei den ſo genannten
Wilden nur ein dunkeles Vorgefühl, oder eine dunkele
Ahndung. Das durch die Cultur geweckte Denken leitet
zu Beobachtungen, die durch das dunkele oder undeutliche
Erkennen der Natureinheit zur Begeiſterung führt.
Erſt durch das geſteigerte Nachdenken erhält ſie ihre
deutliche Erkennung. Die
erſte Erkenntniß der Völker liegt im Dunkeln,
da ſelbſt bei denen die wir Wilde nennen, und in ihrem
erſten Naturzuſtande zu leben ſcheinen, finden ſich Reſte
von Kenntniſſen, die ſie nicht durch ſich ſelbſt erlangt
haben können, ſondern durch Traditionen erhielten,
und ich möchte mich zu der Meinung neigen, daß es
keine Urſtämme mehr giebt, ſondern alle die Wilden,
die noch von Reiſenden geſehen wurden, Ueberreſte
früherer cultivirter Nationen ſind. So finden wir
z. B. bei den eben genannten Wilden, Ideen über
die Himmelskörper, ſelbſt über Erſcheinungen im Monde,
die erſt in neuern Zeiten wieder entdeckt wurden,
Benennungen von Fixſternen etc. die eine weit höhere
frühere Cultur nur zurücklaſſen konnte.
Die erſten Spuren der Civiliſation finden wir in
Babylon und Aſſyrien und tiefer in Indien hinein, die
in Sagen und Mythen ſich finden. Viele Völkerwande-
rungen haben ſie weiter verbreitet. Erſt bei den heleniſchen
Stämmen die aus Thracien kamen, verbreitete ſich mehr
Licht darüber. Bei dieſen erſt beginnt die Geſchichte der
Wiſſenſchaften. Bei einer genauen Verfolgung der-
ſelben würde es mir vielleicht glücken, ihr einigen Reiz
der Neuheit abzugewinnen, ſo kann ich aber nur die vor-
züglichſten Begebenheiten daraus hervor haben.
Lange glaubte man, daß die Idee der Einheit der
Natur einem Urvolke angehörte, und nannte dieſe
daher Urphyſik. Die heleniſchen Stämme ſezten eine
Art von Achtung gegen alle Völker, die nicht mit ihnen
auf gleicher Stufe der Cultur ſtanden, doch dieſe Achtung
war wohl nur eine moraliſche zu nennen. Denn nicht
ein Urvolk reifte allein zur Cultur heran, die Idee
der Einheit der Natur ſprach ſich bei vielen Völkern
zugleich aus. Es bleibt wenigſtens bei dem dunkel
der Geſchichte unentſchieden, wo der erſte Lichtpunct
einer Naturbetrachtung ſich zeigte.
Die Epochen der Geſchichte in dem Fortſchreiten
dieſer Kenntniſſe, ſind theils groſſe Weltbegebenheiten,
theils durch einzelne groſſe Männer, oder durch Erfindungen,
von Inſtrumenten herbeigeführt. Wir können ſie
in 6 Epochen eintheilen, die jedoch in den neuern Zei-
ten ſchwer feſt zuſtellen ſind. Dieſe ſind 1, die Ioniſche
Schule und die der Pythagoräer. 2, Alexander’s
Heerzug nach Indien. 3. die der Araber, der Be-
gründung chemiſcher Kenntniſſe. 4, die Entdeckung
von Amerika. 5. Die Erfindung neuer Inſtrumente.
6. Cook’s große Reiſe um die Welt.
In ihnen finden wir die erſte Erkenntniß der Ein-
heit der Natur. Die Ionier waren die erſten, unter
denen Thales und Socrates eine Naturphiloſophie auf-
ſtellten. Sie betrachteten aber die Weltkörper noch
nicht einzeln, ſondern ſehen das ganze Weltſyſtem als
ein Ganzes an. Die Planeten und andere leuchtende
Sterne hielten ſie für feurige brennende Maſſen, und
das ganze Weltſyſtem ſollte aus einer Urmaterie
und der Luft entſtanden ſein. Es fand ſich bei ihnen
zuerſt die Idee des Verdickens und Verdünnens, die
ſich bis zur neuern Zeit erhalten hat. Ebenſo die
Lehre, daß einige Elemente flüſſig andere luftartig
ſind, hat ſich alle Jahrhunderte hindurch erhalten. Die
ioniſchen Philoſophen beobachteten nicht allein im all-
gemeinen ſondern auch im Einzeln. Diogenes machte über
das Athmen der Fiſche ſehr richtige Beobachtungen, und
beſchäftigte ſich auch mit den Vulkanen.
Pythagoras war der Schöpfer einer eigenen Schule,
die mit der ioniſchen eng verknüpft iſt. Mit vielem Dun[ſt]
und Myſtiſchen iſt dieſer Name umgeben, den man oft
mißbrauchte, ſelbſt in verſchiedenen Ländern l[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]eben ließ.
Der pythagoräiſche Bund wurde zerſtört, ſo verbreitet
auch ſeine Lehren waren. Die Herren Böhm & Idler
haben ſehr ſcharfſinnig dieſelben in neuerer Zeit unterſucht.
So ſymboliſch die Anſichten der Pythagoräer auch zu ſein
ſcheinen, ſo ſieht man bei ihnen doch eine Anwendung der
Mathematik auf die Naturkenntniß, die eine mathe-
matiſche Symbolik gab.
In ſpätern Zeiten haben die pythagoräiſchen Lehren durch
die Streitigkeiten der erſten Chriſten viel Myſtiſches er-
halten. Plutarch hat ihn ſogar mit Numa zuſammen-
geſtellt.
Die Meinungen der Pythagoräer haben auch auf Coper-
nicus gewirkt, wie ſpäter bewieſen werden ſoll. Sie
hielten nicht die Sonne für das Centrum der Erdbahn, ſon-
dern dachten ſich die Sonne als einen feurigen Schild, der
ſich um den Weltherd bewegte, und durch ſeine Strahlen die
Erde erleuchte und Wärme gäbe. Plato hatte über
das Innere der Erde ſchon ziemlich richtige Anſichten.
Anklänge der Pythagoräer ſind bei Plato im Thymëns
ausgeſprochen. Man muß bei ihm zweierlei unterſcheiden.
Von den Gebirgsarten unterſcheidet er ſolche die durch
das Waſſer, und andern die durch das Feuer gebildet ſind.
iſt eine Weltbegebenheit, welche die zweite Epoche für
die Erweiterung der Naturkenntniſſe bildet. Bis dahin
kannten die Helenen nur wenig von den Tropenländern,
denn was ſie von Nubien wußten, war geringe; und ſie
lernten den Zuſammenhang groſſer Länder kennen.
Wenn Alexander auch nicht ganz die Tropenländer berührte,
ſo fand er doch in ihrer Annäherung, die ihnen eigenthümlich
grosartige Schöpfung ſchon, die ſich noch weit über die Grenze
der eigentlichen Tropenländer nach Norden hinaus erſtreckt.
So kamen neue Kenntniſſe nach Griechenland, da die ältern
über dieſe Producte bei den Helenen ſehr gering waren,
die ſie durch den engen Handel über den perſiſchen Meer-
buſen ſammelten. Sie erſtreckten ſich kaum über die
Kenntniſſe des Bambusrohrs und Zuckerrohrs, deren ſchon
Herodot erwähnt, und daß aus erſterer die Köcher ge-
macht würden. Einige nähere Kenntniſſe von Cteſius
über Indien, der als Reiſender dieſe mannigfaltigen
Producte erwähnte, haben, wie Schlegel ſehr treffend
beweiſt, Alexander bewogen, jenen berühmten Zug
zu unternehmen. Der tiefe Eindruck, den dieſer Heeres-
zug auf Griechenland machte, läßt ſich nur mit dem ver-
gleichen, den die Entdeckung von Amerika in neuerer Zeit
auf die damals cultivirten Länder zur Folge hatte.
Damals lernte man kennen den Piſang, Aryenik von
dem Volke der Aryier genannt, eine Menge fremder Wurzeln
hohe Bäume, und die größten Thiergeſtalten, die bisher
fremd waren. Ihre Architectur bezog ſich mehr auf Thier-
abbildungen, da die Aegyptier mehr die der Pflanzen
liebten. Von daher wurden die erſten Elephanten nach
Europa gebracht. Man lernte die heiſſen Winde, Mon-
zune genannt, kennen. Man beobachtete das Steigen und
Sinken der Flüſſe, und fand daß der Nil nicht allein
dieſe Eigenſchaft beſitze, und daß es vom Fallen des
tropiſchen Regens abhänge. Man erkannte den Einfluß
des Clima’s auf die verſchiedenen Völker[…]. Bisher
hatten die Griechen nur die Aethiopier aus heiſſen Himmels-
ſtrichen kennen gelernt; die nicht ſchwarze Farbe der
Indier war ihnen eine neue Erſcheinung, und ſie erkannten
als die Urſache, eine feuchte Hitze, da die trockne Hitze
hingegen die Neger färbt. Sie lernten die Weisheit
der Indier kennen, beſonders die Mathematik und Anwen-
dung der Algebra, wenn gleich der Theil von Indien, in
welchen Alexander eindrang, noch am wenigſten gebildet
war. Erſt ſpäter wurde eine höhere Cultur in den mehr
weſtlich gelegenen Ländern des Ganges gefunden. Von
den Chaldäern lernten ſie die Himmelskunde; dieſe ſind
kein Volk, ſondern eine Prieſterkaſte, welche am Belus-
tempel ihren Gottesdienſt verrichteten. Calliſtenes den
Ariſtoteles geſchrieben, ſpricht von der Entdeckung
gegen 300 Eclipſen.
Mit Ariſtoteles hängt Alexander’s Zug innig zuſammen
da ſein Wiſſen größtentheils als das Reſultat deſſelben
anzuſehen iſt. Er hatte eine groſſe Naturalienſamm-
lung auf ſeinem Landgute in Epheum angelegt, und
ihm ſind wir es ſchuldig, daß die ſpecielle Beſchreibung
der Naturkörper, an die Stelle der Erkenntniß der Einheit
in der Natur trat. Zwei Hauptbeſtrebungen leiteten
ihn vorzüglich, die ſpecielle Naturbeſchreibung, und die
phyſiologiſchen Anſichten des thieriſchen Lebens.
Der Geiſt des Ariſtoteles pflanzte ſich in Aegypten
unter der Herrſchaft der Ptolomäer weiter fort, es
wurde nach ſeinem Beiſpiele ein Muſeum und Bibliotheken
angelegt. Die Streitigkeiten zwiſchen Ptolomäus und den
Griechen veranlaßten ein Verbot der Ausfuhr des Papyrus
aus Aegypten, welches ſeine Anpflanzung auf den griechiſchen
Inſeln und in Sicilien zur Folge hatten. Auf letzterer
Inſel wird er jetzt noch häufig gefunden, während er [in]
Aegypten gänzlich verſchwunden iſt.
Als Aegypten zu einer römiſchen Provinz wurde, gin[gen]
die Sammlungen und das Streben nach Naturkenntniſſen
nach Rom über, und wurden mit Geiſt aufgenommen.
Zuerſt trat Strabo unter Auguſtus Regierung auf,
deſſen Geographie eine phyſicaliſche Erdbeſchreibung iſt. Er
war der Erſte der die Geſtalten und Formen der Thiere
mit den verſchiedenen Climaten in Verbindung ſetzte.
Die 37 Bücher des Plinius iſt das großartigſte Werk
der Römer, das umſo unerwarteter erſchien, da man früher
ſo wenig noch für Naturkenntniß gethan hatte, und eher
von den Griechen zu erwarten geweſen wäre. Der
Plan iſt beſſer wie die Ausführung; von der Sternkunde
an, die Meteorologie durch alle Zweige der Naturgeſchichte,
ſelbſt mit der Blüthe der Kunſt zu verbinden, war die
Abſicht. Dem Werke fehlt aber die Anordnung. Plinius
(ſoll ein ſtolzer Mann geweſen ſein,) war Statthalter von
Spanien, dann Befehlshaber der Flotten, konnte daher
bei überhäuften Geſchäften ſeinen Plan nicht ſelbſt aus-
führen, ſondern mußte durch andere arbeiten laſſen,
obgleich er ſelbſt viele Materialien dazu lieferte.
Der ernſte und ſtrenge Weg des Plinius wurde nicht
lange verfolgt, ſondern durch die Schwärmerei der Neu-
Pythagoräer wieder verdrängt. Aber auch dieſe hatte einen
wohlthätigen Einfluß, denn wenn gleich die allgemeine Phyſik
vernachläſſigt wurde, ſo führte ſie zum Gefühl der Einheit
zurück, und das Studium der geheimen Kräfte brachte ſie
zur Lehre der Chemie. Die Idee der Verdickung und Ver-
dünnung der Ioniſchen Schule und des pythagoräiſchen Bundes
iſt eine Philoſophie des Maaſſes und der Zeit, die nach
vielen Jahrhunderten auf Copernicus und Kepler noch
wirkte.
In den frühen Zeiten haben ſich die Phönicier und Aegypter
mit der Unterſuchung der Stoffe am meiſten beſchäftigt.
Wir ſehen dies an der Bereitung metalliſcher Gemiſche
der Färbung des Glaſes, der Einbalſamirung ihrer Todte[n]
welche ihre Grabmäler bis zu unſrer Zeit aufbewahrt
haben. Von hier gingen dieſe Kenntniſſe nach Rom
über. Aber auch die ſchwärmeriſchen Ideen des Morgen-
landes wurden unter Hadrian’s Regierung mit in Rom
eingeführt. Schon unter dem Kaiſer Calligula bediente
man ſich der Chemie zu Verſuchen um Gold zu machen, und
dieſe wurde ſo allgemein, daß der Kaiſer Diocletian
ein Edict gegen die Chemiker ergehen ließ. Plinius
erzählt nämlich im 33 B. 22 K. ſeiner Hiſtoria naturalis, daß
man dem Kaiſer Caligula vorgeſpiegelt habe, aus
Operment Gold zu machen, es ſei aber ſehr wenig Au[s-]
beute erhalten worden! Dennoch wurden dieſe chemiſchen
Verwandlungſproceſſe fortgeſetzt, und der Kaiſer Dio-
cletian gab endlich den Befehl, alle aegyptiſchen Bücher
über die Chemie zu verbrennen. –
Das Wort Chemie kommt aus dem Coptiſchen und
Plutarch erwähnt es ſchon. Urſprünglich iſt es von
dem Namen eines Landes genannt Chiari, abgeleitet,
in welchem ſie ihren Urſprung mag gehabt haben.
Der Verfall Aegyptens als römiſche Provinz be-
reitete eine Revolution vor, durch welche die Araber um
ſo leichter Eingang fanden. Erſt bei ihrem Durchzuge durch
Aegypten, erlernten ſie chemiſche Kenntniſſe, in welchen
ſie ſich bald ſo ſehr auszeichneten.
Während der Schwächung des römiſchen Reichs durch
lombardiſche und germaniſche Stämme, die Nacht über
das Abendland deckte, blühte die Cultur im Morgenlande
um ſo heller auf. Während der Oſten ſich hob, ſank der
Weſten in Dunkelheit, da er nichts von den Fort-
ſchritten jener Länder erfuhr. Doch nicht allein nach Süden
richteten germaniſche Stämme ihre Wanderungen, ſondern
auch nach Oſten, tief in Aſien hinein, noch hinter der chine-
ſiſchen Mauer ſind deutſche Stämme nach Klaproth’s
Entdeckung gedrungen, die jetzt noch den Namen Uſier
führen und im Lande Manſchu wahren. Sie wurden
anfänglich von den Perſern angeregt, ſich auf chineſiſche
Stämme zu werfen. Erſt 400 Jahre nach dieſer erſten
Wanderung bedrängten die germaniſchen Stämme die
Völker des ſüdlichen und weſtlichen Europa’s. Eine
ſpätere Völkerwanderung iſt die der Hunnen, die nicht
nach der allgemeinen Annahme ein mongoliſcher, ſondern
ein finniſcher Stamm ſind. Nach dieſen folgte die
der Gothen.
Zu den Epochen welche den Geiſt der Menſchen
wieder auffriſchten, gehört die der Herrſchaft der Ara-
ber. Sie waren nicht die Erſten, welche in Aegypten
eindrangen, da Hirtenvölker, die durch den Iſthmus
kamen ihnen vorangingen. Nachdem die Araber Jahr-
tauſende ruhig auch ihrer Halbinſel gelebt hatten, über-
zogen ſie Aegypten, und drangen immer weiter vor,
und herſchten vom Ganges bis zu den Säulen des Hercules.
Sie kamen unwiſſend ohne roh zu ſein, wie ſich der eigene
Character der Wechabiten zeigt, doch eine groſſe Vor-
liebe für die Natur, weckte bei ihren Nachkommen
die Wiſſenſchaften, die beſonders weſtlich bei ihnen aus-
gebildet wurden. Sie kamen nach Aegypten ſchon
mit Keimen der Civiliſation, die ſie von Muhametd
erhielten, und ſtanden mit Aethiopien, Aegypten und
Perſien in Verbindung. Griechiſche Aerzte hatten
ſich mit Neu-Platoniern ſchon zu Muhameds Zeiten in
Mecca niedergelaſſen, und ſelbſt vor Muhamed finden
wir die Dichtkunſt bei ihnen blühen, auch Kampfſpiele
wurden in Mecca und Medina von ihnen gefeiert.
Die glänzenſte Epoche der Araber war, als die Ge-
ſchlechter der Aſchenieden und Caliphat ſie beherſchten.
Durch die Einwirkung der aegyptiſchen Schule, und durch
griechiſche Flüchtlinge blüheten die Wiſſenſchaften auf.
Merkwürdig genug daß Griechenland bei ſtetem Unglücke,
Strahlen des Lichtes überall verbreitete. Die Araber
fingen an, Himmelsbeobachtungen, Chemie und Pflanzen-
kunde zu treiben, erfanden aſtronomiſche Inſtrumente,
nahmen die indiſchen Zahlen an, die ſie wahrſcheinlich
durch den Verkehr mit den Perſern erhielten, und die
im 13ten Jahrhundert unter dem Namen arabiſche Zahlen
zu uns kamen, und durch ihre Einfachheit großen Ein-
fluß auf die Wiſſenſchaften hatten. Die erſte
richtige Kenntniß der Optic und Refraction der Strahlen
gehört ihnen an. Oparis Werk, aus dem Plutarch ſchöpfte,
enthält vieles darüber wie Herr De Lambert neuerlich gezeigt
hat. Im 11ten Jahrhundert ſpricht ſich ſchon ihr Geiſt für
aſtronomiſche Beobachtungen aus. Die Ueberſetzung grie-
chiſchen Werke wurde von ihnen ſo wichtig erachtet, daß
ein Ueberſetzungs-Ausſchuß entſtand. Die Wiſſenſchaften
waren in das Kaſten-Verhältniß eingezwängt, nach
dem Grundſatze des islamiſchen Glaubens. Die wich-
tigſte Tendenz iſt die chemiſchen Entdeckungen. Sie haben
zuerſt die Säuren entdeckt, als Salpeterſäure, König-
waſſer etc. Sie bereiteten ferner Queckſilberoxyd, Roſen-
waſſer, etc. ſelbſt eine Art von Brantewein wußten
ſie zu deſtilliren. Es iſt überhaupt ſchwer Alles anzu-
geben, was wir den Arabern zu verdanken haben.
Die Araber hatten 2 Reflexe, einen nach Oſten an den
Mongolen, wo ein Enkel des Timur die Sternwarte zu
Samarkand errichtete, und den andern gegen Weſten an
die Spanier. Sie füllen mit ihrer Betriebſamkeit eine
glänzende Epoche aus die vom Jahre 640 bis 1235 zur
Einnahme von Cordova reicht. Nach der Unterdrückung
der Araber in Spanien, findet ſich der Abglanz ihrer
Kenntniſſe bei Baco (einem Spanier) in Majorca der
die ars magna hinterließ. Der Dr. Mirabilis bildet
eine myſtiſche Schule in Spanien; er nahm die Einheit
der Natur tief wieder auf, endete aber wegen An-
ſchuldigung von Zauberei im Kerker.
Dieſe Epoche wurde durch das Aufblühen des Handels
in den italiänſchen Freiſtaaten vorbereitet, und durch
die Erfindung der Buchdruckerkunſt 1436 ungemein
begünſtigt. Petrarchas Poëſie hat vorzüglich dazu bei-
getragen, die klaſſiſche Literatur Italiens zu bilden.
Schon der König Robert ſchickte nach Griechenland
um Bemerkungen zu ſammeln. Das freie Sprachſtudium
wirkte bedeutend mit. Ein vorzügliches Studium der alten
Claſſiker hat beim Aufblühen der italiänſchen Civili-
ſation, alte Kenntniſſe wieder geweckt.
Die ſcandinaviſchen Schiffer Gorn und Drei haben
ſchon im Jahr 1003 Amerika theilweiſe entdeckt, nament-
lich die Küſte von Neu-Fundland. Die Gebrüder Ceni
hatten ums Jahr 1390 ebenfals ihre Reiſe dahin gerichtet,
und nicht allein Neu-Fundland ſondern auch Georgien
beſucht. Ja im 11ten Jahrhundert trug Marco Polos
Reiſe viel dazu bei, indem er ſüdlich zwiſchen Sumatra
und Java durchdrang. Doch iſt der Einfluß dieſer Reiſen
nicht ſo groß geweſen, als derjenige, an denen ganze
Reiche wie Spanien und Portugal Theil nehmen.
Die Entdeckung von Amerika trifft mit 3 großen
andern Weltbegebenheiten zuſammen, denn während
Amerika ſich gleichſam aus den Wellen erhob, ſtiegen die
ſchönſten Gebilde der alten Kunſt aus ihren Gräbern
empor, in den Jahren von 1498–1506, als der Apol, etc.
Martin Luthers und Calvins groſſe Reform gab
dem Geiſte Freiheit und Stärke. Zu derſelben Zeit
fiel die Entdeckung eines neuen Weltſyſtems
von Copernicus 1507, aber 1543 erſchien erſt ſeine
Schrift Gregoriam coeleſtinam recolationis. Er glaubt
das Syſtem des Phylolaus wieder herzuſtellen, das
er mißverſtand. Doch begeiſtert durch daſſelbe kam
er auf ſein groſſes Syſtem. Herr Ideler hat gezeigt
daß Archimedes Werk ihm unbekannt bleiben
mußte, da es erſt ein Jahr nach ſeinem Tode erſchien.
Die Entdeckung von Amerika weckte eine groſſe
Zahl von Anſichten. Man ſah hier zuerſt Schnee unter
dem Aequator; damals erkannten die Menſchen zuerſt
daß vom Aequator nach Süden zu die untere Schneela[ge]
ſich mit den Breitegraden verändere. Man erkannte
zuerſt den Einfluß der Höhe auf Clima, auf Pflanzen.
Es entſtanden groſſe Diſcuſſionen über die verſchiedenen
Menſchenracen, nördlich weiſſe, die ſüdlich dunkeler war
aber auch eine Art von Aethiopier, die nicht von der Hitze
gefärbt ſein können, da ſie auf den Höhen der Andeskette
leben, die ein Clima wie Norwegen und Schweden
haben. Man kam auf eine richtigere Anſicht der Vul-
kane, die auf der Andeskette ſo häufig ſind. Man er-
kannte die wahre Natur der fabelhaften Waſſervul-
kane. Der Golfſtrom wurde entdeckt. Nicht allein
eine neue Erde war entdeckt, auch ein neuer Himmel
wurde geſehen, an dem die magelaniſchen Wolken
beſonders auffielen, und 2 groſſe Nebelflecke ſind,
die ſchon den Arabern bekannt waren.
Wer erkennen will, wie die Entdeckung von Amerika
auf die phyſikaliſche Erdbeſchreibung wirkte, der leſe
Acoſtis Naturgeſchichte, geſchrieben am Ende des 16ten
Jahrhunderts, der die erſten Anſichten ſammelte,
die die Spanier nach Europa brachten. Petrus Magnus
Angiera ſchrieb um dieſelbe Zeit.
Nach der Entdeckung von Amerika belebten ſich Städte
und Univerſitäten. Columbus, Vasſo de Gama und Ma-
gellan erweiterten die Schiffahrt. Columbus beobachtete
die Paſſatwinde, und auch er war es, der zuerſt zwiſchen
den azoriſchen und canariſchen Inſeln die Beobachtung
von der Abweichung der Magnetnadel machte.
Die ariſtoteliſche Philoſophie in ihrem engen Gewande
hatte keinen Raum mehr für ſo vieles Wiſſen und nahete
ſich ihrem Ende. Zu ihrem Sturze trug Jordano Bruno ein
Italiäner viel bei, der Mathematic vortrug, und das merk-
würdige Schickſal hatte, von Calvin verketzert und von
der Inquiſition verbrannt zu werden. Baco und Com-
panella, (Philoſophia inſtauranda) Zeitgenoſſen von
Jordano Bruno, glücklicher als er, folgten ihm in ſeinen
Anſichten. In beiden Werke ſpricht ſich ein tiefes Ge-
fühl für die Einheit der Natur aus.
Wenn in dem Leben der Völker und ihrer Entwickelung
geiſtiger Kräfte, alles organiſch zuſammenhängend er-
ſcheint, ſo haben die Araber durch den Einfluß der aſtro-
nomiſchen Tafeln die Entdeckung von Amerika vorbereitet.
Sie hatten einen bedeutenden Einfluß auf den Nutze[n,]
den die phyſikaliſche Geographie durch Pflanzenkunde
und Chemie erhielt. Wiſſenſchaften, die ihr Entſtehen
nur ihnen verdankten, und die im Groſſen nun durch jene
Entdeckung in Ausführung gebracht wurden. Melalam[verlorenes Material]
Caſtalama und Fuscanella haben das größte Verdien[ſt.]
Letzterer ſtand mit Columbus im Briefwechſel, und be-
ſtärkte ihn in ſeinem Unternehmen.
Dieſe Epoche fällt von 1590 bis 1643. Die vorigen
Epochen waren merkwürdig durch Reiſen und Länderent-
deckungen, man ſuchte durch den Beginn der Wiſſenſchaften
die Erfahrungen der ſinnlichen Erſcheinungen wahrzunehmen,
und Unterſuchungen darüber anzuſtellen. Dieſer Epoche
war es vorbehalten die Organe zu erfinden für’s tiefere
Forſchen, durch neue Inſtrumente die Sinne zu verſtärken.
Das Fernrohr wurde 1590 von Middelberg erfunden.
Er lehrte uns, daß auch andere Planeten Monde haben,
die Urſache des erblühten Erſcheinens in der Milchſtraſſe,
den Ring des Saturns, die Mondberge u. ſ. w.
Das Thermometer iſt 1600 von Fahrenheit erfunden,
und 1700 von Reaumur verbeſſert. Den Einfluß der
Temperatur auf die verſchiedenen Climate und ihrer Vege-
tation lernten wir durch ihn kennen.
Das Barometer, 1630 von Torricelli erfunden,
zeigte den Druck der Atmosphäre. Pascal wandte
es zuerſt zur Meſſung der Höhe der Berge an. Die
Ebbe und Fluth der Atmosphäre wurde durch ihn entdeckt.
Leibnitz behauptete in ſeinem Streite gegen Newton,
es zuerſt in der Aſtronomie im Jahre 1674 angewandt
zu haben. Später leiſtete es vorzüglich der Phyſik Dienſte.
Je mehr man ſich der neuern Zeit nähert, iſt dieſe Epoche
um ſo ſchwieriger in ihrer Reihenfolge zu entwickeln.
Die Erweiterung der Schiffahrt, die weitere Verbreitung
der Wiſſenſchaften, häufen die Entdeckungen auf eine
Art, daß Deutlichkeit der Darſtellung, nur durch die
Compoſition des Gemäldes entſtehen kann.
Genauere Kenntniß von den Luftſtrömungen ver-
danken wir Dampier und Hallier; ſie ſahen zuerſt ein
daß man die Atmosphäre als ein Luftmeer betrachten
könne. Letzterer entdeckte auch die Linien der Ab-
weichung der Magnetnadel.
Dieſer verdanken wir eine Vollendung der Kennt-
niß unſers Erdkörpers, und die Umſchiffung der Erde.
Ungeachtet der vielen Entdeckungen in der Naturgeſch[ichte]
und der Phyſik, iſt ſie nicht ſowohl durch ſich ſelbſt ſo wich[tig]
als durch die Folgen die ſie hatte.
Ihr verdanken wir die Erweiterung der magneti-
ſchen Linien, eine genauere Kenntniß der Tempe-
ratur der Meere, die geognoſtiſche gleiche Vertheilung
der Gebirgsarten und Lagerung der Erdſchichten. Unſer[em]
Landsmann Forſter aus Halle, welcher als Natur-
forſcher Theilnehmer dieſer Reiſe war, verdanken w[ir]
vorzüglich dieſe Entdeckungen.
Dieſe Reiſe war der Anſtoß zu allen darauf fol-
genden. Die Regierungen fingen an ſich lebhaft dafür
zu intereſſiren. So leiſteten die Reiſen von Baudin,
Freycinet und Dupert für die Kenntniß der phyſikaliſchen
Erdbeſchreibung ſehr viel; ſie lieferten den Beweis
gegen die damalige Annahme, daß die ſüdliche Hemisphäre
nicht ſtärker abgeplattet ſei als die nördliche.
Die Landreiſen ſind ein charakteriſtiſcher Zug neuerer
Zeiten. Sie ſind nicht ſo ausgedehnt wie die, welche bei
den Arabern ſtatt fanden, aber mit neuen Inſtrumenten
ausgerüſtet, führten ſie in kurzen Strecken und in
einzelnen Theilen verſchiedener Climate zu den wichtig-
ſten Entdeckungen. Das Innere von Aſien wurde
uns bekannt durch die Reiſen von Niebuhr und
Pallas. Erſterer fand daß das Himalayagebirge, (4500 Toiſen hoch)
höher als der Chimboraſſo in der Andenkette Amerika’s
ſei. In Europa wurde vorzüglich durch Sausſure
der Einfluß der Gebirge phyſikaliſch unterſucht. Reiſen
in Amerika fanden ſtatt, auf denen viele Inſtru-
mente zu Beobachtungen benutzt wurden. Der
ſüdliche Theil von Afrika wurde von Barn, Lichten-
ſtein und Hochſtätter genauer unterſucht. Beſſere
Folgen hatten die Reiſen ins Innere von Afrika
durch Hornemann, Mungopark, Denham und
Clapperton.
Früher glaubte man, nur durch groſſe Reiſen wichtige
Entdeckungen und Beobachtungen machen zu können. Es
giebt aber einige Wiſſenſchaften denen die Stettigkeit
des Raums mehr Stoff bietet wie weite Strecken,
da man den Typus weiter Gegenden oft auf einem
kleinen Raume findet. Die Geognoſie hat auf dieſem
Wege ihre Ausbildung erhalten, denn die Kenntniß
der Formationen durch Werner und ſeine Schüler ſind
überall anwendbar; durch dieſe wurde erſt bekannt,
wie die einzelnen Reſte der organiſchen Natur in den
Steinſchichten ſich verbreitet finden. Cuvier, Branga
und Schlottheim verdanken wir beſonders die genaue
Kenntniß derſelben. Eine Folge derſelben war die
Kenntniß der ausgebrannten Vulkane, die von Cenit-
Porphyr umgeben ſind. Die Idee der Hebung der
Berge und Inſeln, eine genauere Kenntniß der
Erdbeben gingen durch Beobachtungen in engere Räume
hervor, und ſind auf ganze Continente ausgedehnt
und haben Licht durch phyſikaliſche und chemiſche Ent-
deckungen erhalten.
Italien die Wiege ſo vieler Kenntniſſe in den
Künſten, der Wiſſenſchaften und der Litteratur, ver-
danken wir auch die Entdeckung des Galvanismus und
die Erfindung der Voltaiſchen-Säule, die zu höchſt
wichtigen Entdeckungen führte. Sie zeichnet ſich durch
die Zerſetzung der Körper aus, die unter ihre Einwir-
kung gebracht werden, indem die verſchiedene Pole der
Säule die verſchiedenen Stoffe anziehen. Die Entdeckung
der elektriſchen Säule geſchah im Jahre 1800 von Alexander
Volta. Durch ihre Anwendung hat Da[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]vy die Metalloide
entdeckt, woraus unſere Erdarten im oxydirten Zuſtande
beſtehen.
Eine andere wichtige Entdeckung von Arſtid, 1820, iſt
die Identität der magnetiſchen und elektriſchen Kräfte,
es ſind nur verſchiedene Aeuſſerungen der nämlichen Grund-
Kraft. Arago fand daß die Erregung der elektriſchen
Kräfte in allen Körpern zu bewerkſtelligen ſei durch Rota-
tion, ſelbſt im Waſſer. Man gewann Kenntniß über die
Bildung der Wolken und des Nebels; über die Entſtehung
der Phänomene des Nordlichts, der Gewitter und Gewitter-
regen, die immer noch in dunkel gehüllt ſind, erhielten wir
einiges Licht. Dalton, Sausſure, Gay-Lusſac, DeLuc,
Erman, Bellinghauſen und andern verdanken wir die wichtig-
ſten Entdeckungen. Herr Erman verdanken wir ein neues
Inſtrument, die Feuchtigkeit der Luft genauer zu beſtim-
men als bisher. Herr Gay-Lusſac ſtellte die geiſtreiche
Idee der Spannung der Atmosphäre auf.
Am Ende des 18ten Jahrhunderts führte die Verbeſſerung
der Fernröhre durch Dollon, Herſchel und Frauenhofer zu
wichtigen Entdeckungen in der Aſtronomie. Ein neuer Plane[t,]
der Uranus wurde aufgefunden, zwei Cometen entdeckt
der Enkiſche und Bielaſche, die unſer Planetenſyſtem nicht
verlaſſen. Die Bewegung der Doppelſterne, die Nebelflecke
in den entfernſten Räumen wurden erkannt. Die Entdeck[ung]
der Polariſation der farbigen und unfarbigen Gläſer
in den Inſtrumenten, hat zu den Beobachtungen gewirkt
ob das Licht der Körper ein eigenes ſei, oder von andern
Himmelskörpern komme.
So wie Doppelſterne und Nebelflecken in der Erweite[rung]
der Weltanſichten die Aſtronomie an den äuſſerſten Gren-
zen des Weltſyſtems beſchäftigten, bemüheten ſich engliſche
Reiſende unter der Führung des Capitain Parry dem äuſſer-
ſten Ende der Erde, dem Nordpole ſich zu nähern, und drang
bis zum 86° N. B. vor. Der Capitain Huyn näherte ſich
dagegen dem Südpol um 3° mehr, als Cook gekommen war
und fand gegen die allgemeine Annahme, daß ſich am Südpol
weniger Eis als am Nordpol finde.
Die Entwickelung der menſchlichen Intelligenz hält gleichen
Schritt, mit der Entwickelung des phyſikaliſchen Wiſſens.
Früher hatten die Völker mehr Neigung zum Philoſophismus,
da die Cultur nur um des abendländiſche Inſelmeer verbrei-
tet war. Unſere Epoche hat der Cultur eine groſſe Ver-
breitung gegeben; die Fortſchritte in den Wiſſenſchaften
und Entdeckungen ſind gleichzeitig, aber nicht gleichmäſſig,
da ſie als Stöſſe anzuſehen ſind, die ſie durch ausgezeichnete
Männer oder durch Weltbegebenheiten erhalten.
Das Streben nach allgemeinen Ideen, nach Einheit der
Natur iſt wieder geweckt. Bei dem Bau des Himmels
mit Berückſichtigung des Planetenſyſtems war es eher
möglich Uebereinſtimmung und Einheit aufzuſtellen, beſonders
durch das Wirken von Kepler, Newton und La Place.
Schwieriger aber iſt dies auf der Erde, wo die Heterogenität
der Stoffe, die chemiſchen Verhältniſſe, die ungleichen ſtarren
und flüſſigen Theile der Erde, mannigfaltige Erſcheinungen geben.
Dohlambert hat das Problem auf eine merkwürdige Weiſe
gelöſt, die Mechanik des Himmels dargeſtellt. Vieles Dunkel
haben immer noch die Vulkane in der Geognoſie, und die meteoro-
logiſchen Erſcheinungen der Atmosphäre für uns, ſo wie die
elektriſchen Spannungen der Gewitterwolken und Gewitter-
regen, als auch die Erſcheinungen des Nordlichts, das wahrſchein-
lich an den Grenzen der Atmosphäre ſeinen Urſprung hat.
Es iſt ein Vorurtheil beſonders der neuern Zeit, daß
man glaubt, die Entdeckungen in den einzelnen Wiſſenſchaft
hätten keinen Einfluß auf die Entdeckung des allgemeine
Wirkens der Kräfte im Groſſen. Die neuern Fortſchritte
ſprechen aber gegen dieſes Vorurtheil, da die Entdeckungen
in der Chemie und Phyſik, durch die Voltaiſche Säule glänz[ende]
Fortſchritte hervorgebracht haben.
Als Quellen der Wiſſenſchaft ſind beſonders anzuführen
Das Studium der Natur iſt das wichtigſte, es kann ge-
fördert werden durch Reiſen, auf deren Beobachtungen der
Natur geſammelt werden.
Zur allgemeinen Ausbildung iſt es aber nöthig alle
Reiſebeſchreibungen und Schriften die darauf Bezug haben
durch zugehen. Das Generelle kann nur aus dem Einzelnen
hervorgehen, durch das Specielle von Beobachtungen einzeln[er]
Völker, finden wir, daß es auch nothwendig iſt, einige
Betrachtungen der Natur zuzuwenden.
Die älteſte phyſikaliſche Geographie aus der Mitte des
17ten Jahrhunderts iſt Varenius geographia generalis. Der Plan
zu dieſem Werke iſt ſehr ſchön, nur wird oft das Generelle
mit dem Speciellen darin verwechſelt.
Muloc’s Einleitung in die mathematiſch-phyſik: Erdbeſchreibung.
Bergmanns phyſikaliſche Erdbeſchreibung.
Die äſthetiſche Behandlung von Naturſonnen und der
Einfluß der botaniſchen Gärten durch ihre pittoreske Zu-
ſammenſtellungen hat in neuerer Zeit mächtig angereizt
fremde Länder zu ſehen. Nicht weniger hat die Kunſt in
der lebendigen Aufnahme von Pflanzenformen hierzu bei-
getragen.
In den frühern Zeiten der Griechen und Römer
waren dieſe Schilderungen nur im Geſange den Dichtern
eigen. Es bildete hier die Landſchaftsmalerei den Hinter-
grund der Gemälde. Die eigene Richtung der unbelebten
Natur war ihnen fremder. Die Griechen und Römer zeigen
auch groſſe Liebe für die Natur, wie Plinius Beſchreibung
ſeiner 2 Villen und Cicero’s Briefe
beweiſen. Solche Be-
ſchreibungen wurden aber keine beſondern Zweige der Litte-
ratur, ihre Liebe für Natur zeigt ſich immer nur ein
Hintergrunde ausgedrückt, wie ſie ſie benutzten um den
lebenden Figuren Licht zu geben.
Dieſe ſentimentalen Anregungen ſind mehr dem indiſchen
Stamme eigen, wir finden in ihrer Poeſie die anmuthigſten
Beſchreibungen, und ein tiefes Gefühl für Pflanzen und Thiere.
In ſpätern Zeiten erſchien beim Aufleben der Litteratur von
Cardinal Bende eine Phyſionomik der Pflanzen. Er bemühte
ſich die Naturſcenen des Aetna zu ſchildern. Andere vortreff-
liche äſthetiſche Behandlungen ſind in dem groſſen hiſtoriſchen
Werke von Bender über die Natur in Amerika. In
neuern Zeit iſt Buffon durch ſeine Naturgeſchichte auch
hierin ausgezeichnet, doch haben ſeine Schilderungen viel
Kälte, indem er nicht ſelbſt ſammelte. Georg Forſter
war in neuern Zeiten der erſte Deutſche, der in ſeinen
ſchönen Beſchreibungen der Südſee eine Naturſchilderung
gab. Denn Bernard über tropiſche Erſcheinungen,
und
Chateubriant in ſeiner Beſchreibung des Miſſiſſipi haben
unter den Franzoſen ſich ausgezeichnet.
Neben der äſtthetiſchen Behandlung der Naturſcenen iſt
die Landſchaftsmalerei ein anderer Zweig. Bei den Alten
war ſie kein beſonderer Gegenſtand der Kunſt geweſen.
Im Aufleben der Künſte blühte ſie zuerſt in der nieder-
ländiſchen Schule bei Verneuk van Eyk (doch nicht bei Hubert
und Johann van Eyk? die die Stifter der niederländiſchen
Schule waren.) In der Mitte des 16ten Jahrhunderts
beſchäftigte ſich damit Basſano und Carracci, es war dies
jedoch mehr Nachahmung der Phantaſie. Erſt in der Mitte
des 17ten Jahrhunderts ſammelte Franz Hoſt der 1647
mit dem Prinzen Moritz nach Braſilien ging exotiſche
Naturſcenen. In neuern Zeiten hat der Maler Hodges
welcher Cook auf ſeiner Reiſe begleitete Tropenſcenen
aus Oſtindien geliefert. Beſonders aber hat Franz
Rugendas in Darſtellungen von Pflanzenformen ſich
hervorgethan.
Es hat dieſe Kunſt der Verbindung der Pflanzenformen
mit der Landſchaftsmalerei in neuern Zeiten zu
Reiſen mächtig angereizt. Sie gab auch mir den erſten
Antrieb, wozu beſonders Forſter’s Schilderungen der
Südſeeinſeln und Hodges Gemälde der Naturſcenen
von Oſtindien wirkten.
Hiermit iſt die Einleitung meines Vortrages beendigt.
Die Weltbeſchreibung iſt definirt worden, als eine
Beſchreibung des Geſchaffenen, und wir können das Welt-
ſyſtem 3 Betrachtungen unterwerfen.
Es iſt hier nicht die Rede die telluriſchen Verhältniſſe
zu vergleichen, wir wollen zu den Weltkörpern in ihren
Verhältniſſen ſelbſt gehen und betrachten wir die einzelnen
Stoffe im Weltraume vertheilt ſind. Zuerſt iſt es uns
auffallend wie der kleinſte Planet die Veſta 59–60
Meilen im Durchmeſſer hat. Auf der andern Seite ſehen
wir kleinere Weltkörper welche nicht zu unſerm
Syſtem gehören, und mit den Aerolithen zu vergleichen
ſind, die aus fernen Weltgegenden zu uns kommen.
Der Durchmeſſer der Veſta verhält ſich zu dem der Sonne
wie 1:3,300. und Saturns innerſter Trabant iſt noch
kleiner als die Veſta. Der gröſſte Aerolith der in
Mexico gefunden iſt hat etwa 5′ im Durchmeſſer, der
nur (80 ?) mal an Gröſſe vom Trabanten des Saturns
übertroffen wird. Der Durchmeſſer des Sirius iſt wenig-
ſtens 34mal gröſſer als der der Sonne. Sehr wahr-
ſcheinlich iſt des Saturns innerſter Trabant nur halb ſo
groß im Durchmeſſer als die Veſta. Es würden demnach
135,000 Aerolithen einen Cometen bilden, während 12,000
dieſer Cometen (Satelliten) zum Centralſtern Sirius gehörten.
Ein ſo ungeheurer Unterſchied findet in Vertheilung der
Materie ſtatt. Der Aerolith von 5 Fuß Durchmeſſer
würde ſich zum Centralſtern Sirius wie 1:28 tauſend
Millionen verhalten. Wir ſehen daraus, ⎡daß zwiſchen den
innerſten Trabanten und dem Sirius ein gröſſerer Unterſchied
iſt, als zwiſchen dem erſteren und dem in Mexico gefunden
Aerolithen von 5′ Durchmeſſer. Auſſer dieſen ſtarren
Körpern giebt es noch eine groſſe dunſtförmige Materie
welche zerſtreut liegt, ſie iſt theils ſichtbar, theils un-
ſichtbar, theils läßt ſie ſich auch nur folgern. Die groſſen
Luftpyramiden des Thierkreislichts, die wir des Frühjahrs
und Herbſt bei uns nur ſehen ſollen, und gegen 10 Grad
hoch den Horizont erhellen, gehören nicht wie man [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]
glaubte zur Sonnenatmosphäre. Es iſt eine Erſcheinung
die man täglich am Tropenhimmel ſieht, oft ſtoßweiſe
leuchtet und zuerſt von Casſini geſehen iſt. Eine 2te
ſichtbare dunſtförmige Materie ſind die von Herſchel
entdeckten Nebelflecke. Es iſt wahrſcheinlich, daß ſie zu-
ſammengedrängte Sterngruppen ſind, die planetariſch [verlorenes Material – 1 Wort fehlt]
und in denen noch kein feſter Körper entdeckt wurde, obg[leich]
ſie mit 8–900 maligen Vergröſſerungen beobachtet ſind.
Je gröſſer die durchdringende Kraft der Telescope iſt, je
mehr wird man die äuſſerſten Räume des Weltalls
und ihr Zunehmen gewahr. ― ―
In den ſtarren Weltkörpern die eine feſte Maſſe
den Wirkungen des Lichts entgegen ſtellen, finden wir
weniger die Maſſe des Lichts angezeigt, wie bei dünnern
mehr flüſſigen Körpern als den Cometen, die dadurch empfäng-
licher für das Licht ſind. Der enkiſche und bielaſche Comet
laſſen uns auf ein ſehr ſtarkes Licht ſchlieſſen, das ſie
erhellet. Herr Olbers hat darauf aufmerkſam gemacht, daß
bei den vielen Sternſchichten in jedem Puncte des Weltalls
ein leuchtender Körper ſei, auf die wir nach verſchiedenen
Puncten durchblickend treffen, dieſe das Weltall von
den vielen Lichtſtrahlen ſonnenhell erleuchtet, und die Sonne
ſo überſtrahlen müßte, daß ſie nur als ein heller Körper
mit 2 dunkeln Flecken uns erſchiene. Da dieſes aber
nicht der Fall iſt, ſo ſchließt Herr Olbers mit Recht auf
eine lichtſchwächende Materie, die dunſtförmig, noch nicht zu
Weltkörpern geſtaltet im Weltall verbreitet ſei.
Dieſe iſt dreierlei. a. ſtarr, b. tropfbarflüſſig und c. elaſtiſch
flüſſig. Wir ſehen alle 3 Arten auf unſerer Erde vertheilt.
So ſind aber nicht alle planetariſche Körper. Der Mo[nd]
z. B. kann mit den Aerolithen verglichen werden, er ſch[eint]
nur ein ſtarrer feſter Körper zu ſein, der eine ſehr
dünne Atmosphäre hat. Man hat neuerlich allen Tra-
banten die Atmosphäre abgeſprochen, jedoch hat man
Erſcheinungen an den Satelliten des Jupiters wahr-
genommen, daß ſie ſich auf eine wunderbare Weiſe
verfinſterten, was nur ihrer Atmosphäre zugeſchrieben
werden kann.
Andere Körper ſind nur gasartig wie die Cometen, d[a]
man Sterne ſelbſt von 7 bis 8ter Gröſſe durch den Kern derſelben
geſehen hat. Da die mittlere Dichtigkeit dieſer Körper ſo dünn
iſt, ſo müſſen die äuſſern Schichten dieſer Weltkörper eine
auſſerordentliche Dünnigkeit haben. Denn wir müſſen wohl
den Kern derſelben von den äuſſern Theilen unter-
ſcheiden, da immer nach dem Mittelpuncte zu die ſtärk-
ſte Verdichtung iſt. Noch dünner wahrſcheinlich ſind die
Nebelflecken welche Herſchel entdeckte, deren Materie
in groſſen Scheiben ſich ausdehnt, und bei der ſich darbie-
tenden Vergröſſerung ſich nicht zu Sternen auflöſend er-
ſcheinen.
Die untern Planeten welche der Sonne nahe ſtehen,
haben eine Dichtigkeit wie Platina, die der entfernteren
Planeten iſt der Naphtha gleich.
Eine andere wichtige Betrachtung iſt die chemiſche Ver-
ſchiedenheit. Die chemiſche Beſchaffenheit unſres Erd-
körpers kennen wir genauer; durch die Aerolithen aber,
welche ſehr wahrſcheinlich Theile fremder Weltkörper ſind,
und aus entfernten Welträumen zu uns kommen, können
wir (nämlich nach deren Miſchungen) auf die anderen fernern
Weltkörper ſchlieſſen. Ihre Beſtandtheile ſind unſern
Gebirgsarten nahe verwandt, was auch die treffliche
Unterſuchung des Herrn Guſtav Roſe uns gelehrt hat.
Von unſern Erdkörper kennen wir aber eigentlich
nur die Rinde, die aus vielfachen Theilen zuſammenge-
ſetzt iſt. Vorherſchend iſt Sauerſtoff und Kieſelerde,
man findet eine ſehr groſſe Menge Sauerſtoff an unſere
Erde gebunden, was Davy und Berzelius gegen die
frühere Annahme hinlänglich bewieſen haben. Man glaub[te]
früher daß die Atmosphäre an Sauerſtoff reicher ſei.
Die flüſſigen Maſſen ſind von geringerer Mannigfaltig-
keit, größtentheils aus Sauerſtoff und Waſſerſtoff
auch wahr Stickſtoff und geringen Gehalt von Kohlenſäure
zuſammengeſetzt.
Eine andere Betrachtung iſt die Belebung des Orga-
niſchen und Unorganiſchen. Die organiſchen Stoffe ſ[ind]
nur dünn in der Rinde vertheilt, wenn gleich das Lebe[n]
auch in einzelnen Pflanzen und Thieren ſich in den tief-
ſten Höhlen und Klüften zeigt. Die organiſchen
Stoffe zeichnen ſich von den unorganiſchen dadurch aus,
daß, ſo lange ſie ein Ganzes bilden, ſich nicht verändern
ſobald aber Trennungen von einzelnen Theilen entſtehen
auch chemiſche Zerſetzungen folgen. Bei unorganiſchen
Körpern dagegen ändern Trennungen den chemiſchen
Zuſtand nicht.
Man unterſcheidet allgemein Himmel und Erde, den
telluriſchen und nicht telluriſchen Verhältniſſe. Wir
können aber in dieſer Rückſicht 2 Fragen aufſtellen:
a. Welcher Himmelskörper iſt unſerer Erde am nächſten
gekommen, und b. welche Himmelskörper ſich unter-
einander am nächſten kommen.
a. Unter den Himmelskörpern iſt der Mond unſerer
Erde an nächſten, und 48,000 Meilen von uns entfernt.
Unter den Cometen iſt der, welcher 1670 erſchien auf
6 Mondweiten zu ausgekommen. Wäre er von der Dichtig-
keit der Erde geweſen, ſo würde er die Tage um 3 Stunden
verlängert haben. Von den neueren iſt der enkiſche
Comet im Jahre 1826 nur 2 Mondweiten von unſerer
Erdbahn entfernt geweſen.
Man kann auch fragen, ob es wahrſcheinlich iſt, daß
Cometenſchweife unſere Erde berührt haben. Im Jahre
1683 bei dem groſſen Erdbeben in Calabrien, zeigte ſich
die Sonne mehrer Tage hindurch gleich einer rothen Scheibe,
der Mond wurde nur abwechſelnd geſehen, und ein ſtarker
Heerrauch füllte die Atmosphäre. Man hat ſpäter
geglaubt, daß gerade um dieſe Zeit ein Comet der Erde
nahe geweſen ſein könne, der mit ſeinem Schweife die
Erde berührt habe. Wohl wäre dies möglich geweſen,
da es in damaligen Zeit der Beobachtung hätte entgehen können.
Was aber dagegen ſpricht, iſt, daß er auch über dem atla[nti-]
ſchen Ocean und Amerika in gleicher Breite zwiſchen dem
45 und 55ten Grade gefegt haben müſſe, und eine gleiche
Verfinſterung hätte man dort bemerken müſſen, welches
aber nicht der Fall war. Es iſt gewiß daß der Comet
von 1879 den 26ten Juni vor der Sonnenſcheibe durch gegangen
iſt; wäre er ein dichter Körper geweſen ſo hätte er
der Erde einen Schatten zuwerfen müſſen.
Es iſt eine alte Sage, die faſt in alle Bücher, die
von Cometen handeln, übergegangen iſt, daß ein Jahr
nach der Eroberung von Conſtantinopel alſo 1454 ein
Comet die Sonne verfinſtert habe, und iſt aus einer
alten Chronik vom Obergarderobenmeiſter des bizantiſ[chen]
Kaiſers geſchöpft. Neuere Forſchungen haben aber ge-
zeigt, daß die Nachricht davon durch eine unrichtige Ueber-
ſetzung der Jeſuiten in das Lateiniſche entſtanden iſt
da nur im Originale ſteht, es habe ſich die Sonne ver-
finſtert und ein Comet ſei geſehen worden.
b. Eine 2te Frage alſo iſt, welche Himmelskörper ſich
untereinander am nächſten kommen. – Der innerſte
Trabant des Saturns iſt von dieſem nur 27,300 Meilen
entfernt, welches etwas über die Hälfte der Mondweite
von der Erde iſt. Die 3 Satelliten des Saturns ſtehen
dieſem näher, als der Mond von uns entfernt iſt; dieſer
iſt erſt der 5te Trabant welcher ſeinem Planeten am nächſten
kommt. Der Comet von 1770 iſt im Jahre 1680 und 1689
zweimal zwiſchen dem Saturn und ſeinem 2ten Trabanten
durchgegangen, welche gegen 33,000 Meilen von einander
entfernt ſind, ohne daß man eine Veränderung bemerkt
hat. Dies iſt das merkwürdigſte Beiſpiel der Annähe-
rung. Der Comet von 1780 (?) hat ſich auf 5 Mondweiten
der Sonne genähert. Der groſſe Ring des Saturns iſt
wahrſcheinlich eine Materie die ſich noch nicht zu Satelliten
gebildet hat. Er iſt nur 5800 Meilen vom Saturn
entfernt.
Betrachten wir die Materie in dunſtförmigen Maſſen,
ſo ſehen wir, daß in denen theils Sterne eingeſenkt ſind,
theils ſich noch gleichförmig zeigen; ja es giebt Uebergänge
von den Sternen zu der Materie.
1. Lichtſtrahlen. Die Entfernung hat man durch die Ge-
ſchwindigkeit des Lichts berechnet. Vom Saturn braucht
es um zu uns zu kommen 2½ Stunden, 3 Jahre vom Sirius,
2400 Jahre von dem Ende unſerer Sternſchicht, und 30–40,000.
Jahre von den entfernteſten Nebelflecken.
2. Attraction. Sie iſt ſtärker bei den dichten und feſten
Körpern als bei den Lockern. Es iſt wahrſcheinlich daß die
entfernteſten Sterne durch Attraction auf unſere Erde wirken
doch reicht unſere Bemerkung davon nur bis zum Saturn.
Die Inclination oder Abweichung der Erdaxe, die Ebbe und
Fluth ſowohl im Ocean, wie in der Atmosphäre ſind davon
abhängig. Letztern rühren von der Attraction der Sonne
und des Mondes her.
3. Verkehr. Das Starre und Feſte der Aerolithen mach[t]
es wahrſcheinlich, daß ſie nicht von auſſerhalb unſers Planeten-
ſyſtems herkommen.
Wenn wir den Character der Weltbeſchreibung ver-
folgten, eine allgemeine Mittheilung über die Natur in dieſ[er]
Welt geben, den Unterſchied zwiſchen der ſtarren und
der nebligten Materie zeigten, den der Aerolithen mit
den kleinſten Planeten, und dieſe wieder mit dem Cent[ral-]
ſterne verglichen, die Stoffe der nebligten Materie ent-
wickelt, und die Verhältniſſe und Wirkungen der ver-
ſchiedenen Weltkörper zu einander dargethan haben, ſo
kehre ich jetzt zu dem aſtronomiſchen Theile oder den
nicht telluriſchen Stoffen zurück.
Die dem Auge durch Telescope ſich zeigende Materie
iſt theils zu Kugeln geballt, theils ungeballt; es kann
hier jedoch nur von dem die Rede ſein, was entdeckt iſt.
Eine mathematiſche Behandlung dieſer Weltkörper ge-
hört nicht in die phyſikaliſche Geographie, ſondern in die
Geodäſie, wir werden uns mit den anderſeitigen Beſtand-
theilen beſchäftigen.
Die phyſiſche Aſtronomie iſt nicht in dem Begriffe der
neueſten Weltbeſchreibungen zu nehmen. Wir betrachten
nicht allein die Bewegung, ſondern auch die Zuſammenſetzung
und phyſiſche Beſchaffenheit der Weltkörper. Die Be-
trachtung der andern Welten als Bewohner der Erde
iſt für uns beſonders vortheilhaft, da unſer Weltkörper
kein ſelbſtleuchtender iſt. Wenn wir auf der Sonne lebten,
ſo würden wir von dem ſchönen Sternenteppich, der über uns
ausgebreitet iſt, nichts wiſſen. Es giebt ſelbſt auf
unſrer Erde einige Gegenden, wo dieſer Anblick oft einige
Monate lang jährlich, wie es im niedern Peru der Fall
iſt, durch die Nebel einer ſo dichten wäſſrigen Atmosphäre
entzogen wird, daß die Sonne nur als eine rothe Scheibe
erſcheint, und man den Mond nicht errathen kann. –
Würden jene Weltkörper nicht ſichtbar ſein, ſo könnten
ſie auch nicht auf die Gefühle der Menſchen wirken. Einge-
ſchränkter würde der Ideenkreis der Menſchen ſein, dem
religiöſen wie dem wahren Wiſſen würde die eigenthüm-
liche hohe Begeiſterung fehlen, wir würden nur ſehr unvoll-
kommene Begriffe von der Geſtalt unſerer Erde haben, die
allein auf Pendelverſuche begründet ſein könnte, ſchwer oder
gar nicht würde die Lage der Länder trigonometriſch zu be-
ſtimmen ſein, die Schiffahrt ihrer Hauptſtütze beraubt, würde
nur beſchränkt ſein können, und die Kenntniß der höhern Mathe-
matik nicht erlangt werden.
Die Lage der Erde, zu den mittleren Planeten gehörend
iſt vorzugsweiſe für uns vortheilhaft. Auf der Erde aber
zeichnet ſich jene Gegend, wo wir unter dem Aequator die
Pflanzenformen der verſchiedenen Zonen vereinigt finden,
vorzugsweiſe für die Beobachtung des Himmels aus, weil
wir von dort alle Sterne des Himmels ſehen können. Ein
groſſes Verdienſt wird ſich daher der gleichfalls als ausge-
zeichneter Aſtronom bekannte Sohn von Herſchel, durch
die Ausführung ſeiner beabſichtigten Reiſe erwerben, um
in jenen Gegenden aſtronomiſche Beobachtungen anzuſtellen.
Wenn ſich auch die Exiſtenz der Weltkörper durch Lichter-
ſcheinungen anzeigt, ſo ſehen wir doch nur das Licht der
Sonne und des Mondes, von den Sternen dagegen nur
Strahlen, und es iſt nicht nöthig daß ein eigenes Licht
dabei wirkſam iſt. Durch Fernröhre geſehen verlieren
ſich dieſe Strahlen, und eine Verminderung derſelben be-
merken wir ſchon an dem Himmel der Tropen, wo die At-
mosphäre reiner und gleichmäſſiger iſt, welches beweiſt,
daß die Strahlen von der Beſchaffenheit unſerer Atmosphäre
herrühren. Auch die Fixſterne ſind nördlich leuchtender
als in den Tropenländern, was aber auch nach den Jahres-
zeiten abändert, da in der trockene Zeit das Licht gleich-
förmiger iſt als in der naſſen, wo es durch Dünſte gebrochen
mehr funkelnd erſcheint.
Das unbewaffente Auge wird bei der Beobachtung der
Sterne durch zweierlei getäuſcht, nämlich a, durch eine ſchein-
bare Vergröſſerung, und b, durch ſternförmige Polygonalfiguren.
a. Scheinbar vergröſſert werden ſie dadurch, daß nach der
Organiſation des Auges, es nur eine gewiſſe Entfernung
des menſchlichen deutlichen Sehens giebt, wonach gleichſam
durch einen Hebel gehoben, die Netzhaut zu einer Dilatation
gebracht wird, die die Sterne vergröſſert. Ein Planet der
nur 6 Secunden im Durchmeſſer hat, wächſt ſo ſcheinbar zu
4 Minuten Durchmeſſer an. Die Vega einer der leuchten-
ſten Fixſterne hat ⅓ Secunde im Durchmeſſer, dagegen der
Uranus von 4 Secunden Durchmeſſer nur ſelten zu ſehen
iſt, was von der Intenſität des Lichts abhängt. Bei
der Bewegung des Mondes von Sternen hin, ſcheint der Stern
eine zeitlang an dem Rande ſeiner Scheibe zu kleben. Man
hat dies gleichfalls der Dilatation des Auges zugeſchrieben
wir werden aber ſpäter ſehen, daß es andere Urſachen
ſind, die hier täuſchen.
b. Täuſchung durch Polygonalfiguren. Sonne und Mond
werden als Scheiben geſehen, alle andern aber als Poly-
gone, deren Zahl der Seiten von der Zahl der Strahlen
abhängen. Man ſollte glauben daß die Venus, die ſchon
1 Minute im Durchmeſſer hat, eine Scheibe ohne Strahlen
zeigen müßte. Man hat auch noch nicht unterſucht, um wie-
viel die Venus wachſen müßte, um keine Strahlen
mehr zu werfen. Wohl hätte man das bei der Er-
ſcheinung im Scorpion beobachten können, wo ein Stern
förmlich auflockerte und dabei zu ¼ Theil des Mondes
oder 7 bis 8 Minuten anwuchs. Ebenſo ſoll der Comet
von 1[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]806, der von den Arabern beobachtet wurde, 6mal
ſo groß als die Venus geweſen ſein. Die Sonne er-
ſcheint in einer Größe von 10 Minuten.
Die Zahl der Strahlen iſt nach dem Auge ſehr ver-
ſchieden, einige erſcheinen ſehr regelmäſſig abgetheilt, andere
minder leicht erkennbar. Ich habe mich ſelbſt mit dem verſchie-
denen Erſcheinen der Strahlen beſchäftigt, und bei den Sternen
erſter Gröſſe 7 Strahlen nach der Organiſation meiner
Augen gefunden, wo andere nur 8 Strahlen ſehen. Die
alten Aegyptier müſſen vorzugsweiſe 5 Strahlen geſehen
haben, da in ihren Hieroglyphen ein Stern die Zahl
5 bedeutet. Dieſe Polygonalfiguren hängen von dem
Auge ab, denn ſenkt man dieſes, ſo dreht ſich der Stern mit
dem Auge; eben ſo die Interpretation der Strahlen, dann
ſenkt man den Kopf, ſo ſieht man nur die untern Strahlen.
Das Funkeln der Sterne iſt nicht eine Folge der
Dünſte, und keinesweges eine Translations-Bewegung
durch die Atmosphäre hervorgebracht, ſondern wie Mitſchel
im 16ten Jahrhundert richtig beobachtete, iſt es ein fortwäh-
rendes Verſchwinden und Wiedererſcheinen der Sterne
mit einem farbigen Lichte, das 5mal in einer Secunde
wechſelt. Es hängt von dem Phänomen ab, welches im
17ten Jahrhundert ſchon entdeckt wurde, daß nämlich 2 ungleiche
Lichtſtrahlen ſich einander zerſtören können. Der Profeſſor
Brimaldi (Jeſuit) früher zu Bologna fand, daß bei der
Bewegung der Lichtſtrahlen ein farbiges Licht entſteht.
Thomas Young möchte 1803 die Entdeckung, daß wenn
man einen Schirm vor das Licht hält, in der Mitte des
Schattens dunkele Streifen entſtehen, die durch die gegen-
ſeitige Zerſtörung der Lichtſtrahlen hervorgebracht werden.
Reflectirt man von 2 Körpern das Licht auf einen Punkt
ſo entſtehen in der Mitte deſſelben gleichfalls ſchwarze
Streifen, die aber verſchwinden, wenn man einen Körper
hinwegnimmt. So wie die rothen Strahlen nach neuern
Verſuchen die wärmſten ſind, ſo beſitzen die violetten die
Eigenſchaft des Chlorſilber am ſtärkſten zu ſchwärzen; doch
wo die Lichtſtrahlen gegen einander reflectirt werden,
bleibt das Chlorſilber planetarweiß. Wenn man ein Stück
weiſſes Blech mit einem feinen Einſchnitte vor das Licht
hält, ſo erſcheinen im Schatten zwei helle Streifen, die
einen dunkeln zwiſchen ſich haben. Hierdurch läßt ſich
das Funkeln der Sterne erklären.
Das Funkeln der Sterne iſt in den Ebenen ſtär-
ker als auf Bergen, wo die Atmosphäre gleichförmiger
und dünner iſt. Bei der Beſteigung hoher Berge beſonders
in den Tropengegenden iſt mir dieſe Verſchiedenheit be-
ſonders aufgefallen. Das Funkeln der Sterne wird
nicht beträchtlich verſtärkt, wenn die Luft mit Dünſten an-
gefüllt iſt, ſondern wenn in den höhern Luftſchichten eine
plötzliche Abkühlung, beſonders durch elektriſche Entladungen
ſtatt fand. Weil die Planeten uns mehr als die Fix-
ſterne ſcheibenartig erſcheinen, ſo haben ſie mehr Lichtſtrahlen,
welche die erſetzen, die durch die Luftſchichten abgeleitet
werden, deshalb funkeln ſie nicht.
Auf das Phänomen der Erſcheinung des farbigen Lichts
durch die theilweiſe Zerſtörung der Lichtſtrahlen, welche am
Rande heller Scheiben farbige Ränder bilden hat Herr Joung das
Circometer gegründet, um die Feinheit der Wolle zu beſtimmen.
Von der Beugung der Lichtſtrahlen hängt die Erſcheinung
ab, daß wenn der Mond vor einem Sterne durchgeht, dieſer
eine Zeitlang an ſeinem Rande vorgeheftet zu ſein ſcheint. Ebenſo
ſehen wir bei totalen Sonnenfinſterniſſen dennoch einen
leuchtenden Rand, der von gleichen Urſachen herrührt.
Wir kommen nun zu dem was mir mit bloſſen Augen ſehen
können. Es iſt wahrſcheinlich daß die Sterne der 6ten und 7ten
Gröſſe wenigſtens 10 Siriusweiten von uns entfernt ſind
folglich ihr Licht über 30 Jahre braucht um zu uns zu kommen.
Die natürliche Kraft des Sehens, verhält ſich zu der durch
Fernröhre, nach Herſchel etwa wie 3 Fuß zu 4 Meilen.
Es iſt eine alte Meinung, daß aus tiefen Gruben
und dunkeln Schachten man Sterne bei Tage ſehen könne,
nirgend haben aber meine Nachforſchungen auf Wahrſchein-
lichkeit derſelben geſtoſſen. Die Führer auf dem Montblanc
verſichern dem Reiſenden, daß man von deſſen Spitze St[erne]
bei Tage ſehen könne, doch auf der weit höhern Andeskette
habe ich nie davon ſprechen hören. In dem ſogenannten düſtren
Thale Norwegens wollte man früher bei Tage Sterne ge-
ſehen haben, doch erwähnen neuere Reiſende ebenfalls nichts
davon. Die Venus kann zuweilen bei Tage mit bloſſen
Augen geſehen werden, und wir finden zuweilen ausge-
zeichnete Sehkräfte für Sterne. So verſichert Herr
Benzenberg den Jupiter und ſeine Trabanten bei Tage ge-
ſehen zu haben, was nur guten Augen ſelten des Nach[ts]
geſtattet iſt. Herr Eſchwege in Göttingen bewies deutli[ch,]
daß er den Jupiter (?) bei Tage ſehen könne, dadurch, daß er
das Fernrohr genau darauf richtete, wodurch ſich andere von
der Wahrheit überzeugen konnten. Ich habe an einem
hellen Morgen den Jupiter in den Tropen noch 18 Min[uten]
lang nach Sonnenaufgang geſehen. Wenn wir Sterne nic[ht]
gleich ſehen, ſo finden wir bei ruhiger Beobachtung, daß ihr
Lichteindruck ſich verſtärkt. Von der Form des Gegenſtands
und der Farbe des Hintergrundes, hängt ſeine Erkennung
ab. Die weiteſte Entfernung für mich war, als Herr
Bonpland mein Begleiter in Amerika, den Punſchenza noch
einmal beſtieg, ich ihn noch in einer Entfernung von 4 Meilen
aber doch nur in der Bewegung erkennen konnte. Dies Er-
kennen wurde aber dadurch begünſtigt, daß der Berg aus
ſchwarzdunkeln Geſtein gebildet iſt, und Herr Bonpland
einen weiſſen Mantel trug. Beim Sehen kommt es ſehr
darauf an, ob der Gegenſtand ſich hell oder dunkel abhebt. So
ſehen wir Berge ohne Schnee nur negativ, weil ihre Umriſſe
gegen den Himmelsgrund ſich dunkel abheben und das Licht nicht
zu uns leiten; mit Schnee bedeckt ſehen wir ſie poſitiv, weil
ſie die Lichtſtrahlen aus reflectiren.
Wir können fragen, warum die Sterne bei Tage durch
Fernröhre geſehen werden, da dieſe ſie nicht vergröſſern. Die
Urſache davon iſt gewiß nur in der ſchnellen Bewegung der-
ſelben zu ſuchen, die leichter durch Fernröhre erkannt werden
kann. Stellen wir z. B. ein Licht in den Sonnenſchein, ſo
werden wir keinen Schatten durch daſſelbe bei nahen Körpern
bemerken; bewegen wir aber das Licht, ſo werden wir
auch den Schatten der von ihm ausgeht, in ſeiner Bewegung
erkennen. – Bei den alten aſtronomiſchen Fernröhren
verhält ſich die Länge gleich dem Quadrat der Vergröſſerung;
deshalb beobachtete man früher durch ſehr lange Fernröhre.
Campani machte zuerſt die groſſen Objective dazu, indem er
eins von 155 Fuß Länge anfertigen ließ. Casſini machte
aber zuerſt beſondern Gebrauch davon. Er hatte eins von
250′ Länge, mit dem er die Trabanten des Saturns entdeckte.
Es beſtand blos aus einem Objectiv- und einem Ocularglas
erſteres wurde durch lange Schnüre bewegt; in Paris w[ird]
noch ein ſolches aufgehoben. Der Aſtronom Oſo hatte ſich
eins von 620′ Länge verfertigen laſſen, das aber nie
aufgeſtellt iſt.
Man hat gewöhnlich angenommen, daß es ſichtbare
Sterne welches die von der 5ten bis 6ten Gröſſe ſind, etwa
6000 gäbe, doch man kann dieſe Zahl weit höher über
11,000 annehmen, da nach Herſchels Zählung es von
der 6ten Gröſſe allein 8000 und von der 7ten über 14,000
giebt, die noch von Einigen geſehen werden.
Durch das telescopiſche Sehen haben wir über Dinge.
Aufklärung erhalten, von denen wir keinen Begriff hatten
oder die nur ſehr ſelten mit bloſſen Augen geſehen ſind.
Doch beſonders nützlich wurden die Telescope dadurch,
daß man ſie mit Meßinſtrumenten verband. Der Arzt
Morin war der Erſte der dies 1634 that, und dadurch
die Entfernung mancher Sterne vom Monde zuerſt b[e-]
rechnete. Im Jahre 1664 wurden ſie durch Pipan und
Coſa doch erſt allgemeiner in Anwendung gebracht. Zu
Ludwig’s des 14ten Zeiten war die Verbindung beider
allgemein. Man muß erſtaunen wie die Araber in
frühere Zeiten die Breitengrade ziemlich genau beſtimmt
haben, und ſpäter Columbus die Ortsbeſtimmungen nach
den Breitegraden namentlich von Cuba auf 4 bis 6 Minuten
Unterſchied richtig ergab. Dagegen haben die jetzigen Be-
ſtimmungen eine Genauigkeit von 6 bis 8 Secunden.
Ein anderes aſtronomiſches Inſtrument iſt der Cometen-
ſucher oder das Nachtfernrohr, bei dem nur eine 4 fache
Vergröſſerung ſtatt findet; dagegen fällt das Licht auf
das Object, wodurch der Gegenſtand um ſo leichter und deut-
licher zu erkennen iſt.
Quellen über die Indifferenz der Lichtſtrahlen finden
ſich in folgenden Werken:
Franzöſiſche Añalen der Chemie, Jahrgang 1816. 1ter Theil
pag. 199 und 239. Zwei Abhandlungen über die neuen
optiſchen Erſcheinungen.
In dem mathematiſchen Memoir von Frennel.
In der franzöſiſchen Ueberſetzung von Thomſon’s Chemie,
3ter Theil der als letzter Band Supplemente enthält.
Fiſcher’s Naturlehre 2ter Band, nach Möglichkeit des
kurzgefaßten Plans.
Der geſtirnte Himmel mit unbewaffnetem Auge geſehen.
Von den äuſſerſten erkennbaren Räumen des Weltalls,
kehren wir zu dem zurück was mit bloſſen Augen zu ſehen iſt.
Die feſte Materie in Weltkörper geformt, liegen gleich
Inſelgruppen vereint wie im Archipel des mittelländiſchen
Meeres, oder als einzelne Inſeln abgeſondert, wie die im
atlantiſchen Ocean zwiſchen Südafrika und Amerika.
Unſer Sonnenſyſtem iſt eine dieſer Inſelgruppen, und
beſteht aus 11 Haupt- und 18 Nebenplaneten. Der Uranus
iſt der Aeuſſerſten deſſelben. Wie unbeträchtlich unſer
Sonnenſyſtem nur im Vergleich mit unſerer Sternſchicht iſt,
zeigt daß es mit Einſchluß aller ſeiner Cometen, dennoch
35,000 mal der Länge noch darin Raum haben würde.
Ebenſo wie die Weltgeſchichte in den Mythen beginnt
fangen wir in der Weltbeſchreibung von den entfernte-
ſten Räumen an. Die entfernten Gruppen der Welt-
körper und der noch ungeballten Materie, ſind nicht Spiele
der Fantaſie, es ſind Schlüſſe der Wahrheit auf
Meſſungen gegründet, und nicht ohne mathematiſche Richtig-
keit. Wir theilen ſie in 3 Theile, und handeln 1,
von den fernen Gruppen, 2. Von unſerer linſenför-
migen Sternſchicht, und 3, Von unſerem Planetenſyſtem.
Einige der im Weltall verbreiteten Nebelflecke ſind
mit bloſſen Augen ſichtbar, und ſchon in frühen Zeiten
gekannt. Mehrere von ihnen, wie die Milchſtraſſe, löſen
ſich durch Fernröhre betrachtet in Sterngruppen auf, andere
haben nur in ihrer Mitte Sterne, wie der Nebelflecke im
Gürtel der Andromeda, oder den im Krebs, welcher im Anfange
des 17ten Jahrhunderts von Simon Marius entdeckt wurde.
Der eigentliche Columbus dieſer Räume aber iſt Herſchel
geweſen. Er hat zuerſt die Idee gehabt den Weltraum nach
3 Dimenſionen zu meſſen. Lambert und Kant haben dieſe
Räumen durch Schlüſſe beſtimmt.
Was wir von dieſen Nebelflecken ſehen, läßt ſich in
2 Klaſſen eintheilen. 1. Auflösbare Nebelflecken, wo der
Nebel dem bewaffneten Auge ſchwindet, und nur Sterne
ſichtbar ſind, wie unſere Milchſtraſſe. Meggens hat ſchon
die Idee gehabt, daß es auflösbare und nicht auflösbare
gäbe, wenn gleich er noch keine Auflöſung bei ſeinem nur
250 Mal vergröſſernden Inſtrumente ſah. 2. Unauflösbare
Nebelflecken. Es bleibt dahin geſtellt, ob dieſe bei noch
ſtärkere Vergröſſerungen ſich auflöſen; doch iſt es wahrſchein-
lich, daß manche nicht auflösbar ſind, da kein Unterſchied
bemerkt wurde, wenn man von 80 maliger zu 800 malige
Vergröſſerung überging. In der Mitte von einigen ſehen
wir Sterne, die ſich mit dem ſie umgebenden Nebel gleich-
mäßig fortbewegen. Wir kennen ſchon über 3000
Nebelflecke, von denen die meiſten ſich nicht auflöſen.
Wären dieſe alle vereint, ſo würden ſie am Himmel
einen Raum von 600 Vollmonden einnehmen. Der nächſte
von ihnen iſt nach Herſchel 8000 Siriusweiten von uns
entfernt, die äuſſerſten ſchätzt er auf 300,000 Siriusweiten.
Die Nebelflecke erſcheinen uns gleich Dunſtwolken.
Wir unterſcheiden von ihnen dreierlei, 1. Nebel die farb-
los ſind, und in denen wir keine Sterne entdecken. Sie
ſind rein planetariſch. 2. Nebelflecke, die eine Lichtmaſſe
im Mittelpuncte zu einem leuchtenden Kerne zuſammenge-
häuft haben. Dies ſind die Nebelſterne, die nur in der
Mitte eine Zuſammenziehung des Lichts haben, nach dem
Rande zu aber noch dünne Nebel ſind 3. Nebelflecke,
in denen ſich einzelne Sterne finden, wie der der Andromeda.
Die planetariſchen Nebelflecke haben 12–15 Minuten
Durchmeſſer, und ſind ſo beträchtlich groß, daß viele den
Raum von der Sonne bis zum Uranus ausfüllen würden.
Die übrigen Nebelflecken ſind von der ſonderbarſten Form,
erſcheinen bald pinſel- bald kamm- ring- oder ſchweifförmig
wie die Cometen. Ihre Bewegung in dieſen Räumen muß
von unglaublicher Schnelligkeit ſein, und die des Lichts noch
übertreffen. Der Nebelflecke des Orion iſt ſchon im 17ten
Jahrhundert beobachtet, und durch Herſchel fortwährend
von 1774 bis 1810. Dieſer iſt im Auflöſen, denn während
der Beobachtung von Herſchel haben ſich ſelbſt einige Sterne
der 8ten Gröſſe davon entfernt. Mehrere dieſer Nebelflecke
ſind runde planetariſch zuſammengezogene Maſſen, um
die ſich ein Ring wie der des Saturns findet. Herſchel hat
auch verſchiedene Stuffen ihrer Verdichtung geſehen, auch welche
mit 2 Kernen beobachtet. Andere haben eine bloße Zu-
ſammenziehung im Innern, durch welche wir auf eine fortſchrei-
tende Attraction ſchlieſſen können, ſo daß er verſchiedene
Stufen der Formation, des Alters und der Ausbildung
wahrnahm. Schon über 600 haben ſich verdichtet.
Ich komme nun zu unſerer linſenförmig abgeplatteten
Sternſchicht. Diejenige Sternſchicht, wozu unſer Sonnenſyſtem
gehört, ein Nebelgewölk zu nennen, iſt unrichtig; doch iſt
das Thierkreislicht darin eine im Lichtproceß begriffene Dunſt-
form. Um von der Form derſelben eine Idee zu geben,
muß ich von der Lichtſtärke ſprechen. Wären alle Sterne
gleichgroß, würde es ſchwierig ſein ihre Entfernungen anzu-
geben. Die Araber haben vorzüglich ſich in frühere Zeiten
damit beſchäfftigt. Plinius erwähnt daß ein Stern zu
Hippocrates Zeiten, als dieſer ſie zählte, verloren gegan-
gen ſei, und dies habe ich veranlaßt ſeinen Catalog, der
die vorzüglichſten Sterne enthält, alphabetiſch zu ordnen, wie
wir ſie jetzt noch haben. Die Helle des Leuchtens wurde
nach einer Scala angegeben, und die verſchiedenen Grade
mit Buchſtaben bezeichnet, ſo daß α die hellſten, β die ihnen
um nächſten kommenden u. ſ. w. ausdrückt. Eine ſolche
Scala haben wir von einigen hundert Jahren, und es iſt
merkwürdig daß mehrere Sterne nicht mehr darauf paſſen,
folglich ihr Licht ſich verſtärken oder vermindern mußte
und hieraus ergiebt ſich die Wichtigkeit dieſer Meſſungen
da ſie uns die Revolutionen der fernſten Weltkörper bemer-
ken laſſen.
Herſchel hat zuerſt das Licht der Weltkörper in den
Himmelsräumen vorgenommen, was von großer Schwierigkeit
iſt. Lambert fand, daß das Licht des Vollmondes 2700
bis 3000 Mal ſchwächer als das der Sonne ſei. Nach Herr
Olbers iſt die Lichtſtärke des Aldebaran’s 400,000 Mal
ſchwächer als die des Vollmondes. Der Vollmond giebt
900,000 Mal weniger Licht auf dieſelbe Flächengröße, wie
die Vollmondsſcheibe hat. Das Licht der Venus iſt 3000
Mal ſchwächer als das des Mondes. Die Lichtſtärke der
Sterne hängt nicht von ihrer Größe ab, denn die Sterne der
erſten Größe haben kaum 1/20 Secunde im Durchmeſſer, dagegen
der Uranus 4 Secunden hat, und wir können ihn nur ſelten
ſehen. Man ſollte glauben, daß die Größe der Central-
körper mit den der Planeten verglichen, dem eigenen Lichte
zum Grunde läge; doch noch unzuſammengeballte Materien
der Nebelflecke leuchten in den entfernteſten Himmelräumen.
Es giebt einen Lichtproceß ſelbſt in der dunkeln Scheibe
der Venus, da wir einen leuchtenden Ring erkennen, der
zuweilen verſchwindet.
Die Lichtſtärke kann auf vielfältige Weiſe gemeſſen
werden, die vorzüglichſten Arten davon ſind:
Durch dieſe Meſſungen der Lichtſtärke iſt es möglich
geworden, eine Gewißheit über den Grad des Leuchtens
der Sterne zu erhalten. So glaubte man früher daß den
ſüdliche Himmel den hellſten Stern am Canopus habe den
im untere Theile des Schiffes ſteht. Meſſungen deſſelben
haben jedoch gezeigt, daß er dem Sirius faſt gleich iſt, und
dieſer ſich zum Canopus wie 100:98 in der Stärke des
Lichts verhält.
Von den Sternen erſter Gröſſe giebt es 14, und
es iſt merkwürdig daß dieſe ſowohl, als auch die der andern
Claſſen an dem Himmel beider Hemisphären faſt gleichförmig
vertheilt ſind. Herr Struwe hat ſich mit dieſem gegenſeitigen
Verhältniß vielfach beſchäftigt.
Wenn das Sternenlicht dem Anſehen noch ſich gleich iſt, ſo
iſt die phyſiſche Natur deſſelben doch oft ſehr ungleich. Herſchel
und vorzüglich aber Frauenhofer fingen ein Prisma vor
des Fernrohr, und ſie fanden im Spectra ſonderbare Grund-
ſtreifen mit hellen oder dunkeln, auch violetten Flecken ge-
miſcht. Die Sonne und der Mond haben ein gleiches Licht,
welches darin übereinſtimmt, daß das Mondes Licht, nur ein
reflectirtes der Sonne iſt. Ofenfeuer, elektriſches Licht
und Sternenlicht ſind ſehr verſchieden. So auch haben Caſtor
und Pollux ein ſehr verſchiedenes Licht, des letztern iſt dem
Sonnenlichte gleich. Der Sirius und Caſtor haben wiederum
ein gleiches Licht. Die alten Perſer theilten den Himmel
durch 2 rothe Sterne, den Sirius und Orion, in den nördlichen,
und durch 2 weiſſe, den Regulus und Altdebaran, in dem ſüdlichen
Theil des Himmels, ziemlich ſymmetriſch ein. Selbſt von den
Griechen und Römern wurde der Sirius noch roth geſehen,
der er jetzt ein helles weiſſes Licht hat, und daher im ſtär-
kern Lichtproceß begriffen iſt.
Wir kommen nun auf die Zahl der Sterne. Diejenigen,
welche man mit bloſſen Augen am Firmamente ſehen kann,
wozu man alle von der 1ten bis 6ten Gröſſe zählt, hat man
gewöhnlich ihrer Zahl noch viel zu geringe angegeben, da man um
5000 derſelben angab. Nach einer genaueren Zählung von
Herſchel giebt es deren aber über 8000, da er allein 610[0]
von der 6ten Gröſſe aufgefunden hat. Nach Herr Struwe
ſind im Hardingſchen Sternenkatalog 11,000 Sterne. Herr
Bode giebt ihre Zahl dagegen auf 12,000 an. Bis zur
5ten Gröſſe iſt keine Unſicherheit in der Zählung, aber die
der 6ten Gröſſe ſind oft mit denen der 7ten verwechſelt.
Von der 1 bis 7ten Gröſſe giebt es 14,200 Sterne, und dennoch
würden von dieſen noch nicht ein Stern auf den Flächenraum von
12 Vollmonden kommen, wenn ſie gleichförmig am Himmel ver-
theilt wären; dieſes beweiſt, daß es nicht ſo häufig iſt,
wie man beim Anblick des geſtirnten Himmels glauben ſollte,
daß der Mond in ſo gerader optiſcher Richtung mit jenen
kömmt, daß ſie von ihm bedeckt werden. Der Catalog von
Ptolemäus enthält 1022 Sterne 1–6ter Gröſſe.
Es ſind nun zwei verſch. Fragen, nämlich wieviel Sterne
ſchon beſtimmt ſind, und wieviele geſehen werden. Herr Bode
hat 17,240 in ſeinem Cataloge angegeben. Herr De Lange
hat 50,000 geſehen. Nach neuren Beobachtungen ſind in allem
etwa 120,000 Sterne beſtimmt, 8–9000 aber nur von
dieſen ganz genau, nach dem Cataloge von Piazzi. Es iſt
ein Verdienſt der hieſigen Academie, daß ſie vorgeſchlagen hat
den Himmel in Zonen einzutheilen, wonach ſich nun ein jeder
mit einem beſtimmten Theile deſſelben beſchäfftigen kann, um
ſo eine vollſtändige Himmelskarte zu entwerfen. Wichtig
wird dies auch beſonders für die genauere Beobachtung der
Cometen ſein, und gewiß auch noch zu der Entdeckung neuer
Planeten, die zu unſerm Syſteme gehören, führen.
Man kann auch fragen, wieviel Sterne ſind ſchon durch
Telescope geſehen, was ſich aber nicht beſtimmt angeben
läßt. Herſchel ſah in einer hellen Nacht des Auguſts
von 1792 binnen 40 Minuten Zeit, von einem nicht beſonders
vollen Theile der Milchſtraſſe 258,000 Sterne von ſeinem
Telescope durchgehen. Herr CLittrow in Wien, glaubt daß man durch 15 füßige Telescop[e]
in jeder Quadrat-Minute Sterne ſehen könne, und daß es über
148,000000 Sterne gäbe; dann würden über 200 telescopiſche
Sterne auf die Vollmondfläche kommen. Den ſüdlichen
Himmel erblickt man zum Theil ſchon vom 30° N. B. und
der etwa bei Rhodus und Madeira anfängt, wo man alle
Sterne der ſüdlichen Hälfte ſieht die eine Abweichung von
25° haben. Mit neuen Erdräumen ſehen wir dort auch neue
Himmelsgegenden. Am Aequator ſind die Sterne beider
Erdhälften ſichtbar. Die Alten konnten nur wenige Sterne
der ſüdlichen Zone kennen, da ſie nur bis zu den Cataracten
und dem rothen Meere kamen. Die Küſten von Indien wurden,
wie wohl auch nur ſelten, von den Aegyptiern beſucht, und dennoch
von ſolchen, die keine Aſtronomen waren. Rhodus und
Alexandrien waren die ſüdlichſten Orte, wo man beobachtete.
In neuern Zeiten hat die Entdeckung Amerika’s vorzüglich
dazu beigetragen, die Erſcheinungen des ſüdlichen Himmels
näher kennen zu lernen. Früher ſtand Spanien in dem
Ruf, daß man dort beſonders viele Sterne ſehen könne,
weshalb Poſidonius von Alexandrien nach Cadix ging um ſo
zu beobachten. Im Jahre 1676 ſchickte die engliſche Regierung
den jungen (21 Jahre alt) aber berühmten Edmond Halley nach
der Inſel St. Helena, und Lacolle ging nach dem Vorge-
birge der guten Hoffnung um die Sterne zu beobachten.
Nach letztern Orte iſt jetzt von den Engländern Herr Follond
geſchickt, und wird gewiß mit den für ihn beſtimmten vor-
züglichen Inſtrumenten viele neue Entdeckungen machen.
In demjenigen Theile des Himmels welcher von Madeira an
unteren 30° N. B. den 5ten Theil des ganzen Himmels beträgt
ſind 6 Sterne erſter und 12 St. zweiter Gröſſe. Der ſüdliche
Himmel iſt nicht ſo eindrucksfähig als man ihn oft geſchildert
hat, er zeichnet ſich ⎡nicht ſo wohl durch mehr Licht, als durch ſchöne
Gruppen aus, die gleichſam in Landſchaften zuſammen ge-
ſtellt ſind. Auffallend ſind die Nebelflecke, welche die
Magellanſchen-Wolken genannt werden, wie auch der Nebel-
fleck im Schiffe, da wir ſonſt nicht gewohnt ſind ſolche groſſe
Nebelflecke von der Milchſtraſſe getrennt zu ſehen. Dann auch
die beiden ſchwarzen Flecke. – Wenn man von Norden
nach dem Süden geht, ſo ſieht man auf einander folgend, zuerſt
den Canopus auf 37½ in Alexandrien und Madeira, dann die
Füſſe des Centauren, hierauf das ſüdliche Kreuz, noch mehr
ſüdlich die beiden ſchwarzen Flecke, Kohlenſäcke (Cool-bags)
von den Engländern genannt, und endlich die glänzenden
Magellanſchen-Wolken. So iſt aber die Ordnung nicht immer
geweſen, früher ſah man in Alexandrien das ſüdliche Kreuz
6° über dem Horizonte, jetzt ſteht es 3° unter demſelben.
Früher ſah man erſt die Füſſe des Centauren und dann
den Canopus, jetzt iſt es umgekehrt. Eben ſolche Verände-
rungen haben die Gruppirungen der Sternbilder erlitten.
Das Sternenlicht iſt bei dieſen mehr weiß und planetariſch,
weit weniger gelb wie bei uns, da dort die Atmosphäre
weit reiner und klarer iſt. Die Nebelflecke ſind nicht
blos in den Magellanſchen-Wolken, es finden ſich auch
2 Wolken im Schiffe.
Lacolle war der erſte der den ſüdlichen Himmel in Pro-
vinzen eintheilte. Der nördliche Theil deſſelben iſt ſeinen Be-
nennungen nach der mythiſche, der ſüdliche kann dagegen der
induſtrielle genannt werden.
Der ſchwarzen Flecke giebt es 2. Einer davon iſt im
ſüdlichen Kreuz, ſo daß Alpha darin verſenkt iſt. Er
iſt auf der einen Seite 3° breit, und von vielen Sternen
faſt begrenzt. Der andere iſt in der Carlseiche; er auch
ſehr hoch ſtehen um geſehen zu werden, und iſt wahrſcheinlich
von Chili aus beſſer zu ſehen, wo ich nicht hingekommen bin.
Den des ſüdlichen Kreuzes ſah ich in den Cataracten des
Orinocco. Es müſſen Oeffnungen im Himmel ſelbſt ſein
und keine Wirkungen des Contraſtes, wie man geglaubt hat,
daß er dem dunkeln Flecke in der Milchſtraſſe, neben dem
Adler die Inſel genannt, gleiche, der von vielen leuchtenden
Sternen umgeben iſt. Herſchel hat im Scorpion auch eine
ſolche Oeffnung geſehen von 4° Gröſſe, iſt aber nicht ſehr
ſchwarz, denn man findet noch leuchtenden Puncte von tiefer-
ſtehenden Sternſchichten. Neben ihr iſt ein groſſer Stern-
haufen von dem Herſchel behauptet, daß es der ſtärkſte
ſei den er je geſehen habe; und er glaubt, daß die Attraction
der Sterne deſſelben, die für jene Oeffnung beſtimmten Ster-
ne ſich gezogen habe, da er, wenn der ganze Himmel vor ſeinem
Fernrohre durchgegangen ſei, immer ſchon nach der Verdichtung
der Sterngruppen des Erſcheinen ſolcher Oeffnungen habe
vorher ſagen können. –
Ich habe die groſſe linſenförmige Sternſchicht unterſucht,
welche der Milchſtraſſe angehört, und wenn ich mich länger
bei unſerer Sternſchicht aufhalte, ſo geſchieht dies aus einem
doppelten Grunde. Nämlich die Kenntniß derſelben in der
Beziehung, wie wir ſie hier ſtellen gehört nicht der eigentliche
Aſtronomie an, findet ſich daher auch nicht in den Werken derſelben.
Einige Schriften dagegen, die davon handeln ſind weniger zugängig,
Vieles iſt auch nun in einzelnen Abhandlungen als Bruchſtücke
vorhanden. Auch iſt der Geiſt einer Weltbeſchreibung ein
ganz anderer, als der einer aſtronomiſchen Vorleſung, wo
der wichtigere Theil der meſſende iſt. Hier dagegen iſt es
die Bewegung des Lichts und die Rotation der Körper. Es
iſt der Zweck der eigentlichen Weltbeſchreibung auch die Er-
ſcheinungen des Weltalls in ſich aufzunehmen.
Den Polen entgegengeſetzt, kreiſen um den ſüdlichen
die Magellanſchen Wolken (auch Capwolken von den Schiffern genannt),
wie ſich um den nördlichen der groſſe Bär dreht. Die Breite
der Magellanſche Wolken iſt 8 Mondbreiten, und haben 3–4°
in ihren verlängerten Axe. Ihr Glanz iſt der der Milch-
ſtraſſe gleich. Einige Sterne habe ich darin bemerkt, die aber
weit davor, uns näher liegen. Ob ſie gleich der Milchſtraſſe,
im Auflöſen oder erſt im Entſtehen begriffen ſind, müſſen
erſt anhaltende Beobachtungen zeigen. Die Griechen ſcheinen
ſie nicht gekannt zu haben, wenigſtens haben ſie ihrer nicht
erwähnt, dagegen hat Herr Ideler gefunden, daß die Araber
in Bagdad ſie beobachtet haben. Der Dr Horner welcher
Cruſenſtern auf ſeiner Reiſe um die Welt begleitete, glaubt
daß die Magellanſchen Wolken früher jene dunkeln Räume
der ſchwarzen Flecke eingenommen hätten, doch ihr unregel-
mäſſiger Stand von dieſen macht es unwahrſcheinlich.
Von dem ſüdlichen Kreuze (Alpha crucis) muß ich noch
bemerken, daß, als man anfing das rothe Meer zu be-
ſchiffen, es von den Griechen geſehen iſt. Sie geben aber
wenig Acht darauf. Eine ganz andere Wirkung mußte es
auf die Chriſten haben, die es vorzüglich auf ihren Fahrten
nach Amerika ſahen. Unter den Wilden am Orinocco die[nt]
es zur Beſtimmung der Tageszeit. Schon Dante der 13[21]
ſtarb hat es gekannt, da er in ſeinen Geſängen eine ſchöne
Schilderung giebt, die Streckfuſs vortrefflich überſetzt hat.
Er mußte die Nachricht von Schiffern erhalten haben
die durch den arabiſchen Meerbuſen nach Oſtindien ſchifften.
Einige haben es für das Product einer myſtiſchen Idee von
ihm gehalten, was aber nicht wahrſcheinlich iſt.
Von den Meſſungen des Lichts kommen wir nun zu
der winkelmeſſenden Aſtronomie, wodurch wir mit den ent-
fernteſten Fixſternen in nähern Bekanntſchaft treten, und
beginnen mit der Geſchichte der Doppelſterne. Schon
Galilei (1564 zu Piſa geboren) hat die Frage aufgeworfen
was ein Doppelſtern ſei, und die Erklärung gegeben,
zwei Sterne die hinter einander ſtehend, einen optiſchen
Radius haben, ſo daß der vordere den hintere decke. –
Herſchel hat ihre Unterſuchung am Ende des verwichenen Jahr-
hunderts wieder vorgenommen, und 1782 gezeigt, daß ſie zu-
ſammen gehören, und einer ſich um den andern bewegt, was auch
Herr Beſſel bewieſen hat. Hingegen bei manchen Sternen des
Schwans werden auf gleiche Weiſe eigene Bewegungen afficirt.
Die Entfernung der nächſten Fixſterne iſt ſchon 3000000 Meilen,
(ſind von der 5ten und 6ten Gröſſe) und mehrere von dieſen gehören
zu den Doppelſternen. Die Zahl der Doppelſterne nahm
man früher nach Herſchel 800–1000 an. Herſchel der
Sohn hat nach den Entdeckungen ſeines Vaters 675 beſchrieben.
Herr Struwe in Dorpat hat dagegen ſchon 3112 Doppelſterne
aufgezählt, von denen nur 800 nicht genau unterſucht ſind.
Bis auf 74 nach, ſind ſie übrigens alle von Struwe ſelbſt be-
obachtet. Er hat unterſucht wie ſie am Himmel vertheilt
ſind, wie ſie ſich in Hinſicht der Zahl zu den übrigen verhalten,
und gefunden daß bei den Sternen von 1–3ter Gröſſe ſich unter
5 Sternen ein Doppelſtern findet, unter denen der 5ten und
6ten Gröſſe dagegen von 12 Sternen nur einer ein Doppelſtern
iſt. Von der 1–7ten Gröſſe findet ſich nach Herrn Struwe unter
11 Sternen ein Doppelſtern, wonach man die Geſammtzahl
dieſer Sterne von 33,000 erhält. Wäre es, daß ſie in
groſſen Entfernungen von einander nur einen gleichen optiſchen
Radius hätten, ſo müßten ſie immer in einer gleichen
Stellung zu einander bleiben, und könnten in ihrer Be-
wegung in keiner Beziehung zu einander ſtehen. Es giebt
Doppelſterne die nur aus 2 Sternen beſtehen, andere da-
gegen ſind aus mehreren zuſammengeſetzt, da ſie bei ſtarken
Vergröſſerungen ſich bis zu 17 Sternen oft auflöſen. So
iſt Caſtor ein Doppelſtern vor 2 Sternen. Der Polarſtern
desgleichen, da er der 2ten, der kleine Stern neben ihm,
dagegen der 11ten Gröſſe angehört. Der Orion iſt ein Doppel-
ſtern von 16 kleinen andern. Die älteſten Beobachtungen ſind
von 1756–59, wo im Schwan der 61te Stern als ein Doppel-
ſtern erkennt wurde, alſo erſt vor 70 Jahren. Ihre Bewe-
gung läßt ſich ſchon in einem Monat beobachten, ſie muß von
einer Schnelligkeit ſein, wovon wir kein Beiſpiel haben.
Die Farbe der Doppelſterne iſt bei einigen weniger
auffallend, bei vielen aber höchſt merkwürdig. Es giebt gelbe,
grüne, indigoblaue und rothe. Zuweilen ſehen wir verſchieden
gefärbte um einen nicht gefärbten gröſſere ſich bewegen.
Gewöhnlich iſt der gröſſere farbenlos und der kleinere bunt,
doch auch nicht ſelten drehen ſich zwei bunte um einander.
Wenn man 2 verſchiedene gefärbte Sterne ſieht, könnte man
glauben es ſei ſubjectiv, aber die Richtigkeit der Farben
beweiſt, daß dieſe ſich immer gleich in den verſchiedenſten
Telescopen zeigt. Man hat noch keinen einzelnen Stern
gefunden der grün oder blau iſt, rothe aber häufig, die
Farbe kann daher nicht von Contraſte entſtehen. Es ſind Nebel,
welche die Sterne umgeben und durchs Farbenſpiel angedeutet
ſind. Gewöhnlich bewegt ſich der kleinere um den gröſſern Stern,
die alle ſelbſtleuchtend ſein müſſen. Aber auch zuweilen
bewegen ſich mehrere um ihren Schwerpunct.
Die Veränderungen welche man bemerkt hat ſind zweifach.
Ihre Farbe hat bei einigen durch einen ſtärkern Lichtproceß
abgenommen, und ihr Poſitiveswinkel verändert ſich fort-
während, ſo daß ein Stern oft hinter den andern kommt.
1795 war der Doppelſtern in Hercules noch ſichtbar, jetzt
decken ſie ſich. Ihre Bewegung iſt von nicht gekannten Schnellig-
keit, und doch unter ſich verſchieden. Sie bewegen ſich in einem
Jahre von 1 bis zu 12 Graden weit. Der kleinere Stern des
Caſtor bewegt ſich jedes Jahr um 1°. Einen der Doppel-
ſterne im groſſen Bär der vorn an der Axe ſteht, hatte in
einem Jahre 6° in dem andern 12° Bewegung, welches beweiſt,
daß er ſich oft weit bewegen muß; er braucht etwa 52 Jahre
zu ſeinem Kreislauf. Die Planetenbewegung iſt von
Weſten nach Oſten, und es iſt merkwürdig daß die Be-
wegung der Cometen und Doppelſterne gerade entgegen
geſetzt iſt. Bei letztern iſt der Lauf auch periodiſch.
Von den Revolutionen die im Weltall vergingen, mögen
nachſtehende Ereigniſſe einige Kenntniſſe geben. Alle neue
Sternbilden zwiſchen der Caſſiopeia und dem Schwan, der
Adler, Waſſerträger und Scorpion, zeichnen ſich hierin von
allen andern aus, es iſt gleichſam der vulkaniſche Boden in
den Himmelsräumen. In ihnen iſt beobachtet
Die älteſte bekannte von dieſen Begebenheiten, fällt
in’s Jahr 389 nach Chriſti Geburt, wo ein Stern zwiſchen dem
Adler und dem Schwane auflockerte gleich dem ſtärkſten Licht-
glanze der Venus. Dies Phänomen wurde 3 Monate
lang geſehen. – Die Araber erzählen von einem Sterne
im Scorpion, der den 4ten Theil des Mondes einnahm, aber nur
4 Monate dauerte. – Ein Stern der Caſſiopeia war
1572 ſo groß wie Venus, war erſt weiß, denn roth
und zuletzt gelb, und bei Tage ſichtbar. Er war glänzender
als die Venus, veränderte ſeinen Ort am Himmel und
verſchwand nach 16 Monaten. Von Ticho de Brahe iſt
er beobachtet. Schon an demſelben Orte ſind 955 und 1264
ſolche Phänomene wahrgenommen, alſo in einem Zeitraume
von 319 und 308 Jahren. Die Periode ähnlicher Wieder-
kehr müßte alſo gegen Ende dieſes Jahrhunderts ſich zu-
tragen. Im Jahre 1670 hat man wiederum 5 Sterne
in der Caſſiopeia entdeckt, von denen 3 wieder ver-
ſchwanden; ſie waren alle von ſtärkere Lichte wie die
Venus. Am öſtlichen Fuße des Schlangenträgers erſchien
1604 ein Stern der Kepler ſehr beſchäftigte. Er war
erſt gelb, dann purpur und endigte blaßroth; ſeine Dauer
war ein Jahr, und er gleich einem Sterne erſter Gröſſe.
In der Nähe deſſelben war 1777 nach Roms Erbauung eine
Coalition des Jupiters und Saturns, welche wie Herr Ideler
gezeigt hat, veranlaſſte, daß wir in der Rechnung nach Chriſti
Geburt uns um 6 Jahre verſpätet haben. – 1670 erſchien
im Schwan oder eigentlich im Fuchs ein Stern der von Casſini
beobachtet wurde. Es war nur ein Stern 3ter Gröſſe, lo-
derte nach 4 Monaten auf, erſchien nach 3 Monaten 1671
wieder, und loderte noch einmal auf. Wären die klei-
nern Sterne gehörig unterſucht, ſo würde man dieſe
Veränderung öfters wahrnehmen. Von den Plejaden
glaubte ſchon Ovid, doch mit Unrecht, daß ein Stern unter
gegangen ſei, da man nur 6 Sterne ſieht, als 3 St. 5ter
Gröſſe, 2 Sterne 6ter und 1 Stern 2ter Gröſſe mit vielen
noch kleinern. Die Fabel der Alten verbindet dies
mit der Zerſtörung Troja’s.
Veränderliche Sterne gehören zu denſelben Erſcheinungen
wie das Entſtehen neuer Sterne. Sie verändern ihr
Licht periodiſch. Herr Deveans hat gute Tafeln über die
Veränderung vieler Sterne gegeben. Einige verändern
ſich regelmäßig andere unregelmäßig. Der Algol im Kopf
der Meduſa wechſelt in 3 Stunden von der 2ten zur 4ten
Gröſſe; Herr Whittig ein Engländler hat ihn zuerſt be-
obachtet im Jahre 1783. Des Unregelmäſſige des
Mira im Wallfiſche hat Fabrion 1596 ſchon beobachtete
Casſini bemerkte, daß er in 334 Tagen von der 2ten zur
3ten Gröſſe überging, auch wohl mehrere Jahre verſchwindet.
Der veränderliche Stern im Schwan wurde 1600 entdeckt,
nach 19 Jahren wurde er wieder unſichtbar. 1695 wieder be-
obachtet ging er zur 5ten und dann zur 7ten Gröſſe über,
und kann jetzt als ein Stern 3ter Gröſſe geſehen werden.
In der Bruſt des Schwans wurde 1686 gleichfalls ein
veränderlicher Stern geſehen. Der Caſtor war früher
heller als Polux, jetzt iſt es umgekehrt; erſterer
wird mit jedem Jahre ſchwächer an Licht. Auch der Stern
Delta im groſſen Bäre war früher ein Stern 2ter Gröſſe
und iſt zur 4ten Gröſſe herabgeſunken.
Die wahre Urſache dieſer Veränderungen iſt ſchwer
richtig zuerklären, obgleich darüber mehrere Hypotheſen auf-
geſtellt ſind, als: man hat dieſen Sternen eine linſen-
förmige Geſtalt zugeſchrieben, die uns in ihrer Bewe-
gung verſch. Seiten zeige. Auch hat man ſie für dunkele
Körper gehalten, die um andere rotirten, und ſo zu-
weilen ihre nicht erleuchtete Seite uns zukehrten.
Die phyſikaliſche Aſtronomie als ein Theil der
phyſikaliſchen Erdbeſchreibung, zerfällt in 3 Abtheilungen,
und beſchäftigt ſich mit den Betrachtungen der Nebelflecke,
der uns ſichtbaren Sterne und unſerer Sternſchicht der
wir angehören, und mit der Topographie des Sonnenſyſtems
ſelbſt. In dieſen Betrachtungen kommen wir nun zu
den Fixſternen, und beginnen mit ihrer Entfernung, und
den Beweiſen der Aſtronomen über die welche beſtimmt ſind.
Wir haben hierbei vorzüglich auf zweierlei zu achten
Die ſcheinbare Gröſſe der Sterne hängt von der
Stärke ihres Lichts, weniger von ihrem mehrer Durchmeſſer
ab. Sind daher alle Sterne gleich groß, ſo ſind die
ſcheinbar kleinere viel weiter entfernt. Es kann einen
Unterſchied der wahren Gröſſe geben, der ſich aber den
Meſſungen entzieht. Wir müſſen daher eine mittlere
Gröſſe annehmen, nach welcher die ſcheinbar kleinern entfernten
ſtehen. Ebenſo wenn 17 Sterne zuſammen gruppirt ſind,
ſo iſt es wie ſich 50,000 zu 1 verhält wahrſcheinlicher daß
ſie eine Anziehung zu einander haben, als daß es eine
Projection ſei. Herſchel hat zuerſt gründlich die ver-
ſchiedenen Gruppirungen der Sterne unterſucht, und ge-
funden, daß bei den gitterförmig gezogenen Diaphragmen
in einem Raume von 16 □ Minuten die Sternmenge in
der Milchſtraſſe oft 550 bis 600 betrug, dagegen an an-
dern Orten die Zahl abnahm, und zuweilen fand er
nur 4 Sterne in denſelben Raume. Sternenarme Räume
ſind die Pole der Milchſtraſſe bei der Wage und dem
Waſſermann; oder richtiger im Haupthaar der Berenice,
und im ſüdlichen Fiſche neben der Bildhauerwerkſtatt.
Wäre die Milchſtraſſe eine Projection, ſo würden die Sterne
nicht allemal in der Mitte derſelben ſtärker angehäuft
ſein, wie wir es ebenſo in den Gruppen ſehen, die an ihrer
Begrenzung immer am ſchwächſten ſind. Doch unterſcheidet ſich
die Milchſtraſſe von den Sterngruppen dadurch, daß letztern
aus der Anhäufung von gleich groſſen Sternen beſtehen, in der
Milchſtraſſe dagegen in denſelben Dimenſionsradius Sterne
verſch. Gröſſe ſtehen. Die groſſe Axe der Sternſchicht hat
einen 800 Siriusweiten groſſen Radius, dagegen hat den
der kleinern Axe nur 140–150 Siriusweiten. Herſchel hat
unterſucht, ob andern Sonnenſyſteme mit dem unſrigen in Ver-
bindung ſtehen. Er glaubte anfangs eine völlige Abſonderung
unſerer Sternenſchicht zu finden, und daß ſie an den Grenzen
des Weltalls ihren Stand habe, da er einige Nebelflecke
entdeckte, die ſich ſternarmen Theilen anzuſchlieſſen ſcheinen.
Nach Herſchel liegt unſer Sonnenſyſtem wahrſcheinlich
zwiſchen dem Adler und dem Sirius. Unſere Sternenlinſe (Milchſtraſſe)
theilt ſich nicht allein in Schwan, ſondern ſie hat auch Trümmer
anderer Theilungen. Sie iſt ſchon in frühere Zeiten als eine
Anhäufung von Sternen erkannt. Die griechiſchen Phyſiker
hatten die Meinung, daß ſie die frühere Bahn der Sonne
ſei. Schon Kant war 1755 auf die Idee gekommen, daß
ſie eine beſondere Sternſchicht ſei, deren Axe wir ſehen,
was Herſchel 1790 bewies. Von den Arabern wurde
ſie Clechera (d. h. Fluß) genannt. Sie theilt ſich beim Schwan,
ſo daß Beta in dem einen und der Adler im andern Theile
liegt. Am Fuſſe des Centauren ſieht man einen Arm
von neuem wieder hervorkommen. Ihre Breite wechſelt von
2 bis zu 17°. Am ſchönſten und breiteſten iſt ſie beim
Canopus im ſüdlichen Schiffe, am ſchwächſten dagegen beim
Kreuze. Eine ganze Zone von Nebelflecken entſpringt
in der Jungfrau, zieht durch das Haupthaar der Berenice
herauf, durchſchneidet die Milchſtraſſe in der Caſſiopeia und
wendet ſich dann zur Andromeda hin. Man hat dieſen Nebel-
flecken Schuld gegeben, daß ſie unſerer Sternſchicht Sterne
entzogen hätten.
Nehmen wir von der Bewegung der Fixſterne die ſchein-
baren Folgen der Abbreviation des Lichts durch die Täuſchung
der Sinne, und die der Proceſſion hinweg, ſo zeigt ſich doch
noch eine Veränderung ihrer Stellung. Herſchel und Prevot
haben geglaubt, daß unſer Syſtem ſich zum Hercules hin
bewege; und auch in neuern Zeiten hat man gefunden,
daß von allen ſcheinbaren Bewegungen, doch wirkliche ſich
auszeichnen. Beſonders fiel dieſe bei Sternen auf die
früher ſchon genau beſtimmt ſind, da ſie jetzt nicht mehr
in denſelben Verhältniß ſtehen. In der ſüdlichen Hemis-
phäre waren die Sterne ſeit La Calles Zeiten nicht genau
wieder beobachtet; ich habe ſie wieder vorgenommen und
Herr Fallow ſtimmt mit mir darin überein, daß die Sterne
erſter Gröſſe die wenigſte Bewegung zeigen; die des Artur
iſt ſchwächer als die das Sirius. Es ſcheint die ſtärkern
Bewegung von der Dichtigkeit abzuhängen. Allgemein
hat man bei den Sternen 3ter und 4ter Gröſſe eine ſtär-
kere Bewegung gefunden, als bei denen der 1 und 2ten Gröſſe.
Die abſolute Entfernung der Fixſterne iſt uns nicht be-
kannt, wir können ſie aber muthmaſſen, da wir die größten
und die kleinſten Grenzen ihrer Entfernung beſtimmt durch
die Parallaxe angeben können. Die meſſende Aſtronomie
denkt ſich ihren Standpunkt im Mittelpunkt der Erde. Die
optiſche Parallaxe aber iſt der Abſtand zweier Orte,
der von der Quantität des Raums zwiſchen beiden abhängt
und dadurch die Gröſſe der Parallaxe beſtimmt. Da ſich aber
die Gruppen der Fixſterne in dem Dimenſionsradius der Erde
ſich nicht öffnen oder ſonſt verändern, ſo müſſen die nächſten
Fixſterne wenigſtens 4000000 Meilen von uns entfernt ſein.
Die Parallaxe der Erdbahn iſt der Unterſchied der optiſchen
Orte aus entgegengeſetzten Orten geſehen. Doch ungeachtet
der Veränderung des Orts in der Erdbahn blieben die optiſchen
Orte eben ſo parallel. Sie ſind daher ſo weit von uns ent-
fernt, daß die Veränderung des Orts keinen bemerkbaren
Einfluß hat, da wir doch auf 2/10–3/10 Secunden Genauig-
keit der Meſſungen kommen, und Gewißheit bis zu einer
Secunde haben. Hieraus läßt ſich mit Gewißheit ſchließen
daß die Fixſterne der 1ten Gröſſe als die nächſten, wenigſtens
4000000 Meilen Entfernung haben müſſen, da, wenn ſie aus
näher wären die Differenz wenigſtens ½ Secunde betragen
müßte. In neuern Zeiten hat man wieder Verſuche ange-
ſtellt, ob die Parallaxe der Fixſterne nicht zu beobachten
ſei. Herrn Brindly ein Engländer, glaubte dieſe zu Dublin
gefunden zu haben, wurde aber auf eine glorreiche Weiſe,
von Herrn Pret zu Greenwich ſeines Irrthums überführt, indem
er bewies daß die Parallaxe der Sterne 1ter Gröſſe auch
nicht ⅒ Secunde beträgt. Das beſte Mittel die Gröſſe
der Fixſterne zu meſſen, bietet ſich bei der Bedeckung der-
ſelben durch den Mond dar. Dann hätten ſie eine Secunde
in Durchmeſſer, ſo würden 2 Secunden vorgehen ehe ſie ganz
von ihm bedeckt würden. Dieſes iſt aber nicht der Fall,
da ſie im Augenblick der Berührung des Mondes auch ver-
ſchwinden. Huygens und Halley haben dieſe Entfernun-
gen durch Vernunftſchlüſſe entwickelt. Erſtere Idee
war durch Ariſtarch von Samos angeregt, der ſchon wußte
daß die Erde ſich um die Sonne drehe, und die Fixſterne für
entfernte Sonnen hielt. Auch Thales, am ſchönſten aber
hat Heraclit von Pontus die Fixſterne als Welten
wie unſere Erde geſchildert, die aus Erde und Waſſer
beſtänden; auch Pythagoras iſt dieſe Idee zugeſchrieben.
Es iſt wohl zu unterſchieden das was wir mit Sicherheit
wiſſen von dem was eine Schlußfolge iſt. Mit Ge-
wißheit können wir annehmen, die Exiſtenz der beſtimmten
Sterne und Nebelflecken. Den neuern Fernröhren ver-
denken wir viel Licht hierüber, denn ſelbſt das Herſchlſche
von 50′ Länge war noch nicht hinreichend. Mit einer Art
von Gewißheit kennen wir die Zahl der Sterne von 1–7ter
Gröſſe die etwa 120,000 iſt. Wir kennen den Unter-
ſchied des planetariſchen Lichts von dem farbigen, ſelbſt einen
röthlichen Schein mancher Nebelflecke. Dann das Minimum
der Entfernung und des Durchmeſſers der Fixſterne.
Aber noch ungewiß iſt die Projection als optiſche Täuſchung
in dem nähern Zuſammenſtehen mancher Fixſterne, ebenſo ob
die Wolken oder das Haupthaar der Berenice zu unſrer Stern-
ſchicht gehören, ob alle Nebelflecke entfernter als die Sterne
3–4ter Gröſſe von uns ſind, ſo wie die Gröſſe der Dimen-
ſionen unſerer Sternſchicht.
Wir kommen nun zu unſerm Sonnenſyſteme ſelbſt.
Die Sonne iſt der erleuchtende Körper der Planeten, ihre
Strahlen geben wahrſcheinlich die elektriſche Spannung unſerer
Erde. Die Sonne iſt ähnlich den Fixſternen, wohin auch die
Doppelſterne gehören, welche nur in einem verſchiedenen Licht-
proceſſe ſtehen. Die Cometen haben in der Nähe der
Sonne einen ſtärkern Glanz als in ihrer Ferne. Die Pla-
neten ſind dunkele Körper, und es iſt ungewiß, ob ſie ein
phoſphoriſches Leuchten haben. Doch iſt es gewiß daß eine
doppelte Erleuchtung bei ihnen ſtatt findet. So hat der
Mond eine helle Erleuchtung die von der Sonne kommt, und
eine aſchgraue, die ihm die Erde giebt. Ein anderes Licht des
Mondes zeigt ſich noch darin, daß wir oft den Rand ſeiner
dunkeln Seite ſehen, als wenn eine Erleuchtung ſeiner
Rückſeite ſtatt fände.
Das Sonnenſyſtem beſteht aus einer gröſſern
Zahl von Welten als man früher glaubte. Gegenwärtig
zählen wir 11 Hauptplaneten
18 Nebenplaneten
2 Cometen, deren Lauf in die Planeten-
bahn eingeſchloſſen iſt, und viele tauſend Cometen, die
die Planetenbahn verlaſſen, und weit darüber hinaus
ihren Lauf nehmen. Eine Maſſe von vielen kleinen Welt-
körpern, die Aerolithen und das Thierkreislicht gehören gleich-
falls dazu.
Die Hauptplaneten haben auch noch den Namen Irrſterne
beibehalten, weil man ſie den Fixſternen entgegen ſetzen
wollte. Wenn wir die Sonne als Centralkörper in die
Mitte ſtellen, ſo iſt dies nicht Theorie, ſondern ſchon früher
Beobachtung. Doch verwechſelte man in ältern Zeiten
die Rotation mit der Translation wie Dicitas von Syracus
und Ariſtarch von Samos, was Idler neuerlich bewieſen
hat.
Wir ſehen 7 Monde des Saturns, 6 Monde des Uranus,
4 des Jupiters und 1 der Erde. Für uns ſind ſie ſehr
wichtig, denn wir würden ohne ſie keine Idee von der Dichtig-
keit der Sonne haben, und ohne Beſtimmungen der Längen-
grade auf der Erde machen zu können, würde die Geographie
und Schiffarth eine ihrer Hauptſtützen beraubt ſein, und
die nächtliche Erleuchtung müßten wir entbehren.
Die Hauptplaneten haben, wenn ſie gleich ihr Licht von
der Sonne erhalten, doch eine Art von Phosphorescenz, welche
namentlich bei der Venus wenn ſie uns ihre dunkele Seite
zeigt, mehr bemerkbar iſt. Neuerlich hat man ſie auch dem
Monde zu geſchrieben, und ebenſo den Uranus und den neuen
Aſteroiden, wie der Veſta zu geſchrieben, der gröſſere Licht-
ſtärke wegen. Der Mars hat ein reflectirendes röthliches
Licht, das des Saturns iſt grauweiß; Mercur und Venus
ſind die weißeſten. Unter den Trabanten des Jupiters
hat man auch farbige bemerkt, einige orange andere blau.
Die Kenntniß unſers Sonnenſyſtems hat in neuern Zeiten
ungemein zu genommen. Die Alten ſprechen bald von 5
bald von 7 Planeten. Als den entfernteſten kannten
ſie den Saturn, dann den Jupiter, den Mars, die Venus
und der Sonne am nächſten den Mercur. Durch ſie ſind
die Wochen entſtanden, da die Planeten den Stunden
vorſtehen. Man hat neuerlich bewieſen, daß bei den Juden
die Tage nach den genannten Planeten benannt wurden,
indem ſie mit dem Saturn anfingen und die Sonne und
den Mond hinzu rechneten. Das Syſtem der Aegyptier ſtimmt
mit dieſen überein. Unerachtet daß die Alten nur 5 Planeten
kannten, ſo vermutheten ſie deren noch mehrere.
Die neuern Entdeckungen begannen im 17ten Jahrhundert.
Im Jahre 1620 wurde Jupiters erſter Trabant von Huygen
entdeckt. 1650 der letzte Trabant des Saturns und
1652 der 5te, beide von Casſini. 1781 wurde der Uranus
von Herſchel entdeckt, der freilich 1690 ſchon von Flamm-
ſtaidt geſehen, aber für einen Fixſtern gehalten war.
1781 der 1te und 2te Trabant des Uranus von Herſchel.
1789 der 3te Trabant des Saturns durch Herſchel ebenfalls.
Auſſer dieſen wurden eine Menge von Cometen entdeckt,
die aber weniger wichtig wie die Planeten ſind.
Auch das 19te Jahrhundert begann glorreich durch wichtige
Entdeckungen, die das Sonnenſyſtem erweiterten. Am
1ten Januar 1801 entdeckte Piazzi die Ceres. Olbers
1802 die Pallas. 1804 wurde die Juno entdeckt; und
1807 entdeckte Olbers die Veſta. Es iſt wohl die Ver-
muthung möglich, daß dieſe Aſteroiden aus der Zerthei-
lung eines groſſen Planeten ihr Daſein erhielten.
Ferner wurden 2 planetariſche Cometen entdeckt,
1818 der Enkeſche und 1826 der Bielaſche. Auſſer dieſen
Hauptplaneten wurden auch noch 8 Satelliten entdeckt.
Es iſt merkwürdig genug daß faſt alle dieſe Welt-
körper von 6 deutſchen Aſtronomen entdeckt ſind.
Wie ſich die vergleichende Erdkunde nicht mit den
einzelnen Theilen, ſondern mit der Harmonie des Ganzen
beſchäftigt, werde ich auch die Verhältniſſe der Planeten
zu einander auf zufaſſen ſuchen, und wir kommen zu-
nächſt auf die Entfernung derſelben von der Sonne.
Unſere Erde iſt 108 Sonnendurchmeſſer von ihr ent-
fernt oder 20½ Million Meilen. Der Saturn 10 Erdweiten
oder 200 Millionen Meilen, und der Uranus 19 Erdweiten
oder 400 Millionen Meilen von der Sonne entfernt. Die
Cometen gehen aber weit über die Bahn der Planeten
hinaus. Der Comet von 1680 geht 3½ mal ſo weit
als Uranus von der Sonne weg, der von 1811 aber 22
Saturnweiten oder 8000 Millionen Meilen von der Sonne.
Es giebt welche die 80 bis 100 tauſend Jahren zu ihren
Umlaufszeit gebrauchen. Man hat geglaubt daß die
Cometen mehrere Planetenſyſteme durchliefen, aber die
Uranusweite iſt der 1/1000 Theil der Entfernung der
Sonne von Sirius. Der Comet von 1811 verhält ſich aber
zur Uranusweite wie 22:1. es bleibt daher noch ein
auſſerordentlichen leerer Raum, der jene Muthmaßung
nicht wahrſcheinlich macht. Die Gröſſe der Planeten hat
mit ihrem Abſtande von der Sonne keinen Zuſammenhang,
denn in der Reihenfolge erreichen ſie 2 mal das Maximum
und 3 mal das Minimum ihrer Gröſſe. Der kleinſte
der Monde iſt der innerſte des Saturns von etwa
30 Meilen Durchmeſſer, und der größte iſt der 3te
Satellit des Jupiters und der 3te des Saturns. Die
Satelliten des Uranus entfernen ſich verhältnißmäßig
am weiteſten von ihrem Hauptplaneten. Dagegen die
des Saturns dem Sonnenſyſtem am nächſten ſind, da ſie
nur einen Abſtand von 27,000 Meilen haben. Der Mond
ſteht 60 Halbmeſſer oder 52,000 Meilen von der
Erde ab.
Die Aufbſtände der Planeten hatte ſchon die Auf-
merkſamkeit der pythagoräiſchen Schule erregt, beſonders
beſchäftigte ſich Philolans und Plato mit ihrer Unterſuchung
Kepler aber war der Erſte, der die Planeten in einer
Reihenfolge annimmt, und er glaubte daß ein beſtimmtes
Verhältniß in der Entfernung ihrer Bahnen ſtatt fände.
So nahm er die Entfernung des Mercurs zu 4 an, der Venus
zu 4+3, der Erde zu 4+3+3, des Mars zu 4+3+3+2×3=16.
Dieſes Verhältniß kömmt ihren Abſtänden wohl nahe
iſt aber nicht ganz richtig. Denn die Venus hat 7½ Ent-
fernung von der Sonne. Der Jupiter müßte 51 haben,
iſt aber 537/10 entfernt, und der Uranus hat ſtatt 196 aber 1983/10.
Man hat geſchloſſen, daß da wo dieſes Verhältniß durchweite
Abſtände unterbrochen iſt, es noch unentdeckte Planeten geben
müſſe, eine Vermuthung die ſchon Kepler äußerte und ſpäter
Lambert wiederholten. Dies hat ſich bis jetzt aber nur bei den
Aſteroiden beſtätigt, und der erſte derſelben die Ceres wurde
ganz zufällig von Piazzi entdeckt, da er durch einen Druckfehler
im Bulantonſchen Cataloge einen andern Stern vergeblich ſuchte.
Die Hauptplaneten haben nichts anderes mit einander ge-
mein, als daß ſie ſich von Weſten nach Oſten um die Sonne
in gewiſſen Abſtänden bewegen. Die Cometen dagegen
bewegen ſich nach allen Richtungen. Die Planeten weichen
aber in ihrer Neigung zur Sonne mehr oder weniger ab. Am
wenigſten neigt ſich die Bahn des Mercurs, nur um 3°; am
ſtärkſten iſt ſie aber bei der Pallas, wo ſie 37° beträgt.
Die Abweichung der Juno iſt 16°. Der Uranus ſteht ſenkrecht
auf ſeiner Bahn. Ebenſo haben die entfernter ſtehenden Sa-
telliten weniger Abweichung als die innere beim Jupiter
und Saturn, weshalb Verfinſterungen weniger vorkommen.
Sie kehren den Hauptplaneten immer dieſelbe Seite zu, da
ſie in derſelben Zeit, daß ſie ſich um die Planeten bewegen,
auch um ſich ſelbſt drehen. Die größte Excentricität der
Bahnen iſt bei der Juno, Pallas und Veſta. Die der
Juno iſt 25/100, des Mars 9/100, Jupiter 4/100, Venus 2/100.
Die Quantität der Excentricität iſt bei Pallas und Juno
am ſtärkſten, bei Mercur und Venus am ſchwächſten.
Die Erweiterung unſerer Kenntniß des Sonnenſyſtems
durch die neuen Entdeckungen, hat auch den wichtigſten
Einfluß auf die Veränderung unſerer Anſichten deſſelben
zur Folge gehabt, da ein Theil der neuern Planeten
ſich ſehr von den früher bekannten auszeichnet.
Ich habe von der Zahl und d. Entfernung gehandelt, nun
werde ich zu der Dichtigkeit und der Atmosphäre der
Planeten übergehen.
Die 2. Syſteme der Planeten in die ſie durch die
Aſteroiden getheilt ſind, zeichnen ſich auch durch verſchiedene
Dichtigkeit aus. Die 7 ältern Planeten nehmen im
Verhältniß ihrer Abſtände an Dichtigkeit immer mehr zu,
je näher ſie der Sonne ſtehen; nur Uranus macht eine Aus-
nahme, der nämlich dichter als Saturn iſt. Der Unterſchied
der Dichtigkeit ſcheint mit der Rotation in naher Verbindung
zu ſtehen. Nicht aber iſt die Sonne als Centralkörper wie
Kepler glaubte, auch am dichteſten, denn ſie hat kaum die
Dichtigkeit von 1,2. etwa wie die Salpeterſäure.
Am dichteſten iſt der Mercur 20–21, alſo etwa wie Pla-
tina. Die der Venus iſt 52/10, ſie iſt dichter als unſere
Erde die nur 45/10 Dichtigkeit hat. Mars hat eine Dichtig-
keit 3,3. Der Jupiter iſt dem Waſſer gleich; der Saturn
hat nur 5/10 der Dichtigkeit des Waſſer; der Uranus
dagegen 0,9, etwa wie das Sodium. Nur Vergleichungs-
weiſe wurden hier Flüſſigkeiten genannt, es folgt aber deshalb
nicht daraus, daß jene Weltkörper flüßig ſein müßten. Es
giebt je harte Körper genug die auf dem Waſſer ſchwimmen,
der Beinſtein z. B. hat nur 7/10 der Dichtigkeit des Waſſers, ebenſo
iſt auch die des Mandelſtein’s geringer. Eine Gebirgsart woraus
vorzüglich die alte Stadt Mexico gebauet war, iſt ſo ſpongiös
daß ſie im Waſſer ſchwimmt, und leicht könnten unter Cortez
die Pferde mit ihren Hufen die Häuſer unter ſich treten.
Um die Dichtigkeit zu kennen muß man des Volumen haben,
denn die Planeten ziehen ſich durch die Maſſe der Materie an.
Denn die Maſſe dividirt durch das Volumen der Materie,
iſt die Dichtigkeit. Durch eine genauere Beſtimmung der Gröſſe
und des Durchmeſſers der Planeten hat Herr Arrago auch die
Dichtigkeit näher angeben können. Herr Gaus hat die
Dichtigkeit des Jupiters näher erforſcht durch ſeinen Einfluß
auf die kleinern Planeten. Vergleichen wir die zwiſchen
der Sonne und den Aſteroiden, mit denen auſſerhalb derſelben,
ſo haben die Innere eine 5 mal ſtärkere Dichtigkeit als die
Aeuſſere. Alle Planeten zuſammengeballt, ſo hat die Sonne
dennoch 825 mal mehr Volumen und 8526 mal mehr Maſſe,
als dieſe vereint. Faſt ¾ der ganzen Planetenmaſſe
gehört Jupiter allein.
Die Maſſe des Jupiters und des Saturns verhält ſich zu
allen andere wie 1:20. Unſere Erde kann von ihren Stö-
rungen wenig leiden, da ſie zu entfernt von ihnen iſt. Bei
ihren nächſtſtehenden Geſtirnen bringen ſie ſonſt oft Störungen
hervor. Venus iſt kaum der Erde gleich, und Mars hat
kaum die Hälfte ihres Volumens. Man ſollte glauben
die Satelliten müßten viel dünner ſein als die Planeten,
dies iſt aber nicht der Fall, denn der Mond verhält ſich
zur Erde wie 1:1,47 iſt alſo nur wenig um den 4ten Theil
dünner. Der 4te Saturns Trabant ſteht zu dieſem in einem
Verhältniß wie 1,7:1. Der Trabant iſt daher weit
dichter als der Saturn. Auch 3 Monde des Jupiters ſind
dichter als dieſen. Die innern Planeten ſind von geringer
Gröſſe. Iſt das Volumen der Erde = 1, ſo iſt das Verhält-
niß von Venus und Mars ½ (?)
Die äuſſern Planeten ſind dagegen ſehr groß, ihre
Mittelgröße iſt 780 mal größer als die der innern,
und verhält ſich zu unſerer Erde wie 1:500. Die mittlere
Dichtigkeit der innern Pla. iſt 5 mal ſtärker als die der
äuſſern, und verhält ſich wie Platina und Magneteiſen-
ſtein. Die äuſſern Pla. haben eine ſtärkere Abplattung,
den Mars ausgenommen, wo ſie nach Herſchel ſehr be-
deutend (1/15) ſein ſoll, doch iſt dies noch ungewiß. Seine
Rotation iſt 24½ Stunden. – Die äuſſern Pla.
haben 17 Satelliten und den Saturnring. Von den
innern hat nur unſere Erde einen Satelliten. Die
äußern haben Zonen, die innern nicht; beim Jupiter
und Saturn hat man dieſe beſonders der verdickten At-
mosphäre zu geſchrieben, doch mehrere engliſche Aſtronomen,
beſonders das Capitain Koeter Meſſungen haben bewieſen,
daß ihre Atmosphäre wenigſtens nicht der unſrige ähnlich iſt.
Die Schiefe der Ecliptik oder die Inclination zur
Sonne hat man bei der Venus zu 72 angegeben, da die
der andern innern Planeten einen Winkel von 20–30° haben.
Bei den äuſſern Planeten dagegen ſteht der Uranus
ſenkrecht mit ſeiner Axe auf der Bahn. Jupiter hat
dagegen kaum 3°. Domini Casſini hat von 1665–1671
die Rotation des Jupiters, Venus und Mars berechnet.
Die des Saturns dagegen von Herſchel 1789. Den Mars
hat 1/15 Abplattung, es kommt dieſe wohl von der Richtung
des Stoßes und der innern Dichtigkeit her. Die Erde hat
1/290, Jupiter 1/14, Saturn 1/11 Abplattung. Beim Uranus
iſt ſie beträchtlich aber nicht genau beſtimmt.
Die Wahrſcheinlichkeit, daß Thiere und Pflanzen formen
ähnlich denen der Tropen, auch in dem jetzt kalten Norden
einſt wohnten, hat zu den Muthmaſſungen Anlaß gegeben,
daß die heiße Zone früher über dieſe Gegenden geherſcht
habe. Am dies zu erklären hat man geglaubt:
1. Wenn die Sonnenflecke Sonnenfackeln andeuteten, ſo
müßten dieſe früher eine ſtärkere Licht- und Wärme-
maſſe gegeben haben, wovon auch die Pole tropiſch
erwärmt wurden. Angenommen dieſe periodiſche Erwär-
mung die die heiſſe Zone völlig unwirthbar würde gemacht
haben, ſo läßt ſich doch bezweifeln ob eine periodiſche Ver-
änderung ſo einflußreich könnte geweſen ſein.
2. Eine andern Urſache hat man in der Schiefe der Ecliptik
ſelbſt geſucht, die ſchon ſeit 2900 Jahren beobachtet und
immer noch im Abnehmen iſt. Die älteſten Nachrichten
darüber hat der Miſſionair Bobil in China gefunden.
Herr Ideler ſowohl als Laplace haben bewieſen, daß
die Veränderungen der Ecliptik immer Perioden unter-
werfen bleiben, die nur gewiſſe Zeiten dauern. Die
Abweichung der Ecliptik iſt bis jetzt nur 1½°. Was
alſo gar keine Veränderung auf das Clima hervorbringen
kann. Dieſe Perioden haben aber auch eine Dauer
von 20–28,000 Jahren.
3tens glaubte man, daß die Zertrümmerung eines großen
Weltkörpers, auch eine Veränderung der Axe unſerer
Erde veranlaßt habe, wodurch das Clima verſchoben ſei.
Auch wohl ein Comet ähnliche Veränderungen veranlaßte.
Die Möglichkeit hiervon iſt nicht zu bezweifeln, wohl
aber, ob das Clima unter einem ſolchen Zuſtand
der Dinge ſich verändern.
Mit der Verſchiedenheit des Maximums und Minimums
der Sonnenhöhe verändert ſich auch die Länge und Kürze
der Tage und Nächte. Die Umlaufszeit der Planeten
um die Sonne beſtimmt nach ihrer Länge die verſchie-
denen Jahreszeiten. Die durch Abſorbtion hervorge-
brachte Wärme aus den Sonnenſtrahlen unter einem
Winkel von 45° ſollte das Mittel der Wärme 70 bis
120° ſein. Aſtronomiſch iſt die Annehme richtig, denn phyſiſch
werden die Lichtſtrahlen zurückgeworfen, und tragen nichts
zur Erwärmung bei. Die Quantität der zurückge-
worfenen Strahlen, beſtimmt die Quantität der Wärme
die ſich nicht mehr verändert, wenn die Sonne ſchon 70° hoch
ſteht. Die phyſiſche Wärme iſt nicht dieſelbe in den
obern und untern Luftſchichten.
Der Jupiter hat nur eine Neigung von 3°. Venus
dagegen 72. Uranus 90. Je größer die Neigung des
Aequators, um ſo größer iſt auch den Unterſchied der
Jahreszeiten. Es könnten 2 Extreme in der Neigung
ſtatt finden. Wenn der Aequator nämlich entweder
ſenkrecht auf der Erdbahn ſtände, oder wenn er mit der-
ſelben zuſammenfiele. Wäre erſteres der Fall, ſo
ſtände die Sonne einmal des Jahres im Nadir und einmal
im Zenith. Die Aequinoctialzone würde ſich denn bis zu
den Polen ausdehnen. Die mittlere Temperatur jeder
Gegend würde dieſelbe bleiben, aber nach den Jahreszeiten
in ungeheuren Extremen wechſeln.
Plutarch ſagt,
daß Anaxagoras geglaubt habe, daß die Erdaxe ſenkrecht
auf der Erdbahn ſtehe. Uranus hat dieſen Stand er-
reicht und Venus iſt ihm n[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]ahe.
Fiele dagegen die Erdbahn mit dem Aequator zuſammen,
ſo würde Tag und Nacht immer gleich ſein, und an jedem
Orte eine ewige gleiche Temperatur herrſchen, nämlich
die gegenwärtig mittlere Temperatur jedes Ortes würde
ſich immer gleich bleiben. Jupiter iſt dieſem Zuſtande
ſehr nahe, da er nur 3° Neigung hat. Die Sonne würde
unter 70° Breite immer 50° Höhe haben, und unter
20° Breite 75° Höhe. Dieſer Zuſtand würde der Vegeta-
tion durch das gleichmäßige Clima wohl günſtiger ſein, als
der Wechſel der Exſtreme, aber wir würden auch der
Wechſel der Jahreszeiten entbehren.
In beiden Fällen würde das Palmenclima ſich nicht
erweitern. Erſt neuerlich hat man die Grenzen des
Palmenclima’s genauer beobachtet. Man muß von
den Palmen des Südens, die Bergpalmen unterſcheiden,
die man neuerlich hat kennen gelernt. Das eigentliche
Clima der Palmen und baumartigen Farrenkräuter
erſtreckt ſich nur zu 400 bis 800 Toiſen Höhe, alſo
etwa 4000′, wo noch eine mittlere Temperatur von
13–15° herſcht, da Berlin nur 7° hat. Baumartige
Farrenkräuter gehen nur bis Madeira nördlich zu 30° Breite
wo die mittlere Temperatur noch 16° R. iſt. Südlich da-
gegen ſind ſie viel weiter verbreitet, doch hat Vandie-
mensland, wo ſie bei 42° Breite, mit der Dickſonia [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]antarctica
Die noch 18′ hoch wird, aufhören, wenigſtens noch eine mittlere
Temperatur von 10°. Die großen Schilf und Bambusarten
ſteigen auch zu beträchtlicher Höhe hinauf, zwiſchen 5–6000′.
Die Bergpalmen dagegen verlaſſen das Tropenclima.
Drei Arten zeichnen ſich beſonders unter dieſen aus.
Die Wachſpalme (Ceroxylon Andicola Humb.) kommt nicht
tiefer als 900 Toiſen vor, ſteigt dagegen bis zu einer
Höhe von 1500 Toiſen, wo aber dennoch die mittlere Temperatur
10° oder gleich der von Mailand iſt. Die Kunthia mon-
tana ſteigt bis zu 1000 Toiſen. Die Oreodoxa frigida H.
kommt bis 1400 Toiſen Höhe vor. Auf der Höhe von
1700 Toiſen kommen keine Palmen mehr vor, wo doch
die mittlere Temperatur noch 6–7° iſt. Dieſe Bergpalmen ver-
laſſen des Palmenclima, da die andere Palmen wenig-
ſtens eine mittlere Temperatur von 10° verlangen, die etwa
bis zu 40° ſteigt.
Man hat geglaubt daß bei jeder Temperatur den
gasartigen Theile, welche wir Luft nennen, einen Kör-
per umhüllen könnten; Beobachtungen haben aber ge-
zeigt, daß dieſe bei einer hohen Temperatur ſehr geringe
wurden. Daß die Atmosphäre unſers Planeten, von
der der übrigen ſehr verſchieden, und eine beſondere ſei,
zeigen alle Beobachtungen. Schwer iſt aber die Frage
zu beantworten, wie hoch unſere Atmosphäre iſt, und ob
ſie mit den der andern Planeten in Verbindung ſteht.
Nach den Budelſchen Verſuchen hat man eine Höhe der
Atmosphäre von 8–10 Meilen annehmen zu können geglaubt,
da man die Grenze derſelben durch Beobachtungen anzu-
geben ſuchte, wie hoch aufſteigende Dämpfe noch eine Re-
flexion [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]gaben, und hindurch jene Höhe bemerken wollte.
Aber in dieſer Höhe kann kaum noch ½ Linie Barometer-
ſtand ſein. Dieſer Gegenſtand hat einen großen Streit
zwiſchen den Phyſikern und Mathematikern veranlaßt,
da man glaubte daß die Grenze der Atmosphäre da
ſein könnte, wo die gegenſichtige Anziehung der Planeten
ſich gleich iſt, und daß in den höhern Regionen die Elaſti-
cität derſelben geringer ſei als in der Nähe der Erde.
Hierdurch aber könnten wie leicht unſere Atmosphäre oder
doch wenigſtens einen Theil derſelben einbüßen, da ſie von
den andern Planeten angezogen werden könnte. Laplace
glaubt dagegen, daß durch den Druck der Schwere, unſere
Atmosphäre beſtimmte Grenzen habe, worauf die Anziehung
anderer Planeten nicht wirken könnte; dagegen habe aber
unſere Erde dem Monde die Atmosphäre entzogen, da die
ſeinige ſo unbedeutend iſt. Würde ein Theil unſerer At-
mosphäre in dem Weltraum treten, ſo müßte uns die Sonne
in einem dicken Nebel eingehüllt erſcheinen. Herr Wollaſton
hat hieraus geſchloſſen, daß es gewiſſe Grenzen gebe,
über die die Atmosphäre nicht hinaus gehen könne. Bei
den andern Planeten muß die Atmosphäre ſehr dünn ſein,
da wir ſie ſonſt beſtimmt erkennen müßten. Beim
Durchgange des Jupiter’s Trabanten vor ihm, müßte, wäre
ſeinen Atmosphäre ſo dicht wie die unſrige eine Refraction
ſtatt gefunden haben; die genaueſten Beobachtungen haben
keine bemerken laſſen. Ebenſo beim Durchgange der Venus
und des Mars vor der Sonne konnten keine Bemerkungen
dieſer Art gemacht werden.
Man findet dieſe mehr bei den innern als äußern
Planeten. Unſere Erde hat die höchſten auf der ſüdlichen
Hemisphäre, wo das Himalayagebirge das größte iſt.
Von dieſen hat man auf die andere geſchloſſen. Herr
Schröder, deſſen Angabe aber nicht verbürgt iſt, hat in der
Venus Berge gefunden von 18,000 Toiſen, und im
Mercur von 19,000 Toiſen. Die höchſten Mondberge
ſind dem Himalayagebirge gleich; man ſchätzt ſie auf
4200 Toiſen, und wenn man ſie mit dem Monddurch-
meſſer vergleicht, ſo iſt dies der 1/214 Theil deſſelben, dage-
gen das Himalayagebirge den 870 (?) Theil des Erd-
durchmeſſers hat, folglich verhalten ſich jene des Mondes
zu denen der Erde wie 1:4. Man hat geglaubt daß
unſere Atmosphäre eine höhere Hebung der Gebirge ver-
hindert habe.
Es ſind dieſes nicht zufällige ſondern factiſche, im
Cauſalzuſammenhange. Die Abänderungen darin haben ihr
Maximum und Minimum, ſelbſt die entfernteſten Cometen
ſind dieſen Geſetzen unterworfen. Die Schnelligkeit der Be-
wegungen iſt wie ihre Dichtigkeit immer in gleichen Ab-
nahmen der Nähe zur Sonne bemerkt, den Uranus aus-
genommen. Die Abplattung hat man bei den entfernte-
ſten am ſtärkſten beobachtet. Den Geſetzen der Zu-
nahme der Dichtigkeit auf die Schwungkraft ſchreibt man
die Bildung der Planeten zu. Die Maſſen wirken auch
auf das Clima durch ihre Dichtigkeit. Man weiß noch
nicht, warum in der ſüdlichen Hemisphäre die Maſſen
gröſſer als in der nördlichen ſind. –
Was Kepler numeriſch ahndete hat Newton im
reinſten Zuſammenhange dargeſtellt. Kepler war ein
Zeitgenoſſe des Galilei, dem die phyſiſche Aſtronomie
ſoviel verdankt. Vor ihnen zeichneten ſich aber ſchon
2 Aſtronomen beſonders aus, nämlich Copernicus der
Schöpfer der Aſtronomie, ſtarb 1543, und Tycho, der
die meſſende Aſtronomie begründete. Galilei ſtarb
in dem Jahre da Newton geboren wurde. Kepler fand
durch Induction und Analogie 3 Hauptgeſetze der Be-
wegungen.
Kepler war durch fantaſtiſche und ſchwärmeriſche Ideen, zur
Entdeckung der Geſetze nach welchem ſich das Planetenſyſtem
bewegt, am 15ten Mai 1618, gekommen. Da er ſich verrech-
nete, ſo wollten natürlich ſeine Angaben nicht übereinſtim[-]
men, doch vom innern Bewußtſein der Richtigkeit ſeiner
Annahme geleitet, nahm er die Berechnung nach 2 Monate[n]
wieder vor und fand nun die Beſtätigung.
Die Sonne iſt der erſte Centralkörper unſers Planeten-
ſyſtems. Sie hat 825 mal ſoviel Volumen als alle
Planeten zuſammen genommen, enthält 109¾ Durch-
meſſer der Erde, und iſt 20,870 Millionen Meilen
von uns entfernt. Eine Kanonenkugel, die angenom-
men 1500′ in einer Secunde zurücklegt, würde von Paris
bis Berlin 18 Minuten, von Monde zu uns 9 Tage, und
von der Sonne her 9 Jahre nöthig haben. – Man
ſieht an öſtlichen Rande der Sonne zuweilen Flecke, die
ſich noch Weſten bewegen, und nach 13 Tagen ver-
ſchwinden. Man hat hieraus auf die Rotation der
der Sonne geſchloſſen. Dieſe Flecke ſind ſchon ſo
deutlich geweſen, daß man ſie mit bloſſen Augen ſah.
Sie ſind nicht im Innern der Sonne ſelbſt, da ihr Erſchei-
nen nur periodiſch iſt. In Gilbert’s Annalen iſt ange-
führt, daß ſie ſchon in den Jahren 321 und 626 nach
Chriſti Geburt beobachtet ſind. Die arabiſchen Aſtro-
nomen und ſelbſt Kepler iſt durch ſie getäuſcht den
Mercur vor der Sonnenſcheibe geſehen zu haben. Der
Engländer Harrioth hat ſie den 8ten Sept. 1610 zuerſt
als Flecke erkannt, und viele Streitigkeiten haben ſie
unter den Aſtronomen veranlaßt. Man muß von den
Flecken die kohlenſchwarz ſind, den aſchfarbigen Rand der-
ſelben unterſcheiden, der gitterförmig mit weißen Streifen
durchzogen iſt. Nur dieſe hellere Randflecke, nicht die innere
ſchwarzen bewegen ſich. Ehe die ſchwarzen Flecke
ſich zeigen, erſcheint erſt einige Stunden vorher eine
Lichtfackel. Die Flecke ſind ſcharf begränzt, und haben
in der weſtlichen Begränzung einen Schatten, Penumbra
genannt. Die Penumbra oder der aſchgraue Rand wird
breiter wenn die Flecke verſchwinden. Die Sonnenfackeln
ſind elaſtiſche Flüſſigkeiten, und veranlaſſen dem Innern
oder dem eigentlichen Körper der Sonne zu trichterför-
mige Oeffnungen. Es ſcheinen dieſe Oeffnungen in der
Atmosphäre der Sonne ſelbſt zu ſein, die Atmosphäre
muß aber aus zwei Wolkenſchichten beſtehen, einer
äuſſern leuchtenden, und einer unter ihr liegenden dunkeln
Schicht, von der der aſchfarbige Rand oder die Penumbra
entſteht, da das Schwarze der Sonnenkörper ſelbſt iſt.
Denn die Sonne ſelbſt iſt nicht leuchtend, ſie iſt nur
mit einer Lichtatmosphäre umgeben. Da der Sonnen-
körper ſelbſt ſchwarz iſt, muß auch die Penumbra da breiter
[Abbildung]
ſein, wo der Sonnfleck verſchwindet, da ſie der obere
Theil der 2ten Wolkenſchicht iſt. A B C z. B. ſei die
trichterförmige Oeffnung in den beiden Wolkenſchichten,
A B und C D von denen die erſtere die leuchtende, und die
innere aber die dunkle Wolkenſchicht iſt. Bei C und D wird
aber immer die innere Wolkenſchicht erkenntlich ſein,
und je näher die Oeffnung dem Rande der Sonnenſcheibe
ſteht, um ſo breiter wird er auch erſcheinen. E iſt der
ſchwarze Fleck des Sonnenkörpers ſelbſt. Dieſe Erklä-
rung hat Herſchel gegeben, und iſt die jetzt allge-
mein verbreitete Idee der Aſtronomen; daß die Sonne
ein dunkler Körper ſei, wurde noch vor 40 Jahren als
ein Zeichen der Tollheit angeſehen. Herſchel hat ge-
glaubt, daß die Jahre in denen ſich Sonnenflecke zeigen
wärmer als andern ſind, was wohl viel Wahrſcheinliches
für ſich hat. Sie ſind oft in vielen Jahren nicht geſehen;
es giebt aber auch Perioden wo ſie ſich häufiger zeigen,
ſo wie es bei den Nordlichtern der Fall iſt.
Das Sonnenlicht ſelbſt iſt in den neueſten Zeiten,
ſeit 20–25 Jahren uns genauer bekannt geworden. Es
giebt 3erlei Arten von Sonnenſtrahlen, leuchtende,
nicht leuchtende aber erwärmende, und magnetiſche, die
eine magnetiſche Spannung geben. Herr Rochon hat
die Entdeckung gemacht, daß der durchs Prisma gebrochene
Strahl, faſt gar nicht erwärmt, oder doch vielmehr, daß
verſchieden gefärbte Strahlen, auch eine verſchieden er-
wärmende Kraft beſitzen. Was von Herſchel nachher
beſtätigt wurde. Herr Seebeck hat aber gefunden, daß
dieſes variirt, und daß der Stoff, aus welchem das Prisma
gefertigt iſt, Einfluß auf die Reſultate hat. So
fällt, nach Seebeck’s Verſuchen, der wärmſte Punct
außerhalb des rothen Strahles, wenn das Prisma aus
engliſchen Flintglas gemacht, in dem rothen Strahl
ſelbſt aber, wenn es aus Kronenglas oder gewöhnlichen
weiſſen Glaſe verfertigt iſt, und wenn man, ſtatt
eines aus dem Ganzen verfertigten Prisma’s, ſich eines
ſolchen bedient, was aus Glasſcheiben zuſammengeſetzt nur
mit Waſſer, Alkohol oder Terpentinöl gefüllt iſt, ſo fällt
die ſtärkſte Wärme in den gelben Strahl.
Die violetten Strahlen ſind die eigentlich chemiſchen
von denen man glaubt, daß ſie beſonders die grüne
Farbe in den Blättern veranlaſſen. Ein Gemenge von
Chlor und Waſſerſtoff explodirt bei dem ſchwächſten
violetten Strahlen, denn Gay Lusſac ſtellte dieſen
Verſuch in Januar und Februar an. Es ſind die Strahlen
des violetten Saumes vom Farbenbilde, welche das Gas-
gemenge entzünden. Die rothen, gelben oder grünen
wirken nicht darauf. Deshalb entſteht keine Exploſion,
wenn das Gas in Glas eingeſchloſſen iſt, welches eine
von dieſen Farben hat. Auch der elektriſche Funken
entzündet dieſes Gasgemenge. Der Bologneſer
Stein leuchtet hell im violetten Strahle nicht im rothen.
Morichini giebt an, daß das violette Licht die Eigen-
ſchaft beſitze, eine darin aufgehängte Compaſſnadel,
nach einer halbſtündigen Beſtrahlung, magnetiſch zu machen.
Die gelben Strahlen leuchten am ſtärkſten.
Huygens glaubte daß der Durchmeſſer der
Sonne abgenommen habe. Doch dieſes iſt nur ſcheinbar.
Das Sonnenlicht iſt 300,000 mal ſtärker als das des
Vollmondes. In der Nähe des Aequators iſt es
ſtärker als in deſſen Entfernungen. Das Sonnen-
licht untern 60° und das untern 19–20° verhält
ſich wie 3:2. Es iſt oft die Frage aufgeworfen,
ob der Rand oder das Centrum der Sonne ſtärker leuchten,
letzteres hat Huygens lange geglaubt. Kepler glaubte
aber das Gegentheil. Eine geneigte Fläche giebt weniger
Strahlen als einen ſenkrechte, woraus man ſchloß daß das
Centrum ſtärker leuchten müſſe, als die nach dem Rande
zu mehr ſchräg ſtehenden Kugelflächen. Durch 2 gefärbte
Gläſer nebeneinander geſtellt, hat man 2 Complimentar (?)
Farben in einem Tubus aufgefangen, der ſo verändert
werden kann, daß die Strahlen beider zuſammen fallen.
Da in dieſen, gleiche Zahl der Strahlen des Randes und des
Centrums, gegenſeitig die Farben ganz aufhoben und
weiß wurden, ſo iſt es außer Zweifel geſetzt, daß alle
Theile der Sonne gleich ſtark leuchten. Auch iſt es
keinem Zweifel mehr unterworfen, daß das was das
Licht von der Sonne ausſtrahlt, eine elaſtiſche Flüſſig-
keit iſt. In neuern Zeiten iſt das Sonnenlicht von
dem großen Mathematiker Gaus dazu angewandt, um
durch Blendungen Signale auf eine Entfernung von 7 bis
8 Meilen zu geben. Man ſchreibt der Sonne noch zu
Man hat noch andere Flecken an der Sonne bemerkt
was wahrſcheinlich Aerolithen ſind; ein Engländer glaubte
zwar, daß es Vögel wären, die vor der Sonne
vorüber flögen. – –
Dieſe theilt man, wie ſchon erwähnt iſt, in die
obern und untern. Zu den erſtern wird der
Mercur, die Venus und unſere Erde gerechnet.
Der Mercur iſt ſehr ſchwer mit bloſſen Augen zu
ſehen, da er nur 29° von der Sonne entfernt iſt.
Copernicus ſah ihn nie, was er noch auf ſeinem Sterbe-
bette bedauerte, und der große Casſini ſah ihn nur
einmal. Häufiger iſt er unter 35° Breite zu ſehen,
da er in Babylon häufig beobachtet iſt. Sein Licht
iſt heller als das des Jupiters. Sein Durchmeſſer
iſt 580 Meilen, und in 87 Tagen vollendet er ſeinen
Umlauf, in einer ſehr concentriſchen Bahn. Sein Abſtand
von der Sonne iſt 8000000 Meilen, da der der Erde
21,000,000 Meilen iſt. Schon die Aegyptier haben ge-
glaubt, daß Mercur und Venus ſich um die Sonne bewegen
beide haben Copernicus auf ſein Syſtem geführt. Seine
Rotation iſt erſt 1800 genauer beſtimmt, nicht aber durch
die Berge, ſondern durch die kleine Atmosphäre die ihn
umgiebt, und die ſich nicht ſcharf abſchneidet. Harding
hat in derſelben Längenſtreifen bemerkt. Es iſt aber
ſehr zweifelhaft ob er eine Atmosphäre hat, wie die
unſerer Erde iſt, oder ob ſie aus einer andern Flüſſig-
keit beſteht. Bei dem Durchgange vor der Sonne hat
man dieſe nicht bemerkt, was ſein müßte, wenn ſie wie
die unſerer Erde wäre. Casſini hat zuerſt [ihr]ſeinen Durch-
gang beobachtet, und bis jetzt haben wir 21 Beobachtungen.
Halley war deshalb nach St. Helena gereiſt. Der nächſte
Durchgang wird 1829 und wiederum 1835 in demſelben Jahre
ſein, in welchem man den großen Halleyſchen Comet von
neuen erwartet.
Die Venus, auch Abend- oder Morgenſtern genannt,
hat die größte Lichtſtärke unter den Planeten; ſie iſt
3000 mal ſchwächen als die des Vollmondes, nach den
photometriſchen Meſſungen von Lambert. Ihr Durch-
meſſer iſt 6 mal kleiner als der der Erde. Sie wälzt
ſich in 224 Tagen um die Sonne, und legt in jeder Se-
cunde 49/10 Meilen in ihrer Bahn zurück. Die Berge auf
der Venus ſind wie die auf dem Mercur kettenartig
zuſammenhängend, aber bedeutend höher; Schon L. hat
beobachtet, daß ihre Berge höher als die des Mondes
ſind, und nach Herr Schröters doch unverbürgter Angabe
ſind ſie 7 Meilen hoch. Von einer Dämmerung hat man
Spuren gefunden. Ihre Rotation hat zwiſchen Casſini
und Ganginelli einen Streit veranlaßt. Neuern Beob-
achtungen haben dieſe auf 23 Stunden 27 Minuten feſt-
geſetzt, wie Casſini ſchon früher richtig angab. 1769
glaubte man einen Mond der Venus zu bemerken,
es muß aber Täuſchung geweſen ſein, denn es iſt
keiner bei ihrem Durchgange vor der Sonne bemerkt.
Die P[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]haſen des Mercur’s und der Venus ſind die ſchön-
ſten Beweisgründe für das Syſtem des Copernicus.
Sie gehören zu den 4 vorzüglichſten Entdeckungen des
17ten Jahrhunderts, nämlich a, die Sonnenflecke, b, die
Trabanten des Jupiters, c. der Ring des Saturns,
und d, die P[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ha[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ſen der Venus. Der Durchgang der
Venus vor der Sonne iſt zuerſt von Kepler, vorher ge-
ſagt, und von Hores 1670 zuerſt beobachtet. Meſtre
hat ihn 1661 in St. Helena beobachtet. Doch der merk-
würdigſte iſt der von 1769, weil er zu vielen Reiſen
Anlaß gab, die wichtige Entdeckungen zur Folge hatte.
Beſonders gehört hierher Cooks Reiſe um die Welt,
und Schotts Reiſe nach Californien. Ihre Sonnen-
parallaxe iſt auf 8,15 und 8,16 Minuten Gewißheit
beſtimmt. Herr Enke hat ſie von neuen berechnet, und
nur ⅒ Secunde Irrthum gefunden. Der Venus
Entfernung von der Sonne iſt 20,525,000 Meilen.
Die Erde hat eine Abbreviation durch Lichterſcheinungen.
Man glaubte früher von 1683–1718, daß ſie unter
dem Aequator abgeplattet ſei, da Casſini und Mo-
raldi durch ſchlechte Inſtrumente ſowohl, als auch durch
die Unregelmäßigkeiten der Erdoberfläche getäuſcht
wurden. Maupertuis ſtellte drauf im Lappland
Meſſungen an, um die Abplattung des Pol’s zu finden,
die aber von Herrn Schwanenberg für unrichtig erklärt ſind,
der jedoch an einem andern Orte ſeine Meſſungen
anſtellte. Neuerlich hat Herr Roſenberg dagegen die
Meſſungen des Herrn Schwanenberg mehr als die von Mau-
pertuis in Zweifel gezogen. Die Schwanenbergſche-
Meſſung gab 1/304, wahrſcheinlicher iſt aber die Roſen-
bergiſche, die 1/289 beträgt. Zwiſchen beiden würde daher
die wahre Abplattung ſchweben, die einen Unterſchied von
600 Toiſen geben. Vergleicht man die Grademeſſer
von Peru und Frankreich, ſo hat Peru 1/300, Frankreich 1/309.
Die Excentricität der Erde iſt jetzt im Abnehmen, da
ihre Bahn ſich mehr dem Kreiſe nähert; ſie wächſt aber bis
Mercur, Mars und Jupiter. Für die Rotation der
Erde hat man 3 Beweiſe, als
Wäre ſie 17 mal ſchneller, ſo würde am Aequator
die Schwere gleich 0 ſein. Man glaubte früher, und
beſonders Ticho, durch Steine die man von hohen Thürmen
herabfallen ließ ſie zu widerlegen. Man hatte aber nicht
die Wurfkraft beachtet. Dieſer Verſuch wurde zuerſt
zu Bologna auf den dort berühmten Thurme angeſtellt,
man ließ die Steine 260′ hoch herabfallen, man glaubte
ſie hätten mehr nach Weſten zu fallen müſſen, was aber
nicht der Fall war, ſondern mehr nach Oſten hin. Nachher
wurden noch Verſuche in Hamburg von Benzenberg, und
in einigen Kohlengruben der Grafſchaft Mark angeſtellt.
Man beobachtete aber immer dabei eine Deviation
der Erde gegen Oſten, die vier bis 5 Zoll auf 260
bis 280 Fuß Höhe betrug.
Die Translation der Erde iſt durch das Syſtem von
Copernicus ſchon bewieſen. Auch die ſpätere Beſtimmung
der Parallaxe der Erde, wobei die Beobachtungen von Cook
in beiden Hemisphären wichtig waren, haben die Bahn
der Erde genauer ermittelt, die 40,000000 Meilen
im Durchmeſſer hat. Braudly bemerkte 1720, daß
die Sterne, wenn ſie bei Tage culminiren nach Süden,
bei Nacht aber nach Norden fortrücken. Das Licht be-
wegt ſich 10 mal ſtärker als die Erde, deshalb ſehen
wir die Sterne nicht an ihrem wahren Standorte, da ihr
Licht in 16 Minuten den Durchmeſſer der Erdbahn durch-
läuft, und deshalb, wir ſie in einer Diagonale von
16 Minuten ſehen.
Ein merkwürdiger Gegenſtand iſt das Vorrücken der
Tag- und Nachtgleiche. Es iſt eine Folge der abgeplattete
Geſtalt der Erde, indem ſie bei ihrer Rotation in
25,200 Jahren mit ihrer Axe noch einen kleinen Kreis
beſchreibt. Wäre die Erde eine Kugel, ſo würde die
Maſſe auf jeder Seite gleich ſein. Da ſie aber abge-
plattet iſt, ſo iſt in der Richtung von 45° nach dem
Aequator zu mehr Maſſe, als nach den Polen hin, da
hier der Winkel kleiner, dort gröſſer iſt, und ſich unter
dem Aequator die Materie ringförmig angehäuft hat.
Durch die Lage der Sterne, die das Vorrücken der Tag-
und Nachtgleiche verändert, iſt ſie von Hipparch zuerſt beobachtet.
Die Rotation der Erde hindert das Zuſammenfallen
der Erdbahn mit dem Aequator. Alle übrigen Planeten
wirken auch auf die Erdbahn, welche aber nur eine
ſchwache entgegengeſetzte Wirkung von 2/10 veranlaſſen.
Der Codiacal oder Thierkreis. Die Expedition der Fran-
zoſen nach Aegypten hat uns gelehrt, daß früher mehrere
Thierkreiſe bekannt waren, da einer in Tentoris nördlich
von Theben, und 2, ſüdlich davon gefunden wurden. Es ſind
dies aber nur Bruchſtücke auf Steinen, da man einen der
wichtigſten Steine zurückließ. Die einzelnen Zeichen ſind
bei ihnen in 2 Reihen als Spirale geſtellt, die der Löwe
eröffnet. – Vor 2700 Jahren vor Chriſti G. fiel
der Aufgang des Sirius bis auf 2 (Tage ?) mit dem
Sonnenſolſtitium zuſammen. Der deutſche Aſtronom
Burkardt behauptet daß der jetzige 4300 Jahre alt
ſein müſſe. – Man glaubt daß ſein Entſtehen in die
Zeiten des Nero und Tiberius fällt, und die Nachah-
nung eines noch ältern ſei. Herr Cha⎡mpillon las auf
einem der Steine aus Aegypten den Namen Aut[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ocrates.
Die Aegypter wollten, daß die Zeichen durch alle Monate
gehen ſollten, woraus dieſe Periode entſtand. Merk-
würdig iſt es, daß der Thierkreis in Latopolis gefunden,
mit der Jungfrau anfängt. Bei den früheſten Unter-
ſuchungen hatte man geglaubt, daß die Wage unter
Julius Caeſar aufgeſtellt ſei. Herr Ideler hat aber be-
weiſen daß ſie ſchon länger exiſtirt, da Origenes es
wahrſcheinlich macht, daß die Wage aus Indien kam,
und alle 12 Abtheilungen aus den 27 Mondſtationen
entſtanden ſind.
Das Vorrücken der Nachtgleiche hat keinen Einfluß
auf das Clima, wohl aber, daß andere Sterne in gleichen
Monaten ſichtbar werden. Merkwürdig iſt die Aenderung
des Polarſterns, der früher dicht neben den hintern
Rädern des kleinen Bär ſtand, dem Zepheus näher ge-
rückt iſt, und auch den Schwan noch erreichen wird. Einen
genauen Stand über dem Pol hat er nie gehabt.
Die Schiefe der Ecliptic hat eine kleine Veränderung
auf die Rotation der Axe, von 18 Secunden, ſo daß ſie in
18 Jahren 8 Monaten einen kleinen Kreis beſchreibt. Etwas
Wichtigeres iſt aber die große Aenderung der Schiefe der
Ecliptic in 26,000 Jahren. Der erſte Winkel von der
Schiefe der Ecliptic iſt von Aximander zuerſt 150
Jahre nach Chr. G. gemeſſen. Die älteſte iſt aus China
von Logang 1100 Jahre vor Chr. G. die 23°54′ Minuten
betrug. Hipparches fand 23°49′. Gura 23°26′ und
Besſel 23°27′56″. Laplace hat beſondere Unter-
ſuchungen angeſtellt, wonach der Wendekreis uns
näher oder ferner durch dieſe Abänderung kommen
kann, ohne bedeutenden Einfluß zu haben, da der
Unterſchied nicht groß genug iſt.
Der Mond. Es iſt merkwürdig, daß die Alten allgemein
glaubten, der Mond ſei erſt ſpäter erſchienen, und ſetzen
ſein erſtes Erſcheinen zur Zeit der Schlacht des Hercules
mit den Giganten. Man hat daraus folgern wollen,
der Mond ſei ein Comet geweſen, der durch die Anziehung
der Erde ſeinen Schweif verloren habe; Herr Kreutzer glaubt
dagegen, daß die Zeit damit gemeint ſei, in welcher an-
fing des Mondjahr zu berechnen.
Der Monddurchmeſſer iſt 466 Meilen, ſo daß Ruß-
land etwas gröſſer als er iſt. Die Axe ſteht ſenkrecht
auf ſeiner Bahn. Er iſt 51,800 Meilen von uns ent-
fernt, was bis auf 15 Meilen Genauigkeit beſtimmt
iſt, durch die Meſſungen von La Caille & La Landes.
Sein Licht iſt 300,000 mal ſchwächer als des der Sonne.
Im letzten und 1ten Viertel ſehen wir ſein aſchfarbenes
Licht, das von der Reflexion der Erde kommt. In ältern
Zeiten glaubte Plutarch beſonders, daß der Mond
einen Phosphorescenz beſitze. Leonardo da Vinci der
1521 ſtarb, hat zuerſt eine richtige Erklärung dieſes
aſchfarbigen Lichtes gegeben. Bei totalen Mond-
finſterniſſen ſieht man ein anders auffallendes ſtarkes
rechtes Licht, beſonders unter den Tropen, weil das
Licht denn nicht mehr von der Erde reflectirt wird.
Am Iſthmus von Panama ſah ich nur einen Theil
davon, da der andere beſchattet wurde. Dieſes Licht iſt
verſchieden nach der Lage die der Mond zur Erde hat.
Die Wärme des Mondes wurde im verwieſenem
Jahre wiederum genau von Herrn Arago und eine in Paris
beobachtet. Bei Anwendung groſſer Brennſpiegel konnten
wir aber dennoch keine Spur von Wärme wahrnehmen.
Die Flecke im Monde hielten die Alten für eine Ab-
ſpiegelung unſerer Erde, welcher mMeinung auch Plutarch
war. Merkwürdig iſt, daß die Perſer dies noch jetzt
glauben, wie ich es aus der eigenen Behauptung des
perſiſchen Geſandten weiß, der ſich einige Zeit zu Paris
aufhielt. Die Flecke haben eine ſehr verſchiedene Farbe,
und wurden früher für Meere gehalten, weil dieſe
mehr reflectiren. Kepler behauptete es müßten Berge
ſein. Daß keine Waſſerflächen auf ihn ſind, beweiſt
ſeine Ungleichheit, die immer wechſelt. Herr Kunowsky
hat ſich um manche Entdeckung verdient gemacht. Einzelne
Theile ſind immer ſchwärzlich und dunkler als andere.
Jetzt iſt es dargethan daß es wirklich Berge ſind,
worauf Galilei ſchon aufmerkſam machte, und ſelbſt
die Berge zuerſt gemeſſen hat.
Es giebt 3 Arten ihre Höhen zu beſtimmen.
Die Topographie des Mondes iſt uns genauer bekannt
als die unſerer Erde. Wir ſehen immer nur eine Hälfte
des Mondes, durch das Schwanken deſſelben aber mehr.
Dieſe Libration hat Galilei zu erſt entdeckt 1637.
Es giebt ein ſolches Schwanken von 6–8°, bald mehr
der Nordpol, bald mehr der Südpol. Die Libration
der Breite entſteht dadurch, daß der Mond nicht ganz
genau ſenkrecht bei der Rotation auf ſeiner Axe ſteht.
Die Topographie deſſelben hat das Merkwürdige,
daß gewöhnlich ſeine Berge nicht ſo wie auf dem Mercur, Venus
und unſerer Erde in Kettengebirgen aneinander hängen,
es giebt eigentlich nur 3 Kettengebirge im Monde. Es
[unleserliches Material]iſt auf dem Monde wohl kaum ein Berg von ſo kleinen
Umriſſen, wie wir ſie auf unſrer Erde haben. Die vor-
züglichſten Berge ſind die Aſchgeruhiſchen und die Alpen.
Die Apenninen des Mondes ſtehen wie d[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]as Erzgebirge
unſerer Erde. Der höchſte Punct der nördlichen Hemis-
phäre iſt der Berg Huygens von 3500 Toiſen. Dagegen
ſind aber in der ſüdlichen Hemisphäre die größten
Berge, unter denen ſich der Leibnitz und Dorfer (?) von
4160 Toiſen auszeichnen. Sie betragen den 1/214 Theil
des Halbdurchmeſſers des Mondes, da die höchſten Berge
der Erde nur 1/700 Theil deſſelben der Erde haben.
Eine andere Betrachtung der Berge des Mondes iſt
ihre Vergleichung der Breite mit denen der Erde. Der
Marnkliſium hat 14 Mondgrade, und die Flecken Hipparch
und Ptolemäus ſind ſo groß als Böhmen. In den Anden
dagegen habe ich den Durchmeſſer der Berge nicht über
5–6000 Toiſen gefunden. Die Aehnlichkeit der Krater
des Mondes mit denen auf unſerer Erde iſt ſehr groß.
Aſchen[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]kegel bilden die Spitzen, und ſtehen bald zur
Seite, bald in der Mitte. Was man von Ringen und
Flußbetten geſprochen hat, ſind Irrungen, da man eine
Reihe in einander ſich öffnende Krater dafür anſah.
Vom Jahre [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]1783–1789 haben Herſchel und Brühl
in London ſich beſonders mit den Mondvulkanen beſchäftigt.
Nur in dem aſchfarbigen Theile entſtehen Lichtpuncte,
die aber vorübergehend ſind. Die genaueſten Beobachter
ſind darauf zurückgekommen, daß ſie aus der Ver-
ſchiedenheit unſerer Atmosphäre mit der des Mondes
entſtehen können. Man glaubte daß bei dem Wechſel
der Theile unſerer ihn zugekehrten Seite, auch verſchie-
dene Erleuchtungen hervorgebracht werden müßten. So
hielt Halley jene Lichtpuncte für eine Abſpiegelung
der Felſen und Gletſcher. Buygens wollte ſogar be-
merkt haben, das reflectirte Licht des Amazonenſtroms
ſei grünlicher als das anderer Gegenden.
Unter den neuern Mondkarten zeichnen ſich vorzüglich
die von dem Director Lohrmann in Dresden aus, und
wenn gleich weniger detaillirt, iſt die in den Bonner
Schriften vorhandene von Gruthuiſen treflich, um eine
allgemeine Ueberſicht zu geben.
Die großen Züge, wie wir ſie auf der Erde in der
ſüdlichen Hemisphäre finden, ſind ähnliche Erſcheinungen,
wie die auf dem Monde; nur Flüßigkeiten ſind
nicht ſichtbar. In der nördlichen Hemisphäre deſſelben
finden wir den einzigen Beweis von Kettengebirgen,
welche die Apenninen heiſſen, und nur einen Krater
haben, Conon genannt, und der zwiſchen den beiden
Ebenen Mare ibericum & Mare ſphaericum liegt. In
der ſüdlichen Hemisphäre ſind keine Kettengebirge,
doch in demſelben Meridianen wo ſich jenes Kettengebirge
befindet, iſt hier eine Spalte, wo Krater an Krater ge-
kettet iſt, und die vom Pyraeus bis zum Orontium geht.
Auſſer dieſen Eſſen der Vulkane, die oft in einander ver-
laufen, ſind alle übrigen Unebenheiten zerſtreut. Eine
ſonderbare Erſcheinung, die man beſonders bei ſchwächere
Vergröſſerungen ſieht, ſind weiſſe Lichtſtreifen die vom
Tycho ausgehen, und über Berg und Thal ſich verbreiten.
Wir haben keinen Begriff was es ſein kann. Bei ihren
Beobachtungen der Vulkane, glaubten Herſchel und Brühl
in den Jahren 1790–94, Feuerausbrüche auf dem Monde
geſehen zu haben. Nach Hevel ſind es aber nicht ſolche
Ausbrüche wie auf unſerer Erde, er glaubt daß ein Theil
dieſer Berge mehr Licht als der andere erhalten kann.
Dieſe Erſcheinung iſt beſonders ſtark bei dem Vulkane
neben dem Ariſtark. Man hat bemerkt, daß das Licht
dieſes Berges weniger leuchtend iſt, wenn die feſte Maſſe
des Continents der Erde das Licht reflectirt, was ſtärker
als die Reflexion des Waſſers iſt.
Es giebt vielfache Meinungen neuerer Zeit, ſelbſt
Werke der Kunſt auf dem Monde geſehen zu haben.
Schon nach einer Stelle des Cicero glaubte man Städte
zu erkennen. Unter mehreren Aſtronomen hat Herr
Schröter beſonders, vielfache Gebilde der Kunſt bemerkt
haben wollen, ſelbſt Landſtraſſen und Selenitenwohnungen.
Aehnliche Meinungen ſind uns aus dem ſüdlichen Deutſchlande
zugekommen. Zur Beurtheilung derſelben iſt die Erör-
terung der Frage wichtig, von welchem Umfange und von
welcher Höhe die Gegenſtände auf dem Monde ſein müſſen,
um ſie wirklich erkennen zu können. London enthält bei
einer Länge von etwa 5, und einer Breite von 3 engliſchen
Meilen, noch keine geograph. Quadratmeile Flächeninhalt.
Gäbe es Städte im Monde von ⅛ der Gröſſe, ſo müßten
wir ſie unterſcheiden können. Nach der Höhe kann man
6–700′ hohe Gegenſtände meſſen, außerdem laſſen ſie ſich
noch bis zum ¼ Theil dieſer Höhe wohl erkennen. Wäre
der Flächenraum von einem vulkaniſchen Ausbruch auf
dem Monde 600 □′ groß, ſo würde er ſich unterſcheiden
laſſen. Ein ſolches Kunſtwerk könnte man vom Natur-
werk nur durch die Regelmäßigkeit unterſcheiden. Die
fabelhaften Mondſtädte haben 30–40 Quadratmeilen.
Ihre Refraction iſt 100 mal geringer als bei uns,
und etwa der gleich, die wir unter der Luftpumpe
für 0 annehmen. D[er]as Barometer würde nur einige
Linien hoch ſtehen. Sie kann höchſtens nur 800′ hoch
ſein, die man bei Sonnenfinſterniſſen beſonders hat
bemerken wollen. Auch hat man geglaubt daß der Mond
durchlöchert ſei. Dies wurde zuerſt bei einer Sonnenfinſter-
niß am 12. Jan. 1728 beobachtet, wo ein ſternartiger
Punct im Monde ſtrahlte. Es iſt möglich daß die Sonne
durch eine tiefes Thal oder einer Spalte eines Vulkans
früher geſehen wurde, ehe ſie den Rand des Mondes er-
reichte. Im Jahre 1725 hat man in Spanien etwas ähn-
liches geſehen. Noch andere optiſche Erſcheinungen hat man
geſehen, die theils von unſern Augen herrühren, theils
andere Täuſchungen ſein können. So hat ſchon Halley
Blitze darin geſehen; und noch merkwürdiger iſt die Erſchei-
nung, daß wenn die Sonne verfinſtert war, hat man Feuer
gleich Raqueten aus der Scheibe des Mondes fliegen ſehen;
im ſüdlichen Frankreich wurde dieſe Erſcheinung einmal ſo
ſtark geſehen, daß ſich die Bewohner einer kleinen Stadt verſam̃elten.
Die erſte Topographie des Mondes iſt von Hevel
und Piczolli. Sie geben den Bergen Namen berühmter
Aſtronomen und Philoſophen. Die beiden erſten Karten
ſind von Casſini und La Caille entworfen aber nicht
geſtochen. Später wurde die von Tobias Mayer heraus-
gegeben, die Gruithuiſen verbeſſert auflegte, denn er-
ſchienen in d[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]en neuern Zeiten die beiden von Schröter
und Lohrmann.
Der Mond hat auf die geiſtige Entwickelung einen
groſſen Einfluß gehabt. Hevel macht die Bemerkung
daß unſere Erde für die Bewohner des Mondes eine ziemlich
genaue Uhr ſein müße, da ſie bei ihrer Rotation dem Monde
immer in jeder Stunde des Tages eine andere Geſtalt zeigen
La Place hat die Frage aufgeſtellt, ob der Mondkörper
blos da wäre, um die Erde zu erleuchten. Er hat aber zu
gleich dargethan, daß wenn der Mond in derſelben Erdent-
fernung der Sonne gegenüberſtände, und als Planet ſich
um ſie bewegte, wir immer Vollmond haben müßten.
Der Mond erregt Ebbe und Fluth im Meere ſo wohl, wie
in der Atmosphäre. Höchſt wichtig iſt er zur Beſtimmung
der Längengrade für die Schiffarth. Ebenſo iſt ſein Ein-
fluß groß auf unſern aſtronomiſchen und mechaniſchen Kennt-
niſſe. Die ganze Lehre der Mechanik des Himmels iſt
aus ihm geſchloſſen; eine genaue Geſtalt unſerer Erde
iſt aus ſeiner Bahn berechnet, womit die angeſtellten
Meſſungen ganz übereinſtimmen. Die Unveränderlichkeit
des Tages, und der ſich gleichbleibenden mittleren Temperatur
in 3000 Jahren, iſt durch ihn erkennt.
Zuvor wir zu den andern Planeten übergehen, wollen
wir die Erſcheinungen des Zodiakallichts erwähnen.
Man hat lange geglaubt, daß es von Casſini zuerſt im
Jahre 1683 entdeckt ſei. Wohl war er der Erſte, der
in Europa darauf aufmerkſam machte, und er behauptet
ſpäter, daß es ſtärker geworden ſei, als da er es in
ſeiner Jugend zuerſt in Paris ſah, wo es ſich wie jetzt
noch im Frühling und im Herbſte nach Sonnenuntergang,
einem Lichtſtreif ähnlich am Horiezont zeigte und erhob.
Es hat ſich aber nachher gezeigt, daß die Bewohner der
Tropenwelt es längſt kannten, und die Perſen ſchon in
frühern Zeiten es mit dem Namen Genſchatſch belegten.
Mahrang und Casſini glaubten, daß es in genauer Verhält-
niße oder vielmehr Zuſammenhange ſtehe mit dem Nordlichte
und den Sonnenflecken. Casſini hat ſchon von Zuckungen
des Lichts geſprochen, und ich glaube mich überzeugt zu haben,
daß es von 2 zu 2 Secunden wechſelt vom Hellen zum Dunkeln,
gleichſam wie ein Funkenſprühen; dies kann aber auch in
der Atmosphäre liegen. – Man hat lange geglaubt,
daß [unleserliches Material]es eine abgeplattete Sonnenatmosphäre ſei. Dieſe geht
aber nur bis zum Mercur. Dagegen glaubt La Place,
daß es beim Zurückziehen der Sonnenatmosphäre, ein zurück-
gebliebener Reſt der alten Sonnenatmosphäre ſei.
Mars. Sein Durchmeſſer beträgt 963 Meilen, oder
55/100 des Durchmeſſers der Erde. Hier ſieht man noch [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]Phaſen.
Die Abplattung hat noch neuerdings vielen Streit erregt.
Herſchel giebt ſie zu 1/12, Schröter 1/80, und Herr N. N. jetzt
in Göttingen giebt ſie ebenfalls wie Herſchel zu 1/12 an.
Man ſieht zwei dunkeln und zwei helle Flecken auf den Mars.
Die dunkeln gleichen beweglichen Wolken. Die hellen
Flecke ſind an den Polen, und werden im Dunkeln noch
heller. Sie ſind ſchon von Maraldi, La Caille und
neuerlich auch von Cunowsky beobachtet. Man hat ſie
nicht ohne Wahrſcheinlichkeit Eisflecke genannt, da ſie
an den beiden Polen liegen. Keplern war dieſer
Planet wegen ſeiner groſſen Excentricität merkwürdig
geworden.
Die 4 kleinern Planeten ſind zu unſerer Zeit entdeckt.
Democrit und Artimidor haben ihn Daſein gemuthmaßt,
wegen des groſſen Abſtandes zwiſchen dem Mars und Jupi-
ter. Man glaubt daß ſie die Trümmer eines größern
Weltkörpers ſind, der aber doch nicht gröſſen als der
Mond ſein konnte. Die Veſta hat nicht über 40 bis
45 Meilen im Durchmeſſer. Herſchel nannte ſie deshalb
ſpottend Aſteroiden. Sie ſind gerade in umgekehrter
Reihe ihres Abſtandes von der Sonne entdeckt. Die
Veſta von Herrn Olbers 1807. Herr Gaus hat ihr den Namen
gegeben, und die Umlaufszeit berechnet.
Die Juno wurde 1804 von Harding entdeckt.
Die Pallas 1802 von Olbers, und
〃 Ceres 1801 von Piazzi. Die Entdeckung
der Ceres durch einen Druckfehler im Wulangſtonſchen
Cataloge gehört dem Zufall an. Beſonders Verdienſt
aber gebührt Herr Olbers, der abſichtlich Beobachtungen
anſtellte um Planeten zu entdecken, da er berechnet
hatte, daß wenn ein Planet zertrümmert ſei, die Stücken
deſſelben durch einen gemeinſchaftlichen Karten in den
Flügel der Jungfrau gehen müßten. Herr Encke hat
berechnet, daß ſie ſich in 3400 Jahren wieder vereinen
würden. Die kleinſte Umlaufszeit iſt 3 Jahre 7 Monate,
die größte 4 Jahre 7 Monate. Sie zeichnen ſich durch
große excentriſche Bahnen aus; die der Veſta gleicht
am meiſten der unſerer Erde. Der optiſche Durchmeſſer
dieſer Planeten iſt ſehr klein, er ſoll noch keine Minute
haben. Die Bahnen ſind in einander verſchlungen. Die
Umlaufszeit der Ceres und Pallas treffen auf einem
Tag zuſammen. Man will ein phosphorescirendes
Leuchten bei ihnen bemerkt haben.
Wir kommen zu dem Syſtem der gröſſern und mondreichern
Planeten. Jupiter und Saturn ſind die zwei zunächſt
ſtehenden und mächtigſten unter ihnen, die nicht allein ſtörend
auf den Lauf der Planeten wirken, ſondern auch die Planeten
beunruhigen, welche ihren Lauf zwiſchen Mars und
der Sonne hindurch nehmen.
Der Jupiter iſt durch ſeine Lichtſtärke und gelbe Farbe
bemerkbar. Er hat 11 Erddurchmeſſer, und iſt um ⅓
gröſſer als alle übrigen Planeten zuſammen genommen.
Seine Dichtigkeit iſt der der concentr. Salpeterſäure gleich.
Man ſieht auf ihm Streifen und leuchtende Puncte, die
man von dem Schatten ſeiner Monde unterſcheiden muß,
wenn dieſe zwiſchen ihm und der Erde ſtehen. Dieſe Streifen
ſind ſpäter geſehen als die Monde, da man ſie nicht mit
ſchwachen Vergröſſerungen erkennen kann. Gewöhnlich
ſind 5 dieſer Streifen zu ſehen, von denen der mittlern
heller iſt, man hat daran aber ſchon 10 bemerkt. Zwiſchen
dieſen Streifen ſind kleine bewegliche Flecke. Auch an
den Streifen ſieht man zuweilen einige Bewegung. Auſſer
jenen Streifen die den Aequator umgeben, liegt noch an
jedem Pole einer. Casſini beſtimmte zuerſt ſeine Ro-
tation von 9 Stunden 56 Minuten im Jahre 1666, durch
einen Flecken der in der ſüdlichen Hemisphäre ſtand, und
in dieſem und dem Jahre zuvor ſich immer gleich zeigte.
1690 iſt dieſer Fleck wiederum mehrere Monate hindurch
beobachtet. Schröter will ähnliche Flecke geſehen haben,
nach welchen er ſeine Abplattung an den Polen um 1/14
ſeines Durchmeſſers beſtimmt hat. Er behauptet auch
noch eine andere Abplattung von ſüdweſt nach nordoſt be-
merkt zu haben. Der Jupiter iſt der wichtigſte Planet
für die Schiffarth. Die 4 Jupiterſtrabanten wurden von
Simon Meyer in Anspach zuerſt entdeckt 1609. Da er
dies nicht zeitig genug bekannt machte entdeckte ſie im
nächſten Jahre 1610 auch Gallilei. Ein jeder von ihnen
iſt größer als unſer Mond, und der 3te iſt größer als
die übrigen. In der Entfernung des Mondes würde er
uns ſo groß als das ganze Sternbild des Orions erſcheinen.
Die Verfinſterungen der Jupiterſtrabanten ſind wichtig
für die meſſende Geographie. Die Fehler dabei ſind
nicht größer als 12 Secunden, ſehr ſelten bis 20 Secunden,
Laplace hat berechnet daß die 3 innern Trabanten
nie zugleich verfinſtert werden können.
Saturn obgleich entfernter von der Sonne, hat ein klei-
neres Volumen als der Jupiter. Er hat nur 94/10 Erd-
durchmeſſer. Seine Rotation von 10 Stunden 16 Minuten
iſt erſt 1789 von Herſchel beſtimmt. Herſchel glaubt
daß ſie eine doppelte ſei; die eine macht einen Winkel
von 45° mit dem Aequator. Man ſieht Streifen wie
auf den Jupiter, aber von einer bräunlichen Farbe.
Er hat 7 Trabanten, die 5 ältern ſind die äußern.
Die beiden innerſten von Herſchel entdeckt, ſind kleiner
als die Veſta. Er hat überhaupt die meiſten, größten
und kleinſten Trabanten von allen Planeten. Flecke
ſieht man in dem äußerſten, der immer dieſelbe Seite
dem Saturn zukehrt. Der Saturnsring iſt der ſonder-
barſte Körper unſers Syſtems und von Huygens 1659
entdeckt, wenn gleich Gallilei zuerſt ihn ſah. Er ver-
ſchwindet in den gewöhnlichen Telescopen wenn die
Sonne ſeinem Rande gegen über ſteht, da er nur 116
Meilen dick iſt. Mit Herſchels großen Telescop war
er immer ſichtbar. Er iſt nicht einfach, ſondern beſteht
aus mehreren concentriſchen Ringen, von denen man ge-
wöhnlich nur 2 ſieht. Es iſt wahrſcheinlich, daß er von
Planeten getrennt iſt. Herr Schröter bezweifelt ſeine
Beweglichkeit. Man hat an ſeinem Rande bergartige
Erhöhungen geſehen, die mehrere Tage unverändert blieben,
und als leuchtende Puncte gleich Karten erſcheinen.
Die Nächte auf dem Saturn müſſen die magiſchſten
von allen ſein, da ſie von 7 Monden zugleich erleuchtet werden.
Uranus. Er hat 4 Erddurchmeſſer. Sein optiſcher Durch-
meſſer beträgt 4 Secunden. Er iſt ſehr hell, und man
glaubt deshalb daß er ſelbſt phosphoriſches Licht hat.
Von den 6 Satelliten die Herſchel entdeckte, ſind
nur 2 wieder geſehen, der 2te und 4te. Flecke hat man
auf ihm nicht unterſcheiden können, auch iſt ſeine Rotation
noch unbekannt. Nach ſeinen Trabanten zu ſchließen
iſt ſie von Norden nach Süden.
Das Alterthum hat ſich viel mit ihnen beſchäftigt, und ſo
für Planeten gehalten. Die pythagoräiſche Schule und
die Chaldäer glaubten an eine beſtimmte Wiederkehr,
und letztern beſonders rühmten ſich dieſes vorher ſagen zu
können. Wegen der Aehnlichkeit wovon dies aber nur
Muthmaßungen, ſo glaubte Seneca z. B. daß der zur
Zeit des Nero, derſelbe geweſen ſei, der beim Tode des
Julius Caeſar erſchien. Noch am Ende des 15ten und anfangs
des 16ten Jahrhunderts glaubte Acoſta daß ihr Schweif mit
den Paſſatwinden in Verbindung ſtände, da er von Oſten
nach Weſten gerichtet ſei. Auch von der Meinung iſt
man zurückgekehrt, daß es Meteore ſein ſollten.
Ihr Character iſt, daß ſie ſich in ſehr excentriſchen
Ellipſen bewegen. Der Herzog Parſi von Northumberland
erkannte dies zuerſt gegen Ende des 17ten Jahrhunderts,
und der Prediger Dörfel zu Plauen machte die Beob-
achtung 1680 daß ſie eine paraboliſche Bahn haben, doch
Newton hat ſie zuerſt berechnet. Die eigentliche Theorie
iſt von Halley der den Comet von 1682 beobachtete.
Man hat geglaubt einen Uebergang der kleinere Planeten
zu den Cometen zu finden, wegen ihrer excentriſchen Bahn;
auch hat man von Nebel geſprochen die ſie einhüllen. Die
Planeten bewegen ſich aber nur, wie auch ſchon erwähnt,
von Weſten nach Oſten, die Cometen dagegen nach
allen Richtungen.
Bei den Cometen muß man dreierlei unterſcheiden,
den Kern, die Hülle und den Schweif. – Zwiſchen dem
Kerne und der Dunſthülle iſt eigentlich kein Unterſchied,
er iſt nur eine Verdickung der Materie, und iſt nicht
ſo abgeſondert wie man anfangs glaubte. Die Durch-
ſichtigkeit des Kerns iſt ſo groß, daß Herſchel den
9ten Nov. 1795 einen Doppelſtern der 12ten und 13ten Gröſſe
durch den Kern geſehen hat. La Hire glaubte [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]Phaſen
geſehen zu haben. Die Kerne ſind aber ſo unförmig,
daß man hierauf keinen Werth legen muß. Die Cometen
haben kein eigenes Licht, es iſt nur von der Sonne
reflectirtes Licht. Herr Olbers hatte berechnet, daß der
Comet von 1819 eine halbe Stunde vor der Sonnenſcheibe
müſſe geſtanden haben, doch die ſich widerſprechenden Beob-
achtungen der Sonne an dieſem Tage haben kein Reſultat
gegeben. Die Dunſthülle hängt nicht mit dem Schweife
zuſammen; 1811 war ein dunkler Raum zwiſchen, Schweif
und Hülle. Gallilei hat den Schweif für Flammen ge-
halten. Wenn ſich die Cometen der Sonne nähere, ſo
wird ihr Schweif auf Koſten der Hülle größer. Es giebt
Cometen ſogar mit 6 Schweifen, aber auch ſchweifloſe wie
der 2te Comet von 1811. Bei dem von 1623 war der
Schweif ſo getheilt, daß beide Hälften concentriſch gegen
einander ſtanden. Der von 1780 hatte einen ſehr großen
Schweif, ſo daß wenn er im Meridian ſtand, ſein Schweif
noch den Horizont berührte. Der von 1640 hat 2 Schweife
gehabt. Man hat geglaubt daß der Schweif immer mit der
Sonne ſtehen müße, aber der von 1823 hatte 2 Schweife,
einen gewöhnlichen, und einen der gegen die Sonne gerichtet
war, ſie machten gegen einander einen Winkel von 160°.
Beim Enckeſchen-Comet glaubte Herr Dümler in Paramatta
eine Rotation des Schweife’s bemerkt zu haben. Es iſt
gewiß daß ſie bei ihrem Wiedererſcheinen nicht unver-
ändert bleiben. Beim Halleyſchen Comet wurde der Schweif
immer kleiner. Der von 1811 iſt von Herſchel gemeſſen,
der Kern hatte nur 93 Meilen im Durchmeſſer, die Hülle
27000 Meilen, und die Länge des Schweifes betrug
22,000,000 Meilen. Die [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]Pha[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ſen welche La Hire bemerkt
haben wollte ſind falſch, wenn hat ein etwas Aehnliches
wieder geſehen. Bei dem im Juli 1819 geſehenen Comet
hat Herr Arago gefunden, daß ſein Schweif polariſirtes Licht
hat. Vereint mit Herrn Arago habe ich dieſe Unterſuchungen
angeſtellt, und wir fanden, daß das Licht der Kapelle
daſſelbe ſei, bei jenem war es nur ſchwächer.
Die Zahl der Cometen iſt ſchwer zu beſtimmen. Man
hat hiſtoriſche Angaben bis 400 etwa, wovon 128 wirklich
beobachtet ſind. Im 17ten Jahrhundert ſind nur 10 geſehen;
im 18ten 65, und in unſern Jahrhundert ſchon 4 mit bloſſen
Augen. Nach der Probalitätsrechnung giebt es 400000
in unſerm Sonnenſyſtem.
Zwei Aſtronomen, Herr Morier in Paris und Herr Pons
ehemals in Marſeille jetzt in Italien, haben beſonderes
Verdienſt um die Beobachtung der Cometen. Die Zeit
von 1769 bis 1807 war ſehr ungünſtig dafür, da kein
ausgezeichneter Comet in dieſer Zeit erſchien. Die Wieder-
kehr der Cometen iſt factiſch beſchränkt. Noch vor 8–9
Jahren kannte man mit Gewißheit nur die Wiederkehr
des Halleyſchen, der 1682 denn 1759 wieder erſchien, und
1835 wird er von neuem erwartet. Auſſer dieſem konnte
die Wiederkehr von keinem andern mit Gewißheit ange-
geben werden, bis Herr Encke 1819 fand, daß einer
regelmäßig in 3½ Jahren zurückkehre, der deshalb nach
ihm benannt iſt. Mit einem 3ten dieſer Art hat uns
1826 Herr Biela bereichert. Den von 1815 hat Herr Olbers
berechnet, und ſeine Wiederkehr ſoll nach 75 Jahren ſtatt
finden. Laland hat zuerſt Furcht vor den Cometen
der Welt eingeflößt. Doch die Aſtronomen haben dieſe
auch wieder durch die Beweiſe beſeitigt, daß noch kein Beiſpi[el]
einer dadurch veranlaßten Zerſtörung bekannt iſt. Der von
1680 iſt der Oberfläche der Sonne bis auf 34,000 Meilen
oder ⅝ Mondweite nahe gekommen, während er über
10,000000 Meilen von der Erde entfernt blieb.
Unter allen bekannten C. iſt der von 1770 der Erde
am nächſten gekommen, war aber dennoch 6 Mondweiten
von ihr entfernt. Der Bielaſche Comet iſt 1826 der
Erdbahn bis auf 2 Mondweiten nahe geweſen. Die
Gefahr wird noch gemindert durch ihre geringe Maſſe, doch
könnten ſie bei ihrer ſchnellen Bewegung, durch einen Stoß
Veränderungen hervorbringen. So iſt es faſt gewiß, daß
der Comet von 1670 durch das Syſtem der Jupiter Trabanten
gegangen iſt, ohne daß eine Veränderung wahrgenommen
wurde; ſie kreiſen nach wie vor. Und hätte dieſer Comet
auch nur den 1/5000 Theil der Dichtigkeit unſerer Erde gehabt,
ſo würde er das Jahr um 3 Stunden verlängert haben.
Wir gehen zu den beiden planetariſchen Cometen
über, die unſer Planetenſyſtem nicht verlaſſen.
Der Enkeſche-Comet iſt der erſte der als ſolcher er-
kannt iſt. Seine Bahn geht auf der einen Seite bis zum
Mercur in die Sonnennähe, auf der andern bis über den
Jupiter hinaus. Er wurde ſchon 1680 von Machin ent-
deckt. 1780 ſah ihn Herſchels Tochter. 1805 und 1819
wurde er von Pons, 1822 von Encke in Neuholland, und
1825 von Harding zuerſt geſehen. Er bewegt ſich wie die
Planeten von Weſten nach Oſten, und kann dem Erde ein
ſehr nahe kommen, da er die Erdbahn nicht durchſchneidet.
Seine Bewegung iſt in der Gegend der größern Planeten
und ſo große Maſſen der Materie vermindern die Wurf-
kraft, denn von 1785–1795 war ſeine mittlere Umlaufs-
zeit 1208 2/10 Tage, von 1795–1805 war ſie 1207 7/10 Tage,
und von 1805–1819 = 1207 2/10 Tage. Er wird das größte
Licht über die Cometen verbreiten, und beſonders uns
kennen lehren, welche Störungen er im Planetenſyſtem
hervorbringen kann.
Der Bielaſche-Comet iſt 1772 entdeckt, 1805 und
1826 wieder geſehen. Seine Umlaufszeit iſt 6 Jahre und
9 Monate. In ſeiner Sonnennähe ſchneidet er die Erdbahn,
und in der Sonnenferne geht er über den Jupiter hinaus.
Er kann unter allen für für die Erde am gefährlichſten
werden, da er die Erdbahn ſchneidet, und ſein Schweif
ſich mit unſerer Atmosphäre vermiſchen kann.
Das waren die beiden innern Cometen, und jetzt
kommen wir zu den äußern Cometen.
Nur der Lauf des Halleyſchen iſt uns beſtimmt
bekannt. Er wurde 1456 zuerſt, zur Zeit als die Araber
vertrieben wurden, beobachtet. Seine periodiſche Um-
laufszeit dauert 77 Jahre. Er iſt 1682 wieder er-
ſcheinen wo ihn Halley berechnete, und die Wiederkunft
deſſelben auf das Jahr 1759 richtig voraus ſagte; er
glaubte daß der Jupiter ihn zerſtören würde. –
Der Comet von 1770 wurde von Lexly vorhergeſagt. Mit
dieſem hat ſich Burchhart viel beſchäftigt. Seine Umlaufs-
zeit war auf 5½ (?) Jahre beſtimmt, doch da er durch das
Jupitersſyſtem gieng, hat er ſolche Störungen erlitten, daß
er wahrſcheinlich ein wiederkehren wird, was ein Bewies
ſeiner Dünnigkeit iſt. Er blieb 36 Erdhalbmeſſer von
der Erde entfernt. – Den von 1825 hat Herr Olbers optiſch
berechnet, wonach er 75 Jahre zu ſeiner Bahn gebraucht.
Er hatte eine Entfernung von 34 Erdhalbmeſſer.
Die Bahn der Himmelskörper kann nur bei einer be-
ſtimmten Geſchwindigkeit hyperboliſch oder concentriſch ſein,
bei vielmöglichſter Geſchwindigkeit dagegen muß ſie Hyperbeln
und Ellipſen beſchreiben, und da zu elliptiſchen Bahnen
ein geringerer Stoß gehört, ſo iſt es wahrſcheinlich daß,
daß alle Cometen ſich in Ellipſen bewegen.
Laplace hat anſchaulich gemacht, daß die Cometen keine
Planeten können geweſen ſein, er hält ſie vielmehr für
rotirende Nebelflecke, die durch Störungen zu einem andern
Syſtem übergingen, und glaubt, daß alle Himmelskörper aus
ſolchen Nebelflecken können hervorgegangen ſein. Wie
Herſchel ſchon wahrnahm, daß ein oder mehrere Sterne in
den Nebelflecken ſich bewegen und davon trennten, ſo könnten
auch einzelne und ganze Gruppen von Sternen durch die Zu-
ſammenziehung der Materie entſtehen, in denen auch 2 Kerne
zwei Centralkörper bilden können. Laplace glaubt,
daß dieſe Maſſe gleichzeitig rotirend ſich verdichte, und
durch die Bildung der Kerne, die Rotation vermehrt werde,
weil dieſe im Centre ſich bilden. Dadurch müſſe die Grenze
der Atmosphäre kleiner werden, ſich alſo verdichten durch Zu-
ſammenziehung, und ganze Zonen derſelben ſich ſo trennen,
daß große Ringe entſtänden, in denen ſich die Materie
um die ſchon gebildeten Kerne vertheile. Ebenſo wie aus
ſolchen gröſſern Ringen um den Centralkörper ſich die Planete
durch die Verknotung dieſer Zonen bildete, könnten dieſe
wieder die noch nicht verdichtete Materie wieder in Atmos-
phären und Ringen an ſich ziehen, wie wir es noch in dem Ringe
des Saturns erkennen, und durch eine neue Verdichtung die
Monde aus ihnen hervorgehen. Dieſe Theorie hat einige Aehn-
lichkeit mit der Buffonſchen, noch welcher die Syſteme
durch eine Zerſprengung groſſer Weltkörper entſtanden.
Die Dauer unſers Syſtems beruht auf die Mechanick
des Himmels. Im Mittelalter hielt man nur für ge-
ſetzlich, was als ſolches immer wiederkehrt. Allein wir
beobachten auch vieles periodiſch, was uns deshalb ſo erſcheint,
weil es nicht nach leicht zu ergründenden Geſetzen begründet
iſt. Die Geſetze ſcheinen nichts [P]periodiſches vorzuſchreiben
es iſt auch nicht einmal nothwendig, ſondern liegt in der Schweif
unſers Erkennens früherer Bildung. Eine Ordnung der
Dinge muß auf einander folgen, nur weil ſie eine größere
Ordnung iſt, deren Gang wir nicht erkennen, ſo müſſen wir
manche Erſcheinungen für periodiſch halten. – Kein Princip
der Deſtruction liegt im Planetenſyſtem; Störungen können
nur von auſſen kommen, und aus dem Herumkreiſen der
Planeten entſtehen. Dieſe Störungen ſind zweierlei Art:
a. daß ſie entweder die Richtung der Bahn verändern, die
Planeten in ihre Bahn eindrücken, und dieſe ſind periodiſch;
oder b, die die Bahnen officiren und ſo immer mehr und
mehr die Storungen häufen. – Die Excentricität unſerer
Erde wird immer abnehmen, bis ſie in 23,000 Jahren dieſe
Periode vollbracht hat. Die Excentricität des Jupiters wächſt,
während ſie beim Saturn abnimmt. Der Grund von der
Sicherung gegen Störungen liegt darin, daß das Verhält-
niß der Umlaufszeit dieſer beiden ſich nicht durch ganze
Zahlen ausdrücken läßt, daß es irrational iſt. Es iſt
faſt wie 2:5, wäre es ganz ſo, würden ſie ſich nicht allein
ſelbſt, ſondern auch das ganze Planetenſyſtem zerſtören.
Das Wichtigſte für die Stabilität ſind die großen
Axen der Planeten, die immer in ihrer Bewegung unverän-
derlich bleiben, ſo wie die ungeheure Maſſe des Central-
körpers ſelbſt. Laplace ſieht noch 2 Gefahren, nämlich daß
große dunſtförmige Maſſen im Weltall verbreitet, auch dieſe
im Planetenſyſtem durch die Cometen es giebt, die eine größere
Attraction ausüben könnten, doch würden dieſe nur periodiſch
ſein. Eine andere Gefahr ſieht er in der Richtung der langen
Axe, worin allein keine Periodi⎡cität gefunden iſt, ſie läßt
aber nichts befürchten.
Ich habe zuerſt ein Naturgemälde entworfen, dann eine
Definition der Wiſſenſchaft gegeben. Hierauf einen Ueber-
blick der Geſchichte der Entdeckungen, nicht eigentlich der Wiſſen-
ſchaft gegeben. Dann habe ich mit den antitelluriſchen Er-
ſcheinungen im Weltall begonnen, erſt die Nebelflecken, dann
unſere abgeplattete Sternſchicht und dann das Sonnenſyſtem
durchgenommen. Jetzt werden wir zu den telluriſchen
Verhältniſſen übergehen.
Gewöhnlich nennt man dieſen Theil vorzugsweiſe die
phyſicaliſche Geographie, nur Strabo umfaßte ihn in ſeiner
Geographia univerſalis. Er zerfällt in 3 Hauptabtheilungen
Mit dem Starren beſchäftigt ſie die Geognoſie. Das
Unpaſſende dieſer Benennung möchte ſchwer bei der allge-
meinen Annahme zu bekämpfen ſein. Dieſer geognoſtiſche
Theil zerfällt wieder in 5 Abtheilungen.
a. Geſtalt der Erde.
Die Geſtalt der Erde zu erforſchen iſt nicht ein Gegen-
ſtand der Neugierde allein, ſondern man hat ſich vergänglich
neuerlichſt damit beſchäftigt, weil ihre Kenntniß ſehr
wichtig für Schiffarth, Beſtimmung der Orte, für Land-
karten, Meſſungen der Abſtände und für die Beſtimmung
der Maaße geworden iſt. Die Beſtimmungen der
Geſtalt ſind einzeln entſtanden.
Wenig Geſchichtliches werde ich hier anführen, und mich
nur an die Hauptmomente halten. Die Alten hielten
die Erde für eine flache Erdſcheibe vom Ocean umfluthet.
Die Anſicht daß die Erde rund ſei, hatte nach Plinius ſchon
Thales und fand ſich dann auch in der ioniſchen Schule.
Da aber Plinius oft unzuverläſſig iſt, ſo ſcheint es wahr-
ſcheinlicher daß dieſe Anſicht der pythagoräiſchen Schule an-
gehört, wo uns Phylolaus Bürgſchaft leiſtet, da er die-
ſelben Gründe aufſtellte, die bis zur Umſchiffung der
Weltkugel dafür gelten, alſo bis zum Anfange des 16ten
Jahrhunderts. Die Geſtalt des Erdſchattens im Monde,
ſo wie die Bemerkung, daß auf der Reiſe von Cypern nach
Aegypten das ſchöne Geſtirn des Centauren allmählig
aufſteige, leiteten ihn dazu. Schon Ariſtoteles de coelo
ſagt, die Erde muß eine ſphäriſche Geſtalt haben, da jedes
Theilchen durch Anziehung nach dem Mittelpuncte getrieben
wird, ſo müßten die äuſſern in gleichen Entfernung ſich
anhäufen. – Die Idee der Gegenfüßler war bei
den Alten ſchon gemein, und von Diogenes Laertius zuerſt
ausgeſprochen. Merkwürdig genug daß dieſe Anſichten im
Mittelalter wieder verworfen waren; ſo ſetzte der Pabſt
Zacharias den Erzbiſchof von Salzburg ab, weil er äußerte
daß es Antipoden gäbe. Ebenſo zeigen die Schwierigkeiten
die man Columbus machte, daß dieſer Glaube damals nicht
allgemein angenommen war.
Die erſten Verſuche der Meſſungen wurden unter dem
Califen Almammunion in Meſopotamien angeſtellt.
Man kann nicht den ganzen Umfang meſſen, ſondern nur
wenige Grade. So maaß man zuerſt geometriſch und aſtro-
nomiſch, indem man von dem Scheitelpuncte eines Sterns
bis zu dem eines andern maaß, und denn auch die Entfernung
zwiſchen beiden nach Graden aufnahm; und da der Umfang
der Erde wie jeder Kreis 360 Grade hat, ſo konnte die
Größe der Erde leicht berechnet werden. Eine der leichteſte
Methoden iſt von dem Holländer Schnellius 1674 angegeben,
wonach man ein trigonometriſches Netz zog und die Baſis
einer der hierdurch entſtehenden Triangel maaß, und die an-
dern danach berechnete. Eine andere Methode iſt von Pitar
aufgeſtellt, aber D’Alembert beweiſt daß dieſe alle nicht
genau ſind, wenn ſie nicht mit der Verfolgung des Meridians
vorgenommen werden.
Ein anderer Theil der Meſſungen ſind die aſtronomiſchen.
Hier wird der Winkel durch den Unterſchied der Meridianshöhen
beſtimmt. Am einfachſten kann man ſie auch durch die Entfernung
von 2 Zenithſternen finden. Die erſten Meſſungen werde
Ariſtoteles zugeſchrieben, der Bibliothekar an den Muſeum
in Alexandrien war; man weiß aber daß er ſie nur ab-
ſchätzte, indem er einen Stift auf einen zinnerne Scheibe
aufſtellte, auf der durch Ringe eine Scala angegeben war,
wonach er den Umfang der Erde ziemlich genau traf, da er
ihn auf 5800 Meilen berechnete, und der wahre 5400 Meilen
hat. Eine ähnliche Meſſung iſt von Poſidonius dem Lehrer
Ciceros vorgenommen, der den Canopus zur Hülfe nahm.
Ptolemeus ſelbſt rühmt ſich eine Meſſung gemacht zu haben;
dies ſoll vorzüglich die Veranlaſſung zur Aſtronomie
in Arabien gegeben haben.
Die erſten genauren Meſſungen ſind von Depica 1669
unternommen, und von Miraldi und den beiden Casſinis
wieder genauer unterſucht. Merkwürdig genug fanden ſie,
daß die Erde an den Polen nicht abgeplattet, ſondern zu-
geſpitzt ſei. Da Newton aber bewies, daß ſie abge-
plattet ſein müße, ſo wüurden Meſſungen an den Polen
ſelbſt hierdurch veranlaßt. Man fing im Anfange das 18ten
Jahrhunderts auch an Pendelverſuche anzuſtellen. Sie gaben
Veranlaſſung der Reiſen von Richet, Casſini und Baudin
nach Cajenne und Quito, wo ſie an den Schneegrenzen auf
den Gebirgen, und auf dem niedern Belte der Flüſſe mühe-
volle Beobachtungen anſtellten, die von 1735–1746 dauerten.
Es ergab ſich daß die Pendel dort 2 Minuten 18 (?) Secunden
zu langſam gingen. Man bediente ſich hierbei der Pyramidal-
ſignale, ſpäter wurden Feuerſignale angewendt; neuerlich
hat Herr Besſel die Reflection des Sonnenlichts vorge-
ſchlagen, und Herr Gaus hat hierbei eine ſolche Vorrichtung
getroffen, daß man damit auf 26 Meilen ſignaliſirt hat.
Eine andere Meſſung geſchah 1736 von Claiſot, Meaubertui
und Monnier im Norden auf Lappland, und wurde auf dem
Fluſſe Tornas angeſtellt, deren Richtigkeit aber immer noch,
wie ſchon früher geſagt, zweifelhaft iſt.
Die große franzöſiſche Meſſung hat die Beſtimmungen
des Maaßes in Frankreich zur Folge gehabt. Der 10
millionenſte Theil von ¼ des Erdumfanges ſollte das
Längenmaaß für den Meter, und der 1 tauſenſte Theil
vom Cubicmeter deſtillirten Waſſer ſollte der Maaß
des Kilograme’s ſein. Die von Tobias Meyer erfundenen
Repitirkreiſe wurden hierbei zuerſt angewandt, wodurch
ſich größere Fehler vermeiden laſſen.
Die Meſſungen neuerer Zeit, die von England ausgingen,
ſind von Herrn Arago und Herſchel Sohn geleitet. Rußland
und Finnland ſind von Herrn Struwe gemeſſen.
Das Reſultat dieſer verſchiedenen Meſſungen iſt, daß
der Grad unter dem Aequator 57,700, in Frankreich
57,600 und in Lappland 57,200 Toiſen hat. Die größten
Meſſungen mit Pendel ſind durch Engländer und Franzo-
ſen angeſtellt. Die Meſſungen der Abplattung nach den
Polen zu, ſchwanken aber noch zwiſchen 1/305 und 1/280. Dieſe
Zweifel machen 360′ oder 1/18 der Abplattung. Der Aequator
iſt demnach 10,700 Toiſen oder 67,200′ mehr von Centrum
der Erde entfernt, als die Theile der Pole, ſo daß die
Gegenden unter dem Aequator etwa 3 Meilen, oder
zwiſchen 2–3 doppelte Höhe der größten Berge, höher als die an den Palme ſind.
Man hat geglaubt hierin auch den Grund des günſtigern Clim[as]
der Tropenländer zu finden. Die Gradmeſſungen geben
immer weniger Abplattung wie die Pendel. Nach der Bahn
des Mondes iſt ſie 1/299, nach dem Pendel 1/280–1/290.
Die Meſſungen in der ſüdlichen Hemisphäre von La Caille,
Freycinet, Duperet und einiger Spanier in Peru und Chili
haben erwieſen, daß die Erde nach beiden Polen zu,
gleichmäßig abgeplattet iſt. Aber unter verſchiedenen Meri-
dianen ſind die Reſultate der Meſſungen oft ſehr ab-
weichend geweſen. In einigen Gegenden von England hat
man nur 1/130 (?) Abplattung gefunden, wonach die Pole ſpitz
ſein müßten, in Frankreich dagegen 1/239. Wir ſehen hieraus
daß die Erde ein Streben zur Regelmäßigkeit hat, es
aber nicht ganz geworden iſt. Auf Veranlaſſung der
franzöſiſchen Regierung ſind Meſſungen von Bourdeaux
bis Fiume, einer Weite von 15 Längengrade, angeſtellt,
und Oeſtreich läßt dieſe durch Ungarn fortſetzen, ſo daß
dieſe Meſſung in einer geraden Richtung von Weſten
nach Oſten 24 Längengrade betragen wird.
Ehe ich dieſen Abſchnitt verlaſſe, muß ich über die
Figur der Erde noch Einiges ſagen. Man hat dieſe,
und vorzüglich die Abplattung auf 3 verſchiedene Arten
bewieſen. Als durch die Mondtheorie, den Gradmeſſungen
und durch die Pendel verſuche. Es iſt merkwürdig, daß die
beiden erſtern faſt daſſelbe Reſultat geben, nämlich
nach der Mondtheorie beträgt die Abplattung 1/304, und nach
angeſtellten Meſſungen 1/305. Die Pendelverſuche dagegen
ergeben nur 1/290. Es beträgt dieſe Verſchiedenheit aber
nicht mehr als 3500 Fuß des Aequinoctialhalbmeſſers
oder 1/5000 des Erddurchmeſſers; ſie iſt ſo geringe als
wenn man ſich an der Höhe der Schneekoppe um einen
Fuß geirrt habe. Die Pendelverſuche geben nur die
Abplattung, aber nicht die Größe, den Umfang. Man kann
jetzt ohne eine Obſervatorium zu verlaſſen, den Umfang
der Erde aus der Mondtheorie angeben, da die Parallaxe
von der Höhe des Mondes ausgeſchloſſen den Umfang giebt.
La Cailles Behauptung, daß die ſüdliche Hemisphäre mehr
als die nördliche abgeplattet ſei, iſt durch die Meſſungen
von Alex. Mareſpina an der Weſtküſte von Südamerika,
und des Generals Brieske in Neuholland widerlegt, nach
welchen, nach beiden Polen zu die Abplattung gleich-
mäſſig iſt. Die Unregelmäßigkeit der Erde kann oft
groſſe Täuſchungen hervorbringen. Im ſüdlichen Theile von
England, weicht ſie ſo ſtark gegen den nördlichen ab, daß
danach die Pole zugeſpitzt ſein müßten. Es iſt merkwürdig
genug daß gerade auf den Inſeln dieſe Unregelmäßigkeiten
ſo groß ſind, denn wenn man unter denſelben Meridian fort-
geht, erſcheint die Abplattung weit regelmäſſiger da ſie
in Frankreich 1/55 iſt.
Durch Pendelverſuche kann man faſt auch auf die geo-
gnoſtiſche Beſchaffenheit der Erde ſchließen. Fre[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]ycinet,
Duperet und Watſon fanden, daß auf den ſüdlichen vul-
kaniſchen Inſeln, zu denen Isle de France gehört, das Pendel
ſchneller ſchwingt, und in einem Tage 12–13 Oscillationen
mehr machte, die Attraction daher ſtärker als auf dem
Continente ſein muß. Es ſcheint von der Dichtigkeit der
Maſſen im Innern der Erde bedingt zu ſein, da die Nähe einer
Platinkugel einen groſſen Einfluß auf die Oscillationen
des Pendels zeigt, denn je dichter die Maſſen um ſo mehr
Pendelſchwingungen, und um ſo weniger abgeplattet würde
die Erde ſein. Man muß bei Pendelverſuchen daher wohl
unterſcheiden, ob die geognoſtiſche Unterlage urſprünglich,
oder durch vulkaniſche Erſcheinungen aus dem Innern der
Erde emporgehoben iſt.
In neuern Zeiten hat auf Laplace’s Anrathen, das
franzöſiſche Gouvernement in Verbindung mit Sardinien
und Oeſtreich, eine Meſſung in der Richtung der Parallele von
Weſten nach Oſten ausführen laſſen, um zu unterſuchen,
ob auch eine Abplattung von Oſten nach Weſten ſei. Schon
1733 haben Miraldi und Casſini, aber mit unvollkommenen
Inſtrumenten ſolche Meſſungen unternommen, die natürlich
zu keinem richtige Reſultate führten. Dieſe Operationen
aber von B[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ousſot, Henry und andere geleitet, und ſchon
in einer Entfernung von 15 Längengraden ausgeführt,
gehen von Bordeaux bis Fiume über die Spitzen des
Mont blanc und Mont Cenis weg, auf denen Signale ſtehen
Oeſtreich läßt jetzt dieſe Meſſungen bis an die öſtlichen
Grenzen Ungarns fortſetzen, ſo daß ſie wie ſchon erwähnt 24
Längengrade betragen werden. Durch dieſe Meſſungen hat
man eine ſehr bedeutende Abplattung gefunden, die noch größe
als die nach den Polen zu iſt, da ſie 1/260–1/270 beträgt.
Doch hat Herr Bousſot darauf aufmerkſam gemacht, daß man die
fernere Ergebniſſe erſt abwarten müße, da die hohen
Berge wohl durch ein größeres Reſultat täuſchen könnten.
Die Dichtigkeit der Erde nimmt nach dem Centrum
zu, und wahrſcheinlich [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]oder vielmehr gewiß, gleichmäßig
wie das Quadrat der Oberfläche. Nach Laplace iſt dieſe
Zunahme der Dichtigkeit höchſt wichtig für die Stabilität
der Meere; wären ſie mit Queckſilber gefüllt, das durch
ſeine eigene Schwere auch minder von der Dichtigkeit der
Erde angezogen würde, ſo könnte es den ſtarren Theilen
gefährlich werden. Die Zunahme der Dichtigkeit läßt ſich
auch aus der Abplattung ſchließen, da dieſe ſonſt 1/230
ſein würde. – Die Dichtigkeit der Erde braucht nicht
in feſter ſtarren Maſſe, wie Metalle, Magneteiſenſtein u. ſ. w.
zu zunehmen, es können auch flüſſige oder gasförmige Körper
ſein, die durch den auszuhaltende ungeheuren Druck com-
primirt werden würde. Der alte Glaube, daß das Innere
der Erde hohl ſei, iſt neuerlich wieder durch den Capitain und
Aſtronomen Simſen in Nordamerika, in Anregung gebracht, der
ſogar ſelbſt eine Schilderung davon giebt. – !! Herr Chladni
hat ſehr richtig bemerkt, daß wenn im Innern der Erde Luft
wäre, dieſe eine ſo ſtarke Compreſſion erleiden würde, daß
ſie phosphoriſch leuchten müßte. Schon Halley und auch Lichten-
berg haben geſucht, der Idee, daß die Erde hohl ſei, Wahr-
ſcheinlichkeit zu geben.
Die Erde iſt nicht allein gemeſſen, ſondern auch gewogen,
und zwar mit großer Genauigkeit. Die Theorie konnte
ſchon das Verhältniß geben, welches die Erde im Gewichte
gegen das Waſſer hat. Wenn man die Geſetze des
Gleichgewichts, der Abplattung, der Rotation, und des zu-
nehmenden Druck’s der Dichtigkeit, der von der Oberfläche ausgeht,
ſo giebt dies eine Theorie für die mittlere Dichtigkeit
der Erde. Die unmittelbare Abwägung hat daſſelbe zu-
gegeben, wonach die mittlere Dichtigkeit 4,7 iſt, alſo
47/10 mal dichter als Waſſer. Man hat daraus ſchließen
wollen, daß die Erde einen metalliſchen Kern habe.
Eine andere Unterſuchung der Dichtigkeit der Erde geſchieht
durch die Attraction der Berge. Man wählt nämlich im Ge-
birge das von Weſten nach Oſten ſtreicht, nimmt zur Meſſung
ein aſtronomiſches Inſtrument das mit einen Pendel ver-
ſehen iſt, und mißt unter Zenithſternen die Berge auf
auf der nördlichen und ſüdlichen Seite. Die eine Seite
wird eine ſtärkere Attraction zeigen als die andere, die
durch die Ablenkung des Pendels erkennt wird. Die
innere Maſſe hat nach ihrer Dichtigkeit eine ſtärkere oder
geringere Abweichung. So fanden Herr Baudin und Bourges
als ſie bei Quito die Anden maaßen eine geringere Anzie-
hung, als hätte ſeine müßen, und ſie ſchloſſen mit Recht darauf
daß das Innere derſelben hohl ſein müße. Vergleicht man
die beiden Meſſungen mit einander, und kennt die Gebirgs-
arten des dazwiſchen gelegenen Gebirges, ſo läßt ſich leicht
beſtimmen, wieviel von der Attraction der Erde, und wie-
viel dem Gebirge angehört. Herr Plefery fand ſo bei drei
Gebirgsarten die Attraction, und zog die dieſen zu kom̃ende
davon ab, und fand ſo gleichfalls die Dichtigkeit der Erde
4,7. Herr Carini in Mailand hat am Mont Cenis ähnliche
Meſſungen vorgenommen, Herr Briol in Bordeaux, und Herr
Zach hat die Berge um Marſeillen gemeſſen. Alle Beſtimmungen
ſchwanken um obige Zahl.
Eine dritte Art die Dichtigkeit der Körper zu beſtimmen
iſt die vermittelſt der Drehwege. Schon 1668 war Mitſchel
auf die Idee gekommen, durch einen an einem Faden aufge-
hängten Stab die Attraction der Körper, und nach dieſer ihre
Dichtigkeit zu beſtimmen. Sie wurde nachher von Herrn Caillon
1771 eingeführt, nachdem ſie von Herrn Cavendish verbeſſert war.
Er hing nämlich einen Stab, deſſen beide Enden mit einer
kleinen Bleikugel verſehen waren, in einem Schwerpuncte an
einem Faden auf, und umgab dieſen mit einem gläſernen Kaſten.
Wurde nun einer dieſer beiden Kugeln eine größere Blei-
kugel genähert, ſo erregte dieſe bei jenen durch die größere
Anziehung ihres Volumens Oscillationen, nach deren Stärke
die Quantität der Anziehung iſt. Auf dieſe Weiſe fand
Cavendish die Dichtigkeit der Erde zu 5,1; doch hat Caillon
gezeigt daß ſie wahrſcheinlich 4,7 und vielleicht noch geringer
iſt. Die Verſuche mit der Drehwege haben das Nachtheilige,
daß die Annäherung eines jeden Körpers Einfluß darauf hat,
weshalb man ſie in einiger Entfernung mit Fernröhren beobachtete.
1. Die innere Wärme. Ueber ihre Verbreitung kann
ich hier nur allgemeine Mittheilungen geben, auch nicht in
chemiſcher Beziehung auſeinander ſetzen, ſondern nur von
ihrer geographiſchen Verbreitung reden. Der Einfluß der
Wärme überhaupt iſt 3 Einflußen unterworfen: a. Von
auſſen durch die Sonnenſtrahlen, deren Einfluß verſchieden
nach ihren Einfallswinkel und der Dauer iſt. b. Eine
Theilnahme an der Wärme die im Weltraum exiſtirt,
durch das Strahlen der Weltkörper gegen einander. Wir
können ſie nicht meſſen, aber die Temperatur der ver-
ſchiedenen Jahreszeiten läßt dieſe Wahrheit nicht beſtreiten.
Die Wärme würde ungeachtet der Hülle der Atmosphäre
ausſtrahlen, und größere Temperaturverſchiedenheiten zur
Folge haben. Herr Delambert hat bewieſen, daß wenn den
Weltraum nicht eigene Wärme hätte, ſchon im October
alle Wärme des Sommers durch die Pole würde entgangen
ſein; und er glaubt, daß ſie der mittleren Temperatur
der Polarländer gleich ſei.
c. Die primitive Wärme welche der Erde angehört,
die ſich bei der Oxydirung der äuſſern Rinde bildete, und noch
zum Theil im Innern eingeſchloſſen iſt. Denn wenn ein
flüſſiger Körper in einen ſtarren übergeht, wird innere
primitive Wärme entbunden, ſo auch bei der Erde. Sie
hat faſt keinen Einfluß auf die äußere Temperatur.
Es iſt hier ein ſolches Gleichgewicht der äußern Wärme
und der Mittheilung derſelben aus dem Innern, durch die Pole
ſo hergeſtellt, daß in Jahrtauſenden die Erkältung nicht
um 1/30° R. verändert wird. Die Wärme aus dem Innern
der Erde hat auf die äußere aber auch kaum ¼° R. Einfluß.
Die Perioden der Wärme ſind verſchieden nach den Jahres-
zeiten. So iſt die Wärme bei 2–2½′ Tiefe binnen 24
Stunden keiner Veränderung durch die äußere W. unterworfen;
bei 22′ Tiefe iſt die mittlere Temperatur für jeden Theil
der Erde gleichmäßig. Herr Arago fand in dem Keller
des Obſervatoriums zu Paris, an einem der heiſſeſten
Tage (den 20ten Jul 1825) bei 26⎡½° äußerer Temperatur, wo
der Sand 42° hatte, der in den Tropen oft 52° Wärme
annimmt, folgende Reſultate: bei 1½′ Tiefe 22½° Wärme,
bei 10′ Tiefe 11°, und bei 20′ Tiefe aber ſchon, ungeachtet
der warmen Jahreszeit die mittlere Temperatur von 92/10°,
die etwa um 1° höher als die mittlere Temperatur der Luft
iſt. Hieraus folgt, alle Punkte in einer Vertikale erreichen
nicht zu gleicher Zeit das Maximum und Minimum der Temperatur.
Lambert und früher ſchon Sausſure haben Thermometer
von 20–80′ Länge in die Erde gelaſſen, die daſſelbe Reſultat
geben. Bei einer Tiefe von 100–120′ iſt keine Gährung ?
mehr. Bis zu 10′ Tiefe braucht die Wärme 2–3 Monate,
dann im 8br erſt fing die Wärme bei 8′ Tiefe an zu zunehme.
Der Temperaturzuſtand des Erdkörpers iſt ſich innere gleich,
was er am Aequator erhält, verliert er wieder durch das
Auſſtrömen an den Polen.
Mondbeobachtungen zeigen, daß die Dauer des Tages
ſeit Hipparchs Zeiten nicht um 1/4000 Theil abgenommen hat,
alſo keine Veränderung der Rotation der Erde ſtatt fand.
Wäre aber die Rotation und Translation der Erde in Zu-
nehmen, ſo würde der Punct, wo die gleiche Temperatur in
der Erde iſt, der Oberfläche näher rücken, weil denn eine ſchnelle
Zu- und Abnahme der Wärme entſtände. Dieſe Puncte ver-
halten ſich wie die Dauer der Wärme ſelbſt, oder wie der-
jenige Punct der täglichen Wärme zu der Dauer der Jahres-
zeiten, oder wie 1:19, der Quadratwurzel aus 365.
Es giebt 2 Mittel die primitive Wärme der Erde zu meſſen,
nämlich durch Beobachtungen in den ſtarren Theilen der Erde, als
in Bergwerken und durch Bohrlöcher, und durch Beobachtungen
der Wärme in den Quellen ſelbſt, die nicht blos die Leiter
der Wärme ſind, ſondern ſie auch durch das Eindringen ins
Innere erzeugten.
Es hat ſich ergeben, daß die Erdwärme in den kältern
Gegenden größer iſt, als in den gemäßigſten, und wahrſchein-
lich auch in den Tropenländern. Der Herr L. von Buch hat
dieſe Anſichten herrlich entwickelt, ſo wie die Theorie der
Vulkane und die Erzeugung der Feuerſtröme, die in einer
beſtändigen Circulation mit dem Innern der Erde ſind.
Dieſe richtigen Ideen über die Centralwärme exiſtirten nach
Plato ſchon bei den Alten. In der Zwiſchenzeit der mittlere
Jahrhunderte finden wir keine Spur davon. Später hat
Merang in einem großen Abſtande 1720–1765 zwei Abhand-
lungen über die Centralwärme der Academie übergeben, die
aber voll von Irrthümern ſind. Vorzüglich Beobachtungen hat
Lambert angeſtellt, früher hatten jedoch Jean San in den Vogeſen
und Sausſure bei Breſt (?) ſchon Unterſuchungen in Bohrlöchern
veranſtaltet. Die merkwürdigſten Verſuche ſind aber in England
durch Fox und Beuth angeſtellt, welche die Wärme der tiefſten
Bergwerke beobachteten. Die beſten Verſuche durch Bohr-
löcher hat Herr Treber in Sachſen angeſtellt. Er fand in einer
Tiefe von 120 Lachtern, eine Wärme von 12° R. da die mittlere
Temperatur von Freiberg nur 6° R. hat. Die Tiefen der Steinkohlen-
bergwerke in England haben 20° R. Selbſt auf hochliegenden
Bergen iſt die Temperatur in den Gruben bedeutend verſchieden.
So fand ich in Gruben auf Bergen in Peru, die über
11,000′ hoch waren eine Temperatur von 15°, und wo die mittlere
Temperatur der Luft der von Berlin ziemlich gleich kommt. In den
ſehr hoch gelegenen Gruben etwa 14,400′ von Acunto in
Mexico, fand man eine Quelle die 27° warmes Waſſer
hat, während die Temperatur der Grube nur 13° beträgt.
Daß die Temperatur mit der Tiefe zunimmt, leidet
keinen Zweifel, und zwar weit ſchneller iſt dieſe Zunahme,
als es die Abnahme der Temperatur über der Oberfläche
der Erde, nach den obern Luftſchichten zu iſt. Denn bei 80′ Tiefe
nimmt die Wärme ſchon um 1° zu, in der Luft dagegen muß
man 650′ hoch ſteigen um den Unterſchied von 1° zufinden.
Die beſtimmteſten Verſuche ſind die welche in den Keller
des Obſervatoriums zu Paris angeſtellt ſind, wo eine blei-
bende Temperatur von 94/10° in der Tiefe von 85′ iſt, während Paris
die mittlere Temperatur von 8½° hat.
Die Verſuche durch Quellen die innere Temperatur der
Erde zu finden, ſind zuerſt 1775 von einem engliſcher Phyſiker
angeſtellt, der ein conſtantes Verhältniß in den Quellen fand.
Man hat 2 verſchiedene Arten von Quellen beobachtet, nämlich
ſolche deren Temperatur unverändert bleibt, und ſolche welche einem
monatlichen Wechſel unterworfen ſind.
Von der großen Erdwärme welche im Innern der Erde
am Nordpol herſcht, haben die Unterſuchungen der Herren von
Buch und Wahlenberg, höchſt intereſſante Reſultate gegeben.
Es giebt hier Quellen, wie ſelbſt auch in den Hudſonsbay, die
bei der ſtärkſten Kälte nicht verſiegen. Nach von Buch
nimmt die Temperatur im Innern der Erde den Zonen zu, ab, was
er auf den canariſchen Inſeln beſtätigt fand. In Schwe-
den bei einer Breite von 66° fand Wahlenberg Quellen von
4–6° Wärme. Dagegen näher nach dem Süden zu, zwiſchen
58–60° Breite iſt die Temperatur der Quellen gleich der der Luft.
In Italien dagegen und auf den canariſchen Inſeln ſind
die Quellen kälter als die Atmosphäre, und ſelten über 11°.
Man hat die Urſache davon in der weiteren Entfernung der
dem Aequator näher gelegenen Länder vom Centrum der
Erde, als es die Polarländer ſind, geſucht, doch dieſer Einfluß
iſt nicht ſo groß als man glauben ſollte. Denn die Schichten welche
ungleich vom Centrum entfernt ſind, können doch eine gleiche
innere Wärme haben, da die Quellen welche von den Bergen
kommen, nicht immer die Kälte ihrer Temperatur haben, ſondern oft
wärmen als die der Ebenen ſind.
Die Urſachen deren ſind mannigfaltig. Eine der wichtigſten
iſt die Regenzeit in den Wintermonaten der Tropenländer,
wo das Waſſer von niedriger Temperatur die Wärme des Erdkörpers
vermindert. Der Schnee dagegen iſt ein ſchlechter Wärmeleiter,
er hindert daß die Wärme herauskommt, und die periodiſche
Veränderung wird dadurch geringer. Wenn in der nördlichen
Zone, der Erdkörper mehr erwärmt iſt als in der ſüdlichen,
ſo kann dies nur von der größere Maſſe der ſtarren Theile
herrühren. Man hat nämlich in gleicher Tiefe und unter
gleichen Breitegraden vom Aequator, nicht dieſelbe Temperatur zu
finden geglaubt, und in der nördlichen die Wärme ſtärker
wahrgenommen.
Das letzte Phänomen ſind die Eismaſſen im Innern
der Erde ſelbſt gefunden. Mali erwähnt in dem ruſſiſchen
Archiv gefunden zu haben, daß bei Irkutsk die Kaſacken
an einem Brunnen bei 100′ Tiefe nicht weiter graben konnten,
weil ſie auf feſtes Eis ſtießen. Wenn gleich dieſe
Angabe wenig Glauben verdient, ſo iſt die in der neueſten
Zeit von Capitain Fränklin unternommene Landreiſe nach
dem Mackenzie- und Kupferminenfluß mehr Bürgſchaft dafür.
Dieſer hat unter einer Breite von 65½°, in einer Tiefe
von 3′ feſte Eismaſſen gefunden. Es hätte hier wohl unter-
ſucht werden ſollen, ob und [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]bei welcher Tiefe ſich wieder eisfrei
ErdMaſſen zeigen. Man findet jedoch in dieſen Gegenden
ſelbſt mit Pflanzen bewachſene Erdſchichten, die Eis zur
Unterlage haben. So hat der Capitain Davy auf Eis-
maſſen die nur 3′ mit Erde bedeckt waren ſelbſt baum-
artige Gewächſe gefunden.
Noch muß ich bei der Anſicht über die Temperatur der
Quellen erwähnen, daß diejenigen Quellen welche ſo reich
an Kohlenſäure ſind, immer einer 3–4° höhern Temperatur haben,
als die ohne Kohlenſäure; wahrſcheinlich kommen die Q.
mit Kohlenſäure tiefer hervor, und ſind vulkaniſchen
Urſprungs. Selbſt gleiche Verſchiedenheit zeigt ſich, wenn
ſie auch beide dicht neben einander ſind.
Nicht die Theorie deſſelben, noch die Aufzählung der Phäno-
mene werde ich hier erörtern, ſondern nur von der geographiſche
Vertheilung deſſelben werde ich reden, aber doch Mehreres
aus dem Gebiete der Phyſic dabei erwähnen.
Eine der älteſten Beobachtung iſt, daß der Magnetismus
dem Eiſen und beſonders dem Eiſenerz allein angehöre, und dieſes
an der Erdoberfläche ihn ſtärker beſitze als in der Tiefe.
Reines Eiſen kann ſeinen Magnetismus nicht in vertheiltem
Zuſtande lange behalten; wohl aber kann der Stahl, der eine
Vereinigung von Eiſen mit etwas Kohle iſt, oder Eiſen in Ver-
bindung mit etwas Schwefel oder Phosphor, die magnetiſche
Kraft leicht an ſich ſelten, wenn es ein magnetiſchen Zuſtande
gerieben wird, und zwar am beſten mit einem Magnete.
In neuern Zeiten iſt erſt entdeckt, daß außer dem Eiſen,
auch metalliſches Nickel, Kobalt, Mangan und Chrom vom
Magnet angezogen werden, dieſe Eigenſchaft aber durch Ein-
miſchung von Arſenik verlieren. – Herr Arago hat
dargethan, daß alle Körper tranſitoriſch von magnetiſchen
Kräften ſollicitirt werden können. Er wurde zuerſt darauf
aufmerkſam gemacht, als er zu Paris Pendelverſuche anſtellte,
die Schwingungen deſſelben aber ſo gehemmt wurden, als wenn es
ſich im Waſſer bewege, und nach einigen 20 Schwingungen
ſtand es ſtill. Später fand er, daß dies von kupfernen Ringen
herrühren, die an den Seitenſtäben befeſtigt waren, was ihn
zu der Entdeckung leitete, daß alle Körper ſelbſt die nicht
metalliſchen, Einfluß auf die Pole der Nadel haben, und daß
feſt alle Körper, als Holz, Papier etc. etc. je ſogar Waſſer
und Eis magnetiſch werden können, von Magnetismus afficirt
werden. Bei dieſen iſt der Magnetismus aber nicht blei-
bend, ſondern nur tranſitoriſch erregt. Man hat auch [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]gezeigt
daß durch Schwingungen dieſen Körper die Nadel in Bewe-
gung geräth. Schon Coulomb hat von langen Zeit ge-
zeigt, daß alle Körper vom Magnete ſchwach afficirt werden,
aber die feinſten Werkzeuge ſind erforderlich, um es zu
bemerken.
Hanſteen hat eine magnetiſche Polarität aller Gegenſtände
auf der Oberfläche der Erde durch ſehr ſinnreiche Verſuche be-
wieſen, indem er gefunden hat, daß die Magnetnadel nahm
an der Erde auf der nördlichen Seite z. B. eines Baum’s,
eines Pfahls, eine größere Anzahl Schwingungen in einer
beſtimmten Zeit macht, als auf der ſüdlichen Seite deſſelben,
daß ſie aber umgekehrt auf der ſüdlichen Seite des oberen
Endes des Pfahls oder des Baumes geſchwinden ſchwingt, als
auf der nördlichen, welches in dieſen Gegenſtänden eine ſchwacher
magnetiſche Polarität anzeigt. Sie haben alle den Nordpol
unten und den Südpol oben. Es iſt folglich keinem Zweifel
unterworfen, daß nicht jeder Theil des Erdbodens an der
allgemeinen Vertheilung des Magnetismus Antheil nehmen ſollten,
allein durch unſere magnetiſchen Verſuche wiſſen wir, daß
dieſelbe unendlich viele Male ſtärker in den Eiſenerzen,
dem Eiſen und in eiſenhaltigen Körpern iſt, und die Erfah-
rung hat uns gelehrt, daß dieſe Metall in größerer oder
geringerer Menge einen Beſtandtheil der Körper unſers
Erdbodens ausmacht. Eine nothwendige Folge deren iſt,
daß die ungleiche Vertheilung dieſes Metalls in der ur-
alten innere Maſſe des Erdbodens auch auf die Magnetnadel
Einfluß haben, und die Abweichung derſelben, vielleicht auch
ihre Neigung, verändern müßte, je nachdem die Erde in größerer
oder geringerer Entfernung nach Oſten oder Weſten zu, oder
auch näher unter ihrer Oberfläche, reichhaltiger an dieſem
Metalle iſt. Die jährlichen Veränderungen der Abweichung
können von Veränderungen in der magnetiſchen Kraft der
Erde herrühren, welche durch die in ihrem Innern fortwährend
vor ſich gehenden chemiſchen Proceſſe verurſacht werden.
Ampère und Arago fanden, daß, wenn man einen Metall
dreht in Spiralform, d. h. in einer Schraubenlinie, dreht,
und nachher durch dieſe Spirale die elect. Entladung leitet,
ſo bildet die Spirale einen Magnet, der dem gewöhnliche
künſtlichen Magnet in allen ſeinen Eigenſchaften vollkommen
ähnelt. Es ſoll aber dabei auf die Richtung der Schraube
ankommen. Durch Herrn Poggendorfs und Schweigers Ent-
deckung iſt es möglich geworden, durch die Magnetnadel
die Exiſtenz einer noch ſo ſchwacher Säure anzuzeigen, die
man durch chemiſche Reagentien nicht entdecken kann, und
dieſes geſchieht vermittelſt der Hydroelektricität.
Herr Seebeck hat die Entdeckung gemacht, daß in Metallen
(2 verſchiedenen), welche ſich an zwei, von einander entfernten
Stellen berühren, von denen die eine erſitzt wird, ein
elektriſcher Strom entſtehe, welcher die Metalle mit voll-
kommen derſelben Art Polarität, wie bei Entladung des
elektriſchen Paares, magnetiſch macht. Thermoelektricität.
Beim Verrücken des magnetiſchen Aequators iſt keine
Verſchiedenheit der Temperatur bemerkt. Die Einflüſſe
der verſch. Erwärmung durch die Sonnenſtrahlen auf der Oberfläche
der Erde, die auch auf chemiſche Veränderungen ſoviel Einfluß
haben, machen es wahrſcheinlich, daß ſie auch auf die elektro-
magnetiſche Spannung der Erde modificiren, und die zum Theil
abhängig von der Veränderung der Wärme auf der Oberfläche
oder im Innern der Erde iſt. Die Sonnenſtrahlen bringen
ebenfalls Magnetismus hervor, aber nur die violetten,
eine Bemerkung die zuerſt Herr Morichini in Rom machte.
Herr Boulaton fand, daß durch ihre Einwirkung, das was
zuvor der Nordpol war, in den Südpol verwandelt wurde.
Ueber die magnetiſchen Kräfte ſind von mir die höchſten
Meſſungen auf Bergen z. B. in der Grotte Ascellana angeſtellt,
die 15000′ hoch liegt, und wo ſie ſich wie 23:21 verhielt. Dies
Reſultat konnte aber nicht genau ſein, weil in der Grotte
Trachinitſteine waren, die wohl darauf einwirken konnten.
Auf einer aeroſtatiſchen Reiſe dagegen hat ſich Gay Lusſac
zu einer Höhe von 21,500 emporgeſchwungen, wo er die Mag-
netnadel ſchwingen ließ, die aber daſſelbe Reſultat gab,
als in dem unter ihm gelegenen Paris. Dieſe Luftfahrt
machte Gay Lusſac an einen ſehr warmen Tage wo das Thermometer
in Paris 26° R. zeigte, und in jener Höhe hatte er 9° Kälte
zu ertragen. Dieſe Beobachtung leitete zu dem falſchen
Schluſſe, daß auf dieſer Höhe dieſelbe magnetiſche Spannung
ſei wie auf der Oberfläche der Erde. – Herr Kupfer hat
aber bewieſen, daß bei einer Zunahme der Wärme, auch
die magnetiſchen Kräfte ſtärker werden, und gezeigt daß in
den höhern und kältern Luftſchichten auch die magnetiſchen
Kräfte geringer ſein müſſen. Herr Erman hat auch eine
Reihe ähnlicher Verſuche in den Tiefen der Bergwerke
vorgenommen, aber hier keine beſtimmte Zunahme der mag-
netiſchen Kräfte ergründen können. Herr Trauton in
England ſtellte die höchſt eigene Behauptung auf, daß die
magnetiſchen Kräfte im dunkeln nicht dieſelben wären,
als diejenigen welche beim Tageslichte ſich äuſſern. Aber
die erſten Verſuche über die Pendelſchwingungen der Mag-
netnadel wurden von Casſini in den Kellern des Pariſer
Obſervatoriums angeſtellt, und vielfältige Wiederholungen
haben keine Differenz gezeigt.
Es iſt hier nicht der Ort, die Urſachen des Magnetismus
ſelbſt zu erforſchen, ich werde nur Hypotheſen heraus haben,
und in ſoweit dieſen Theil behandeln, als er mit den Ge-
ographiſchen in Verbindung ſteht.
Schon früher habe ich darauf hingedeutet, wie die pri-
mitive Wärme von der Erſtarrung des Erdkörpers herrührt,
und auf gleiche Weiſe iſt es möglich, daß ſo auch die magneti-
ſchen Kräfte entſtanden ſind. Noch andere Ideen ſind über
die Entſtehung derſelben geäußert, wie die Erzeugung durch
die Sonnenſtrahlen, doch könnten die magnetiſchen Kräfte
denn nur der Rinde mitgetheilt ſein. etc. etc.
Es giebt 3 verſchiedene Erſcheinungen der magnetiſchen Kräfte:
Zwiſchen 60–70° nördlicher Breite liegt der magnetiſchen
Pol, und man hat geglaubt, daß auch da das Maximum
der Kälte ſei. Herr Walter (?) will dies dadurch beweiſen,
daß Amerika unter gleichen Breitegraden kälter iſt als
Europa. Dieſer Unterſchied des Clima’s liegt aber in
der menſchlichen Kultur ſelbſt, welche ſich vorzugsweiſe
auf der Weſtküſte des alten und der Oſtküſte des
neuen Continents ausdehnte, und aus früher ange-
gebenen Gründen haben wir geſehen, daß in der nördlichen
Hemisphäre die Weſtküſten der Länder immer wärmer
ſind als die öſtlichen. Will man daher in Amerika
die gleiche mittlere Temperatur von Berlin ſuchen, ſo
muß, ſo muß man nicht unter demſelben Breitegrade,
ſondern mehr ſüdlich gehen. Herr Walter will es davon
herleiten, daß Canada ſüdlich vom Magnetpole liegt,
folglich Amerika eine näher Polardiſtance habe, welche
die verſchiedene Temperatur hervorbringen. Noch 2 Gründe
ſind gegen dieſe Hypotheſe. Die größte Kälte herſcht
nach Sabine nicht da, wo der magnetiſche Pol iſt, ſondern
zwiſchen den Inſeln von Neuſibirien und der Behringsſtraße,
alſo nordweſtlich von dieſen, wo die Eisſchollen nicht ab-
laufen können, und nicht auf der öſtlichen Küſte Amerika’s
in der Nähe des magnet. Pols iſt die ſtärkſte Kälte.
Eine andere Idee hatte Herr Klügel, welcher glaubte,
daß die magnetiſchen Pole die alten der Erde ſein
könnten. Laplace hat dies aber durch die Gradmeſſungen
widerlegt, da dort das Maximum der Abplattung ſich findet,
wo jetzt der Pol noch iſt. Die weſtliche Abplattung
kennen wir noch zu wenig, um nach ihr etwas beſtimmen
zu können. Merkwürdig iſt es, daß wenn man die an-
geſtellte Meſſung von Weſten nach Oſten in 5 gleiche
Theile theilt, die Erde ſehr unregelmäßig erſcheint, da
gerade die Theile in welchen die hohen Gebirge der Schweiz
und Savoyen mit dem Mon[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]tblanc liegen, weniger Ab-
plattung zeigen, als in den Theilen der Ebenen, wo
auf einem Grad 40,000 Toiſen kommen. Der Durch-
ſchnitt dieſer verſchiedenen Abplattung iſt 1/250 Theil.
Alle dieſe Meſſungen von Weſten nach Oſten ſind von
großer Wichtigkeit, und ſo wird auch die vom General
Müffling geleitete von Achen bis Königsberg, durch die Baſis
von denen in England und Frankreich gelöſt werden.
Man hat bald 2 bald 4 magnetiſche Pole annehmen zu
müſſen geglaubt. Herr Euler hat ſie auf 2 reducirt, dagegen
hat ſchon Halley 4 angenommen, 2 bewegliche und 2 un-
bewegliche. Herr Hanſteen hat nur durch die Annahme von
4 Polen die magnetiſchen Erſcheinungen erklären können;
er nimmt nämlich an, daß die Erde 4 verſchiedene Pole,
2 in Norden und 2 in Süden, haben müſſe, die alle beweglich
ſind, und zwar ſo, daß denſelben, jeder mit ſeiner eigen-
thümlichen ſehr langſamen Bewegung, einen Kreis um die
Erdpole beſchreiben. Tobias Meyer glaubte an einen
beweglichen Magnet im Innern der Erde; gleich wie Herr
Steiner eben dort einen Planeten annimmt, und ihn Minerva
nennt, nach andern heißt er Pluto! –
a. Die magnetiſche Abweichung. Eine Magnetnadel zeigt
nur ſelten den wahren Norden, da ſie nach Weſten
oder Norden abweicht. Die Griechen und Römer kannten
ihre Anziehungskraft, nicht aber ihre Richtung. Flavio
Gioja der angebliche Erfinder des Compaſſes, ſoll auch
der Entdecker der Richtung der Magnetnadel geweſen ſein,
allein der Dichter Provin nannte in dem Romane Dela Roſi
als ſolchen Marinette. Norwegiſche Seefahrer zeigten ſchon
im 12ten Jahrhundert, daß die Richtung des Magnets und
deſſen Anwendung ihnen wohl bekannt war, durch die
Klage, daß ſie beim Mangel eines Leitſteins ſich der
Reben bedienen müßten, um das nächſte Land aufzu-
finden. Bei den Chineſen und Arabern iſt der Ge-
brauch des Compaſſes uralt; erſtere hatten ſchon im
12ten Jahrhundert ſeine Abweichung gemeſſen. Columbus hat
ſich mit Unrecht gerühmt, daß er die erſte Abweichung
gekannt habe. Unter den Europäern war er aber der
erſte, der 1492 zwiſchen den azoriſchen und canariſchen
Inſeln den Punkt fand, wo keine Abweichung ſtatt fand.
Die Abweichung ſelbſt kennen zu lernen, muß man den
Winkel unterſuchen, welchen die Richtung der Nadel mit
dem Aequator macht. – Von Oſten nach Weſten ge-
ſteuert, wird man die Abweichung ſchnell wachſen ſehn.
Die Magnetnadel hat eine ſtündliche Abweichung bis ¼
ſelbſt bis zu 18 Minuten, was leicht zu Irrungen beim
Meſſen fährt. Die gewöhnliche Methode war um dieſe
Abweichung zu meſſen, daß man beobachtete wie weit ſie
ſich von einem gezogenen Meridian entferne. Beſter
aber und weit genauer iſt die von Herrn Zach angegebene
Art, nämlich daß man an ein freihängendes Fernrohr mit
einen kupfernen Röhre einen Magnet befeſtigt, welcher es
polariſirt, und davor ein Fadenkreuz zieht. Ohne andere
Einwirkung wird man jede Viertelſtunde einen andern Gegen-
ſtand durch daſſelbe ſehen, wonach die Abweichung beſtimmt
werden kann. Groſſe Maſſen von Eiſen welche beſondere
Kriegsſchiffe mit ſich führen, haben auf die Abweichung der
Magnetnadel beſonders ſtarken Einfluß; die Reſultate
ſind aber verſchieden nach der Richtung in welcher dies Eiſen
und der Nordpol zugleich auf die Nadel wirken. Der
Engländer Barrot hat hierfür eine Correctionſtafel er-
funden, und dadurch den ausgeſetzten Preis gewonnen. Um
zu wiſſen wie groß dieſe Abweichung iſt, viſirt man vom
Schiffe aus nachdem Lande, und von dem Lande nachdem Schiffe;
wenn das Schiff jede Viertelſtunde umgedreht wird, ſo iſt
der Effect gröſſer. Wäre keine Abweichung ſo müßten die
hieraus ſich ergebenden Linien gleich ſein, da dieſes aber nicht
der Fall iſt, ſo giebt die Differenz die Stärke der Ab-
ziehung des Eiſens vom Nordpol. Dieſe Correctionſtafel
iſt ſo angebracht, daß ſie im gleichen Verhältniß entgegen-
geſetzt wirkt wie das Eiſen auf den Compaſs. (?) Die
Capitaine Beſilha und Parry haben auf ihren Fahrten
dieſe Scheibe gebraucht, und ihre völlige Richtigkeit immer
erkannt, welche ſich auch auf den Puncten der Erde ergiebt,
wo beide wirkende Kräfte in einer Richtung ſind, dann
wird die Correctionsſcheibe 0 zeigen.
Im Jahre 1538 wurde vom Piloten Pedro Mungos
die Abweichung oder Declination bemerkt, und Pigafetta
erkannte, daß man durch die Abweichung die Längengrade
finden könne. Die früheſten Karten über die Abweichung
der Nadel ſind von Alonzo de St. Cruz 1635 gemacht. Er
war Cosmograph, und er iſt derſelbe der Carl dem 2ten zuerſt
aſtronomiſchen Unterricht gab.
Die Abweichung der Magnetnadel war in London 1580
noch 11¼ öſtlich, 1655 = 0, und 1667, 1°22 Minuten
weſtlich. Die Linie hatte 2 Zweige, von denen einer Paris
zu, der andere gegen Conſtantinopel ſich zu wenden ſchien.
Im Jahre 1818 hatte die weſtliche Abweichung ihr Maximum
erreicht, und ſeitdem nähert ſie ſich wieder immer mehr und mehr
nach dem Norden. Ein Jahr war ohne Abweichung. Die Linie
ohne Abweichung iſt ſeit dem Anfange des 18ten Jahrhunderts
bekannt, ſie hat ſich aber ſo verändert, daß dieſelbe Linie
welche 1653 durch London ging, nicht mehr darauf zu reduciren
iſt. Im nördlichen Aſien ſind nach Herrn Schubert noch viele Zweifel
über die Abweichung, nach den Beobachtungen kann man ſich
3 bis 4 Linien ohne Abweichung denken.
Der Linien ohne Abweichung ſind 4 bekannt, eine
im atlantiſchen Ocean, ſie geht beim Kap Auguſtin längs
der Küſte von Braſilien hin, öſtlich an der Inſel Trinidad
durch nach dem weſtlichen Canada. Die 2te in der Südſee,
läuft an der weſtlichen Küſte von Peru hin. Die 3te und
4te ſind von vielen, wie auch Hanſteen annimmt, in eine
begriffen. Nach ihm ſchneidet ſie die Moluccen und theilt
ſich in 2 Zweige, nach China und Japan hin der eine; der
andere nach Kaſan und Archangeln. Der erſte geht von
Norden gegen Süden, der andere von Oſten gegen Weſten.
Im Innern von Afrika hat man noch keine magnetiſche Linie
Die elektro-magnetiſchen Erſcheinungen haben keinen Ein-
fluß auf die climatiſche Vertheilung der Wärme, da ſie
nicht von kleinen Urſachen abhängig, ſondern gleichzeitigen
unterworfen ſind. Die Kräfte welche die elektriſchen
magnetiſchen Erſcheinungen erregen entbinden Licht, welches
an den Polen ausſtrömt. Es ſind zwei verſchiedene
Aeuſſerungen einer Grundkraft, deren Zuſammenhang wir
einſehen, aber ſo lange eine deutliche Anſicht uns vorent-
halten bleibt, bis die Erregung dieſer Kraft ſelbſt ergründet iſt.
So wie es regelmäſſige tägliche Veränderungen in der
Atmosphäre gleich der Ebbe und Fluth giebt, ſo iſt auch der
Magnetismus täglichen Modificationen unterwerfen, und
zwar auf zweierlei Art. 1. Einer ſtündlichen Veränderung
vom Aufgange der Sonne an bis zu ihrem Untergange.
2. Findet eine beſtimmte Veränderung bei hellem Himmel
ſtatt, von Morgen bis Mittag. Von dieſen müſſen noch
diejenigen unterſchieden werden, welche durch Gewitter ent-
ſtehen. Dieſe äuſſere ſich im Luftkreiſe, und nach dem von
Ollmann und mir angeſtellten Beobachtungen, äuſſern ſich
die Kräfte der Gewitter durch eine Oscillation der
Nadel. – Innere Erdwärme, vulkaniſches Feuer
können elektriſche Ladungen in der magnetiſchen Spannung
erzeugen. Ein großer Schritt iſt ſeit 1820 geſchehen
ein Schritt der durch Volta vorbereitet und eröffnet wurde.
Die Einſicht im Zuſammenhange, die Erſcheinungen der De-
clination, Inclination und Intenſität der Kräfte, aus
einer Urſache ableiten zu wollen, liegt außer dem Ge-
biete dieſes Vortrages, da nur Folgerungen und nicht
mathematiſche Schlüſſe überall wo Heterogenität der Stoffe
ſtatt findet, angewandt werden können, und nicht einmal
Hoffnung dazu geben.
Man kennt nicht einmal die Zahl der Pole noch ihre
Lage, genauer iſt dagegen der magnetiſche Aequator be-
kennt, wo die Inclination 0 iſt, weil er ſeiner Lage auf
ſich zugänglicher zeigt als da der Pole. Der eine Pol
liegt im weſtlichen Canada, der 2te nach Hanſteen weſt-
lich von Jeniſey zwiſchen dem 70–75° unweit dem Archipe-
lagus der ſibiriſchen Inſeln. Die beide ſüdlichen Pole
des Magnet. liegen dem wahren Südpole näher; als
die beiden nördlichen dem Nordpole. Der eine liegt
etwa im Meridiane von Vandiemansland, der andere in
dem des neuen Archipelagus. Der magnetiſche Aequator
hat nicht dieſelbe Lage im größten Kreiſe wie der der
Erde, ſondern iſt ſehr unregelmäßig, und macht deshalb
jede mathematiſche Behandlung ſchwer anwendbar. Alle
Verſuche von Tobias Meyer ſind deren geſcheitert, und
man hat ſich nur an empiriſche Beobachtungen halten können.
Die Richtung dieſer Linie, ſo wie die 3 Erſcheinungen hat
hat man zu erklären geſucht, durch die Annahme eines im
Innern der Erde befindlichen magnetiſchen Kerns, und
der der Periodität wegen, ſich auch verſchiedentlich bewegen
müſſe. Die Beobachtungen lehren, daß die magnetiſchen
Linien ohne Abweichung, welche in frühern Jahren beobachtet
ſind, vom Anfange des 17ten Jahrhunderts an, keine der
jetzigen Linien gleich oder nur ähnlich ſind. Man weiß,
daß wenn ſie vom Meere auf den Continent kommen,
länger verweilen. Alles dieſes beweißt, daß eine An-
wendung der Mathematik, um den Cauſalzuſammenhang
zu ergründen, nicht gut denkbar iſt. Da außerdem alle
genauern Beobachtungen nicht über 30–35 Jahre hinausgehen,
ſo iſt es umſo ſchwerer von dieſer Periode auf 3–4000
Jahre zuſchlieſſen. So glaubte Herr Burkhart daß die
Periode der Declination welche in Paris 0 war, 430
Jahre lang ſei, aber die ſchon eingetretene Rückkehr
der Nadel widerlegt dies. Am nützlichſten iſt es daher
auf die empiriſchen Geſetze zurück zu gehen, um die ſich
Herr Hanſteen ein großes Verdienſt erworben hat,
und der, nachdem er in Norden von Europa viele Beob-
achtungen anſtellte, im bevorſtehenden Sommer eine
Reiſe nach dem öſtlichen Aſien unternehmen wird.
Von der Declination. Man kennt 3 Linien ohne
Abweichung. 1. Die ſich von Centritſchlande nach dem Kap
Auguſtin, an der öſtlichen Küſte von Braſilien und Colum-
bien nach Canada hin erſtreckt. 2. Die in der Südſee,
an der Küſte von Peru und wahrſcheinlich öſtlich von den
Gallopagosinſeln nach Californien ſich hin erſtreckt. 3. Die
Neuholland durchſchneidet, ſich über den weſtlichen Theil den
Moluccan zieht, und in 2 Arme theilt, von denen der
eine nach China und Japan ſich erſtreckt, der andere geht
gegen des Kap Comorin, durchzieht Bengalen, und iſt
zwiſchen Caſan und Orenburg wieder bemerkt. Von
Innern Afrikas wiſſen wir nichts, da die Reiſenden als
Denhem und Clapperton keine Maßinſtrumente bei ſich hatten.
Auſſer dieſen giebt es noch eine ſtündliche Abweichung,
welche von einem Jeſuiten in Siamente 1682 entdeckt
wurde, die aber unter den Tropen gering iſt. Die Me-
thoden ſie zu meſſen, ſind früher ſchon erwähnt.
Nach den Verſuchen von Casſini und Gilphin ſind in
jedem Jahre 2 mal Ebbe und Fluth. Von dem Herbſtaequi-
noctium nimmt ſie zu bis zum Winterſolſtitium, von dieſer
fällt ſie bis, zum Frühlingsaequinoctium und ſteigt wieder
bis zum Sommerſolſtitium. Die Quantität dieſer Abwei-
chung iſt ſehr verſchieden. Es giebt Monate im Winter in
denen ſie nur 2–3 Minuten ſteigt, in andere wieder 9–10.
In den warmen Monaten dagegen wie in Juli, beträgt
ſie zuweilen 18–20 Minuten, wo ſie ihr Maximum erreicht,
das in December dagegen 6 Minuten iſt. Die Nordlichter haben
den größten Einfluß auf die Declination der Magnetnadel.
Denn beim Erſcheinen der Nordlichter iſt ſie ſchon bis 26° ge-
weſen, auch wenn dieſe nicht er demſelben Orte ſichtbar
waren, und ſelbſt vom tiefen Norden her haben ſie merk-
lichen Einfluß auf die Abweichung, denn Herrn Arago’s Beob-
achtungen ſtimmten auf den Tag mit den Berichten der 2ten
Parryſchen Reiſe, wo viele Nordlichter geſehen wurden.
Wenn die Declination bei uns weiter gegen Weſten geht,
ſo hat man dieſes der Erwärmung durch die Sonne zu geſchrie-
ben, die bis zum Mittag ſteigt. In der ſüdlichen Hemisphäre
iſt dagegen von Herrn Freycinet und Duperet das Gegentheil beobachtet.
Was die Beunruhigung der Nadel anbetrifft, die einige bei
der Erſcheinung der Nordlichter bemerkt haben, iſt eigener Art.
Als ich über das große Nordlicht von 1806 Unterſuchungen an-
ſtellte, bemerkte ich keine Zuckungen, die Declination eben
veränderte ſich von 8 zu 20 Minuten. Das Nordlicht zeigte
eine abſtoßende Kraft. Andere Beunruhigungen giebt es
bei der Nacht, ich ſage bei Nacht, weil bei Tage das Geräuſch
einwirkend ſein könnte, und die von der Veränderung des
magnetiſchen Meridians herrühren, ſich aber nicht immer gleich ſind.
6. Die Erſcheinungen der Inclination. Wenn die Magnetnadel
in ihrer horizontalen Richtung nicht den wahren Norden zeigt,
ſo iſt es auch in ihrer aufſteigenden Richtung nicht der Fall.
Unter allen Inſtrumenten iſt die Inclinationsnadel eines
der merkwürdigſten. Nur die Linie des magnetiſchen Aequators
iſt keiner Inclination fähig. Mehrere Reiſende haben ihn über-
ſchritten, ich ſelbſt auf der Andeskette zwiſchen 4 und 5° ſüdlich B.
Freycinet und Duperet haben ihn in der Südſee 6 mal
durchſchnitten. Er geht vom Kap Guardafei durchs Innere
von Afrika, wo wir ſeinen Gang nicht kennen, durchſchneidet
ſüdlich vom Aequator 4–5° den atlantiſchen Ocean, geht
über die Andeskette, und ſüdlich (?) von den Gallopagos
Inſeln weg, in merkwürdigen Biegungen. So wie der
magnetiſche Nordpol von Weſten gegen Oſten um den
Nordpol der Erde ſich dreht, ſchiebt ſich der Aequator von Oſten
gegen Weſten, welches durch den Durchſchnittspunkt des
Aequators der Erde ſich zeigt.
Hier in Berlin war im Jahre 1827 die magnetiſche In-
clination, wo ich ſie gemeſſen, 69° 38 Minuten. Als ich ſie
1805 mit Herrn Gay Lusſac maaß 69° 50 Minuten; ein Zeichen
alſo daß ſie kleiner geworden iſt, und der magnetiſche Ae-
quator uns näher rückt. Unterm 73° nördlicher Breite
beobachtete Parry 88° Inclination, alſo nur 2 Grade fehlten
an ihrer ſenkrechten Richtung. Nach den von Herrn Arago und
mir angeſtellten Beobachtungen, hat in Paris von 1798
bis 1827 die Abweichung jährlich um 4 Minuten abgenommen.
Ebenſo in Havanna, wo ich ſie zuerſt beſtimmte, haben
ſpätere Beobachtungen von Sevi gezeigt, daß auch dort eine
jährliche Abnahme von 4 Minuten ſeitdem ſtatt gefunden hat.
Die Linien der Inclination ſind wechſelnd von Stunde zu
Stunde. Herr Arago hat gezeigt, daß ſie von 9 Uhr Morgens
bis 6 Uhr Abends ſtärker ſind, als die übrige Zeit.
c. Die Intenſität der magnetiſchen Kräfte ſelbſt.
Borda kam zuerſt auf die Idee, die magnetiſchen Kräfte
zu meſſen. Lapeyrouſe hatte auf ſeiner unglücklichen Reiſe
den Auftrag mit erhalten, die Nadel ſchwingen zu laſſen.
Von Cadix bis Teneriffe fand er keine Veränderung. Die
Intenſität der Kräfte nimmt vom Aequator bis nach den
Polen ſie zu, und die Oſcillationen unter dieſem und denen
der Pole verhalten ſich wie 245:211. Auf meiner Reiſe
mit Gay Lusſac, durch Spanien, Italien, Frankreich und der
Schweiz, haben wir eine gleiche Zunahme nach den Norden
zu gefunden. Nimmt man die Intenſität der Kräfte
unter dem magnetiſchen Aequator zu 1 an, ſo hat Sicilien
1,2. Paris 1,3. Berlin 1,4. und die Polargegenden 1,7.
Herr Hanſteen hat die Meſſungen bis zum Nordkap auf-
genommen. Die Intenſität ſelbſt ändert ſtündlich, und
nimmt vom Morgen bis Mittag ab, in der übrigen Zeit
dagegen zu, was eine Entdeckung des letzten Jahres iſt.
Es iſt ſehr zu bedauern, daß man kein ſicheres Maaß
hat, um in künftigen Jahrhunderten die Beobachtungen
der Intenſität mit den jetzigen vergleichen zu können, da es
immer ungewiß iſt, ob die magnetiſche Kraft der Inſtrumente
ab oder zu genommen hat. Am beſten lieſſe ſich dieſes noch
durch Nadeln von verſchiedenen Längen bezeichnen, deren Kräfte
in einem beſtimmten Verhältniß zu einander ſtänden, iſt
dieſes nach längerer Zeit nicht verändert, ſo iſt es wahr-
ſcheinlich daß noch dieſelben Kräfte ihnen eigen ſind.
Früher wurde die Abnahme der Intenſität der Kräfte
geleugnet, ſeitdem hat man aber die Zunahme von dem
Aequator nach den Polen hin dargethan, und geſtrebt
ſie auf die Inclination zurück zu führen. Th. Joung
hat darauf eine Formel angegeben, nämlich die √4–3–2
der Inclination, nach der er ihre Abnahme feſt zu ſtellen
glaubte. Neuerlich hat Herr Sabine eine andere aufgeſtellt,
nach welcher er die Erde als eine eiſerne Kugel darſtellt,
und danach die Intenſität als die √1–3 Coſin. 2 beſtim̃te,
wonach der Unterſchied des Maximums und Minimums der-
ſelben ſich wie 1:2 verhält. Die Abnahme der Intenſität
iſt ſich aber nicht immer gleich, ſelbſt nicht auf dem magnetiſchen
Aequator, ſo fand ich auf denjenigen Theil deſſelben, welcher
die Andeskette durchſchneidet, das Verhältniß wie 1:7/10.
Aehnliche Beobachtungen hat ſchon Anderkoſte im indiſchen
Archipelagus gemacht. Der Unterſchied der Intenſität
in den verſchiedenen geographiſchen Breiten, liegt wahrſchein-
lich in der innern Beſchaffenheit des Erdkörpers.
Die partiellen Geſetze für die einzelnen Erſcheinungen
ſind entdeckt, aber noch nicht durch durch ein allgemeines
Geſetz zur Einheit verbunden. Um durch ein Beiſpiel
den Gang des phyſicaliſchen Forſchens zu erläutern,
diene eine Vergleichung mit den Entdeckungen durch die
Fernröhre, welche anfänglich den Ring des Saturns nur
ahnden lieſſen, und jetzt in ihrer größern Vollkommenheit
beinahe ganz ſeine Beſchaffenheit haben erforſchen laſſen,
wodurch wir ein Geſetz erkennten, was uns die Mechanik
des Himmels lehrt. Eben ſo iſt es mit den phyſicaliſchen
Apparaten und Inſtrumenten. Zuerſt werden die Erſchei-
nungen begrenzt, dann Geſetze erkannt, die hiernach unter
ein allgemeines Geſetz zu vereinigen bleiben. Dies iſt
das Ziel der empiriſchen Wiſſenſchaft, um die Allgemein-
heit der Eigenſchaften aus dem Weſen der Materien her-
zuleiten. Immer aber iſt es nothwendig die Beob-
achtungen in allen ihren Modificationen zu kennen.
Es iſt eine Frage, ob ein Unterſchied zwiſchen
einem Centralkörper und ſeinem Planeten darin beſtehe,
daß jener nur eigenes Licht habe, da wir dieſes auch bei
andern Weltkörpern die es wie die Venus nicht ſind, ſehen.
Es iſt gar nicht unwahrſcheinlich daß jeder Erdkörper im An-
fange der Concentration ſeiner Materie Wärme und Licht
erzeuge. Damals können chemiſche Proceſſe und Com-
preſſionen Lichterſcheinungen hervor gebracht haben, und wie
dieſe aufhören können, haben wir aus den Revolutionen
brennender Sterne in der Milchſtraſſe geſehen. Es iſt
möglich daß dieſer Lichtproceß auſſer den Polen unſern
Aequator zu finden iſt, da bei völlig bezogenem Himmel
des Nachts noch eine Erleuchtung ſtatt findet, die be-
ſonders auf dem Meere am ſtärkſten bemerkt wird.
Man hat gefragt, ob dies dem Erdkörper eigen, oder
die Erregung der irdiſchen Subſtanz vom Sonnenlichte
ſei, wie wir es bei faulendem Holze ſehen. Körper
die der Sonne ausgeſetzt geweſen ſind, können wie
bekanntlich nachher auch leuchten. Ich ſelbſt habe geſehen,
daß Grubenholz welches ſo ſtand, daß nur ein Theil von
den Sonnenſtrahlen getroffen werden konnte, auch dieſer
Theil nur, der andere dagegen nicht leuchtete. Erſt vor
kurzer Zeit, hat das Auffinden einer leuchtenden
Pflanze in den weſtphäliſchen Kohlengruben, groſſes
Aufſehen gemacht.
Als Form ſehen wir das Polarlicht in den Nordlichtern.
Die Alten welche doch bis zu den brittiſchen Inſeln kamen,
alſo dieſe Erſcheinung beobachtet haben konnten, reden
ein deutlich davon. Auſſer den fabelhaften Erzählungen
und Mythen von einem Geräuſche wilder Jäger im hohen
Norden iſt nichts, was darauf hindeuten könnte. Die Er-
ſcheinungen werden ſehr verſchieden angegeben, doch müſſen
die zufälligen von den gewiſſen unterſchieden werden.
In neuern Zeiten haben wir treffliche Beobachtungen
von Franklin erhalten, die er auf ſeiner Reiſe nach
dem Norden machte. Nach dieſem fängt das Nordlicht ge-
wöhnlich mit einem Nebel an, der gleich dem Segmente
eines Kreiſes von 6–8° iſt. Eine milchweiſſe Zone be-
grenzt dieſen, aus den Strahlen ſenkrecht in die Höhe gehen,
und abhängig von der Inclination der dortigen Breite ſind.
Der Nebel ſelbſt iſt bräunlichgrau, und nach den Beobach-
tungen von Parry ſo dünn, daß er den kleinſten Stern
durch ihn erkennen konnte. Herr Hanſteen ſagt, daß die
Materie einen Niederſchlag der dünſte verurſache, was
von andern geleugnet wird; doch je weiter nach Norden
ſoll der Nebel dünner werden, und ihr Bogen gewöhnlich
12–15° ſein. Herr Wrangel ſah ihn nur von 6°. Zu-
weilen geht er durch den Zenith, dann bleibt er nicht ein-
fach, ſondern bildet mehrere Bögen. Die Convergenz der
Strahlen ſoll nach Hanſteen eine optiſche Täuſchung ſein.
Die Farben ſind von der größten Schönheit, purpur, grün
und violett. Franklin ſah, daß wenn die Streifen
zwiſchen zwei groſſen Sternen ſtehen, eine große In-
tenſität des Lichts wechſelnd nach den Sternen zu geht.
Es ſind auch leuchtende Wolken geſehen. Thinemann
der ſich längere Zeit in Island aufhielt, hat zuerſt darauf
aufmerkſam gemacht. Er glaubt, daß die kleinen Wölk-
chen welche man Schäfchen nennt, und hoch über die Wolken-
ſchichten ſtehen, (ich ſah ſie auf dem Chimboraſſo noch 3 bis
4000 Toiſen über mir,) im beſondern Verkehr mit den
Nordlichtern ſtehen, denn er ſah ſie leuchten wenn die
Nacht einbrach. Parry hat etwas ganz ähnliches geſehen,
und auch wie die Schäfchen entſtanden.
Die Stärke des Nordlichts iſt nach den Breiten ver-
ſchieden; in dem nordweſtlichen Canada z. B. kann man
dabei leſen, in andern Gegenden wieder nicht. Franklin
fand, daß die Nordlichter unter dem 62 und 63° N. Breite
eine ſtärkere Intenſität hatten als noch mehr nördlich.
Früher glaubte man ihre Höhe ſehr beträchtlich. Berg-
mann gab ſie 80–100 Meilen hoch an, alſo außerhalb
der Atmosphäre. Cavendish hat 10–15° Höhe ge-
funden. Wohl leuchten Sternſchnuppen in einer
ſolchen Höhe. Wrangel ſah, daß die Sternſchnuppen die
Nordlichter anzündeten. Eine genaue Meſſung hat aber
in neuerer Zeit ſtatt gefunden, da es ſich an der Hudſons-
bai traf, daß der Capit: Franklin und ſein Begleiter
der Dr Richardſon 2–3 Meilen von einander entfernt,
ein Nordlicht zugleich maaſſen, das 1½ geogr. Meile hoch war.
Mehr male ſehen ſie Nordlichter noch unter den Wolken,
die ſehr niedrig waren. Eine ähnliche Beobachtung wurde
auf der 3ten Parryſchen Reiſe gemacht, wo die beiden Freunde
Scherer und Roth ans Land gingen, und ſie mit Parry
gemeinſchaftlich ſehen, wie ein Nordlicht zwiſchen dem
Lande und dem Schiffe ſtrahlenförmig niederſchoß, und
nur 90′ hoch war. Parry ſagt, daß dabei der leuchtende
Bogen einen Schatten von ſeiner Hand auf das Schiff
warf, aber nur kurze Zeit. Nicht nur der Nordpol
ſondern auch der Südpol giebt dieſe Erſcheinung. Je mehr
Continent jemehr Nordlichte will man bemerkt haben,
nach Bellinghauſen ſoll es deshalb auch am Südpol
ſeltner ſein, als an den am feſten Maſſen reichen
Nordpol.
Man zweifelt, daß es in Europa ſchon in Malta
und Liſſabon geſehen iſt, da man es nur bis zu den
Sardennen weiß, ſüdlicher nicht. In Amerika dagegen
iſt es in Mexico geſehen, das dem magnetiſchen Pole
näher liegt.
Die Periodicität iſt ſchon in frühern Zeiten beob-
achtet. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts glaubte
Mehring einen Zuſammenhang mit dem Zodiacallichte
zu finden. Der Phyſiker Ritter glaubte, daß nach Nord-
lichtern Meteorſteine fielen. Man kann nicht auf die
Beobachtungen vor dem 15ten Jahrhundert mit Gewißheit
rechnen. Ihr Erſcheinen iſt periodiſch, bald mehr bald
minder häufig. Von 1722–1745 gab es ſehr viele Nord-
lichter. Von 1752–1790 ſind jährlich etwa 5 im Durch-
ſchnitt geſehen. Von 1790 bis 1816 kommt kaum 1 bis
1½ auf jedes Jahr. Zwiſchen dem 48–65° N. Br. ſind
die meiſten Beobachtungen gemacht. Die Jahreszeiten
haben einen großen Einfluß darauf, Parry hat z. B.
im November nur 5, und im Januar 1824 dagegen 14
bis 15 geſehen. In Sibirien ſind hingegen im November
mehr als im Januar beobachtet.
Das ziſchende Getöſe was die Nordlichter hervor-
bringen ſollen, iſt vielfach beſtritten worden, und neuer-
lich ganz geleugnet. Patrin und Pallas haben es nicht
bemerkt, und Gieſecke hat es beſtritten, indem er es
dem Krachen des Schnee’s zuſchreibt. Der Baron Wrangel
glaubt im Eismeere etwas gehört zu haben; und der
Herr von Buch hat ſelbſt darüber Erkundigungen an
Ort und Stelle eingezogen, aber nichts darüber erfahren
können. Herr Hanſteen dagegen nimmt es als ausgemacht
an, ohne der obwaltenden Zweifel zu erwähnen, daß wenn
das Nordlicht nahe iſt, man es mit einem ziſchenden Ge-
töſe aus dem Erdkörper ausſtrömen höre. Herr Bion
hat deſſelben auch von Herrn Ethmanſton gehört. Franklin
hingegen glaubt ebenfalls daß das Brechen der Schnee-
maſſen täuſche. Man ſieht alſo daß es ſehr ungewiß
iſt, und vielleicht erſcheinen einige mit andere ohne Getöſe.
Eben dieſe Zweifel gelten auch von der Einwirkung
des Nordlichts auf die Magnetnadel. Fendius und
Wilke bemerkten eine Beunruhigung der Nadel. Die
Richtung des Bogens trifft nicht immer mit den magneti-
ſchen Linien überein. Die Richtung der Bogen ſcheint
aber Einfluß zu haben, und man muß die Bogen unter-
ſcheiden, ⎡ob deren Centrum im Kreiſe des magnetiſchen Meri-
dians liegen, oder ob der Punkt der Convergenz mit dem
magnetiſchen Pole zuſammenfällt. Parry hat bei ſeinem
letzten Aufenthalten auf der Melvilleinſel, eine große Menge
Nordlichter am Pole ſelbſt nicht im magnetiſchen Meridian
ſondern ſüdöſtlich davon geſehen. Daſſelbe hat Cranz
auch in Grönland bemerkt.
Was die Beunruhigung anbetrifft, ſo glaubt Hanſteen
die Veränderung um mehrere Grade bemerkt zu haben.
Auf den 3 Reiſen des Capit: Parry hingegen, iſt auch nicht
der geringſte Einfluß des Nordlichts auf die Magnetnadel
bemerkt, obgleich ſie bis zum 72–73° vorgedrungen waren.
Auf dem Pariſer Obſervatorium dagegen ſind an demſelben
Tage de Parry viele Nordlichter ſah, bedeutende Abwei-
chungen wahrgenommen. Auch Franklin hat bedeu-
tende Abweichungen bemerkt. Elektriſche Erſcheinungen
hat man während der Nordlichter nicht bemerken könne.
Auf den Parryſchen Reiſen wurden eiſerne Spitzen auf
die Höhe der Maſten geſetzt, und dieſe mit Ketten ver-
bunden, man hat aber keine elektriſche Erſcheinungen
wahrgenommen, ſo groß auch der elektriſche Zuſtand war.
Sie hängen alſo wahrſcheinlich genau mit der Elektricität
zuſammen.
Die Urſachen dieſer Phänomene ſind verſchieden ange-
geben. Van der Hell glaubte daß es Eistheilchen wären.
Marang hält es für eine Folge des Zodiacallichts, das
näher in die Anziehung der Erde gekommen ſei. Selbſt
neuerlich ſagte Herr Biot noch die Meinung, daß es
magnetiſcher Eiſenſand ſei von den nördlichen Vulkanen
ausgeworfen.
Der Zuſammenhang der Nordlichter mit den Wolken
iſt wohl unleugbar, und nach Scoresby ſollen ſie Einfluß
auf Sturm, Richtung des Windes und Wetters haben,
welcher Meinung Herr Thinemann auch iſt. An gewiſſen
Tagen nimmt man in den kleinen Wolken dieſelben Er-
ſcheinungen wahr. Es wäre möglich, daß die Elektricität
nur auf der obern Schicht einer Wolke ſich befinde, da
nach Gay Lusſac ſich plötzlich Gewitter bei einer ſchnellen
Zerſetzung des Dunſtes in den Wolken entwickeln,
weil die dabei entbundene Elektricität ſich alle auf der
obere Fläche der Wolken vereinigt.
Herr Davy und Arago haben gezeigt, daß wenn
an der voltaiſchen Säule 2 Kohlenſtiele gegeneinander
über gehalten wurden, beim Ueberſtrömen der Elektri-
cität eine Flamme von 3–4 Zoll Länge entſtand, die
durch den Nordpol angezogen, vom Südpol dagegen abge-
ſtoßen wurde. Auf gleiche Weiſe können die Nord-
lichter vom Nordpole angezogen werden. –
Wenn auch einzelne Theile der Geognoſie nur in
ihrer allgemeinen Verbindung bekannt ſind, ſo werde ich
mich doch bemühen ſie einzeln in einem gewiſſen Zuſammen-
hange darzuſtellen.
Die Unterſuchungen über die Beſchaffenheit des Erd-
körpers, durch Erdbeben oder Waſſerfluthen erzeugt,
haben die Alten ebenſo beſchäfftigt, als ſie unſer Intereſſe
erregen. Unter den Griechen in der joniſchen und
pythagoräiſchen Schule waren einige die es dem Feuer,
andern die es dem Waſſer zuſchrieben. Erſt Ende des
vorigen Jahrhunderts hat der Vulkanismus geſiegt.
Derſelbe Geognoſt welcher den vulkaniſchen Urſprung,
ſelbſt die felſige Wand im Innern der Vulkane nicht
für vulkaniſch hielt, iſt jetzt geneigt, es für eine
Folge der Vulkane anzuſehen. Lange hat der Streit
zwiſchen den Vulkaniſten und Neptuniſten gedauert,
doch dieſelben Geognoſten die die vulkaniſche Steinarten,
als Mandelſtein, Porphyr, Granit, u. ſ. w. für nep-
tunſche Erzeugungen hielten, haben jetzt ihre Mei-
nungen geändert.
In einer Wiſſenſchaft wo das Fortſchreiten auf
allgemeine Kenntniſſe der Lage der Gebirge beruht, können
nur diejenigen welche gemächlich der Ruhe des Gemüths
nachſtreben, ſich mit angeerbten Hypotheſen begnügen.
Bei der Unkenntniß der Alten mit der Natur über-
haupt, erhielten die Araber durch Liebe für dieſelbe
zuerſt einen Anſtoß ſich mit den Gebirgsarten zu be-
ſchäftigen. Die Alten beſchäfftigten ſich nur in ſo fern
mit ihrer Kenntniß, als ſie deren Gebrauch auf
Bildhauerarbeit machen konnten.
Die Geognoſie als Wiſſenſchaft, als Lehre der
Mineralogie, ſo wie vom Innern des Planeten, zählt
kaum 40 Jahre, und verdankt ihr Studium den grund-
lichen Forſchungen und genauen Unterſuchungen eines
Werner’s, dem Lehrer von den Formationen. Der
Name Geognoſie bezeichnete früher keine Wiſſen-
ſchaft, ſondern Spiele dichteriſcher Einbildungskraft,
denn noch vor einem halben Jahrhundert wurde ſie ſo be-
handelt wie in der joniſchen und pythagoräiſchen Schule.
Sie enthielt Fabeln und Mythen, die theils unter
vielen verſchiedenen Völkern gleichartig verbreitet
ſind, oder auch theilweiſe mit einander im Widerſpruche
ſtehen. So hat der Indus und das Innere von
Aſien ſeine eigene Sagen, und andrer hat uns wieder
die Biebel aufbewahrt. Bei dem allgemeinen Schiff-
bruch der Völker, ſind die Reflexionen davon zerſtreut
unter ihnen geblieben. Die Zeit iſt vorüber, wo man
die Geognoſie als Sage betrachtete. Vorurtheils freie
Beobachtungen ſind an ihre Stelle getreten, und
Hypotheſen haben ihre Stelle der Theorie eingeräumt.
Von dieſen Mythen gehe ich nun zu den Gebirgs-
arten ſelbſt über, welche mit den Vulkanen des
Innere in Verbindung ſtehen.
a. Das Erdbeben iſt ſeiner Definition nach, eine Er-
ſchütterung der obern Oberfläche der Erde, durch innere
Urſachen herbeigeführt, die wir freilich nicht immer
genau angeben können. Es werden aber nicht allein
die feſten Theile erſchüttert, ſondern auch Sand und
Waſſer, und ſelbſt da wo letzteres 5–6000′ tief iſt.
Ich ſelbſt habe in der Südſee 2 ſolcher Stöße empfunden,
das Gefühl iſt höchſt ſonderbar, man glaubt daß das
Schiff auf eine Sandbank gerathen iſt. Man hat dem
Erdbeben nur eine beſchränkte Wirkung zu geſtehen
wollen, und war geneigt es Lokalurſachen zuzu-
ſchreiben, genaue Beobachtungen der Phänomene haben
aber das Gegentheil bewieſen, und einen weit ver-
breiteten Zuſammenhang gezeigt, der einen großen
Theil der Erde afficirt.
Man hat geglaubt, daß man die Erdbeben durch ver-
ſchiedene Erſcheinungen vorher ſagen könne, als durcheinge-
tretene Windſtille, durch den niedrigen Stand des Barometers,
und wenn der Horizont feurig erſcheinen u. ſ. w. dieſe Be-
hauptungen ſind aber grundfalſch. In Südamerika hat
man geſehen, daß ſo wohl bei heiterm Himmel als bei be-
zogenem, bei Sturm und Windſtille Erdbeben ſtatt finden.
Aber nach dem Erdbeben verändert ſich die Witterung oft.
In den Tropen z. B. ereignet es ſich, daß bei ſtarken
Erdbeben die Regenzeit beſchleunigt wird. So trat
nach dem Erdbeben zu Riobamba, wobei 40,000 Indianer
ihr Leben verloren, gleich darauf die Regenzeit ein.
Wenn vor dem Erdbeben das Barometer durch einen
tiefen Stand dieſes vorher zu ſagen ſchien, ſo iſt es doch
keine Folge davon, ſondern es fanden ſchon früher an
einem andere Orte Erdbeben ſtatt, die durch die ſchnelle
Vertheilung der Luft auf das Barometer wirkten.
Die kleinen ſtündlichen Veränderungen des Barometers
werden durch die Erdbeben nicht geſtört, wie ich aus eignen
Beobachtungen weiß. Gewöhnlich ſind die Erdbeben
mit einem unterirdiſchen Getöſe verbunden, doch nicht immer.
Am merkwürdigſten ſind die Erdbeben des Plateau von Quito,
das ganz vulkaniſch unterminirt iſt, wo ſich oft 8–10
Minuten lang ein unterirdiſcher ſtarker Donner hören
läßt, denn einzelne Schlänge mit hellem Klange, was
mit dem Geklirre der Ketten zu vergleichen iſt. Schon
von unſere Vorfahren iſt die Beobachtung gemacht, daß
ſolche Getöſe nicht immer mit Erdbeben verbunden ſind.
Das merkwürdigſte Beiſpiel von ſolchem Getöſe war 1784
in Guanchaco, welches 3 Monate lang dauerte, und bei
meiner Anweſenheit von noch lebenden Zeugen geſchildert
wurde. Im December fing es an, wo ſich fortwährend
ein Getöſe gleich dem entfernt vollenden Donner hören ließ,
wurde im Januar immer ſtärker und ſtärker, ohne jedoch
die mindeſte Erſchütterung dabei wahrzunehmen. Es wurden
nämlich zu dieſem Befühl, mit Waſſer gefüllte Gläſer in
die tiefſten Bergwerke geſtellt, um ſo die geringſten Er-
ſchütterungen wahrnehmen zu können, es wurde aber wie
geſagt keine bemerkt. Es war nur hörbar ſo weit ſich
eine Gebirgsart von ſchwarzer Thonſchiefer erſtreckte, und
auf die kleine Fläche von etwa ¼ □ Meile beſchränkt,
und endigte ebenſo nach und nach abnehmend wie es ange-
fangen hatte. – Hiermit ſtehen die Getöſe in
Verbindung, wenn Vulkane ſtarke Ausbrüche haben,
ſo war es den 30ten Apr 1812, als der Vulkan von St.
Vincent bei Carracas ausbrach, wo das Getöſe bis
an den Orinoko hörbar war. Ein ähnliches war das von
1744 durch den Ausbruch des Cotopaxi, welches etwa
ſo weit wie von hier bis Sibirien hörbar war. In
der Nähe des Vulkans hört man das Getöſe mehren-
theils ſchwächer, als weiter davon entfernt. Der
Cotopaxi erhebt ſich auf einer Ebene von 10–12,000 hoch,
wenn es alſo eine Fortpflanzung des Getöſes durch die
Luft wäre, ſo könnte der Schall nicht ſo weit kommen.
Bei dem Erdbeben zu Liſſabon, wodurch das ganze weſtliche
Europa gerüttelt wurde, ſchwoll das Meer an den weſtin-
diſchen Küſten hoch an; dieſe Veränderung konnte nur
durch eine im Innern erzeugte Spalte fortgepflanzt werden.
Die Erdbeben bringen ebenfals magnetiſche Veränderungen
hervor, doch nicht an magnetiſcher Intenſität ſondern In-
clination, was ich ſelbſt beobachtet habe. Man ſpricht
viel von den verſch. Modificationen der Richtung der Erd-
beben, bald ſollen dieſe von obunten nach oben, bald von
einer Seiten zur andere gehen, dies ſind aber phantaſti-
ſche Ideen, und beſonders läßt ſich nicht beſtimmen ob
ſie einfach oder zuſammen geſetzt ſind. Die Bewegung
muß übrigens ſehr regelmäßig ſein, da ſelbſt große
Gebäude nicht leicht zuſammen fallen, wiewohl große
Riſſe in den Mauern entſtehen. So ſieht man z. B. in Sta-
tito, welches an dem Fuſſe des Pichinga liegt, und oft
von Erſchütterungen heimgeſucht wird, nur zuweilen
Riſſe in den Gewölben. Dieſen Erſchütterungen, wegen
hat man in Lima nicht gewagt hohe Häuſer zu bauen, da
aber die Erdbeben nur in Perioden von 30–40 Jahren wieder-
kehren, ſo haben einige Leute, die dieſe nicht mehr zu er-
leben hofften, einzelne 2–3 Stock hohe Häuſer aufführen
laſſen. Das Verſchieben der obern Theile der Erde iſt
bei ſolchen Erdbeben höchſt merkwürdig; beſonders auffallend
war dies beim Erdbeben zu Riobamba, wo ich es ſelbſt
geſehen habe, und einzelne Theile der Oberfläche ſelbſt,
das Eigenthum der Menſchen, als Häuſer, Meubeln etc. ver-
wirrt durcheinander geſchoben vorfand, und unter den
Einwohnern Streitigkeiten veranlaßt haben ſoll.
Merkwürdig genug wurde ſelbſt der Riocolca bei Riobamba
dabei 300′ hoch gehoben. Und noch merkwürdiger iſt bei Erd-
beben das Verſchlingen durch Spalten, ſo ſind in Riobamba welches
20,000 Einwohner hat, beträchtliche Kirchen, Paläſte und Häuſer
ſo tief geſunken, daß ich keinen dieſer Gegenſtände höher
als 5′ fand. Der größte Zuſammenhang ſolcher Erder-
ſchütterungen, iſt an der Küſte von Chili und Guayaquil
in einer Länge von 400–450 geogr. Meilen beobachtet. Im
Innern der Continente finden wir ſelten ein Beiſpiel
dieſer Art.
Die Erdbeben ſtehen im genauem Zuſammenhange mit den
Vulkanen, denn wo die Vulkane Ausbruch haben, hören
die Erdbeben auf, weil die elaſtiſchen Dämpfe Ausgang haben.
Der Zuſammenhang der Vulkane mit den Erdbeben iſt
von Perſonen die in den Kratern waren erkannt. Steigt
man in dieſe hinein, ſo hört man zuerſt ein unterirdiſches
Brauſen, dann erfolgt ein Erdſtoß, und 4–5 Minuten darauf
kommen die Dämpfe, nach denen die Schlacken fallen. Man
hat die Vulkane auch Sicherheitsklappen genannt, indem
da wo ſie ſpeien, wie ſchon erwähnt, keine Erdbeben ſtatt
finden. Aus eben dieſem Grunde beklagen ſich auch die Ein-
wohner von Quito, daß der Chimboraſſo keinen Vulkan hat.
Es kommen aber ſo gut Erdbeben im Kalkſtein, wie in Flözge-
birge vor. In Carracas wo 1812, 3–4000 Menſchen
umkamen, pflanzten ſich die Spalten fort; es giebt aber
eben ſo gut einzelne Gegenden die nie erſchüttert werden,
man nennt ſie Brücken (Hoſsie puente). Die Erſchütterungen
pflanzen ſich auch nicht überall gleich fort.
Die Idee, daß die Vulkane wenn ſie ſpeien die Gefahr
vermindern, ſpricht ſich ſchon bei den Alten aus. Strabo
ſagt nämlich im 1ten Buche: die erſten Erdſtöße in Agre-
ponte lieſſen nach, als ſich in der Ebene von Alanta bei
Chalcis feuriger Schlamm entwickelte. Wie die Spalten
ſich öffnen iſt das Erdbeben vorbei. 1798 bei dem großen
Erdbeben zu Cumana, bebte die ganze Küſte nur die Halbinſel nicht.
Die Erdbeben wirken nicht allein dynamiſch, ſondern
ſind auch von chemiſchen Phaenomenen begleitet. Bei dem Erd-
beben zu Liſſabon 1755 hat der Felſen bei Alcaros
nicht allein Flammen ausgeſtoßen, ſondern auch 3 Wochen
geraucht. Oft ſteigen während des Erdbebens große
Hügel (Moya) aus der Erde hervor, dieſe emporgehobene
Maſſe iſt von G. Roſe unterſucht, und giebt bei der
Behandlung gekohltes Waſſerſtoffgas.
Ob die Elektricität mit den Vulkanen unmittelbar in
Verbindung ſteht, iſt vielfach beſtritten. In Peru wo ich Unter-
ſuchungen dieſer Art anſtellte, habe ich keine Spur gefunden.
Dagegen im Piemonteſiſchen im Thale Pinyeroag, und 1808
im Thale Cluſon, gab es 8 Erſchütterungen an einem Tage,
wo Spannungen des Elektrometers wahrgenommen ſind.
Wir haben geſehen daß die Communicationen ſich
dynamiſch äußern. Nach dieſen wollen wir die Bewegungen
aus dem Innern nach dem Aeußern, in dem Aufſtoßen von
Waſſer betrachten, wo ſie als heiße Quellen erſcheinen,
in denen ſchon die Verdampfung einen Niederſchlag als
Tuffſtein abſetzt, und aus welchen man die Gebirgsarten
erkennen kann, mit denen ſie unter der Oberfläche in
Verbindung ſtanden. Von dieſen gehen wir zu den Vul-
kanen über, bei welchen wir zweierlei betrachten werden,
nämlich die Luftvulkane und die eigentlichen Vulkane,
welche wiederum bildend und zerſtörend auf die Erdober-
fläche wirken, und in welchen wir die erſte Entwickelung
des körnigen Geſteins und der Urgebirgsmaſſen wahrnehmen.
Wir haben aus dem Vorhergehenden geſehen, daß oft
die durch die Erdbeben erſchütterten Theile in eine ganz
andere Lage verſetzt werden, die Erdſchichten werden
entweder gehoben wie bei der Bildung der vulkaniſche
Inſeln, oder ſie werden verſchoben wie bei dem Erd-
beben zu Riobamba. Die zerſtörenden Wirkungen zeigen
ſich nur ſelten in einem großen Umfange, und das neuere
Beiſpiel was ſich in Chili zutrug iſt um ſo merkwürdiger,
da ſich dort 4–5′ hohe Kalkſteinbänke 30 Meilen lang,
längs der Küſte hin erhoben, und ſtehen geblieben ſind.
An einer Stelle hat die Hebung allmählig ganze Jahre
hindurch gedauert. Auſſer dieſen hat Herr Prof. Reimann
bei den Molukken die Bemerkung gemacht, daß ſie ſich ſeit
mehreren Jahren gehoben haben, und ähnliche Beobachtungen
ſind auf Banda und Ternate gemacht. Herr Reimann behauptet,
daß die Molukken von Korallenſchichten entſtanden ſind, die
durch Erdbeben gehoben wurden, dann hoch über dem Meeres-
ſpiegel fand er Korallenſchichten die in einer Abnahme
mit denen in Verbindung ſtanden, welche noch bewohnt ſind.
Bei der ſcandinaviſchen Halbinſel hat der Prof. Zendius
die Bemerkung gemacht, daß der Meereſſpiegel an der weſt-
lichen Küſte ſinke, da dieſes aber ohne auch an andern
Orten bemerkt zu werden, nicht möglich iſt, ſo hat Herr L.
von Buch mit vollem Rechte darauf hingedeutet, daß es
nicht ein Sinken des Waſſers, ſondern ein Heben des
Continents ſei, das langſam aber gleichförmig etwa 3–4′
in 100 Jahren geſchehe. Bei mehrern Inſeln der Südſee
hat man dieſelbe Bemerkung gemacht. Auch in andern
Gegenden haben ſich Granitſchichten gehoben.
Wenn man alle die Quellen Thermalquellen nennen
wollte, deren Temperatur über die mittlere Temperatur der Gegenden
wo ſie ſich finden iſt, ſo würde ein großer Theil der nörd-
lichen damit bezeichnet werden müſſen. Die wärmſte
Quelle die ich kenne iſt in Mexico bei Guanaxunto, wo
ich 77° zur Seite fand, und die einige Fuß tiefer ge-
wiß auf 80° ſteigt. In der Auvergne im ſüdlichen Frank-
reich iſt gleichfalls eine Quelle die eine Temperatur von 70° + hat.
Das Karlsbader und Achener Waſſer hat eine Temperatur
von +70°–90°, und das Waſſer des Geyſers auf
Island, der in gewiſſen Zwiſchenzeiten eine Waſſerſäule
von 19′ Durchmeſſer mit unglaublicher Gewalt 100′ in
die Luft treibt, iſt kochend heiß. – Alle dieſe
Quellen haben ihren Sitz in Urgebirge, und ſind um
ſo merkwürdiger, da ſie (bis auf das Karlsbader und
Achener Waſſer, wovon unten weiter erwähnt werden wird)
ein ganz reines, wie deſtillirtes Waſſer, liefern, worin
durch Reagentien nichts zu entdecken iſt, und ſind als
nieder geſchlagene Dämpfe zu betrachten. –
In Neu Granada hat Herr Bousſingoult die Verſuche
wiederholt, und dieſelben Reſultate gefunden; dagegen fand
er eine andere Quelle, die wirkliches Stickſtoffgas aus-
hauchte, was früher bezweifelt wurde.
Eine merkwürdige Erſcheinung ſind die Quellen welche
freie Schwefelſäure enthalten. Solche ſind bei Popayan
am Eſſigfluß, der ſich dann bald in die Kauka ergießt,
und die Fiſche 2–3 Meilen umher tödtet. Aehnliche Quellen
giebt es am Kraterſee auf Java, die Salz- und Schwefel-
ſäure enthalten. Eben ſo merkwürdig war die Erſcheinung
bei der Erhebung des Vulkans Carulljo, in deſſen Ebene
2 Quellen in den Rio Quitimba floſſen; beide ſind verſunken
und an einem entfernten Orte wieder hervorgekommen, ihr
hervorſprudelndes Waſſer hatte 1759 eine Temperatur
von + 40° und jetzt aber über 60°, da ſie in näherer
Verbindung mit der innern Wärme des Vulkans gekommen
ſind.
Viele Thermalquellen ſind ihrer Heilkräfte wegen
merkwürdig, einige haben wenige andere viele Beſtand-
theile, weshalb man ſie nach in einfache und zuſammen-
geſetzte Quellen eintheilt. Zu den letztern gehören die
Karlsbaderquellen die in ihrem Waſſer folgende Beſtand-
theile gelöſt enthalten, als: Natron, Lithion, Kalk, Magneſia,
Strontian, Kieſelerde, Eiſen, Mangan, Schwefelſäure, Salzſäure,
Phoſphorſäure, Flußſäure, Kohlenſäure, und zuweilen Kali. Mit
dem Karlsbader Waſſer fließen jährlich 746, 884 Pfund Kohlen-
ſaures Natron und 1,132,923 Pfund ſchwefelſaures Natron
hervor, ohne die übrigen beigemengten Stoffe zu rechnen.
Die Beſtandtheile erhalten ſie durch Auslaugen der Gebirgs-
arten. Lithion findet ſich auch im Eyer und Pyrmonten
Waſſer, und um ſo merkwürdiger, da die Flußſäure in
allen Glimmern enthalten iſt.
Den Analyſen der Heilquellen zufolge, haben die
Herren Struve und Soltmann, (eigentlich gehört erſteren wohl
das Verdienſt allein zu) ſie künſtlich nachzubilden geſucht.
Die Einwendungen welche dagegen gemacht wurden, beziehen
ſich auf den falſchen Begriff, daß es in den natürlichen Quellen
noch verborgene Kräfte geben könne, die ſich nicht ſo ent-
decken lieſſen. So hat man von denen zu Wisbaden zu
[D]ie Temperatur iſt wohl zu
[ho]ch angegeben, ſie iſt
nur 45°.
behaupten geſucht, daß man das 58° heiſſe Waſſer in den
Mund nehmen könne, ohne ſich zu verbrennen, und die Magnet-
nadel um 12–15° abweichen laſſe. –
Eine von den ſchönen Arbeiten des Herrn Doctor Struve,
iſt die Auslaugung der Gebirgsarten, indem er pulveriſirten
Thonſchiefer, Baſalt und Porphyr mit deſtillirten oder Kohlen-
ſauren Waſſer unter dem gelinden Druck von 2 Atmosphäre
ſo auslaugte, daß das Waſſer die in den Gebirgsarten auf-
löslichen Subſtanzen aufnahm, ſelbſt die Kieſelerde und Kohlen-
ſaure Talkerde. Auf dieſe Weiſe iſt auch das Berliner
Waſſer nachgekünſtelt, und das Lithion im Liebenſteiner
Baſalt nachgewieſen. In Island iſt die Quantität mancher
Quellen an Kieſelerde ſehr bedeutend, und beträgt 3/10
aller feſten Beſtandtheile. Andere heiſſe Quellen
enthalten auch vegetabiliſch-animaliſche Subſtanzen, ſie
geben Ammoniak; es ſcheint als wenn eigene Stoffe
aus Kohlenſtoff und Waſſerſtoff beſtehend, im Innern der
Erde enthalten ſind. Aber woher nehmen wir dem den Stickſtoff
Caſtein bekannt als ein Thermalbad, enthält unbedeutend
wenige feſte Beſtandtheile, das ℔ etwa gr. Das
Berliner-Waſſer enthält gr auf’s ℔.
So lange man noch keinen klaren Begriff vom Innern
der Erde hatte, hielt man die heiſſen Quellen für Lokal-
phänomene. Von der Lagerung der Gebirgsarten hat man
geglaubt, die Lagen lägen ſo übereinander, daß ſie gleichſam
voltaiſche Säulen bildeten, und die Quellen dieſe in Spalten
durchſchnitten, wodurch ihr Gehalt entſtände. Dieſe Hypotheſe
aber, haben die neuere Anſichten vom Innern der Erde ſehr
unwahrſcheinlich gemacht.
Die Analyſen der Mineralwäſſer geben wenig Verſchie-
denheit in großen Zwiſchenräumen, in Hinſicht des Gehalts
und der Temperatur. So hatte die Quelle zu Flinsberg
1779 dieſelbe Temperatur wie jetzt, und ebenſo geht es
mit dem Karlsbader Sprudel der eine Temperatur von 59° hat.
Mehrere Analyſen ſind von Klapproth, Berzelius u. andere
angeſtellt. Einige Quellen, wie z. B. in Pyrmont, Marien-
bad u. ſ. w. haben dagegen nicht zu allen Zeiten dieſelben
Beſtandtheile gezeigt, was auch ganz natürlich iſt, denn
im Frühjahr ſind ſie der Winterruhe wegen reichhaltiger,
als ſpäter bei anhaltendem Schöpfen. Bei andern Quellen
die z. B. nahe an Flüſſen liegen, kann der [unleserliches Material]iſetſte
Fall eintreten, indem ihr Waſſer durch das Anſchwellen der Flüſſe
wie gewöhnlich im Frühjahr, verdünnt wird.
Es giebt auch Quellen die nur Gaſe ausſtoßen, wie
die zu Karamanian in Aſien. Von den Quellen zu
Pietramala iſt es entſchieden, daß ſie aus Naphtha
im Zuſtande großer Verdünnung beſtehen. Die älteſte
Gaſerleuchtung bildete ſo die Natur im Tempel der
Braminen am Himalaya-gebirge, welcher über Quellen
die Waſſerſtoffgas aushauchten, gebauet war.
Von den Quellen gehen wir zu dem über, was ſie
hervorbringen. Diejenigen welche Kieſelerde enthalten
geben runde Geſteine, andere bilden Hügel von Tuff,
wenn ſie vegetabiliſche Subſtanzen enthalten. In der
Ebene von Caramatte in Peru iſt eine Quelle, um die
ſich eine 10–12′ dicke Mauer von kohlenſaurer Talkerde ge-
bildet hat, über welche ſich die heiſſe Quelle in einem
Bache ſchlängelt.
c. Von den Vulkanen.
Luftvulkane. Die erſten vulkaniſchen Erſcheinungen ſind
die Koth und Luftvulkane. Am längſten bekannt iſt der
Schlammvulkan Makalube in Italien, ein Thonberg von 150
bis 160′ Höhe, von der Geſtalt eines abgeſtumpft Kegels,
auf deſſen Gipfel ſehr viele Kegel, mit kleinen faſt immer
feuchten Kratern ſind, aus deren Grunde ſich im Sommer
unaufhörlich Thon (Letten) erhebt, und mit Geräuſch über
den Rand des Kreters abläuft. Einige Oeffnungen blaſen
blos Gas aus. In Columbien bei Carthagena haben
ſich oft kleine Kegel von 10–12′ Höhe, welche aber mitunter
keine 24 Stunden ſtehen bleiben, verſchwinden und andere
wieder zum Vorſchein kommen. Sie haben einen kleinen
microscopiſchen Krater von 8 Zoll breite, aus welchen das
Gas ausſtrömt. Früher ſollen hier auch Flammen von
Zeit zu Zeit geſehen worden ſein, wie Herr Bertram Gelett
bei Modena beobachtet hat. Dieſe Kegel werfen Schlamm,
Koth, mit Steinen von Grauwacke vermengt, aus. Ueber
die Gasart hat man viel geſtritten, es iſt aber weder
Kohlenſäure noch Waſſerſtoffgas, ſondern Stickſtoffgas.
Eine ähnliche Erſcheinung iſt auf der Inſel Taman in der
Krim von Pallas beobachtet, und beſchrieben; der Vulkan
war in Lettenboden. Neuerdings hat Herr Parot bei demſelben
chemiſche Verſuche angeſtellt, und ebenfalls gefunden daß
er Stickſtoffgas aushaucht, auch hat er Flammen bemerkt.
Von den Vulkanen bei Agrigent erwähnt Strabo etwas
ähnliches. Im Azow-See entſtanden den 5ten Dec. 1799
und den 10ten Mai 1814 zwei Inſeln, die ſich einige Zeit auf
der Oberfläche erhielten, dann verſchwanden und ebenfalls
Letten zeigten. Die Vulkane in Italien hauchen kein
Stickſtoffgas aus, ſondern Schwefelwaſſerſtoffgas, wo ſich
auch häufig Schwefel niederſchlägt. Der Vulkan von
Popayan am Eſſigfluß hat keinen Krater, ſondern 15 bis
20 Schwefelquellen ſtoßen mit einem Geräuſche gleich 30 Sch[miede-]
eſſen, Dämpfe von geſchwefeltem Waſſerſtoffgas aus.
Eigentliche Vulkane. Sie ſtehen in einer engen Ver-
bindung mit der Hervorbringung der Gebirgsarten. Man hat
ſehr fälſchlich ſolche Oeffnungen auſſerhalb der Vulkanen als
beſondere betrachten wollen, wie z. B. der am Monte Roſſo
neben dem Veſuv 1794 entſtand. Wenn der Vulkan
als ein ganzes Gerüſte da ſteht, ſo bildet er einen Kegel
von Trachit, und hat eine Oeffnung die mit den innern Erd-
ſchichten in Verbindung ſteht, aus welcher die flüſſigen Erd-
arten ruhig wie Quellen flieſſen. Man kann eine ge-
wiſſe Gradation derſelben nach ihren Kegeln aufſtellen.
Die ganze Provinz Quito als einen ⎡eigenen Vulkan anzuſehen,
iſt nicht richtig; das ganze Land um den Catapoxi iſt eine
Oeffnung dieſer Hochebenen. Eben ſo wie in Mexico der
Vulkan von Xorullio auf einer von Oſten nach Weſten ſich
hinziehenden Spalte ſich bildete, ſo ſtehen auch in Quito den
Vulkane auf einer Spalte, durch welche ſie miteinander in
Verbindung ſtehen, und ſich auch ihr Feuer von Norden
nach Süden zieht. Ein anderer Fall iſt auf Teneriffa, wo
nur der Pic der einzige Vulkan iſt, mit dem die Aus-
brüche in Monſerrat (?) in Verbindung ſtehen, und an jedem
andern Orte, wo dergleichen ſtatt finden, iſt es gleichſam
eine Schwäche der Steinſchichten welche den Durchbruch er-
lauben. Selbſt mit den andern Inſeln hängt der Pic zuſammen.
Durch das Studium der Naturkunde werden wir zu höhern
Anſichten unſres Erdkörpers geführt; ein tiefes und erhabenes
Ergründen derſelben ſpricht ſich vorzugsweiſe in der Geognoſie
aus, welche ſoviel großes umfaßt, daß es auch nöthig iſt,
bei dem Einzelnen zu verweilen, um darin mehr Einheit des
Cauſalzuſammenhanges zu finden. Die Verbindung der Ober-
fläche des Erdkörpers mit dem Innern bewährt ſich wie wir
geſehen haben auch beim Erdbeben, welches durch das Verſchieben
der Theile, oder durch den Durchbruch feſten Maſſen aus dem
Innern äußerlich eine neue Geſtaltung hervorbringt. Bei den
Vulkanen ſteigen die innere Theile in den Kegel auf, und
ſind theils gasartig oder Waſſer, theils Schlamm, Steine
oder auch geſchmolzene Theile.
Um eine richtige Idee von den wirkenden Organen ſelbſt
aufzufinden, muß man nicht unbemerkt laſſen, daß die
Erſcheinungen der verſchiedenen Wirkungen derſelben in
Allgemeinen übereinſtimmend ſind. So zeigt ſich bei den
Vulkanen Feuer und Rauch, erſteres aber auch bei Gasquellen.
Die Gasquellen bei Baku ſind noch nicht genau bekannt,
wo nach der Auſſage der Einwohner ſich periodiſch Feuer zeigen
ſoll. Die Gegend um die Stadt Baku (am Kaſpiſche Meere)
wird wegen ihrer blumenreichen Fluren des Roſenparadies
genannt, und zu dem in der Nähe berühmten ewigen Feuer
wallfahrten die Indier häufig. – Auch bei den Schlamm-
vulkanen iſt wie geſetzt Feuer beobachtet. Dagegen die
großen Vulkane die im Trachytſtein ausbrachen, geben
Flammen, ſtoßen Luft aus, und haben geſchmolzene erdige
Maſſe aus dem Innern hervor. Dieſe unterirdiſche Kraft
im Innern, gleicht dem Wirken der Naturkräfte in obere
Theile. Das Erſtarren des Beweglichen oder Flüſſigen
bewirkt die Entſtehung der Gebirge. Auch die Quellen bringen
mehrere harte Schichten hervor, die nicht blos aus Auflöſungen
ſich niederſchlagen, ſondern auch durch Anſchwemmungen veranlaßt
werden, wie man dies deutlich in Italien, Ungarn und andern
Orten wahrnehmen kann. So iſt der Berg Traventino bei Rom
von 600′ Höhe, durch den Traverna entſtanden, der aus kohlen-
ſaurer Kalkerde in cylinderartiger Form beſteht, und noch jetzt
die ſchichtweiſe Anhäufung erkennen läßt. In der Gegend von
Paris finden wir ebenfalls ſolche Süßwaſſer-Formationen.
Und in Ungarn ſind mehrere Seen, wo ſich kalkartige Sub-
ſtanzen in Lagerungen gebildet haben.
Auſſer dieſen den Süßwaſſer-Formationen ähnlichen, iſt
noch die bei den Vulkanen zu unterſchieden, welche durch An-
ſchwemmungen wie bei den Tuffen entſteht. Dieſe Koth-
vulkane, zu denen beſonders der Cotopaxi und Guadalaxato
gehören, bringen große Lettenſchichten hervor. Durch ähnliche
Vulkane werden die groſſen Maſſen von Letten auf den
baltiſchen Inſeln ferner gebracht. Die eigentlichen oder
Trachytvulkane bringen endlich alles dieſes hervor, vorzüglich
aber das körnige Geſtein.
Schon von den Alten wurde beobachtet, daß das Erſcheinen
der Vulkane auf der Oberfläche der Erde nicht dem Locale
ſelbſt, ſondern innern Anregungen der nach auſſen wirkenden
Kräfte zuzuſchreiben ſei. So ſagt Seneca von dem Aetna
daß er nur der Weg aus dem Innern der Erde ſei, und die
Nahrung nicht aus dem Berge ſelbſt, ſondern von dem ihm
die Entſtehung gegebenen Innern komme.
Das Problem einer richtigen Idee von der Erhebung der
Inſeln und der Krater, iſt in neuerer Zeit von Herrn L. von
Buch zuerſt gelöſt. Bei dem Erheben ſolcher Ausbruchsinſeln
kommt zuerſt eine feſte Maſſe auf die Oberfläche des
Waſſers, mehrere Tage ſpäter erfolgt erſt das Ausbruch.
Die Oeffnung welche entſteht iſt der Erhebungskrater, in
ihm entſteht erſt durch die Zeit bei mehrmaligen Entladungen
der Trachytkrater der Aushebung. Beſonders merkwürdig
iſt dies auf der Inſel Palma, wo erſt Blöcke von Granit
aus dem Innere des Kraters ſich hoben, ſpäterhin Baſalt,
in dem Innern ſelbſt aber Trachyt ſich bildete. So iſt der
Pic von Teneriffa gleichſam mit einem großen Bollwerke
umgeben, welches bis zur Hälfte aus ſolchem Trachitgeſtein
gebildet iſt. Auf der Inſel Forteventura bei der Stadt
St. Maria de Ventura, ſind ebenfalls ſolche Naturphänomen erkennbar.
Bei der Erhebung ſolcher Inſeln behalten dieſe nicht ihre
frühere Größe und Geſtalt, ſondern es entſtehen eine Menge
von Thäler, die ſtrahlenförmig gegen den Krater gehen.
Auf der kleinen Inſel Amſterdam, die ihr Daſein auch einer
Erhebung verdankt, findet ſich noch kein Krater gebildet, nur
heiſſes Waſſer kommt hier zum Vorſchein. So hatten die
Inſeln St. Turin, Terracina und Aſtroniſe, die ſchon von den
Alten gekannt waren, bei ihrer Erhebung eine Maſſe von
Thonſchiefer hervorgebracht, auf welchen ſich Kalkſtein gelagert
findet. Seit mehrern Jahrhunderten hat die Natur hier gear-
beitet einen Trachytkegel zu bilden. Endlich entſtand 1709
der neue Comani (?), der von einigen Reiſenden beobachtet, erſt
in Felſen uneröffnet ſich erhob, und denn Spalten bekam.
Auf den azoriſchen Inſeln iſt ⎡um St. Michel mehreremale eine
Inſel entſtanden, aber nach einem gewiſſen Zeitraum wieder
verſchwunden. Zuerſt entſtand ſie 1638, verſchwand aber
wieder. 1719 bildete ſie ſich von neuem, und endlich zum
3ten Male 1811, wo ſie nur von kurzer Dauer war. Sie erhob
ſich faſt jedesmal auf derſelben Stelle von etwa 3–4′ Höhe.
Merkwürdig iſt es aber, daß zwiſchen dieſen Erhebungen eine
beinah gleiche Zeitperiode ſtatt fand, nämlich von der 1ten zur
2ten 81 Jahre, und von der 2ten zur 3ten 91 Jahre. Sehr wahrſchein-
lich erfordern die Dämpfe eine gewiſſe Zeit, um ſolche Kraft
zu erlangen. Aehnliche Phaenomene der Bewegung oder Hebung
entſtehen im Meere, ohne daß ſich Inſeln bilden. Merk-
würdig iſt z. B. die Waſſerbewegung an der Küſte von
Lima und Peru, wo ich ſelbſt ſah, daß ohne den geringſten
Luftſtoß ein groſſer Wellenſchlag von 20–25′ Höhe mit
ſtarkem Geräuſch entſtand. Man hat bei ſolchen Bewegungen
auch Flammen auf dem Meere geſehen, wiewohl nicht oft,
und was ſehr ſchwer zu erklären iſt; Herr L. v. Buch
meint, ob dieſe Flamme nicht doch die neuen Alkaloide ſelbſt
wie etwa Kalium oder Natrium, hervorgebracht werden könne, die
an die Luft kommend verbrannten. – –
Oft wird eine ganze Strecke des Meeres merklich erwärmt,
wie der Golf von Cariaco mehrere Meilen weit eine beträcht-
liche Wärme hat. 1731 kamen bei Lancerotte nach einer
ſolchen Bewegung eine Menge todter Fiſche empor. Bei den
Azoren finden dieſe Meererſchütterungen auch oft ſtatt.
Bei dem Entſtehen der Vulkane auf den Continenten
iſt ihre verſchiedene Nähe von den Meeren ſehr merkwürdig.
Früher glaubte man, daß die Nähe der Meere zur Ent-
ſtehung der Vulkane vorzüglich beitrage, was aber nicht
der Fall iſt. Wir wollen die von Südamerika in dieſer
Hinſicht betrachten, wo der größte der Popocatepetl zwiſchen
Mexico und Puebla liegt, und vom Meere auf beiden
Seiten 32 geogr. Meilen entfernt iſt. Ich habe den Hügel
von Guakamayo, öſtlich von der Andeskette, geſehen, der freilich uns
unbedeutend an Größe iſt aber häufige Ausbrüche hat, und
40 Meilen von jedem Meere entfernt liegt. Ein neu entdeckter
der bei Corduna in Africa liegt, ſoll 140 Meilen vom Meere
entfernt ſein. Das merkwürdigſte Beiſpiel dieſer Art
bietet das Innere von Aſien dar, wo wir in den Reiſe be-
richten von Klapproth und Abel Remuſath, eines Feuer-
berges Namens Koſcher bei der Stadt Kutſchi weſtlich
von Tuffen, erwähnt finden, der auch in den chineſiſchen
Annalen vorkommt, und 270 deutſche Meilen vom nächſten
Meere entfernt ſein ſoll. Man glaubte erſt es ſei ein
Phänomen wie das der Boraxſäule, aber in der chineſiſchen
Encyclopedie wird ſehr deutlich bemerkt, daß aus ihm ge-
ſchmolzene Steine, Feuer und Rauch emporſteigen.
Es iſt ſehr möglich daß in der Nähe großer Meere
Vulkane ſich zeigen oder entſtehen können, wie der Dama-
vand bei Teheran nahe dem Kaſpiſchen Meere. Aber
diejenigen welche glauben ſollten, daß große Waſſermaſſen
zum Daſein der Vulkane nothwendig ſein, ſehen aus den
angeführten Beiſpielen daß dies nicht der Fall iſt. So viel
iſt wenigſtens gewiß, daß es nicht das Eindringen des
Waſſers ſelbſt in die Vulkane iſt.
Von dem Emporſteigen im Trocken, giebt uns im 16ten
Jahrhundert der Monte nuovo unweit Neapel ein Beiſpiel
der 1538 in 48 Stunden durch einen vulkaniſchen Ausbruch ent-
ſtand; die ganze herausgehobene Maſſe glich mehr einem
Schlackenhügel, dem nur ſehr wenig Schlacke beigemiſcht
war. Auf der Inſel Iſchia bei Neapel wo 1302 der Ni-
comao entſtand, iſt neuerdings wieder etwas zum
Vorſchein gekommen, und es iſt möglich daß der Epomeo
daſelbſt mit dem Veſuv in Verbindung ſteht, und letztere
vielleicht auf lange Zeit ruhen wird, um erſteren die
Kraft ſeiner Dämpfe zu geben. Eine andere Erhebung
iſt die des Vulkans von Xorulljo im Jahre 1759, welcher
in einer ſchönen Ebene liegt, die mit Indigo und Caffee
bepflanzt war. Erſt entſtand hier ein unterirdiſcher Donner,
dann ſtarke Spaltungen, aus welchen eine Menge Bim-
ſtein hervorkam. Einige Menſchen die in den Pflanzungen
gerade arbeiteten wurden mit Bimſtein beſpritzt, und flohen
nach dem in der Nähe liegenden Hügel Akuaſako, von dem ſie
ſahen, daß ein großer Theil der Erde ſich zu 280–300′ Höhe
gleich einer großen Blaſe erhob, in deren Mitte eine Spalte
entſtand, auf welcher ſich der Vulkan von Xorulljo mit
noch 2 kleinern bildete. Außerdem ſieht man in ſeiner un-
mittelbaren Umgebung 2–3000 kleine Baſaltkegel von etwa
6′ Höhe, die nach und nach entſtanden ſind, und gleich Schornſteinen
noch fortrauchen. Von jenem Hügel aus glaubt man, durch
die Menge dieſer kleinen rauchenden Kegel getäuſcht, eine
bewohnte Gegend zu erblicken.
In dem reifern Alter der Vulkane hängt die Thätig-
keit des Entbindens und Auſſtrömens aus dem Innere
mit ihrem Bau zuſammen. Dieſe Thätigkeit iſt ſehr un-
gleich; ein beſonderes Beiſpiel davon bietet uns der Vulkan
auf der Inſel Stromboli dar, deſſen Flammen in kleinen
Perioden von 6–7 Minuten herausbrechen, und ſchon Strabo
ſagt von ihm, daß er alle Minuten dieſelben Ausbrüche
habe. Der Veſuv hat häufigere Ausbrüche wie der Aetna.
Die Erſcheinungen der verſch. Thätigkeit ſtehen vorzüglich
in Amerika in einem großen Contraſte. Die kleinen
Vulkane haben häufigere Eruptionen als die größern,
letztere haben ſchon mitunter Jahrhunderte lang keine Aus-
brüche gezeigt, bei ihnen ſcheint die Kraft der Dämpfe
abgenommen zu haben, indem ſie denn nicht mehr die erdichten
Maſſen bis auf die Höhe treiben können; ihre Kegel
ſtehen nicht frei, und häufig ſind ſie an der Seite ge-
ſpalten. Rauch kommt ſelten aus ihnen hervor, ſondern
nur Waſſerdämpfe, welche aber größtentheils Nieder-
ſchläge der Atmosphäre ſind.
Der höchſte von allen Trachytkegeln, aber ohne Oeffnung,
10,602′
iſt der Chimboraſſo der den Guanako als Seitenvulkan
hat. Von allen jetzt ſpeienden Vulkanen iſt der
Cotopaxi von 17,712′ Höhe der höchſte. Nach ihm kommt
der Popocatepetl von 16,626′ Höhe. Ihren Bau ſtellt
man ſich gewöhnlich ſteiler vor, als er wirklich iſt.
Die Höhe aber mit dem Umfange verglichen, verhält ſich
beim Veſuv, Aetna, Pic von Teneriffa etc. wie 1:28 oder 30,
ſo daß die Höhe 1/28 oder 1/30 ihrer Grundfläche ausmacht;
wonach der Abhang 10–12° hat, folglich keine Pyramidenform
iſt. Der Aſchenkegel iſt um ſo größer, je häufigere und
größere Eruptionen ſtatt finden; beim Veſuv iſt ſeine
ganze Höhe ⅓, beim Pic von Teneriffa wo er 84 Toiſen
hoch iſt, 1/28 der Höhe.
Die Zeichen der Ausbrüche ſind unbeſtimmt, obgleich man
Manches für Verboten gehalten, und lange geglaubt hat
daß ſie mit der Atmosphäre in Verbindung ſtänden, was
aber nicht der Fall iſt, denn ſie ſind zu allen Zeiten, bei
ruhiger, klarer und trüber Witterung beobachtet. Wahr-
ſcheinlicher iſt es aber, daß die Veränderungen im Innere
auf die Atmosphäre einwirken. Beim Stromboli will man
jedoch die Bemerkung gemacht haben, daß in Winter ſeine
Ausbrüche häufiger als im Sommer ſind; vielleicht iſt es
möglich, daß der Regen hier auf den Schlackenkegel nach
dem Innern zu einwirkend iſt. Beim Veſuv hat man
die richtige Beobachtung gemacht, und zwar der Herzog Lecator
zuerſt, daß die in der Nähe liegenden Quellen, mehrere
Tage oder gar Wochen zuvor ausbleiben. Es kann viel-
leicht dadurch entſtehen, daß ſich neue Klüfte bilden, oder
die Wärme zu groß iſt, und dadurch das Waſſer zu
Waſſergas expandirt wird. – –
Die Größe des Kraters iſt mit der Mächtigkeit des
Vulkans nicht in Verbindung zu bringen. So hat der Pic
ſtarke Ausbrüche, ſein Krater hat dagegen nur 300′ im
Durchmeſſer. Der Krater des Pichincha neben Quito
hat 4200′ im Durchmeſſer, und iſt der größte den ich ge-
ſehen habe. Die Krater ſelbſt ſind von Wänden umgeben,
auf denen ſich ſelten neue kleine Krater bilden. Die Ränder
des Kraters ſind oft ſehr ungleich, und arten mitunter
ſogar in einzelne Thürme aus. Dies iſt vorzüglich beim
Pichincha der Fall, der ohnehin ſeiner Steilheit wegen
ſchwer zu erſteigen iſt; ich maaß von ſeinen thurmähnlichen
Spitzen aus den Durchmeſſer des Kraters. –
Auf dem Rande des Erhebungskraters findet ſich zuweilen
ein Eruptionskrater, was bei den Mondvulkanen ſo häufig
iſt. Der Chimboraſſo hat wohl an der Seite Dampf-
aber keine Lavaausbrüche. –
So wie wir die Bildung der Gebirgsarten erkennen können,
giebt es 3 verſchiedene Wege derſelben.
Zu dem Vulkane gehört eine permanente Verbindung
mit dem Innern der Erde. Die Hebung der Trachitkegel iſt
nicht durch die almählige Anhäufung der Lava und ſonſtigen
Auswürfe entſtanden, ſondern ſie ſind gewaltſam empor
gehoben, wie die Coralleneilande zeigen, bei denen Ruppel
3–400′ hoch noch Seepflanzungen im Tuff fand. Die andere Ent-
ſtehung der Vulkane iſt nicht im Rücken des Gebirges
ſelbſt, ſondern tiefer im Innern, denn von ihrer Bildung äußer-
lich auf dem trocknen Boden des Luftmeers hat die Geſchichte
kein Beiſpiel aufzuweiſen. Der Zuſtand des Alters und
des Verlöſchens trit ein, wenn ſich im Innere vulkaniſche Seen
bilden. So iſt der Pic von Teneriffa im Zuſtande der Solfatare.
Wir haben geſehen, daß die Vulkane meiſt kegelförmig
ſind. Der Pichincha dagegen bildet einen langen Rücken gleich
einer Mauer, wo der kegelförmige Theil auf dem Abhange gegen
die Südſee zu, liegt. Der Cotopaxi, von welchem im pittores-
quen Atlas meiner Reiſe eine Abbildung iſt, hat eine ähnliche
Geſtalt. Das Verhältniß des Umfangs der Vulkane zu
ihrer Höhe iſt wie 28:1. Der Veſuv hat beinahe den größten
Aſchenkegel, da er faſt ſo groß wie der des Pichincha iſt, nämlich
⅓ der Höhe; der des Pic von Teneriffa dagegen hat nur 1/22 der Höhe.
Es ſcheint, daß die niedrigen Vulkane überhaupt die größten
Aſchenkegel haben.
Die Höhe des Kegels (Aſchen) hängt von der Menge
des Auswurfs ab. Zuweilen findet ſich gar kein eigentlicher
Ausbruchskrater, unerachtet ſich Lavaſtröme ergieſſen. Ein
Beiſpiel giebt einer der Vulkane von Antiſena, der 12,000
hoch iſt, um welchen eine ſolche dünne Luft herſcht, daß das Rind-
vieh wenn es gejagt wird, Blut auswirft, und bei dem ⎡kein Krater
ſichtbar iſt; ob Oeffnungen an den Seiten ſind iſt ungewiß,
und doch finden ſich Lavaſtröme. Ebenſo iſt es mit dem
Chimboraſſo, der zwar keine Lava aber doch Dämpfe aus-
ſtrömen läßt, dagegen ſein Seitenvulkan der Guanako
(d. i. Feuerberg) Lava ergießt. Der Krater des Veſuvs
hat 1600′ im Durchmeſſer, der vom Pic kaum 300′. Dieſer
hat aber noch einen 2ten Krater, der erſt neuerlich von Cordier
entdeckt iſt. Der Krater des Pichincha hat wie auch
ſchon erwähnt 4200′ im Durchmeſſer.
Die Wände des Kraters ſind ungemein dauerhaft, da-
gegen iſt der obere Rand leicht Veränderungen unterworfen.
Der nordweſtliche Rand des Veſuvs iſt 1786 von Sausſure,
1805 von L. v. Buch und 1820 von mir gemeſſen; vergleicht
man dieſe Meſſungen, ſo findet ſich daß der Rocca del Pare
in die Höhe gegangen, der ſüdliche Theil dagegen beim Aus-
bruche von 1794 niedriger geworden, und von 1805 an bis jetzt
der Rand unverändert geblieben iſt. Die Tiefe des Kraters,
wovon wir ebenfalls eine genauere Kenntniß Herrn L. v. Buch ver-
danken, iſt das Maaß der wahrſcheinlichen Entfernung großer
Ausbrüche, von denen der Boden oft ſo gehoben wird, daß er
höher als die Ränder kommt. Um ſich einen deutlichen Begrif
davon zumachen, ſtelle man ſich den Krater, wie ein Thal
auf dem Gipfel eines Berges vor, in dem verſchiedene Schlacken-
kegel ſich finden. Die Kraterränder bleiben ſich gleich, doch
der Boden mit den Schlackenkegeln hebt ſich oft über dieſelben
hinaus, ſo daß ich ihn am Veſuv bei einer Eruption 1820
von Neapel aus ſehen konnte. Die Schlackenkegel ſtürzen
auch zuſammen, zuweilen ſind ſie doch ſehr dauerhaft, denn
1822 ſtürzte in einer Nacht einer im Krater des Veſuvs
zuſammen, der ſchon 300′ hoch war, und Jahrhunderte gewach[ſen]
war. Die Dicke der Kraterwände iſt ſehr beträchtlich, und
doch verliert ein Krater zuweilen in einer Nacht ſeine Schnee-
maſſen, ſo erſchien 1804 der Cotopaxi zum Schrecken der
Einwohner nach einer Nacht, als ein ſchwarzer Kegel. die
Wärme kann ſich nicht ſo ſchnell durch die feſten Theile mittheilen,
ſondern die vielen Spalten in Conus bewirken dies. So
wie der Rand nur außerhalb der Behaltſchicht ſteht, iſt er
nur von äußern Schichten gebildet, in denen große Spalten
entſtehen, die wieder durch Lavaſtrömungen gefüllt werden.
Zum Eruptionsſyſtem ſelbſt.
Die Eruptionen zeigen ſich in einer Folge verſchiedener
Erſcheinungen, und dieſe ſind
Im Jahre 79 hatte der Veſuv ſeinen erſten und ſtärk-
ſten Ausbruch, der ſich 306 wieder erneuerte, und dann periodiſch
lange ruhte, bis 1631 neue und ſtarke Ausbrüche erfolgten,
nachdem er über 300 Jahre ganz ruhig geweſen war, ſo daß,
wie Bred[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]zohini erzählt, Holz in ſeinem ganz bewachſenen
Krater geſammelt wurde, und nach dieſer Zeit hat er ſeine
Ausbrüche häufig wiederholt. Man muß aber nicht glauben, daß
er während dieſer Ruhe im Zuſtande der Solfatara geweſen iſt.
Da wo ſich die Vulkane über die Grenzen des ewigen
Schnee’s erheben, in den Tropen alſo etwa 2450 Toiſen,
bieten ſie eigene intereſſante Erſcheinungen dar. So werden
zuweilen viele Tauſende kleiner todter Fiſche ausgeworfen,
welche wie es ſcheint, in Seen, die im Innere der Vulkane
durch des Schneewaſſer ſich bilden, ihren Aufenthalt haben. Es
ſind kleine Fiſche von wenigen Zollen mit Mundfäden, aus
der Gattung Pimelodes Cyclopum (kleiner Wels), die ſich über[all]
in den Flüſſen und Bächen der Gebirge finden, und durch unter-
irdiſche Gewäſſer gleichſam wie in Röhren zur Höhe hinauf-
ſteigen. Beſonders den 20ten Juni 1698 als der Caorunaſso
ſeine Spitze verlor, bedeckten dieſe Fiſche in Letten ge-
füllt, viele Quadratmeilen des Land. Deſſelben war beim
Vulkan von Ribabuaon ſo ſtark der Fall, daß durch die
Fäulniß dieſer ausgeworfenen Fiſche Krankheiten ent-
ſtanden.
Die Maſſen welche von den Vulkanen ausgeworfen
werden, beſtehen:
Die Oberfläche der erkalteten Lava iſt einigermaßen
mit Eisſchollen zu vergleichen, und kann ſo Jahrhunderte trotzen,
ſie bleibt ganz nackt, nicht einmal Flechten vegetiren
darauf. Wird ſie aber mit Aſche bedeckt, ſo kann der
Boden bald wieder fruchtbar werden. Die elaſtiſchen Dämpfe
bilden auch bisweilen kleine Kegel in der Lava, wie man
dieſe oft zu hunderten beim Xorullio ſieht; beim Veſuv hat
man dies Phänomen 1822 auch wahrnehmen wollen, doch in
weit geringeren Grade.
Merkwürdig ſind noch die Höhlen, die oft in der Lava
entſtehen, und deren Wände mit Metallkryſtallen be-
ſetzt ſind. Man hat ſo ſchon 7 Metalle darin entdeckt,
als: Eiſen, Titan, Kupfer, Arſenik, Selen, Mangan und oxyd[.]
Stibium. Dieſes iſt ſehr wichtig für die Erztheorie, wie
ſie durch Gänge aufſteigen, und ſich niederſchlagen.
Die Urſachen der Wärme ſind gewiß ſehr tief zu ſuchen,
aber die Maſſen der Lava finden ihre Stoffe nicht immer in
der Tiefe, ſo ſind die erdartigen Stoffe mehr Umänderungen
des Erdreichs in der Nähe. Wo man große Maſſen von
Olivin findet, kann man auf die Verbindung mit Baſalt
ſchieſſen. Feldſpathlava findet ſich wo Trachiyt in der
Nähe iſt. Die Maſſen der Lava ſind ſehr verſchieden, ſo iſt
in der des Aetna’s kein Augit, wohl aber in der des Veſuv’s.
Selbſt bei nahen Vulkanen, und in den Lavaausbrüchen
derſelben Vulkane, in einem Zeitraume von 6 Monaten,
findet oft Verſchiedenheit der Maſſen ſtatt. Die feldſpath-
artigen Lagen gehören den älteſten Auswürfen zu, wie beim
Veſuv, der jetzt aber keinen Feldſpath mehr giebt. Die
Lavaſtröme bilden theils ein dichtes Gewebe in ihren Lage-
rungen, das baſaltartig iſt, bald einzelne Kryſtalle, die
ſich individualiſiren und porphyrartig ſind.
Der Aſchenauswurf iſt als letzte Eruption zu betrachten.
Gleich der Geſtalt der Pinie wird ſie durch die Gewalt der Dämpfe
aus dem Ausbruchskrater in die Luft geſchleudert, was man
beim Veſuv 70–80′ hoch ſehen kann. Man hat geglaubt daß von
1631 bis 1822 groſſe Aſchenauswürfe waren, was aber nicht
der Fall geweſen iſt, denn ich fand die Aſche aus 2–3′ hoch.
Weit ſtärker müſſen dagegen die Aſchenauswürfe geweſen
ſein, welche Herkulanum zerſtörten und 80′ hoch mit Aſche
bedeckten, was beſtimmt keine Lava ſondern Aſche war.
Die beiden Städte Herkulanum und Pompeii wurden 79
Jahre nach Chriſti G. verſchüttet, und 1711 wieder entdeckt.
Die Aſche kommt auch zuweilen aus den Seitenwänden
hervor, ſo ſchien 1822 beim Veſuv ein Strom kochendes
Waſſer am Fuſſe des Kraters heraus zukommen,
nähere Unterſuchungen von Herrn Steiniger aber zeigten, daß
trockne Ströme von Tuff und Aſche ſo täuſchten. 3tens
wird die Aſche mit dem Schlamme zugleich ausgeworfen.
4tens mit einzelnen Maſſen, großen Tuffſchichten mit
Waſſerſtrömen vermengt. Endlich 5tens mit Regenwaſſer etc.
Der letzte Zuſtand der Vulkane iſt neu die Solfa-
tara ſelbſt, welche Schwefelwaſſerſtoffgas mit Waſſerdämpfen
ausſtößt. Eine andere Art des alten Zuſtandes iſt
die, daß ſich in ihrem Innern Seen bilden, wie z. B. die
See des Toluca von 5000′ Höhe, derie freie Salz- und
Schwefelſäure enthält. –
Das Emporſteigen der Schwefeldämpfe, (vorzüglich als
Schwefelwaſſerſtoffgas, wo ſich nachher auch Schwefel wirklich
niederſchlägt,) aus dem Innern durch große Spalten,
iſt um ſo intereſſanter, da man früher glaubte, der
Schwefel finde ſich nur in den tertiären Gebirgen. Ein
anderer Fall iſt bei Quito, wo Schwefel in Quarzwaſſer
und Glimmerſchiefer liegt. Wenn dieſe Schwefeldämpfe
durch Flözkalkſtein brechen, ſo verwandeln ſie ihn in Gyps.
Sehr ſelten findet man in der Nähe der brennenden
Vulkane anſtehendes ausgeworfenes Urgeſtein, und dann
ſcheint es von den Vulkanen ſelbſt gehoben zu ſein, wie ich es in Südamerika fand.
Von der Betrachtung der iſolirten Vulkane, komme
ich nun wie ſie ſich in Gruppen an einander reihen. Nach
Herrn L. von Buch theilen ſich alle Vulkane der Erdfläche
in zwei weſentlich von einander verſchiedene Klaſſen:
in Central- und in Reihen-Vulkane. Jene bilden alle-
mal den Mittelpunkt einer großen Menge, um ſie her,
faſt gleichmäſſig nach allen Seiten hin wirkenden, Aus-
brüche. Dieſe, die Reihenvulkane, liegen in einer
Reihe hinter einander, oft nicht weit von einander ent-
fernt, wie Eſſen auf einer groſſen Spalte, was ſie
denn auch wohl ſein mögen. Man zählt auf ſolche Art
zuweilen wohl 20, 30 oder auch noch mehr Vulkane, und
ſo ziehen ſie ſich über bedeutende Theile der Erdoberfläche
hin. In Hinſicht ihrer Lage, ſind ſie dann wiederum
vor zweierlei Art. Entweder erheben ſie ſich als ein-
zelne Kegelinſeln aus dem Grunde der See; dann läuft
gewöhnlich ihnen zur Seite ein primitives Gebirge völlig
in derſelben Richtung, deſſen Fuß ſie zu bezeichnen ſcheinen –
oder dieſe Vulkane ſtehen auf den höchſten Rücken dieſer
Gebirgsreiſe und bilden die Gipfel ſelbſt. In ihrer Zu-
ſammenſetzung und in ihren Producten ſind dieſe beiden
Arten von Vulkanen nicht von einander unterſchieden.
Es ſind faſt jederzeit, mit nur wenigen Ausnahmen,
Berge von Trachyt und die feſten Producte daraus
laſſen ſich auf ſolchen Trachyt zurückführen. Wenn
man dieſe Gebirgsreihen ſelbſt als Maſſen anſieht,
welche aus großen Spalten durch Wirkung des Augit-
porphyrs hervorgeſtiegen ſind, ſo läßt ſich dieſe Leg
der Vulkane wohl einigermaſſen begreifen. Entweder
des jenige, was in den Vulkanen wirkt, findet auf
dieſer Hauptſpalte ſelbſt ſchon mehr Leichtigkeit, zur
Oberfläche hinauf zu dringen; dann werden die Vulkane
auf der Gebirgsfläche ſelbſt hervorſteigen. Oder die
primitiven Gebirgsmaſſen über der Spalte ſind ihnen
ein großes Hinderniß; dann werden ſie, wie es ſchon der
ſchwarze Porphyr ſelbſt gewöhnlich thut, am Rande der Spalte
ausbrechen, da, wo die Gebirge anfangen, ſich über der
Oberfläche zu erheben, das iſt am Fuße der Gebirge hin.
Wenn aber das, was unter der Oberfläche hervor-
brechen will, keine ſolche Spalte vorfindet, welche der
wirkenden Macht den Weg beſtimmt, den ſie nehmen
ſoll, oder auch wenn das Hinderniß auf der Spalte überaus
groß iſt, ſo wird die Kraft unter der Oberfläche an-
wachſen, bis ſie das Hinderniß zu überwältigen und die
darüber liegenden Gebirgsmaſſen ſelbſt zu zerſprengen
vermag. Sie wird ſich ſelbſt eine neue Spalte bilden,
und auf dieſer ſich eine ſtete Verbindung offen erhalten,
wenn ſie ſtark genug iſt. Dann entſtehen Centralvulkane.
Doch werden dieſe nur ſelten emporſteigen, ehe ſie ſich
nicht vorher durch Erhebungsinſeln mit Erhebungscratern
den Weg gebahnt haben.
Zu den Centralvulkanen ſcheinen noch gerechnet
werden zu müſſen, die Berge, welche im Innern der
Continente liegen und jetzt nur noch ſelten Spuren
ihrer Wirkſamkeit zeigen. Hierher gehören der Dama-
vand auf der Kette des Elbaurs, der Ararat, der
Seiban-Dagh, die tatariſchen Berge öſtlich von China
und die vulkaniſchen Berge in Kordofan.
Alle dieſe Centralvulkane erheben ſich aus der Mitte
baſaltiſcher Umgebungen, ungeachtet ihre Kegel ſelbſt
faſt überall aus trachytiſchen Maſſen beſtehen. Von
Gebirgsarten anderer Formationen erſcheint entweder
keine Spur, wie auf den Inſeln der Südſee, oder ſie
ſind doch ſehr entfernt und nicht mit den Vulkanen in
unmittelbarem Zuſammenhange. Dagegen ſteigen die
Reihenvulkane entweder ſogleich aus dem Innern pri-
mitiver Gebirgsarten ſelbſt und über dem Rücken der
Gebirgskette empor, oder Granit und ähnliche Geſteine
ſind doch in der Nähe, vielleicht noch am Abhange des Vul-
kans anſtehend, wenn die Reihe der Vulkane nur den
Fuß der Gebirgsketten, oder den Saum der Continente
begleitet.
1. Die griechiſchen Inſeln. Sie ſind die einzigen
in Europa, welche man mit einigen Rechte unter den Reihen-
vulkanen aufführen könnte; allein die Natur hat hier bis-
her immer nur verſucht Vulkane zu bilden, ohne daß
dieſe zu wirklichen und dauernden gediehen wären. Die
griechiſchen Inſeln haben die Natur der norwegiſchen und
ſchwediſchen Scheeren. Durch ſie werden die Gebirgsreihen
des feſten Landes in gleicher Reihe und mit gleichen Ge-
birgsarten fortgeſetzt, bis in weiter Entfernung die
einzelnen Erhebungen nicht mehr als Inſeln aus dem
Meere ſteigen können.
Die Reihe der vulkaniſchen Inſeln, die feſt den Iſthmus
von Corinth berührt und zu welcher Poros, Milo, Anti-
milo, Eimdolis, Palino, Policandros, Thereſia und Santorin
gehören, die aus Trachyt beſtehen, welcher wahrſcheinlich
den Thonſchiefer durchbrochen hat, der in Böotien, ſüdlich
von Theben, unter dem Kalkſtein liegt; denn Santorin,
eine der merkwürdigſten und lehrreichſten Inſeln der
Erdrinde, hat den Thonſchiefer mit in die Höhe gebracht.
2. Weſtauſtraliſche Reihe.
Offenbar iſt Neuſeeland durch Neucaledonien, durch
die neuen Hebriden, durch die Salomos-Inſeln und
Louiſinde bis Neuguinea und durch dieſes große Land
bis zu den Molucken fortgeſetzt. Der erſte und fürchter-
lichſte Vulkan der Reihe iſt Tanna; es folgen Am-
bryan, im Oſten der großen Inſel del Eſpirtu Santo,
die Volcano-Inſeln bei St. Cruz, Seſarga unter den
Salomons-Inſeln bei Guadalcanar, dann der Vulkan
auf Neu-Britanien, Dampiers Vulkan etc. etc.
Dieſe Vulkanreihe vereinigt ſich nun an der Weſt-
ſeite von Neuguinea mit zwei andern, den Reihen
der Vulkane der Inſeln von Sunde von Weſten her
den der Philippinen und der Molucken von Norden
herunter, zu einem wahren vulkaniſchen Knoten.
3. Reihe der Inſeln von Sunda.
Hierher gehören: der Wawani auf Amboina, der
Gonung-Api, der brennende Berg von Banda, Sorea,
Damure, Gunong-Api in 6°36′ S. Pontare, Lombatta,
Mangeray oder Flores, Sandelbos, die Feuerberge
Java’s, der Gede oder Tegal über 10,000′ hoch, und
ſo weiter vielleicht noch 30 an der Zahl; im Golf
von Bengalen, der letzte bekannte Vulkan dieſer Reihe.
4. Reihe der Molucken und der Philippinen.
Schreckbar prachtvoll, ſagt Tuckey, iſt der Anblick
der Philippinen. Die Berge, welche die Inſel nach allen
Richtungen durchziehen, verſtecken ihre Häupter in den
Wolken, während ihre Abfälle mit Schlacken und Laven
und mit grenzenloſer Verwüſtung bedeckt ſind; heiße
Wäſſer dringen faſt überall hervor, und an vielen
Orten ſtehen Salvataren mit brennendem Schwefel.
Die beſtimmt bekannt gewordenen Vulkane dieſer aus-
gezeichneten Reihe ſind folgende, von Amboina herauf:
Machian, Motir, Ternate, Tidore, Tolo, Kemas,
Siao, Aboe, Sanquil, Fuego, Mayon, Ambil,
Taal, Aringuay und E[unleserliches Material]amiguin. Außerhalb dieſer
Reihe und iſolirt liegen der ſtets flammende Vulkan
auf einer kleinen Inſel an der Weſtſeite von Bor-
neo und ein Vulkan auf der Inſel Cap, in der Torreſſtraße.
5. Reihe der japaniſchen und kuriliſchen
Inſeln und von Kamtſchatka.
Mit der Schwefelinſel beginnt nach langer Unter-
brechung eine neue Reihe. Japan iſt, wie Java,
Quito, Gilolo und Luçon, ein Hauptſitz vulkaniſcher
Wirkungen. Tanegalina ſoll im Jahr 94 aus dem
Meere geſtiegen ſein. Vulcanus oder Fuego, Aſo,
Unſen, Firando, Fatſiſio, Fuſi, Alamo, Pic Tileſius,
Koſima, der Vulkan auf Matsmai, der Vulkan von
Chacodade, der Vulkan im Norden der Vulkansbay
auf Matsmai ſind die erſten der langen kuriliſchen
Vulkanreihe. Ferner gehören hierher der Vulkan
auf Itturup, Tſchirpoi, Pic Peyrouſe auf Mareckan,
Uſchiſchi, Matua, Naſchkoke, Ikarma, Onekotan,
Paramuſir und Alait. Auf Kamtſchatka befinden
ſich 14 Vulkane.
6. Reihe der aleutiſchen Inſeln.
In den aleutiſchen Inſeln befinden ſich 11 Vulkane.
Die Vulkane der Inſel Umnack ſind beſonders thätig.
7. Reihe der Marianen.
Die Vulkane dieſer Reihe ſind ſehr unbekannt
und eigentlich iſt nur die Inſel Aſſumpcion als ein
wirklicher Vulkan erkannt worden. Doch bemerkt
v. Chamisſo, daß die Reihe der Marianen eine vulka-
niſche ſei.
8. Reihe von Chili.
Es werden in dieſer Reihe 24 Vulkane aufgeführt.
Sie ſind indeſſen, ungeachtet ihrer Höhe und Be-
deutung, kaum mehr als dem Namen nach bekannt.
Miſti oder Vulkan de Arequipa, iſt der einzig
bekannte Vulkan in Peru.
9. Reihe von Quito.
Der ganze hochliegende Theil von Quito mit den
angrenzenden Bergen ſcheint nur ein einziges un-
geheures vulkaniſches Gewölbe zu bilden, welches
ſich von Süden nach Norden erſtreckt und einen Raum
von mehr als 600 □ Meilen einnimmt. Die Feuer-
berge dieſer Reihe gehören zu den höchſten Bergen
der Erde. Es ſind deren 16 bekannt.
10. Reihe der Antillen.
Die Vulkane dieſer Reihe ſind nicht hoch. Die vul-
kaniſchen Inſeln liegen alle in einer fortlaufenden
Kette hintereinander, ohne von nicht vulkaniſchen Inſeln
unterbrochen zu ſein. Grenada, St. Vincent, St. Lucia,
Martinique, Dominica, Guadeloupe, Monſerrat, Mewes,
St. Chriſtop[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]h, St. Euſtache ſind die vulk. Inſeln.
11. Reihe von Guatemala.
Die Andes ſind zwiſchen den beiden Meeren faſt
verſchwunden; der Uebergang bei Panama iſt nicht
über 1000′ hoch. Aber die vulkaniſchen Kegel dieſer
Reihe ſteigen ſchnell und hoch in der Richtung von
Südoſt gegen Nordweſt, über das niedere Land empor
und längs der Küſte hin. Man hat deren 27 aufgezeichnet.
12. Reihe von Mexico.
Beinahe völlig von Oſten nach Weſten, quer
über die Landenge, und über einer Querſpalte,
erheben ſich die Vulkane von Mexico, 8 an der Zahl,
unter welchen der Popocatepetl 16,626′ hoch,
der höchſte von allen bekannten Bergen in Mexico
iſt. – –L. v. Buch in Poggendorf’s Jour[nal]
Sehr ſelten findet man am Fuße der Vulkane an-
ſtehendes Urgeſtein, und dann ſcheint es von den Vulkanen
ſelbſt gehoben zu ſein, und nicht ausgeworfen, wie ich es
auch in Südamerika fand.
Die Vulkane hat man lange nur als zerſtörend be-
trachtet, und ſie erſt in neuerer Zeit als neue Gebilde
ſchaffend und umwandelnd erkannt. Unabläßig bilden ſie
Schichten körniges Geſtein oder Lavaſtrömen. Sie bilden neue
Gebirge die im genauen Zuſammenhange mit den ältere ſtehen.
Die Laven ſind graue oder ſchwarze Eiſenſilicate die Augit,
Olivin und Hornblende einſchlieſſen. Sie zeigen entſchiedene
Analogie mit dem Baſalt und Porphyr. Sie verändern das
anliegende Geſtein, ſo wird dichter Kalkſtein in körnigen
verwandelt; oder neue Foſſilien wie Veſuvian, Zinn-
ſtein u. ſ. w. treten hervor.
Eine beſondere Erwähnung verdienen die künſtlichen
Foſſilien, als Kryſtalle von Glimmer, Augit, Olivin, Titan,
etc. von Herrn Mitſcherlich und Wollaſton; auch das körnig
Geſtein der Vulkane hat man auf künſtliche Wege
nachgemacht. Die erſteren Foſſilien ſind deren der
Vulkane ſehr ähnlich nach gekünſtelt.
Wir kommen nun zur Unterſuchung der Erdrinde
in Allgemeinen, der poſitiven Lagerungs-Geognoſie,
ohne auf ihr Entſtehen Rückſicht zu nehmen.
Man hat lange gefragt, wie tief wir eigentlich in das
Innere der Erde gedrungen ſind, und die Gruben von Anſin bei
Valencienes von 850′ unter dem Meereſſpiegel für die
tiefſten gehalten. Nach den trefflichen Unterſuchungen jedoch
die wir den beiden Geognoſten Blechen und Oehlhauſen ver-
danken, welche Deutſchland, Frankreich und England in dieſer
Rückſicht bereiſten, finden ſich die tiefſten Gruben oberhalb
Lüttich von 1600′ Tiefe. Die größten Kohlenbergwerke
ſind nur 1000′ tief. Zu Freiberg iſt man 1670′ einge-
drungen, was jedoch noch nicht 500′ unter dem Niveau des
Meers iſt, da Freiburg ſo hoch liegt. So iſt man an
verſchiedenen Punkten bis gegen 1600′ tief in die Erde ein-
gedrungen ohne darüber hinaus zu kommen. Alſo viermal tiefer
als die größten Bauwerke über der Erde. Denn ſowohl
die höchſten Pyramiden älterer Baukunſt wie die hohern
Dome des Mittelalters erreichten etwa die Höhe von 440
bis 450′. Selbſt wenn man der Hypotheſe folgen wollte
daß vom Himallahgebirge die höchſte Spitze der Dhawalagiri
26,000′ über der Meeresfläche, aber ſo tief aus dem Innern
unter derſelben hervorgetrieben ſei, ſo würde dies mit dem
Durchmeſſer der Erde verglichen, uns immer nur eine geringe
Tiefe zeigen. Die Findlinge von den Vulkanen ausgeſchleudert
kommen aus tiefern Punkten der Erde als ihre Baſis iſt.
In der äußern Rinde der Erde zeigen ſich 5 körnige Ge-
birgsarten: 1. die weiſſe Lava, 2. die ältere Baſaltflöze,
3. Trachyt, 4. Porphyr mit und ohne Quarz, und 5tens, Granit,
Sienith, Gneis und Granitmaſſen, die mit dem Namen Ur-
gebirge bezeichnet werden.
Die feſten Schichten von oben herab ſind:
Wird die 4te Gruppe uranfängliches Geſtein genannt,
ſo iſt der 3ten der Name Uebergangsgebirge gegeben. In
dieſer findet ſich das erſte Aufkeimen von Bambus- und Schilf-
arten, auch Schildkröten ſind darin gefunden. Die Schichten der
Lagerungen von Kalkſteinen heißen Flötzgebirge, und unter-
ſcheiden ſich von den tertiären, daß der Kalk eine große
Menge von Krokodillenarten, Knochen von andern Landthieren,
Meer- und Süßwaſſer-Producten beigemiſcht enthält. Zwei
große Zerſtörungen bezeichnen die Grenzen dieſer Flötz-
gebirgen, da ſie von den tertiären Gebirgen durch Lagerungen
von Steinkohlen mit monocotyledoniſchen Stämmen, als Palmen,
baumartigen Farrenkräutern und Gräſern getrennt ſind, auf
der andern Seite dagegen iſt das Flötzgebirge von Lagerungen
dicotyledoniſcher, unſerer Waldungen ähnlicher Baumſtämme be-
grenzt, die ſich durch die Reize der Holzſchichten oder Jahrringe
deutlich erkennen laſſen. Bei der in den Braunkohlenſchicht
zwiſchen dem Flötz- und Tertiärengebirge eingeſchloſſenen Zer-
ſtörung einer Palmenwelt, muß man nicht glauben daß ſi[e]
mitein[unleserliches Material]ander verſchwänden ſei, denn auch in den Gypſen finden
ſich Palmenſtämme. Wenn alſo einſt dieſe Gegenden den
Tropenländern ähnlich waren, ſo unterſcheiden ſie ſich doch weſentlich
von dieſen dadurch, daß die unanfängliche Vegetation nur allein
aus monocotyledoniſchen Stämmen beſtand, und in den Flötzen
ein dicotyledoniſche St. gefunden worden ſind.
Wer in den todten und ſtarren Gebirgsarten des Innern
verfolgt, den feſſeln die Spuren der Reſte alter Thiere und
Floren, dem erſcheint der Boden unheimiſch, wo Elephanten
und crodillartige Thiere ſich vorfinden. Dieſes Aneinande[r-]
reihen von Organismus hat das Leben von coloſſalen
Landthieren bis zum Corallenſtamme gallertartig umhüllt, verfolgt.
Ein großer Theil der Gebirgsformationen iſt durch Spuren
des Zuſammenlebens und des Alters nach, characteriſirt.
Wie ſich in den Uebergangsgebirgen wozu auch der größere
Theil des Harzes gehört, Bambusſchilf, Stengel von Farren-
kräutern, eine Maſſe von Corallen finden, ſo zeigen ſich
auch zugleich ſehr ausgebildete Thiere, als Tricholiten,
Käfermuſcheln mit und ohne Gitterungen, ein Krebsartiges
Gliederthier von 4–4½ Länge, ferner ſepienartige Thiere
und Orzowalithen.
Das Flötzgebirge enthält zahlloſe Polytaninen Muſcheln,
Ammonshörner, etc. und ein Thier was man bisher für ganz
verloren hielt, hat der Capt. Boudin auf ſeiner Reihe ſogar
lebendig wieder gefunden, nämlich eine Art Spirula, die
ich ſelbſt zu Paris in Weingeiß ſah. Dieſe Art gehört
zu den ſeltenen Thieren welche nicht wie die Schnecken
im Gehäuſe leben, ſondern der hintere Theil iſt um das
Gehäuſe angewachſen. Ferner Belemniten oder die ſo-
genannten Blitzpfeile, ein und zweiſchalige Seethiere,
ſelbſt Theile von Dintenfiſche. Der Prof. Boxler in Oxford
fand noch die Blaſe mit der Sepia ſo gut erhalten, daß ich
ſelbſt noch deren eine Abbildung mit der ihr eigenen Farbe
geſehen habe. Die größte Maſſe von Fiſchen findet
man überhaupt in dem Flötzgebirge.
In der neuern Formation finden wir Krokodillartige
Thiere, die aber von denen der jetzigen Zeit ſehr abweichend
ſind; als den Megaloſaurus von 40–50′ Länge (die
jetzigen Krokodille haben nur eine Länge von 20–22′.)
Ein von ihm aufgefundener Schenkelknochen war gegen
5 Fuß lang. Ferner den Pleſioſaurus ein Krokodill
mit einem Schwanenhalſe, der ⅔ der Länge des ganzen
Thiers ausmacht. Auch Krokodille mit Fiſchungen von
einer ſonderbaren concaven Geſtalt. Endlich wirkliche Kro-
kodille, und was ſehr merkwürdig iſt, fliegende Eidexen,
deren Flügel gleichſam wie Finger zuſammen gehalten
werden. Dies gab zu einem gelehrten Streit zwiſchen
Herrn Cuvier und Sommering Veranlaſſung, da letzterer
ſie für Fledermäuſe hielt. – Auch Reſte von
Cetaceen, Wallfiſchen, warmblütigen Säugethiern der
Meere und der Flüße. Ueber der Kreide nehmen
dann die Säugethiere ihren Anfang, anfangs ganz un-
bekannte Arten und Formen, ähnlich dem Rhinoceros, Tapir,
dem Pferde u. ſ. w. So wie die Gattungen Ampletorion
und Paleterion, wovon Cuvier allein um Paris 18 Arten
geſammelt hat; und um ſo überraſchender war das Auf-
finden eines koloſſalen Tapir’s, da man es nur für
eine ſüdamerikaniſche Gattung hielt, aber gerade zu
derſelben Zeit wurde eine andere noch lebende Art in
der alten Welt auf Malakka entdeckt. So iſt in neuerer
Zeit erwieſen, daß unſer Rindvieh nicht von Auerochſen
abſtammt, denn Knochen ihrer ganz analog ſind in Nord-
amerika gefunden, und zeigen daß der Urtypus davon
unterging. Auffallend dagegen iſt es, daß bis jetzt
keine Spur foſſiler Knochen von Auerochſen gefunden iſt.
Nun kommen Elephanten, Rhinoceros, Nilpferde, aber
neue Arten der Gattungen. – 1771 wurde ein dem
indiſchen Elephanten ähnliches Thier bei Jadegerſte mit
Fleiſch entdeckt. 1799 aber entdeckte Adams im
Eiſe der Lena, eine ungeheure Eismaſſe, aus welcher
Knochen hervorragten. Fünf Jahre ſpäter alſo 1804
meldeten die Jakuten, daß jetzt erſt das Thier vom
Eiſe frei ſei; man fand das Thier noch ſo mit Fleiſch
umgeben, daß Hunde, Wölfe und andere Thiere dadurch
angezogen wurden, und ſich lange deren gewährt haben.
Selbſt ein Auge und viel Muskelfleiſch war durch
die Kälte bis dahin gut erhalten. Es war mit 15
Zoll langen Haaren bedeckt, und hieraus hat man ſchließen
wollen, daß es von einem elephantenartigen Thiere des
Norden’s abſtamme; dieſe Erklärung iſt aber nicht wahr-
ſcheinlich, da man neben dieſem Thiere Palmenholz und baum-
artige Farrenkräuter vorgefunden hat, die unmöglich hier
ihren Urſprung haben konnten. Das Scelett iſt nachher
nach Petersburg gebracht. Noch muß ich das große
Faulthier (Megaterion) erwähnen, das man neuerlich für
ein Armadill oder Tatu erklärt hat, und ſo höchſt wunder-
bar gebauet iſt, daß man es für einen Aerolithen halten
möchte. Das Verdienſt dieſer Beobachtungen gebührt
in frühern Zeiten Campe, Sommerring, Blumenbach,
und in neuern Zeiten vorzüglich Cuvier.
In dem Vorhergehenden ſind wir beſchäftigt geweſen,
die untergegangenen Thier- und Pflanzenformen in ihren
Grabſtätten aufzuſuchen, wo wir ſie von den uranfäng-
lichen Gebilden der Steinkohlenlagerungen aufſteigen und
ſich in den Schichten der Kreide endigen ſehen. Die größte
Gruppe dieſer verſchiedenen Thiergattungen gehört zu den
welche wir mit dem Namen Dickhäutige belegen. Cuvier,
deſſen Nachforſchungen wir überhaupt viel zu verdanken
haben, hat allein über 130 Arten aufgefunden, worunter
60 Rhinocerosarten und Tapire, 20 Wiederkäuende wie
Rehe, Hirſche u. ſ. w. und 22 reißende Thiere wie Bären,
Wölfe, Tieger und andere Katzenarten. Von Vögeln
iſt nur wenig gefunden, weil ſie leichter den Zerſtörungen
entgehen konnten. Je tiefer man in die Erde dringt,
um ſo unähnlicher ſind dieſe Formen den Bildungen der
jetzigen Schöpfung. – Die letzte dieſer Schichtungen
iſt nun die der Süßwaſſerformationen, wie ſie ſich in den Limen?
über 600′ hoch erheben, und aus kleinen Inſecten beſonders
den Limellen, vermiſcht mit den Früchten der Chara beſtehen.
Es giebt große Strecken der Continente, wo dieſe Bildungen
ganz fehlen, wie z. B. der [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]nordweſtliche Theil von Amerika,
nach den Unterſuchungen des Capt. Franklin; dies iſt auch
der Fall vom Ausfluße des Orinoco an bis zum Amazonen-
ſtrom, wo ſich nur Granitformationen erheben, die dem
Corallenleben und ihren Bildungen Hinderniſſe entgegen ſetzen.
Von Menſchenknochen iſt bis jetzt nichts gefunden
worden, denn nur fälſchlich hat man andere dafür ge-
halten. So glaubte Schuchzer einen homo lapideus
gefunden zu haben, Cuvier bewies aber nachher daß es
eine Art Salamander ſei. In Guadeloupe hat man
gleichfalls geglaubt, Menſchengerippe aus den Zeiten der
Erdrevolutionen gefunden zu haben, neuere Unterſuchungen
haben aber dargethan, daß ſie aus einer geſchichtlichen
Zeit herrühren, und zwar von den Kirchhöfen des Ka-
raiben abſtammten, und von einer Kalkſchicht umgeben
waren. Vor 3 oder 4 Jahren glaubte man bei Paris
einen geharniſchten Menſchen zu Pferde gefunden zu haben, der
aber nur in der Einbildungskraft ſein Daſein erhielt.
Bei Caſtres im ſüdlichen Frankreich ſind Menſchenknochen und
Thierknochen vermiſcht gefunden. Mehrere Höhlen ſind
durch die Knochen die ſich darin fanden berühmt geworden,
und erſt der Prof. Buxland iſt auf die Spur gekommen,
wie ſich Knochen von Bären, Elephanten, Rhinoceros und anderen
großen Thieren in ſo kleinen Höhlen vorfinden können, ſie
ſind nämlich von den Hyänen hineingebracht worden, denn
er bemerkte, daß alle Knochen eben ſo benagt waren,
wie diejenigen welche noch jetzt von den Hyänen in ähn-
lichen Höhlen zuſammentragen, und ſelbſt die Excremente
dieſer und ähnlicher Thiere hat man deutlich darin erkannt.
Er machte noch dabei die intereſſante Entdeckung, daß
ſich die antipluvialiſchen Knochen von den ſpätern dadurch
unterſcheiden, daß erſterer ſo porös ſind, und an der
Zunge faſt kleben bleiben.
Die zwei großen Kalkgebilde deuten auf einen
großen Zuſammenhang. – Wie ich ſchon in der
Einleitung erinnerte, iſt das körnige Geſtein ſpäter
erhoben, als das umgebende Geſtein ſeine Exiſtenz erhielt.
Bald ſind dieſe Bildungen Gold, Silber, Syenit, Porphyr,
hornblendiger Granit, Granit, Gneis, Trachyt, Glimmer-
ſchiefer, Porphyr mit und ohne Quarz in einander über-
gehend. Die Steine welche aus jenen Vulkanen körnig
hervorgehen ſind Granit in Gneis mit Glimmerſchiefer,
man glaubt daß ſie einen ähnlichen Urſprung mit den
Porphyr haben. An andern Punkten erkennen wir
nicht dieſen Uebergang der Gebirgsarten in einander.
Von dem Ausbruche oder gleichſam Hervorquellen der Ge-
birgsarten aus Spaltungen geben uns die Baſaltmaſſen
ſchöne Reſultate. Man hat neuerlich deren 3 nachgewieſen, und
zwar alle in Deutſchland, als 1, an der Pflaſterkaute bei
Eiſenach hat man 1820 einen Baſalthügel gefunden deſſen oberer
Theil in einem Zapfen endigt. 2, eine andere Baſaltmaſſe
1822 an Druidenſtein 2 Stunden von Siegen in Grauwackeſchiefer
von Herrn Gerhart, und 3tens die blaue Kuppe in bunten
Sandſtein bei Eſchwege von Herrn Prof: Hoffmann 1823.
Ueber die Entſtehung der körnigen Schichten wird hierdurch
viel Licht verbreitet. Eine 2te Abtheilung der Gebirge
reicht an die organiſchen Reſte. Trachyt, Dolomit, Baſalt
mit abwechſelnden Schichten dichten Kalkſteins. Hier herſchen
Kalkgebilde, Gneis, Porphyr, theils Sandſteingebilde und
Conglomerate, 2 Hauptabtheilungen geben hier fragmentariſch
und unfragmentariſch, in erſten Kalkſtein in letzte Con-
glomerate. Nach dem nun erkannten Typus der tropiſchen
Pflanzenform von unten nach oben zu anfangend, gehören
die Steinkohlen mehr dem Uebergangsgebirge als dem Flötz-
gebirge an, mit rothem Sandſtein vermiſcht; dann zeigt ſich
Kupferſchiefer, thonartiger Sandſtein, Muſchelkalk, Mergel-
ſchichten mit Quarz und Sandſteinſchichten vereinigt, bald
dem rothen Sandſtein bald dem Quarz ähnlich. Endlich die
große Juraformation unten dunkel oben olivenfarbig mit
einer Schicht von Eruptionen. Nun kommt die große
Maſſe krokodillartiger Thiere, und zwar ſo daß die älteſten
und die fremdartigſten in den ältern Schichten, dagegen d[ie]
den langſchnablichten des Ganges und den aegyptiſchen ähnlichen
in den höhern liegen. Dieſer folgt Syenitenkalk und oben
Oliten, dann Quaderſandſtein, grüner und weißer Sandſtein
ausgezeichnet durch Gryphaea Columba. Endlich Kreide
und planer Kalk ausgezeichnet durch Omoliten. Wenn man
von der Entſtehung des Muſchelkalks ausgeht, ſo findet
man die Gebilde der Steinkohlen, alſo zwiſchen den beiden
Zerſtörungen der Vegetation und der der Flötzgebirge
als Grenze betrachtend daliegen. Man ſieht hier nur
2 Gebilde, unterhalb ein fragmentariſches von rothen und
bunten Sandſtein mit eigenen Kalkgebilden, und darüber
eine große Lagerung von Kalkformation. Steinſalz,
Eiſenſalz etc. durchdringen dieſe Flötzmaſſen bis zum
Muſchelkalk, wobei ſich ergiebt, daß Gyps durch die Um-
wandelung der Dämpfe entſtanden zu ſein ſcheint, ſo wie
man ein Durchdringen der Flußſpathſäure durch Porphyr
erkennt.
Die oberſte Decke der Erde iſt mit fragmentariſchen
Ueberreſten und oft mit Geſchieben in Form von großen
Blöcken bedeckt, die fremdartig dem Boden ſind auf dem ſie
lagern. Hier ſind nicht die Metalle gemeint wie ſie ſich
in der obern Schicht der Erde finden, ſondern die großen Blöcke
die oben aufgelagert ſind. Beſonders aber ſind hier die
Granitblöcke gemeint, welche ſich in der ſüdlichen Schweiz
auf dem Abhange des Jura zerſtreut finden, und die wichtigen
Folgerungen, zu welchen die aufmerkſame Betrachtung dieſer
Erſcheinungen leitet; daß ſie nämlich ſtets aus den, ihren
gegen über[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]liegenden Thälern der großen Algenkette hervor-
gekommen ſein müßen. Eine auffallende Zuſammenſtim-
mung in der Art der Lagerung dieſer Blöcke führt darauf
hin, ſie auf einmal und nur durch einen Stoß hervorge-
ſchoben zu glauben; nicht aber durch ein Herabrollen auf
ſchiefen Flächen, durch Ausbrüche von gasförmigen Flüſſig-
keiten, durch ſchwimmende Brücken oder durch ähnliche nicht
zuſammenhängend wirkende Urſachen. Blöcke, die von
der größten Höhe abgeriſſen ſind, finden ſich am weiteſten
fortgeführt und am höchſten auf den Bergen, welche der
Richtung ihrer Bewegung entgegenſtehen, und auf den
zwiſchen liegenden Ebenen fehlen ſie ganz; Maſſen dagegen,
welche von tiefer liegenden Felſen ſich losreißend, werden
auch ſchon von weniger hohen, ſich entgegenſtellenden, Hügeln
aufgehalten, und finden ſich dieſer an ihren Abhängen zer-
ſtreut. Es iſt von der Mitte der Alpen her, durch die
Alpenthäler, eine ungeheure Fluth ausgebrochen, welche
die Trümmer der Alpengipfel weit über entgegenſtehende
Berge und über ſehr entlegene Flächen verbreitet hat.
Die Erſcheinung der Fluthen, welche aus Alpenthäler
hervorbrechen, und Findlinge (Granitblöcke) über Berge
und Flächen verbreiten, iſt nicht blos auf einem Theil
der Alpen eingeſchränkt, ſondern in der ganzen Kette
allgemein; und die Richtung dieſer Fluthen iſt jederzeit
die der Thäler, welche an den Gletſchern in der innern
primitiven Kette entſtehen.
Auf dem ähnlichen Abhange der Jurakette über 2000′ hoch
finden ſich Blöcke von 20–24′ im Durchmeſſer. Ferner
finden ſich welche in den baltiſchen Ländern, im nördlichen
Theile Deutſchlands, in Polen, Rußland und ſelbſt in
den Niederlanden. Von dieſen muß man die loſen
Granitmaſſen unterſcheiden, die durch Verwitterung und
Ab[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]löſen der lockerem Theile entſtanden und die beweg-
lichen Steine bilden. Solche finden ſich beſonders in den
Gebirgen des hohen Spaniens die Alt- von Neucaſtilien
trennen, und in weſtlichen Theile Britanniens, wo ſie von
30–35′ Höhe vorkommen. ― ― Die Lage
der Blöcke iſt ſo, daß ſie nicht gleich Eisſchollen herbeige-
führt ſein können, und ebenſowenig durch das Herabrollen
von ſchiefen Flächen, wie auch ſchon oben erwähnt iſt,
wohl aber durch die Stöße des Waſſers in ihre Lage
gebracht ſein können. So wurde z. B. 1818 im Kanton
Wallis von dem großen See über Martinach hinaus 12
Stunden weit ein Block von 18′ im Durchmeſſer wegge-
führt. Herr L. v. Buch der überhaupt über dieſe Phänomen
die größte Klarheit gegeben hat, glaubt, daß die Urſache
von den Ausbrüchen der plötzlichen Erhebung der ſüdlichen
Alpenkette zuzuſchreiben ſei, denn auf der ſüdlichen Seite
derſelben nach Mailand zu, finden ſich nur in den Thälern
Granitblöcke, welche bis zur uranfänglichen Kette hin-
auf reichen. In den baltiſchen Ländern dagegen ſind
ihre Geſchiebe ſchwediſcher und norwegiſcher Abkunft. Die
Blöcke finden ſich nie in Niederungen ſondern immer
auf Höhen. Einer der merkwürdigſten iſt der Mark-
grafenſtein bei Fürſtenwalde von 460′ Höhe, von dem
Hoffmann eine treffliche Abbildung gab. In Meklenburg
finden ſich ſolche Geſchiebe ſogar von 700′ ebenfalls auf
der Oberfläche lagernd. Etwas ähnliches hat Parry
am Nordpol gefunden, wo große Granitblöcke auf
Kalkgebirge und nur immer auf Höhen liegen. Es
ſind Syenite, Porphyre, Granit mit Stodolit beſonders
in Meklenburg und Pommern Geſchiebe von trans. Kalk
in dem Triboliten, Käfermuſcheln etc. gefunden ſind, die
ganz identiſch mit den Verſteinerungen in Oeland und
Gothland ſind, alſo einen deutlichen Beweis geben, daß
ſie aus Scandinavien kamen. Bei denen in Mecklenburg
gefundenen Granitblöcke hat ſchon Herr Arenswald vor 40
Jahren die Behauptung aufgeſtellt, daß ſie aus Schweden
gekommen ſein müßten. Ein merkwürdiger Beweis
dafür, daß ſie an Ort und Stelle einen Stoß erlitten,
geben die oft neben ihnen liegenden Trümmer kleinerer
Sprengungen, an denen man oft noch die Seite ihrer
frühern Vereinigung erkennen kann. Dies iſt an
dem Abhange des Jura wie auch an andern Orten ſichtbar
und Herr Hoffmann machte dieſelbe Beobachtung am
Johannisſtein.
Dieſem folgt nun die Gliederung der Continente und
Bergketten, da die höhern Berge ſich ſpäter als die ter-
tiären Gebirge haben. Dies ſteht in ſehr inniger Ver-
bindung mit der Vertheilung der Climate und giebt einen
Uebergang der Climatologie in die Geognoſie. Die
Temperaturvertheilung hängt von dem Verhältniße der
feſten und flüßigen Theile ab. Wenn Afrika uns
nicht in denſelben Graden gegen Süden läge, ſo würden
wir das kältere Clima vom nördlichen Aſien theilen,
deſſen öſtlicher und ſüdlicher Mangel an ſtarren Theilen,
dies kältere Clima bedingt.
Endlich folgt der letzte Theil der Geognoſie, welcher
des Anſehen der Oberfläche unſres Planeten, die äußere
Form deſſelben in der Gliederung der Continente und
Bergketten, und die ſie umgebendem Waſſer- und Luft-
Oceane in ſich faßt. Es iſt dies der Theil welcher in
einem ſo innigen Zuſammenhange mit der Geographie
ſteht, die in den geiſtreichen Anſichten des Herrn Prof:
Ritter ſo ſchön entwickelt iſt; und iſt auch der anmuthig-
ſte Theil, da er mit einem Blicke das Bild erkennen
läßt, wie die entwilderten Naturſcenen nach den Be-
dürfnißen der Völker zur Cultur, und wiederum zur
jetzigen äußern Bildung beigetragen haben.
Die Oberfläche unſers Planeten erhält ihre Ge-
ſtalt von den feſten und ſtarren Theilen der Conti-
nente und den Meern. Der Contact beider beſtim̃t
die Umgrenzung, Richtung und Lage des einen zu dem
andern. So finden ſich kleine Becken im Innern der ſtarren
Theile, von denen ſelbſt einige tiefer als das Niveau
des Meeres ſind, wie es von dem caſpiſchen Meere er-
mittelt iſt. Andere dagegen, wie die See von Tiſchelka
im höhern Theile des ſüdlichen Peru, breiten ihr Becken
aus in einer Höhe von 8–9000′ über dem Meere, in dem
ſich Fiſche von eigener Geſtalt finden, und dort in einer
Region leben, welche 3 mal höher als die Wolken-
ſchichten der jetzigen Jahreszeit iſt. Dieſe Seen zeichnen
ſich auch von den andern durch ihre chemiſche Natur aus
da ſie Beſtandtheile enthalten, die von organiſchen Stoffen
und Auflöſung der Gebirgsarten herrühren, durch die Bäche
ihnen zu geführt wurden, und bei dem Mangel des Abflußes
ſich ſeit Jahrtauſenden in ihnen anhäuften, auch enthalten
ſie vorzüglich Salze. Die See Dſchaka von Klapperton
in Afrika gefunden, iſt wahrſcheinlich auch eine von dieſen.
Die See Catarigue in Venezuela enthält ſalzſauren
Kalk und zwar ziemlich frei von andern Subſtanzen.
Auſſer dieſen giebt es noch ſchmale lange Waſſerbecken,
die durch Bifurcationen und anaſtomoſe Zertheilung in große
Ebenen Meſepotaliden oder große Inſeln bilden, die ganz
durch ſolche Waſſerverzweigungen von einander getrennt
ſind. Die größte dieſer Inſeln iſt die, welche der Euphrat
und Tigris einſchließt, da der Perſiſche Meerbuſen beide
Flüſſe verbindet. Eine andere iſt die neu ſpaniſche J.
Jucanan, die durch den einen Arm des Orinoko, der in
den Rio Negro geht und der ſich wieder in den Amazonen-
ſtrom ergießt, gebildet wird. Die Breite dieſer Becken
ſind oft ſo beträchtlich, daß ſie ſelbſt die Wanderungen
der Völker hemmten, und ſo die Natur den Drang und
des Fortſchreiten ganzer Nationen ſteigerte, durch einen
Damm der Hinderniſſe ihrer ſonſt nicht aufzuhaltenden
Bewegungen. Einige von ihnen in Amerika haben eine
Breite von 30, 40,000′, und mehrere die ſich in Golfe
ausdehnen erreichen eine Breite bis zu 30 Meilen.
Dieſe Golfe enthalten aber größtentheils noch ſüßes
Waſſer, da die Ebbe und Fluth den Ausfluß immer
wieder zurücktreibt und nur weniges Seewaſſer mit
hineintrit, und bei der weiten Fläche verdunſtet das
meiſte das von den Strömen zugeführten Waſſers.
Die Wichtigkeit des Waſſers iſt um ſo größer
da es 4 mal ſo viel Sauerſtoff enthält als die Atmosphäre,
und bedingt durch ſein Daſein auf der Erde ein or-
ganiſches Leben, wie es nicht auf dem Monde ſein
kann, weil alle Beobachtungen darin übereinſtimmen
daß es dort fehlt. Die Exiſtenz des Waſſers und
der Luft iſt für den Organismus nothwendiger als
das Sonnenlicht, denn einige Organiſationen können ja
ohne Licht vegetiren, das Leben von Pflanzen und
Thieren in tiefen Schichten ſind Bärgen dafür.
Unſer Planet hat bekanntlich 2 Umhüllungen,
als Luft und Waſſer, eine allgemeine in der At-
mosphäre und eine partielle in dem Ocean. Je höher
wir ſteigen um ſo weniger thieriſches Leben findet
ſich, und die hohen Gipfel der Berge ſind nur einzeln
von Geiern, Adlern, dem Condor, die in Peru bis 18,000′
hoch ſich emporſchwingen, und ferner von Inſecten be-
ſonders Schmetterlingen belebt. Letztere haben aber
nicht ihren Wohnort in dieſer Höhe, ſondern geben ein
Beiſpiel von der Aſcenſion der Luftſtrömungen neben
den Gebirgen hin, wodurch ſie mit in die Höhe fort-
geriſſen werden. Herr Bousſingault der den
Dieſilin bei Carracas von neuem gemeſſen hat, da man
glaubte daß er nach dem Erdbeben geſunken ſei, aber
dieſelbe Höhe von 1500 Toiſen wie meine Meſſungen
ergeben fand, beobachtete auch in jener Höhe durch
die Luftſtrömungen hinaufgehobene Schmetterlinge und
Grashalme, und der ausgezeichnete Botaniker Herr
Kunth, erkannte in letztere eine neue ziemlich ent-
fernt davon wachſende Art der Gattung Kyllingia.
Der erſte Schnee welchen man im hohen Norden an-
trifft, und ſelbſt bei uns ſich fortpflanzt, iſt mehr im
Beweis dafür, daß organiſche Anfänge in der Luft
vorbereitet werden können, da es wahrſcheinlich iſt,
daß ſich die Subſtanz erſt nachdem der Schnee gefallen,
entwickelt.
Dürre, Clima und Bewohnbarkeit hängen gemein-
ſchaftlich ab, von der Verbindung der Uebereinſtimmung
und dem Wechſel des Meeres mit den Continenten
Climatologie und Geographie ſtehen in einem einigen
Verhältniſſe zu der Geognoſie, und dieſe 3 bilden
ein Ganzes. Das Reſultat des Zuſammenwirkens
der trocknen Erde mit dem Flüſſigen, bietet das
mannigfaltig Gegliederte dar, und dies bedingt wieder
auf eine mannigf. Art das Clima durch Erwärmung
und die wäſſrigen Theile in der Atmosphäre. Die
Durchſichtigkeit des Luftkreiſes iſt nicht von der Quan-
tität, ſondern von der Beſchaffenheit der Fruchtigkeit
in der Luft bedingt, ob dieſe nämlich ganz aufgelöſt
oder zu Wolken verdichtet iſt. Die Wolkenſchichten
ſind ſo nicht blos eine Urſache der Erkältung, indem ſie
die Strahlen der Sonne hemmen, ſondern auch Urſache der
Erwärmung, weil ſie das Auſſtrahlen der Wärme des
Erdkörpers verhindern, weshalb die drückenſte und ſchwühlſte
Luft heißer Sommertage, uns bei bewölkten Himmel am
beſchwerlichſten fällt. Die mehr oder weniger lichtſchwächende
Kraft der Atmosphäre und die Durchſichtigkeit der Schichten,
ſind die Urſachen der Begünſtigung des Clima’s mancher Ge-
genden. Wenn es gewiß iſt, daß die Geſtalt der Schich-
tungen und ihre Lage über die naturhiſtoriſchen Zeiten hieraus
fallen, ſo iſt es eben ſo gewiß, daß ganze Continente durch
ihre Hebung in jenen Zeiten ihre jetzige Lage erhielten,
und die Beſtandtheile lehren uns, wie die Climata hierbei
mitgewirkt haben. Nach der Erhärtung haben die
elaſtiſchflüſſigen Kräfte mehr gegen die nördliche He-
misphäre gewirkt, was vielleicht eine Störung des Gleich-
gewichts veranlaßte. In Amerika iſt die neu oxydirte
Erdrinde faſt von Pol zu Pol aufgetrieben; auf dem
alten Continente iſt dagegen eine größere Strecke von
Oſten gegen Weſten gehoben.
Wie ganz anders würde der Temperaturzuſtand
Europa’s und in Bezug auf Ackerbau und ſo vieler anderer
Erwerbe des ruhig ſich darbietenden Naturlebens ſein,
wenn nicht das Mittelmeer exiſtirte. Ein weit kälteres
Clima würde Europa haben, wenn es nicht durch die
Lage Amerika’s bedingt wäre, ſo aber liegt im Süden
zwiſchen dem Meridiane von Liſſabon und dem des
Urals ein großer feſter Continent, der eine Menge
Sonnenſtrahlen abſorbirt und Wärme über Europa
verbreitet. –
Unſer Europa verdankt ein milderes Clima ſeiner
Erdſtellung (ſeinem Poſitions-Verhältniſſe gegen das
nahe Meer) und ſeiner gegliederten Geſtaltung. –
Europa iſt der weſtliche Theil des alten Continents,
und hat alſo den großen, ſchon an ſich kältemindernden
und dazu noch vom Golfſtrom theilweiſe erwärmten
Atlantiſchen Ocean in Weſten. Zwiſchen den Meri-
dianen, in denen Europa ſich hinſtreckt, fällt die Aequa-
torial-Zone nicht in das Becken des Oceans, wie ſüd-
lich von dem, eben deshalb kälteren Aſien. Der Welt-
theil, der unter allen den größten Theil des tropiſchen
Clima’s genießt, das ſandbedeckte Afrika, iſt ſo gele-
gen, daß Europa von den Luftſchichten erwärmt wird,
welche über Afrika aufſteigend, ſich von dem Aequator
gegen den Nordpol ergießen. Ohne die Exiſtenz
des mittelländiſchen Meeres würde der Einfluß
des nahen Afrika’s auf Temperatur und geographiſche
Verbreitung von Pflanzen und Thieren noch wirkſamer
ſein. Der Dritte Hauptgrund des milderen Clima’s
von Europa liegt darin, daß dieſer Welttheil ſich
weniger weit gegen den Nordpol erſtreckt als Ame-
rika und Aſien, ja daß er dem größten Buſen
eisfreien Meerwaſſers gegenüberliegt, den man
in der ganzen Polarzone kennt. Die kälteſten Punkte
der Erde, neuerlichſt uneigentlich Kälte-Pole genannt,
fallen nicht wie der ſonſt ſo ſcharfſinnige Brewſter in
der engliſchen Bearbeitung meiner Abhandlung von den iſo-
thermen Linien zu beweiſen geſucht hat, mit den mag-
netiſchen Polen zuſammen. Das Minimum des mittleren
jährlichen Temperatur der Erdoberfläche liegt, nach Capitain
Sabine’s Unterſuchungen, im Nordweſten von Me[unleserliches Material]lville’s
Inſeln, im Meridian der Behrings-Straße, wahrſcheinlich
in 82–83 Grad Breite. Die Sommergrenze des Eiſes,
welche zwiſchen Spitzbergen und Oſtgrönland ſich bis zum
80 und 81 Grade zurückzieht, findet ſich überall zwiſchen
Nova-Zembla, den Knochen-Inſeln von Neu-Sibirien
und dem weſtlichſten amerikaniſchen Eiscap, ſchon im
75 Grade der Breite. Selbſt die Wintergrenze des
Eiſes, die Linie, auf welcher die Eisdecke ſich unſerm
Welttheile am meiſten nähert, umgiebt kaum die Bären-
Inſel. Vom Scandinaviſchen Nordcap, welches ein ſüd-
weſtlicher Meereſſtrom erwärmt, iſt die Fahrt zum ſüd-
lichſten Vorgebirge von Spitzbergen ſelbſt im ſtrengſten
Winter nicht unterbrochen. Das Polareis vermindert ſich
überall, wo es frei abfließen kann, wie in der Baffins-
Bay und zwiſchen Island und Spitzbergen. Die Lage
des atlantiſchen Oceans hat den wohlthätigſten Einfluß
auf die Exiſtenz jenes, für das Clima von Nord-Europa
ſo wichtigen, Eis-freien Meerwaſſers in dem Meridian
von Oſtgrönland und Spitzbergen.
Dagegen häufen ſich die im Sommer aus der Baffins-
Bay und Barrows-Straße ſüdlich getriebenen Eisberge in
dem großen Mittelmeere an, welches die Geographen mit
dem Namen der Hudſons-Bay bezeichnen. Dieſe Anhäufung
vermehrt ſo ſehr die Kälte in dem benachbarten Continent,
daß man in der Factorei York und bei der Mündung
des Hayes-Fluſſes, nach Capitain Franklin’s neueſten
handſchriftlichen Berichten, in einer Breite mit Nord-Preuſſen
und Curland, am Ende des Auguſts und im Anfange
des September’s, beim Brunnengraben, in 4 Fuß Tiefe,
überall Eis findet. Die nördlichſten und ſüdlichſten
Grenzen des feſten Polar-Eiſes, das heißt die Sommer-
und Wintergrenzen, von deren Lage die Temperatur der
nördlichen Continental-Maſſen abhängt, ſcheint in den hiſto-
riſchen Zeiten, wie gründliche Unterſuchungen endlich gelehrt
haben, wenig verändert worden zu ſein. Der ſchädliche Ein-
fluß, welchen kleine, iſolirte, durch Strömungen zuweilen
bis in die Nähe der Azoren getriebenen, Eismaſſen auf
das Clima von Europa ausüben ſollen, gehört zu den Mythen,
die von den Phyſikern ausgehen und ſich unter dem Volke
verbreiten, wenn die Phyſiker längſt aufgehört haben,
ihnen Glauben beizumeſſen.
Finden ſich, unter denſelben Breiten-Graden, wo in dem
nördlichen Europa noch Garten- und Ackerbau getrieben [werden,]
in Nord-Amerika und Nord-Aſien nur ſumpfige, moos[be-]
deckte Länder, ſo äußert dagegen die kräftige Wärme-
Strahlung von Inner-Aſien, zwiſchen den faſt parallelen
Bergketten des Himalaya, des Zungling und des Himmels-
Gebirges, (eine Gegend über welche Klaproth’s geogra-
phiſche Unterſuchungen viel Licht verbreiten) den
glücklichſten Einfluß auf die aſiatiſche Bevölkerung.
Die ewige Schneegrenze liegt am nördlichen Abhange des
Himalaya 4000′ höher als am ſüdlichen Abhange, und die
phyſikaliſche Erklärung welche ich von dieſer ſonderbaren
Erſcheinung in den Annales de Chemie et de Phyſique [Tome III.]
p. 297. Tome IX. p. 310 und Tome XIV. p. 5. gegeben, iſt durch
neue Meſſungen und Beobachtungen in Oſt-Indien, nach
Herrn Colebrooke’s Berichte, beſtätigt worden. Millionen
von Menſchen Thibetaniſcher Abkunft und düſterer, religiöſer
Gemüthsſtimmung, bewohnen volkreiche Städte, da, wo
bei einer minderen Ausdehnung und minderen Continuität
der Hochebenen, Felder und Städte, das ganze Jahr
hindurch, in tiefem Schnee vergraben ſein würden. –
Um einen Begriff von den Verhältniß der Continente
zu dem Meere zu erhalten, iſt es nöthig, die mittlere Tiefe
der Meere und die mittlere Höhe der Continente zu kennen.
Dieſe ſinnreiche Idee hat Laplace lange beſchäfftigt. Er
glaubte nach der Theorie der Ebbe und Fluth die mittlere
Tiefe des Oceans auf 60–70,000′ annehmen zu können.
Aber noch kurz vor ſeinem Tode gab er noch eine kleine Schrift
heraus, worin er die mittlere Tiefe zu 900′ und ebenſo
die mittlere Höhe der Continente angab. Die Pendelver-
ſuche ſcheinen das gleiche Verhältniß beider zu beſtätigen.
Solche Pendelverſuche am Meere angeſtellt, würden bei
ungleicher Attraction oft ſehr verſchieden ſein, z. B. auf
[den] weſtlichen Küſte Amerika’s würde das Pendel auf
[der] einen Seite angezogen werden, dagegen auf der andern
am Boden des Meeres den poſitiven und negativen Ordinaten
gleich ſein. Laplace’s Angabe der mittleren Höhe und Tiefe
iſt dennoch viel zu groß, denn ſie fällt zwiſchen 5–600 Fuß.
Bei der Meſſung der Berge iſt die Höhenlage der
Ebenen faſt gänzlich vernachläſſigt, obgleich ihre Kennt-
niß ſehr wichtig iſt. Die Höhe der bekanntern ſind:
Die Fläche von Venetianiſchen und der Lombardei | 400–480′ |
Im nördlichen Deutſchland die von Stettin und Poſen | 180–200′ |
Das flache Land Rußlands nach Moskau ſich hinerſtreckend | 870′ |
Die Ebene der Schweiz | 1300′ |
Die Ebene von Bayonne | 1560′ |
Die Ebene Spaniens von Almanza bis Aſtorga | 2100′ |
Die Ebene Mizor auf der indiſchen Halbinſel diſſeit des Ganges | 2760′ |
Die Ebene Cobi in Aſien | 3000′ |
Nach den wenigen Temperaturbeobachtungen ſcheint das
Plateau des Centralpunktes Aſiens von Chilango und
Tibet 6000′ hoch zu ſein. Auf der ſüdlichen Seite des
Himalah- oder Himalaya-Gebirges, das bekanntlich Oſtindien
von Tibet trennt, fand Herr Ronette in der Gegend von
Dava öſtlich von Tibet ſo warme Thäler, daß auf eine
Höhe von 14,000′ noch Korn gebauet wurde. In Amerika
iſt der höchſte Punkt des Ackerbaues 12,000′. Das neue
Spanien iſt 3mal ſo hoch als das alte. In Europa ſind die
am höchſten gelegenen Dörfer der Schweiz und beſonders
der Pyrenäen welche die Herren Parrot und v Buch fanden
4000′ hoch, doch neuerlich fand Herr von Velden daß das Dorf
Bette in den Pyrenäen 7100′ hoch liegt.
Genaue Meſſungen um die Tiefe des Meeres zu er-
forſchen ſind nicht ſo leicht zu bewerkſtellen, da oft die
perpendiculäre Richtung des Senkbleie’s durch Strömungen
ſo verändert wird, daß ſie einen Winkel von 40–50°
macht, wodurch alſo die eigentliche Tiefe um ⅓ größer er-
ſcheinen kann. Bei dem Cap St. Antonio wurde von Fränklin
ſondirt, um die Temperatur der untern Waſſerſchichten
zu meſſen, und er fand überall bei 7200′ Tiefe noch
keinen Grund.
Alles Flachland der Continente hat nur eine ge-
ringe Maſſe, und die Bergketten ein Verhältniß zum
Ganzen nur einen kleinen Einfluß auf die geſammte
Erhebung. Die Bergketten in alten und neuen Con-
tinente bilden nur ſchmale Mauern von 15–20(–20–30?) Breite.
Vom Fuße der Andeskette bis zum Amazonenſtrom
ſind 700 Meilen, zerſtreut man deren Erhebung auf
die ganze Fläche, ſo wird ſie nur wenig gehoben.
Die mittlere Höhe der Continente und Tiefe der Meere ſcheint
demnach zwiſchen 5–600′ zu ſchweben. Es iſt weit wichtiger
die cultivirten Ebenen als hohe Berge zu meſſen.
Die Höhe des Meeresſpiegels beſtimmt den Umriß
der Continente und ihre verſch. Geſtalten. So geringfügig
die Quantität der Maſſe an ſich auch ſein mag, ſo iſt ſie
doch für die Oberfläche des Erdkörpers und der Cultur
der Continente von der großten Wichtigkeit, denn un-
bedeutende Veränderungen derſelben würden den Con[tact]
der Flächen gleich anders geſtalten. Das Meer
dürfte nur 300′ ſteigen, ſo würde Norddeutſchland und
Polen verſchwinden. Ich ging eigens nach Temopento an den
öſtlichen Fuß der Andeskette, um die Länge zu beſtimmen,
wo die Höhe der Gegend erſt 1200′ betrug. Ja bei Chalcha-
pados iſt eine Fläche von nicht mehr als 3–400′.
Die Erhöhungen und Erniedrigungen des Niveau’s
der Meere ſind überall gleich, was man früher bezwei-
felte. So wird angegeben, daß der Serapistempel im
Meere geſtanden, weil ſeine Säulen mit Muſcheln be-
deckt ſind; man glaubt deshalb, daß das Meer ihn über-
ſchwemmt habe, allein denn müßte auch ganz Aegypten
überſchwemmt ſein. Andere glauben wieder daß die Säu-
len in Meere gelegen haben. Wahrſcheinlicher iſt es aber,
daß eine Dünenreihe den Tempel umgab, in der ſich
kleine Salzſeeen bildeten, die dann oft höher denn 8–10′
über der Meeresfläche liegen, und ſo die Mollusken ſich
an die Säulen anhafteten.
Wenn auch das Meer überall gleich hoch iſt, ſo giebt es
doch in den kleinen Waſſerbecken allerdings Unterſchiede,
wie wir dies beſonders vom Rothen- und Caspiſchen Meere
wiſſen. Das rothe Meer iſt 25–30′ höher als das
Mittelmeer; das Kaspiſche Meer dagegen iſt noch viel nie-
driger als das Mittelmeer. Engelhart und Parrot, die
ſehr mühſam nivellirt haben, fanden daß der Einfluß
des Cuabo in’s ſchwarze Meer, zum Tereck der ſich ins
Caspiſche Meer ergießt, letzterer um 280′ niedriger war
als der erſtere, folglich das Caspiſche Meer auch um eben
ſoviel niedriger ſein muß als das Mittelländiſche. Andere
Meſſungen ergeben 324′. Der Dr. Panzer und Sozche-
goratzoff haben über die Richtigkeit dieſer Angaben Zwei-
fel erhoben, da ihr Reſultat 200′ Unterſchied der Lage
betrug. Ein genaues Reſultat zu erhalten iſt übrigens
ſehr ſchwierig, da Barometermeſſungen nicht ausreichen, und
die Vergleichung nicht anders iſt, als wenn man durch jene
den Stand der Nordſee zum Caspiſchen Meere beſtimmen
wollte. Die Alten glaubten, daß das ſchwarze Meer
früher geſchloſſen geweſen ſei, und durch 2 Schlaufen, die
der Dardanellen und der Säulen des Hercules ſich ge-
öffnet habe. Merkwürdig iſt die Höhe des Meeres
bei den Antillen, wo theoretiſche Beobachtungen irre
führten. Am Iſthmus von Panama hat man geglaubt
daß das eine Meer höher liege als das andern. Meine
und Herrn Niverotti Unterſuchungen fanden keinen Unterſchied,
wenigſtens iſt er ſo geringe, daß das Antilliſche Meer
nicht über 10–12′ höher ſein kann.
BDie Bitterſeeen in
Afrika ſind nach Gerard 24′ tiefer als das Mittelmeer.
Man kann ſich jedoch über die Ungleichheit der Meere
nicht wundern, denn wahrſcheinlich iſt dieſes eine Folge der
Strömungen. Schon Fränklin machte die Beobachtung,
daß bei den großen Seeen in Nord-Amerika der eine
Theil derſelben oft eine weit höhern convexe Fläche hatte,
als es auf dem entgegengeſetzten Ende der Fall war, und
dieſer mit der Richtung des Winde in Verbindung ſtand.
Ebenſo ereignete ſich vor 10–12 Jahren ein intereſſanter
Fall der Art bei Marſeille, wo bei einem anhaltendem
Weſtwinde der Hafen ganz trocken wurde. Auch beim
Genfer See iſt bemerkt, daß ſie an manchen Orten auf
einige Stunden oft höher feſt als an andern, und denn auch
wieder tiefer ſinkt. Die Regelmäſſigkeit dieſes
Schwellens und Sinkens hängt wie geſagt mit den Winden
genau zuſammen; doch iſt auch der ungleiche Barometer-
ſtand wohl zu berückſichtigen, da oft der Luftdruck an manchen
Orten ſtärker iſt als an andern.
Im Ganzen ſehen wir 2 große Maſſen, den alten
Continent der ſich von Oſten nach Weſten ausdehnt,
was auch ſeine Temperatur bedingt, und den neuen Con-
tinent der ſich von Norden nach Süden erſtreckt, die
nächſte Folge dieſer weit über den Aequator hinaus ſich
erſtreckenden Lage iſt die verſch. Verbreitung der Ge-
wächſe. In dem Folgenden werde ich nur allgemeine Anſichten entwickeln.
Auf dem alten Continente bemerken wir an dem ſüdlichen
Theile einen großen Buſen der Neu-Holland gegen über
liegt und der Aufenthalt der Monzoun iſt. Eine 2te
Erſcheinung iſt, daß der Continent der nördlichen Hemis-
phäre größer als der der ſüdlichen iſt, und zwar nun
⅓ Theil. Nur Afrika und Amerika reichen tief über
den Aequator, und Aſien hat daher nicht den beſondern
Zuſtand der Gewächſe. Eine 3te Erſcheinung iſt, daß
gegen den Nordpol hin, alle Continente in ſehr ähn-
lichen Parallelen zwiſchen den 70&72° der Breite ab-
geſchnitten ſind, durch die Beringsſtraße (?) ſcheint eine
Communication ſtatt zu finden, von der ſüdlich noch ein
Archipelagus von Inſeln liegt. Der Nordpol ſelbſt
iſt wahrſcheinlich frei von Land, und ſchon Barringthon
in England hat darüber Vermuthungen angeſtellt. Wenn
aber auch die Continente abgeſchnitten ſind, ſo machen doch
die Inſeln eine Fortſetzung derſelben aus, die in Gruppen
zuſammen liegen. Amerika beſonders hat eine Menge
dieſer Inſeln, wo ſie nördlich der Beringsſtraße liegen
und zu denen Grönland gehört. Europa dagegen hat nur
wenige Inſeln, die Bäreninſel und einige andern. Das
Meer iſt daher mehr frei, und iſt ſo die Urſache der
milderen Temperatur; denn wenn auf dem nördlichen Theile
von Scandinavien eine Kälte von 28° eintrit, ſo friert
das Meer doch nicht, wovon die Urſache in der aus dem
Süden kommenden warmen Strömung liegt.
Ob der Nordpol wirklich frei von Land iſt, iſt noch nicht
unterſucht, ſondern nur eine Annahme nach Muthmaßungen.
1620 erregte ſchon Torol die Aufmerkſamkeit des Gouver-
nements in England, und Heinrich der 8te ließ ſchon
Verſuche anſtellen, um den Nordpol kennen zu lernen.
Der Zuſtand des Eiſes erlaubt nicht über 80–81° Br.
weiter vorzudringen. Der nördliche Theil von Spitzbergen
geht bis 82° 7 Minuten. Der Capitain Fitz iſt nur bis
80° 48 Minuten vorgedrungen. Schon früher ſolten einzelne
Reiſende beſonders Wallfiſchfänger bis zum 84° gekommen
ſein, Herr Scoresby hat aber gezeigt daß dem nicht ſo
iſt. Am wahrſcheinlichſten iſt der Engländer Scoſch
am weiteſten vorgedrungen, da er bis 81° 30 Minuten
kam. Parry wollte über das Eis mit Schlitten von
Hunden gezogen dem Pole näher kommen, aber die Be-
wegung wirkte auf die Eisſchollen rückgängig, ſo daß
er bei ſeinen Obſervationen erkannte, daß er immer mehr
ſüdlicher kam, und daher genöthigt war, um der Unzu-
friedenheit ſeiner Leute vorzubeugen wie Columbus
die wahren Beobachtungen ihnen zu verbergen. Das
engliſche Gouvernement hat auf das Vordringen bis
zum 89° Br. 5000 Pf. St. dagegen auf die nordweſt-
liche Durchfahrt 20,000 Pf. St. Praemie geſetzt.
Eine 4te Betrachtung iſt die Zergliederung der Continente,
die aber ſehr vernachläſſigt iſt. Von Oſten nach Weſten
erſtrecken ſie ſich auf einer Länge von 250° Länge, da auf
der andern Seite nur 110° Waſſer bleiben. Die
Erde vom Monde aus geſehen, würde eine ganze Scheibe
von Continenten zeigen, von 180° L. Gr. Die andern
Seite dagegen würde 110° L. Waſſer und auf jeder
Seite 35° Land enthalten. Eine Continentalmaſſe
erhielt der Norden, eine Oceanmaſſe dagegen der Süden.
In neuern Zeiten hat man vorgeſchlagen die Südſee
den großen Ocean zu nennen, weil ſie am zuſammen-
hängſten unter dem Aequator (120° L.) iſt. Wenn wir
die Continentalmaſſe betrachten, ſo ſehen wir daß ſie von
Norden nach Süden vom Atlantiſchen Meere durchſchnitten iſt.
Dieſe entgegenges. Continente haben eine parallele Richtung
die von ſüdoſt nach nordweſt läuft, und ſo hat Cayenne
mit Labrador und Braſilien mit den vereinigten Staaten
in Nordamerika die größte Aehnlichkeit. Von Weſten
nach Nordweſt läuft die andere Richtung. Dieſes große
oceaniſche Thal hat mehrere Erweiterungen gegen Norden
und endigt mit großen Zertrümmerungen wie die Hudſons-
bai, Baffinsbai etc. Gegen Süden hat es 2 Buſen,
das Antilliſche- und das Mittelmeer. Außerdem iſt es
wahrſcheinlich, daß es mit dem Perſiſchen und Rothenmeerbuſen
früher im nähern Zuſammenhange ſtand, was auf den Ver-
kehr der Völker und ihrer Verbreitung große Einfluß
hatte.
Südlich vom Aequator ſind nur wenige Continente,
ſo daß nur ⅙ etwa für des feſte Land, und ⅚ für
das Meer in Anrechnung gebracht werden können.
Alle Continente haben gegen Süden eine Pyramidalform,
wie Afrika, Neuholland und Amerika, und ſelbſt die
kleinere Zertheilungen des Buſens vom alten Continente
wiederholen in Oſtindien dieſelbe Form. Man hat geglaubt
daß dieſe Idee zuerſt von Herrn Forſter ausgegangen
ſei, aber ſchon Bacho hat darauf aufmerkſam ge-
macht . Sie haben ferner nah das Merkwürdige,
daß ſie ſich ungleich weit gegen den Südpol erſtrecken;
denn das Kap der guten Hoffnung geht bis zum 35°.
Vandiemensland bis zum 43° 38 Minuten und das Kap Horn
bis zum 58° 45 Minuten In weiter ſie gegen Norden
gehen um ſo weiter erſtrecken ſie ſich auch gegen Süden,
dies ſehen wir bei Nordamerika, Kap Horn, der Scan-
dinaviſche Halbinſel den Vorgebirge der guten Hoffnung
und Aſien, das Vandiemensland gegenüber liegt.
Außerdem zeigen dieſe Continente noch große Buſen
wie z. B. der weſtlich von Amerika worin der Vulkan
Aripica liegt, wovon dieſer Golf ſeinen Namen führt.
Die Andeskette iſt dieſem Buſen ganz parallel, was ſehr
merkwürdig iſt. Ihm gegenüber liegt der Buſen von
Guinea der aber eine ſüdlichere Lage hat. Etwas ähn-
liches finden wir bei den Molukken, die durch Java,
Celebes und Borneo eine Verbindung mit Neuholland gehabt
zu haben ſcheinen, die den Golf bildeten. Wo ſich der Continent
nicht weit gegen Norden erſtreckt, iſt dies noch weniger
weit gegen Süden der Fall. Man hat geglaubt,
daß ſüdlich vom Kap Horn, die Inſel Neuſchottland,
der Vorbote eines größeren Continents ſei; Capitain
Wedde? hat aber gezeigt, daß es nur ein kleiner Ar-
chipelagus iſt. Cook kam bis 71° 10 Minuten wo das Eis
ſein weiteres Vordringen hinderte. Wedde oder Welley
dagegen fand noch auf 74° 15 Minuten im eisfreies Meer.
Merkwürdig genug iſt es, daß gerade das nördlichſte Volk,
die Ruſſen, am weiteſten gegen Süden kamen, da der
Capt: Bellinghauſen die Inſel Peter des I auf 75°
S. Br. entdeckte, die ſüdöſtlich von Kap Horn liegt.
Früher habe ich ſchon einer großen Zertrümmerung Neu
Hollands gedacht, welche Vermuthung durch die auf denſelben
ſich findenden großen Säugethiere von Katzengeſchlecht,
Elephanten, u. ſ. w. gerechtfertigt wird, da ſie den andern
Inſeln fehlen. So hat man ſchon lange geglaubt, daß es
mit Maladen verbunden geweſen ſei, allein es iſt eher
[noch] zu vermuthen, daß letzteres ſeine Entſtehung einer
Erhebung zu verdanken hat. Eine ähnliche Anſicht würde
das mittlere Amerika, Guatemala haben, wo eine Menge
Vulkane von 7–8000′ hoch, auf einer niedern Ebene
liegen. Wenn hier das Meer nur 700′ höher ſtiege,
ſo würden dieſe gleich Sporaden aus demſelben hervorragen,
und mit den Molukkiſchen Inſeln verglichen werden können.
Der Spiegel des Seee’s von Nicaragua iſt 40′ höher als
beide Meere.
Auffallend iſt die Vertheilung der Inſeln, deren bei
weiten größerer Theil in der ſüdlichen Hemisphäre lieg[t.]
Man muß bei ihnen diejenigen die frei im Meere liegen
von denjenigen unterſcheiden, die mit den Continenten
eine parallele Lage haben. Letztern haben unſtreitig
viel zur Civiliſation der Menſchen beigetragen, und be-
ſonders auf den Inſeln die an der öſtlichen Küſte Aſiens
liegen, finden wir die älteſten Spuren der Cultur. Viel-
leicht haben diejenigen die nach der Beringsſtraße hin liegen
das Hinübergehen nach Amerika veranlaßt, da ſich in
Mexico Andeutungen der Sitten aſiatiſcher Völker vor-
fanden. Schwer würden auch die Völkerwanderungen von
Oſten gegen Weſten nach dem neuen Continente möglich
geweſen ſein. Auch läßt ſich in jenen erkennen, daß
ſie vom Gilafluſſe nach der Bucht von Panama hin ſtatt
fand, alſo von Norden nach Süden.
Der größte Contraſt iſt den, welchen das ſüdöſtliche
und weſtliche Aſien von Europa macht, da es mannig-
faltig gegliedert und eingeſchnitten iſt. –
Die Berge ſelbſt ſind Erhöhungen, die aus dem Feſten
[unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]emporſteigen, was dieſe auf den Continenten ſind, ſind
die Inſeln auf dem Meeresboden.
Man kann 2 Syſteme der Berge unterſcheiden:
Es giebt zweierlei Arten der Gebirgsketten
Die Continente deren Oberfläche flach, dem Meeres-
ſpiegel ähnlich ſind, ſind Plateaux, und die niedrigſten
derſelben ſind Inſeln. Bergketten ſind theilweiſe Er-
hebungen der Hochebenen. Trockneten die Meere aus
ſo würde eine ſolche Ungleichheit in der äußere Form
der Erde ſichtbar ſein, wie wir ſie bei dem Monde
erblicken. Die höchſten Puncte des letzteren, wie der
Leibnitz und Dörfel gewinnen dadurch im Vergleich zu
den Bergen der Erde, daß jene von ihrem Anfange, dieſe
aber nur von der Meeresfläche an gemeſſen werden.
Wenn alſo der Meeresſpiegel nicht wäre, ſo würden die
Ebenen zu Hochebenen werden, ihr Clima kälter ſein,
und der Einfluß der Temperatur auf Pflanzen und
Menſchen anders erſcheinen.
Die Form des Bergſyſtems wird durch die Zahl [der]
relativen Puncte des flachen Landes beſtimmt. Sind
die Punkte für ſich beſtehend, denn entſtehen iſolirte
elliptiſche Maſſen; liegen dagegen die Puncte in einer
Richtung ſo bilden ſie die Kettenform der Berge. Ich habe
die Lage vieler Knoten nach und nach unterſucht, und
gefunden, daß die Centralknoten oft nicht höher als
die Nebenknoten ſind, ja daß wenn eine Kette niedriger
iſt, die Nebenkette ſich um ſo mehr erhebt. Das Anſchwelle
der Ebenen zu beiden Seiten der Ketten geſchah durch
die Hervorhebung derſelben aus den Spalten, wodurch
ſie gleich Bänken gelagert ſind. In ſolchen Ebenen
giebt es Längen- und Querthäler, erſtern laufen in
langen Zögen bei großen Gebirgsketten zu einer ge-
wiſſen Höhe, wo ſie in den Tropenländern das gelinde,
weniger heiße Clima geben, und die vorzüglichſten Städte
Amerika’s liegen in ſolchen langen Zügen. Sie er-
heben ſich ſelbſt auf der Andeskette nicht über 7–8000′
Höhe. In Europa bildet die Rohen in Oberwallis ein
ähnliches Längenthal. Man hat geglaubt, daß in der
Mitte der Ketten die höchſten Punkte liegen müßten,
häufig findet es ſich aber, daß die ſtärkſten Hervorhe-
bungen am Ende der hohen Ketten ſtehen; ſo iſt es beim
Chimboraſſo der Fall, wo auf der ſüdlichen Seite die
Andeskette in einer Strecke von 80 Meilen, nämlich
von Quito bis Loxa ſo niedrig wird, daß ſie von den
Wäldern der Cinchonen bedeckt iſt. Das letzte Geſetz
was [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]wir bei den Ausbrüchen auf dem neuen Continente
wahrnehmen, iſt, daß alle Höhen der Andeskette und
des Gebirges von Sancta Martha über 8400′ Höhe hinaus,
auf der weſtlichen Seite derſelben liegen, und keine
derſelben über 20–25 Meilen von der Südſee entfernt
iſt. In Süd-Amerika dagegen iſt kein einziger Schnee-
berg, alle Höhen ſind auf der ſchmalern nördlichen
Seite zuſammengedrängt. In Europa iſt es dagegen
ganz anders, denn in den Pyrenäen und Alpen giebt
es Berge die über 10,000′ hoch ſind, und nicht mit der
Kette verbunden ſind. Beſonders findet dieſes in der
Sierra Nevada ſtatt, wo ſie faſt die Höhe des Pic’s
erreichen; andern finden wie im ſüdlichen Italien.
Neu iſt noch das Verhältniß zu erwähnen, was zwiſchen
dem Rücken und dem Gipfel der Gebirge ſtatt findet, und
deshalb von der größten Wichtigkeit iſt, weil es die
mittlere Höhe der Gebirge giebt. Wenn man ſo die
Gipfel des Himalayagebirges, der Alpen und der Anden
mit den Rücken derſelben vergleicht, ſo erhält man das
Verhältniß ihrer mittleren Höhe zu einander. Genauer
noch findet man dieſe wenn man die Höhe von 8 bis
10 Päſſen mißt, die gew. unter den Schneegrenze
ſind. Es iſt hier ein Maximum und ein Minimum. Man
kann daher mit Gewißheit annehmen, daß die mittlere
Höhe höher als die Päſſe, niedriger aber als die
Schneegebirge ſind. Dieſes Verhältniß iſt bei
den 6 größten Gebirgen wie 1:8/10 oder wie 1:2.
a. In den Alpen iſt es wie 1:2, denn die Päſſe erreichen
die Höhe von 1200 Toiſen, und der Montblanc als der
höchſte Punct derſelben mißt 2262 Toiſen.
b. In den Anden iſt es faſt wie 1:2, denn die Päſſe
haben 1850 Toiſen, und der Chimboraſſo iſt 3950 Toiſen hoch.
c. Im Himmallahgebirge bei Kabluth hat der Paß von
Aſſrigo 2430 Toiſen, iſt alſo nur um ⎡ Toiſen niedriger als
der Montblanc. Durch die trefflichen Bemühungen der Enge-
länder ſind 14 Päſſe von dieſem großen Gebirge gemeſſen,
deren mittlere Höhe mit der angegebenen übereinſtimmt.
Der höchſte Gipfel deſſelben iſt der Dhawalagiri, auf Deutſch
der weiße Berg, von 4400 Toiſen; etwa dieſelbe Höhe
als wenn man den St Gotthardt auf den Chimboraſſo ſetzte. –
Die Gipfel der Gebirge des alten Continents ſind aus dem-
ſelben Geſtein, wie der Rücken ſelbſt, was bei der Andeskette
nicht der Fall iſt, da ſie kaſtellartige von vulkaniſchem Ge-
ſtein als Trachytgaden, auf den Rücken der Maſſen maje-
ſtätiſche Dome bilden.
d. Im Kaukaſus iſt nach den Meſſungen von Niſchewsky
der Elborus 2783 Toiſen und der Rücken 1326 Toiſen hoch.
e. Im Alleghanyſchen-Gebirge iſt der Waſſingtonberg
1840 Toiſen und der Rücken 550 Toiſen hoch.
f. Das Gebirge von Venezuela, der nordweſtliche Zweig
der Andeskette hat in der Silla de Caraccas 1350 Toiſen,
der Rücken dagegen 750 Toiſen, wo das Verhältniß wie 1:8/10 iſt.
Die Pyrenäen als ein eigenes Gebirge betrachtet, würden
hiervon eine Ausnahme machen. Sie ſind weit niedriger
als die Alpen, da der Pitinata nur 1790 Toiſen hat, und
ſie auch einen weit größern Unterſchied im Verhältniß
zu den Päſſen zeigen. Einen noch weit größern Unter-
ſchied finden wir in den Apenninen, da die Päſſe derſelben
nur 400 Toiſen hoch ſind, dagegen die ſüdlichen Berge derſelben,
die Höhe von 1490 Toiſen erreichen, alſo wie 1:3½ ſich
verhalten. Ein anderer Fall iſt dagegen in den Scandina-
viſchen Gebirgen, wo die Höhen von 13 Päſſen bekannt ſind
deren Rücken 420 Toiſen, der höchſte Gipfel aber 1200 Toiſen erreicht.
Wie hier der Rücken in Verhältniß zur Höhe zu niedrig
iſt, iſt er dagegen in den Pyrenäen zu hoch. Dieſe Verhält-
niſſe verſchwinden aber, ſo bald der Meeresſpiegel ſinkt, und
dieſes giebt einen Grund mehr für die Annahme der Neu-
heit der Gebirgsketten, weil ſie mit dem gegenwärtigen
Stande des Meeres in einem Verhältniſſe zu ſtehen ſchei-
nen, da wenn es höher oder niedriger wäre auch die Ver-
hältniſſe ſich änderten. Die Gründe oder Höhlungen der
elaſtiſchen Spannungen liegen demnach tief im Innern
der Erde, die Becken aber ſehr nahe an der Oberfläche.
Betrachten wir die Gebirge nach ihrer Axe, ſo können
wir 5 Elemente derſelben annehmen. Denn dieſe kann gelegt
werden 1, durch den Rücken, 2, durch die Waſſerſcheide, 3,
durch die Maxima aller Höhen, 4. Durch die Natur der Ge-
ſteinarten, da der Granit oder das kalkartige Geſtein mit
der Axe parallel laufen oder ſie durchſchneiden kann. 5,
Nach dem Streichen der Schichten; beim Granit, dem Kalkge-
bilde und dem Thonſchiefer iſt dieſes gewöhnlich dem Aus-
gehen der Gebirgsformationen parallel, oft iſt es aber
auch keinesweges der Fall. – Bei den Grenzſtreitig-
keiten zwiſchen Spanien und Frankreich wurde die Linie
von den Gebirgsrücken der Pyrenäen nach der Waſſerſcheide
genommen.
Das Streichen der Gebirgsſchichten iſt keinesweges ſo
zufällig, da entfernte Gebirge, wie in Deutſchland und
Amerika, darin Uebereinſtimmung haben, und es ſehr be-
ſtimmten Geſetzen unterworfen iſt, die beſonders den
Loxodromismus (ſchiefe Lage) den Schichten geben. Herr von
Buch hat hiernach Deutſchland in 4 Syſteme eingetheilt,
nämlich: 1. Das Niederländiſche-Syſtem von Nordoſt nach
Südweſt. 2, Das nordweſtliche Syſtem, zwiſchen dem Teu-
toburger-Walde und der Donau. 3, Das Rheinſyſtem
und 4, Das Alpenſyſtem. In dem 2ten iſt die Richtung
aller Ketten von Nordweſt gegen Südoſt. Beſonders auffal-
lend iſt die Erſcheinung beim Alpengebirge, daß alle Ketten
dieſelbe Richtung haben, und ſelbſt bei der Betrachtung des
griechiſchen Archipelagus erkennen wir dieſelben Geſetze
in der gleichen Richtung zwiſchen Cubän und Chalcis.
Im nördlichen Deutſchland finden wir eben ſo auch eine
Uebereinſtimmung der Richtung, und nach Herrn Hoffmanns
Angaben iſt das Spree und Havelthal die alte Verbindung
der Oder mit der Elba, da erſtere ſich früher im Bette
der Elbe in die Nordſee gemündet habe, und die Elbe wiederum
ihren Ausfluß in der Weſermündung hatte.
Auf großen Hochebenen iſt die Richtung der Gipfel
oft ganz verſchieden zu den Gebirgen, wie z. B. in Mexico
und im Innern von Aſien. Man kann keine abſolute Ver-
ſchiedenheit zwiſchen Ebenen und Berge geben; da erſtere
nur ſelten in größern Ausdehnungen ſich zeigen, wie e[s]
bei den Steppen von Aſien und Südamerika der Fall iſt.
In Europa findet ſich etwas Aehnliches nur in Ungarn,
wo dieſe Niederungen Puſtos heißen. Sie liegen zwiſchen
den Theiß (der eigentliche Hauptfluß Ungarns und
der fiſchreichſte Fluß Europens,) und der Donau, und
nehmen über 1700 □ Meilen ein, ſind aber nicht ganz
baumlos. Eine ſolche große Ebene in Amerika iſt
die man Pampas nennt, und die ſich von Buon-Ayres
oder dem Laplataſtrom bis zum Cap Horn hin erſtreckt,
ganz baumlos, nur von Gräſern und weniger andere
Ständen bewachſen, und von Büffeln und Rindvieh
belebt iſt. Dagegen deckt die Ebene zwiſchen dem
Magdalenen und Amazonenſtrome ein dichter Wald,
den nur die Flußthäler durchſchneiden und gegen 600
Meilen lang iſt. Der Wald iſt ſo dicht bewachſen,
daß die Affen denſelben von Anfang bis zu Ende von
einen Zweig auf den andern durchwandern, ohne
zur Erde zu kommen, wenn nicht bisweilen Flüſſe dieſe
Wanderungen unterbrächen. – Der Dr. Ehrenberg
hat unſere Anſicht von Afrika erſt kürzlich berichtigt,
indem nach ihm die Wüſten Afrikas weit unebener ſind,
als man bisher glaubte, und daß die Maſſen des Sandes
nur kleine Regionen einnehmen. – Die Flüße
entwickeln ſich in dieſen Ebenen zu groſſen Lachen. Häufig
iſt es wie beim Himalayagebirge, daß ſie eine große
Strecke dem Rücken des Gebirges parallel laufen. In den
Thälern ſelbſt entſtehen ſo Anaſtomoſen, woraus denn
Bificationen oder die Delta’s ſich bilden. – Das Fluß-
thal ſelbſt iſt ein Syſtem von Punkten, wo alle Linien
der Neigung ſich in eine Reine vereinigen. Wenn Flüße
nahe an der Grothte, und nicht in der Mitte des Thales
flieſſen, und ein Punkt in derſelben niedriger als das
Flußthal iſt, ſo muß eine Bification entſtehen. Ein Bei-
ſpiel vom Orinoko giebt der Harveriguere (Caſſiaquari?)
der in den Rio Negro fließt, und welcher wiederum mit
dem Amazonenſtrome ſich vereinigt. Ebenſo hat Herr Protti
gefunden, worauf ſchon Sambroni aufmerkſam machte,
daß der Arno, der einen Arm der Tiber gab, in der
Mitte des Traſimeniſchen-See’s eine Schwelle gebildet
hat. Etwas Aehnliches zeigt der Calix Elf bei Tornea,
wo die Quelle von Vaucluse in ihrer Verbindung mit
der Serbe gleichfalls als Beiſpiel dienen kann. Die
völlige Entwickelung ſolcher Syſteme kann auf verſchiedene
Weiſe gehindert werden, auch kann die Mündung ſich
ſchlieſſen wie beim Caſſiaquari. Solche unvollkommen
Flußſyſteme entſtehen auch durch Strömungen von ſtarken
Regengüſſen, die beſonders in den Tropen häufig ſind.
Dies gilt vom .... der in den Ohio ſich ergießt, ſo wie
vom Kanale La Raspadura der die Südſee mit dem At-
lantiſchen Meere durch die Quelle des Rio Atracto verbindet,
da dieſe der Rio St. Juan ein kleinen Bach aufnimmt. Des Ge-
fälle bei den großen Strömen iſt ſo gering, daß man im Amerika
noch 100 deutſche Meilen über ihre Mündung des Steigen
und Fallen der Fluth von 14 Zoll erkennen kann. Der
Punct ſelbſt wo dieſe auffährt, giebt keine wirkliches Ni-
vellement vom Ausfluſſe, weil die Fluth parallel mit
der geneigten Fläche des Bodens ſelbſt ſteigt.
So hätten wir die Conſtruction der Gebirge und Ebenen
entwickelt, das Gemeinſame der Verhältniſſe beider wahr-
genommen, und geſehen wie der Rücken einſt blos aus
einer Anhäufung der Berge ſich bildete, ſondern dieſe auch
in Ketten übergingen, wo das Maximum aller Kräfte
aus dem Innern wol mitgewirkt haben kann. Dies
erkennen wir bei den Ausbruchskratern, wo die Verbrei-
tung der Schlacken in ihrer unmittelbaren Nähe und wei-
tern Ferne, das Beiſpiel von der mittleren Kraft giebt,
wonach die Bildung ſich fügte und vollendete.
Die Betrachtung der Ebenen hat uns auf die merk-
würdige Erſcheinung der Flüſſe in denſelben geführt,
und beſonders auf die Bificationen, von denen wir ſehen
daß ſie denn entſtehen, wenn die Scheidegrenze in ein
anderes Flußbett übergeht. Die große Breite der
Flüſſe in Aſien und Amerika erleichtert die Bification
da die Ströme bei weiten weniger Waſſer haben als
ſcheint, denn 2–3000′ weit vom Ufer ſind ſie nur 2 bis
3′ tief, denn kommt ein Kanal als das eigentliche Fluß-
bette von etwa 30′ Tiefe, dann folgt wieder eine ſeichte
Stelle und wieder ein Kanal. Man kann oft mehrere
Stunden weit hinein reiten ohne daß das Pferd bis an
den Bauch in’s Waſſer kommt. Die Größe des Fluß-
gebietes und die Waſſermenge hängt von der Maſſe des
Waſſers ab, die der Fluß erhält, von der Tiefe der
Niederung in der er fließt, und beſonders von der Maſſe
des fallenden Regens, die in den Tropenländern weit
beträchtlicher iſt, da in dieſen jährlich über 80, bei uns
aber nur 22 Cubiczoll Regen auf eine gleiche Fläche
fällt. Hiernach richtet ſich auch natürlich die Größe der
Flüße, die Donau zum Amazonenſtrome verhält ſich nach
dieſer Angabe wie 4:22. Je ſchmaler ein Fluß iſt,
je höher wird er anſchwellen, und um ſo leichter ſeine
Ufer überſtrömen. Man kann auch die Flüſſe als Regen-
meſſer (Ombrometer oder Hyetometer) betrachten, da die
Höhe ihres Standes die Maſſe deſſelben angiebt. Der Nil,
wo nur von dem untern Theile die Rede iſt, ſteigt immer zu
derſelben Höhe von 24′, wie der Orinoko bei Anguſtura, 80
Meilen über ſeiner Mündung. Wir wiſſen hierdurch genau
daß ſeit 2000 Jahren die Maſſe des fallenden Regens ſich
nicht geändert hat, weil das Steigen und Fallen des
Nils ſich in dieſer Zeit immer gleich blieb. Die Menge
des Waſſers im Fluſſe wird nicht allein durch ſeine Tiefe,
ſondern auch durch die Arin, und beſonders durch die Schnellig-
keit ſeines Laufes beſtimmt. Geràrd hat zuerſt in
den Memoires D’Aegypte genaue Meſſungen über die Ge-
ſchwindigkeit des Nils gegeben, die andere zum Muſter
dienen können. Die Flüße münden ſich entweder in die
Meere, oder ſie gehen, wie Fränklin ſich ausdrückte,
in die Luft, d. h. ſie verdunſten. Flüſſe, vorzüglich
die der ſüdlichen Hemisphäre, verlieren immer mehr und mehr
an Waſſer, je weiter ſie fließen, nicht allein durch Ver-
dunſtung ſondern es dringt auch viel Waſſer in den lockeren
Sand ein. So ſoll der Orangefluß im ſüdlichen Afrika faſt
ganz ſein Waſſer verlieren. Daſſelbe gilt von Rio
Apura, deſſen Geſchwindigkeit und Breite ich maaß, und nur
halb ſo breit als die Donau iſt. Das Schwinden der Flüſſe
tritt beſonders da ein, wo die Ufer aus Sand beſtehen,
der oft eine Hitze von 52–54° R. annimmt. Solche An-
ſichten hat man auch vom Niger, doch iſt es ſehr unwahrſchein-
lich, daß ſeine Waſſermaſſe ſich ganz verliert.
Wo die Flüſſe in die Meere münden, bilden ſie ſüße
Seeen, denn weil das Salzwaſſer ſchwerer iſt, ſo wird es
bei der Ebbe und Fluth gehindert weit in die Mündung der
Flüſſe einzutreten, und man kann oft bei dieſer auf der
Oberfläche ſüßes, in der Tiefe dagegen ſalziges Waſſer ſchöpfen.
Ebbe und Fluth ſind periodiſche Aenderungen, welche
von der Anziehung der Sonne und des Mondes herrühren.
Das ſüße Waſſer wird ſo mit dem ſalzigen ohne ſich zu
miſchen bald aufgehoben, bald ſinkt es wieder. Wo aber
das Meer eine ſtarke Fluth von 16′ hat, miſchen ſich die
obern mit den untern Waſſerſchichten. Als die Cultur
nur um das Mittelmeer ausgebreitet war, konnte allein bei
den Phöniciern eine richtige Anſicht von Ebbe und Fluth ent-
ſtehen. Die Griechen lernten ſie zuerſt durch Alexander’s Zug
am Indus kennen. Petius ging ſpäter beſonders nach
Marſeille um ſie kennen zu lernen. Plato, der alles
uns dem Innern der Erde herzuleiten ſuchte, glaubte daß
es ein Ausſprudeln aus dem Innern derſelbe ſei. –
Plinius hatte aber ſchon ſehr richtige Anſichten darüber
indem er ſagte: cauſa in ſole lunaque. Und vor ihm
hatte auch ſchon Ariſtoteles klare Begriffe davon. Die erſte
Theorie wurde über dies Phaenomen im Jahre 1680 von ― ?
aufgeſtellt. In neuern Zeiten hat aber Laplace 1772
und noch einmal kurz vor ſeinem Tode, eine deutliche Theorie
auf viele Beobachtungen geſtützt, gegeben. Er ſtellte deshalb
in Breſt 10,000 Beobachtungen an, um die Coëfficienten
zu beſtimmen, und fand daß die Anziehung der Sonne
auf unſere Erde um 13 Millionen mal ſtärker als die
des Mondes iſt. Dagegen verhält ſich die Anziehung
der Erde zu der des Mondes wie 24/10 zu 1. Die Culmi-
nation iſt ſo, daß ſich täglich 49 Minuten ſpäter eintrit.
Die größten Fluthen finden beim Neu- und Vollmonde
ſtatt, eine Beobachtung, die ſchon Caeſar machte; hierbei
wirken Sonne und Mond zuſammen. Die Einwirkung
der Sonne und des Mondes auf unſere Erde iſt ſo ſtark,
daß man umgekehrt von dieſer auf den Mond geſchloſſen hat.
Laplace unter andern erweiterte ſo auf eine bewund[unleserliches Material][erungs-]
würdige Weiſe die Kenntniß von der Maſſe des Mondes.
Wenn dieſer in der Erdnähe iſt, ſo ſteigt die Fluth bei
Breſt um 5′ höher, als in der Erdferne. Die Sonne und
der Mond wirken dahin, daß ſie einzelne Theile des Waſſers
von Mittelpunkte der Erde weiter entfernen, wodurch auf
jeder Seite derſelben eine Anſchwellung erfolgen muß.
Die parallele Richtung der Curve kann nur denn entſtehen,
wenn die Attraction gleich iſt. Alle dieſe Beobachtungen
können aber nur bei großen Meeren gemacht werden, denn
bei den eingeſchloſſenen finden andere Verhältniſſe ſtatt,
weil die Kleinheit der Maſſe das ſtarke Anſchwellen
verhindert, indem nicht genug Waſſer nachfließen kann, und
daher andere Geſetze eintreten. Eben ſo muß man die
Richtung dieſer Meere unterſchieden, ob ſie von Oſten nach
Weſten, oder von Süden nach Norden ſich hinzieht. Die
Fluth eines ſolchen Binnenmeeres verhält ſich zur Fluth des
Oceans, wie der Längendurchmeſſer des Mondes zum
Halbmeſſer der Erde. Auch die Lage der Meere hat den
entſchiedenſten Einfluß, wie beim Kaspiſchen Meere, das
nicht allein ſeiner geringen Waſſermaſſe wegen, ſondern
auch weil es von Süden nach Norden hin ſich erſtreckt,
nur wenig Ebbe und Fluth hat. Das Mittelmeer hat
ebenſo faſt gar keine Ebbe und Fluth, die größte Fluth
in dieſem zeigt ſich öſtlich von Malta, weil hier ſeine
größte Oberfläche und Tiefe iſt. Bei den Binnenmeeren
kommt es auch auf die Lage der Oeffnungen an, wäre ſo
das Mittelmeer gegen Syrien geöffnet, denn würde die
Fluth bedeutend ſtärker ſich zeigen, und die Oeffnung nach
Weſten iſt deshalb um ſo ungünſtigen, weil die Ebbe und
Fluth ſich von Oſten nach Weſten fort bewegt. –
Der Theorie nach ſollte im hohen Norden keine Ebbe und
Fluth ſein, da ſie aber in der Hudſonsbai iſt, ſo giebt dies
einen Beweis von dem Durchbruche nach der Baffinsbai.
Die Oſtſee hat keine Fluth, ihr Anſchwellen wird von
periodiſchen Winden hervor gebracht. Bei den Antillen
erreicht die Fluth nur die Höhe von 8–10 Zoll. Die
größte Fluth iſt in der Mündung der Severne bei
St. Malo ?, wo ſie 45–46′ hoch, ja die Springfluth ſogar
bis zur Höhe von 60′ ſteigt. Ein ſolches Eindringen
iſt das des Maskarets, auch auf dem Amazonenſtrom
ſieht man Waſſermaſſen Häuſer hoch andringen, was auch
eine Folge der Fluth iſt.
Die Höhe derſelben iſt ſehr verſchieden ange-
geben und mehrentheils übertrieben. Um die Höhe
der Wellen richtig zu beſtimmen, muß man zweierlei
unterſcheiden, ob ſie nämlich aus der Tiefe aufſchlagen
oder nur gegen die Küſte anprallen. In der Südſee
ſind im allgemeinen die höchſten Wellen, und ich ſah an
einem hellen ſehr ſtürmiſchen Tage daſelbſt wo die Sonne
wirklich ſchon untergegangen war, dieſelben von der Höhe
des Maſtbaumes noch deutlich über dem Horizonte, was
mir ſo die Depreſſion des Horizonts gab. Auf dieſe
Weiſe mißt man (vermittelſt Spiegelſextanten) die
Höhe und das Thal der Wellen, und ich fand als größte
Höhe 42–44′. Dies iſt auch die Meinung mehrerer engl.
Schiffscapitäine, die ich darüber ſprach. Die Höhe hängt
nicht blos von der Indifferenz der Wellen und des Windes
ab, im Gegentheil ſchwächt ſich die Höhe, wenn der Wellen-
berg mit dem Wellenthale zuſammenkommt, ſondern rich-
tet ſich vielmehr nach der Tiefe des Meeres. Brimontier
giebt die Höhe der Wellen auf 60–80′ an, wobei aber
das Waſſer bis zu 160–200′ tief aufgewühlt wird.
Bei Neufundland ........
Etwas ähnliches findet ſich an der Nadelbank ſüdlich
von Afrika, wo ſich noch bei 280′ Tiefe die Richtung der
Strömung verändert. Gewöhnlich gehen die Wellen nicht
über 20–22′ hoch. Die phyſikaliſche Theorie hat vor zwei
Jahren durch das Werk der beiden Brüder Weber eine
unvergleichliche Arbeit erhalten. Dieſe machten den An-
fang mit Verſuchen über die Schwere des Queckſilbers,
wobei ſie zuerſt die Dichtigkeit der Flüſſigkeiten beachteten.
Später reiſten ſie nach dem Mittelländiſchen Meere, um
dort in der Natur ihre Theorie zu prüfen. –
Das Meer ſelbſt umfaßt ⅔ der ganzen Erde,
und iſt mit Gewißheit nicht über 7000′ ſondirt, wo noch
kein Grund zu finden war. Die Tiefe der Meere ſoll
übrigens mit den Höhen der Berge correspondiren.
Schon Plutarch erwähnt im Leben des Emilius Paulus,
daß die größte Tiefe der Meere, der größten Höhe
der Berge gleich ſein müße, was wir nur durch Pendel-
verſuche wiſſen. Er ſagt, die größte Höhe des Olymps
ſei der größten Tiefe des Meeres gleich, nämlich 10
Stadien.
Je mehr man in neuern Zeiten die Dichtigkeit des
Waſſers maaß, um ſo verwirrter wurden die Anſichten darüber.
Zuerſt glaubte man, daß die größte Dichtigkeit deſſelben
am Aequator ſei, doch aus den Verſuchen von Gay Lusſac
und J. Delle, der deshalb nach Ceylon gieng, iſt der Unter-
ſchied der Dichtigkeit in den verſchiedenen Zonen nur unbe-
deutend, denn ſie fanden, daß die fixen Beſtandtheile des
Waſſers nicht viel über 3½ Procent ausmachen. Gay
Lusſac fand auch, daß der Unterſchied der Dichtigkeit nicht
von den Salzen abhängt. Das Waſſer iſt in den größten
Tiefen nicht mehr oder weniger ſalzig als in den obern
Schichten. Nach Marcets Analyſe enthält das
Meerwaſſer auf 1000 Theile:
alle Beſtandtheile in waſſerfreiem Zuſtande berechnet.
Wollaſton hat gefunden, daß das Meerwaſſer außer-
dem auch ſalzſaures und ſchwefelſaures Kali, jedoch nicht
über 1/2000 vom Gewichte des Waſſers, enthalte, und
Marcet hat gezeigt, daß keine Spur von ſalpeterſauren
Salzen darin enthalten ſei. Dagegen ſetzt es beim Ab-
dampfen eine nicht unbedeutende Menge kohlenſauren Kalkes
ab. Dieſer im Meerwaſſer aufgelöſte kohlenſaure Kalk
ſcheint die Quelle zu ſein, wovon die Schaalthiere im
Meere die Materialien zur Bildung ihrer Schaalen nehmen.
Außerdem hat man in neuern Zeiten noch Jod und
Brom im Meerwaſſer entdeckt.
Merkwürdig genug finden ſich Süßwaſſerquellen auf Sand-
bänken oft mitten im Meere. Eine ſolche Süßwaſſer-
quelle iſt ſüdlich von Cuba, als die Folge eines aero-
ſtatiſchen Drucks. Die Schiffer können hier mehrere Meilen
weit ſüßes Waſſer ſchöpfen, und Seekühe, die ſich nur
auf ſüßem Waſſer zeigen, erinnere ſie daran.
Man hat das Meerwaſſer auf mancherlei Weiſe zu
reinigen und trinkbar zu machen geſucht; allein nur zwei
Arten ſind geglückt, und auch dieſe ſind mit ſo viel Schwie-
rigkeiten verknüpft, daß ſie bei Schiffreiſen wenig
brauchbar ſind. Die eine iſt die Deſtillation, die andere
das Durchſeihen des Waſſers durch Sand. Da letztere
Methode aber noch weniger ſeinem Entzwecke entſpricht
als erſtere, ſo hat man ſich kürzlich auf der, von der fran-
zöſiſchen Regierung unter Capitain Freycinet ausgerüſteten
Entdeckungs-Expedition mit Erfolg der Deſtillation
von Meerwaſſer, zur Gewinnung trinkbaren Waſſers
zu bedienen verſucht, wobei der Deſtillationsapparat ſo
eingerichtet war, daß das Waſſer mit dem Ueberſchuße
der Wärme bei der Zubereitung der Speiſen deſtillirt
wurde. – – Noch iſt aber ein
bitterer Schleim, organiſchen Urſprungs, im Meerwaſſer
enthalten, womit das Leuchten des Meeres zuſammenhängt,
und was am ſchönſten in den Tropenländern wahrgenommen
wird. Dieſer Schlamm dient den Cetaceen, Wallfiſchen etc. zur
Nahrung, und das Waſſer ſelbſt genoſſen erregt Uebel-
keit. Zweien Urſachen iſt dies Leuchten überhaupt
zuzuſchreiben, erſtens rührt es von Thieren aus dem
Molluskengeſchlecht, als die geſellig lebenden Deguſen, Beroë,
Peroſoma etc. her. Von den vollkommenen Thieren ſind es die
Strahlenthiere, zu denen die Meduſen gehören, welche ſelbſt
noch 12′ tief unter dem Waſſer leuchten, wozu alſo der
Sauerſtoff der Atmosphäre nicht mitwirken kann, wie
man früher wohl glaubte. Zweitens rührt der größere
Theil des Leuchtens vorzüglich von ſchleimartigen organiſchen
Maſſen her, die auf dem Meere ſchwimmend angetroffen
werden, wie mich ei[unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]gene Unterſuchungen überzeugten,
und auch die des Dr. Ehrenbergs im rothen Meere beſtätigen.
Leuchtende Infuſionsthierchen giebt es dagegen nicht.
Durch jede Erſchütterung wird das Leuchten erregt; die
Meduſen leuchten durch den Schlag, eine andere Erzeugung
[…]deſſelben iſt durch den Nervenreiz, wobei ſie den orga-
niſchen Lichtproceß geben. Alle Erſcheinungen dieſes Leuchtens
hängen mit der Witterung zuſammen, und es iſt möglich,
daß die Thiere zu gewiſſen Zeiten lieber an die Oberfläche
kommen als zu andern. Das Ganze iſt demnach kein
meteorlogiſches Phänomen.
Die Farbe des Waſſers iſt ein ſchwieriger optiſcher
Gegenſtand, ſo wohl bei ſüßen als ſalzigen Gewäſſern.
Bei den Bergſtrömen iſt ſie zuweilen grünlich oder wie
in der Rohen bläulich. Das Meer iſt in den Tropen
mehr indigoblau als gegen Norden, und iſt keine Reflection
des Himmels. Scoresby fand das Meerwaſſer jedoch
auch in Norden an einigen Stellen bläulich, doch vorzugsweiſe
war es grasgrün. Im letztern leben gern die Mollus-
ken, und auch die Wallfiſche ziehen es vor, wahrſcheinlich
aber wohl nur, weil jene ihnen eine gute Nahrung geben.
Wie tief das Tageslicht ins Waſſer dringt iſt
verſchieden beobachtet. Häufig ſieht man in Taucher-
glocken ſchon bei 20′ Tiefe nichts mehr, was aber von
den Schwingungen und der kräuſelnden Bewegung der Ober-
fläche des Waſſers herrührt; um dies zu verhindern
haben ſchon die Alten vorgeſchlagen, Oel auf die Ober-
fläche des Waſſers zu gieſſen, wodurch ſelbſt größere
Wellen beſänftigt werden können. Schon Fränklin
und die beiden Weber führen an, daß der Druck einer
jeden Subſtanz die Kraft der Wellen vermindert, und
ſchon von einem ſtarken tropiſchen Regenguſſe werden ſie
niedergeſchlagen. Das Mittel, Oel auf die Ober-
fläche auszugieſſen, benutzen noch jetzt die Spanier be-
ſonders in der Gegend von Gibraltar. Herr Arrago
ſah auf der Inſel Majorca in einer Höhe von 3 bis
400 Toiſen, den Boden des Meeres wie eine Landkarte
vor ſich liegen, was von der gegenſeitigen Wirkung
der Reflexion des obern und untern Licht’s herrührt.
Wenn wir hoch ſtehen, wird des Licht des obern Spiegels
weniger zu uns reflectirt, und um ſo weniger werden
die Strahlen der Tiefe von ihn verdunkelt.
Wenn wir das Meer ſelbſt und ſeine Temperatur be-
trachten, ſo haben wir dreierlei zu unterſcheiden, 1, Die Ober-
fläche, 2. Die Tiefe und 3tens die Sandbänke. Das Wich-
tigſte der Climatologie iſt die Einwirkung der flüſſigen
Theile auf die ſtarren. Die Temperatur des Meeres
in den obern Schichten, und die relative Lage des Waſſers
und der Continente ſind am wichtigſten für das Klima.
Bei der Oberfläche muß man das Meer in der Ruhe und
in den Strömungen von einander unterſcheiden. Erſteres
giebt uns den Unterſchied der almähligen Erwärmung und
Erkältung. Die Waſſerfläche nimmt nur das Klima
an, wie es die Jahreszeit modificirt. Die größten
Unterſchiede können immer nur in den Tropen erkannt
werden, wo die Temperatur der Atmosphäre bei Tage
und bei Nacht um 6–7° R. wechſelt; dagegen habe ich
aber in dem Meere der Tropen dieſen Unterſchied nicht
wahrgenommen. Auf meinen Wunſch haben die Herrn Duperet
und Freycinet neue Unterſuchungen angeſtellt, und einen
Unterſchied von ½–¾° gefunden, was auch der Capitain
Wilſon auf ſeiner Reiſe nach Calcutta beobachtete.
Das Waſſer hat auch eine Tendenz zur Wärme-
erzeugung (?) und erwärmt ſich nämlich dadurch, daß die
obern Theile die an der Fläche erwärmt ſind zu
Boden ſinken?. Im Winter iſt daher das Meer vom
Aequator bis 50° der Breite auf beiden Seiten
wärmer als die Luft, was Freycinet und Duperet
auf ihren Reiſen beobachtete. Die monatlichen Ver-
änderungen des Meere’s ſind in den Tropen ſiebenmal,
und bei uns ſechsmal geringer als in der Luft. Dies
giebt auch Aufſchluß über das merkwürdige Phänomen
an der weſtlichen Seite von Europa und Amerika, daß dieſe
nämlich wärmer als die öſtliche iſt; denn zur Winterzeit
erkältet das Meer nicht ſo ſchnell als das Land, die See-
winde müßen daher erwärmte Luft bringen, und die größte
Kälte oder vielmehr die niedrigſte Temperatur zu der der
Atlantiſche Ocean im Januar herabſinkt iſt + ⅔°.
Rennel, ein 80 jährigen Greis hat über die Strömungen
des Atlantiſchen Oceans die nützlichſten und erfolgreichſten
Beobachtungen geſammelt. Er entwickelte die verſchiedenen
Strömungen aus dem Wechſel der Temperatur, und hieraus
das gegenſeitige Einwirken des Meer’s auf die Temperatur. –
Unter dem 50–55° N. B. erkaltet der Atlantiſche
Ocean ein mehr als + 6–7°, was bei uns etwa die
mittlere Temperatur im Monat Mai iſt. Zwiſchen den 65–70°
N. Br. iſt deſſen mittlere Temperatur nach Rennel & Lewin noch
+ 4½°, wenn die des Continents vielleicht nur 2° iſt.
Die größten Wärme des Meeres iſt in den Tropen, wo
die mittlere Temperatur deſſelben 21½–22° iſt, und die des
Waſſers des Orinoco und Amazonenſtroms gleichfalls
theilt, was für Reiſende ſehr unangenehm iſt, da ſie
oft nur allein auf dies Waſſer beſchränkt ſind. –
Das Maximum der Wärme des Meer’s findet ſich grade
nicht immer unter dem Aequator, ſondern vielmehr in einer
kleinen Zone, die etwas nördlich und ſüdlich in einer Curve
den Aequator umgiebt, wo eine Temperatur von 24–24½° beobachtet
iſt, die mittlere Temperatur beträgt aber nur 22–23°. In der
Südſee, im Iſthmus von Panama, nördlich vom Kap Guaſhakamo,
fand der Kapt. Dirkens die Temperatur des Meer’s bei einem
kräuſelnden Wellenſchlage von 24¾°, als das Maximum
aller Beobachtungen.
Merkwürdige Bewegungen hat man beobachtet, die gleich
den Flüſſen der Continente im Meere ſich fortbewegen.
Die Breite des polariſch oceaniſchen Strom’s iſt gleich der
des Golfes zwiſchen Florida und Cuba, und dehnt ſich
immer mehr aus, je weiter er nach Norden kommt.
Die Richtung dieſer Strömung iſt vom Aequator in die
temperirte Zone und von dieſer wieder nach jenem zurück,
ſo daß ſo, erwärmtes Waſſer nach dem Norden, und kaltes
dagegen den Tropen zu geführt wird. Nach den Jahreszeiten
nähert ſie ſich mehr oder weniger der Küſte, und keine Stro-
mung nach dem Norden würde exiſtiren, wenn der Iſthmus
von Panama durchbrochen wäre. Anfänglich beginnt ſie
an der afrikaniſchen Küſte von Guinea, wo ſie als Aequa-
torial-Strom gegen des Cap St. Antonio nach dem öſtlichen
Theile von Yucatan hingeht, dann Mexico vorbei zwiſchen
Havanah und Cuba nördlich bei der Mündung des Miſſiſippi
herauſtrit, die Bank Terra neuve beſpühlt, ſich denn öſtlich nach
Europa wendet und ſich in 2theile theilt. Der eine von
dieſen geht nach den Azoriſchen Inſeln und Gibraltar, den
andern aber nach den Irländiſchen und Schottiſchen Küſten.
Von einen Schiffe das mit Palmöl beladen beim Cap Lopez
ſtrandete, wurden die Tonnen nach 1½ Jahren von dieſen
Strömungen an die Küſten von Schottland getrieben.
Ebenſo kommen andere Gewächſe der Tropen beſonders
Baumſtämme von Mimoſen, die Guilandina Bonduc, und
eine Menge von Früchten und Samen an dieſen Küſten,
vorzüglich bei den Hebriden an. Fäſſer mit den ſchönſten
Bourdeaux-Weinen werden hier jährlich von verunglückten
Schiffen angeſpühlt. Schon früher habe ich erwähnt, daß
1682 und 1684 Eskimos in ihren Böten von Häuten nach
den Hebriden durch dieſe Strömung getrieben wurden. Pom-
ponius Mela und Plinius erwähnen gleichfalls ein ſolches
Factum vom Cornelius Nepos, wonach ein [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]ſſiſcher König
mehr als 1000 Jahre vor der erſten Entdeckung Amerika’s
dem Criſius Metellus Celer gleichfalls dort geſtrandete Eski-
mo’s zum Geſchenk machte.
Auf ähnliche Weiſe wie im Atlantiſchen Meere warmes
Waſſer von Süden nach Norden kommt, fand ich in der
Südſee an der Küſte von Peru eine Strömung, die kaltes
Waſſer von Süden her gegen den Aequator zuführte.
Man glaubte anfangs daß es der Andrang des von
den Bergen kommenden Schneewaſſers ſei, in jener Gegend
ſind aber ſo wenige Berge dieſer Art, als daß dieſer die
Urſache ſein könnte. Die Temperatur dieſer Strömung
fand ich auf 10° S. Br. nur 12–14° R. und die geringe Wärme
derſelben beruht vorzüglich in der langen Bedeckung des Himmels
durch die Garuda’s, welche der Sonne die Wirkung be-
nehmen, anderntheils ſcheint aber die Strömung ſehr in der
Tiefe zu wirken. Da wo dieſer neue Continent ſich gegen
Weſten ausdehnt, wird die Strömung gegen Weſten ge-
leitet, wo ich durch kam; meine Unterſuchungen ſind ſpäter
von Dirknig und Holvel beſtätigt, welche dieſelbe niedrige
Temperatur fanden.
Die Strömung geht um das Cap Horn, aus dem indiſchen
Ocean nach dem Atlantiſchen, die Magellaniſche-Meerenge
hinein. Dieſe Abweichung zeigt die Tiefe der Strömung,
indem die Bank Akuyille gegen welche ſie wirkt 80 Braſſen
hat. Mißt man die Abnahme der Temperatur von der
Oberfläche des Meeres nach beiden Seiten, und die Abnahme
der Wärme wäre ſich gleich, ſo müßte das Waſſer in
der Tiefe von 8000 Fuß 1° unter 0 haben. Die Abnahme
der Wärme im Waſſer (mit der Tiefe) iſt aber 7–8 mal
ſchneller als in der Luft, weshalb auch die Fiſche ſich mehr
nach oben halten, woſelbſt ſie auch mehr ihre Nahrung find[en.]
Die Fiſche können auch auf dieſe Weiſe unter den Tropen
dieſelbe Temperatur finden wie in Lappland. Die beſtimm-
teſten Beobachtungen über die Abnahme der Temperatur
im Meere ſind von Sabine an Cap St. Antonio gemacht,
wo die Oberfläche des Waſſers +22½° hatte, bei 7000′
Tiefe dagegen nur +4 und 4/10°. Dies giebt bei 70 oder
71 Fuß ſchon einen Grad Abnahme, der in der Luft ſich
erſt bei einer Höhe von 400′ zeigt. Herr Perron ſchloß
hieraus daß im größerer Tiefe des Meeres Eis ſein müſſen, –
was aber nicht der Fall iſt. – – Schon Sausſure hat
bemerkt, daß die Dichtigkeit des Waſſers +4–4½°
am größten iſt. – Das Waſſer wird durch den
Wärmeſtoff ausgedehnt, wie alle andern Körper; allein dieſe
Ausdehnung unterſcheidet ſich auf eine merkwürdige Weiſe
von der Ausdehnung anderen Körper. Sie iſt ſehr gering
und macht von 0° bis + 100° nur 0,012 vom Volumen
des Waſſers aus. – Dabei iſt die Dichtigkeit des Waſſers
wie oben erwähnt bei 0° ⎡nicht am größten, ſondern tritt erſt
bei +4°,1 über dem Gefrierpunkte ein; von dieſem Punkte
an dehnt es ſich beſtändig aus, ſowohl beim Abkühlen, als
bei der Erwärmung; ſo daß es bei 0° genau daſſelbe Volu-
men, wie bei +9° einnim̃t. Dieſer Umſtand läßt ſich durch
einen ſehr einfachen Verſuch darthun. Man ſtellt nämlich in
ein Glas mit Waſſer von +0° zwei Thermometer, ſo daß
die Kugel des einen ein Stückchen über der andern ſteht. So wie
nun das Waſſer erwärmt wird, ſteigt das Thermometer, deſſen
Kugel zu unterſt ſteht, weil das wärmern Waſſer in dem
kältern niederſinkt. Iſt das unterſte bis zu + 4°,1 gekommen,
ſo ſteigt es nicht mehr; allmählig aber ſteigt das obere bis
zu + 4°,1, und beide ſtehen nunmehr gleich. Hat dies einige
Augenblicke gedauert; ſo ſteigt das obere in weit ſchnellerem
Verhältniſſe, als das untere, weil nun das erwärmte
Waſſer auf dem kältern ſchwimmt. Indeß kann der ange-
führte Verſuch nie ſo ſcharf werden, daß er mehr als eine
Approximation zu dem richtigen Thermometerſtande gebe, und
viele Phyſiker haben auf verſchiedene Arten hierüber Unter-
ſuchungen angeſtellt, deren Ausſchlag zwiſchen 3 und 5 Grad
variirte. Die ausführlichſte Unterſuchung hierüber wurde von
Hällſtröm in Abo angeſtellt, und dieſe gab, bei Beobachtung
und Correction aller Umſtände, die irre führen konnten,
die oben angeführte Gradzahl + 4°,1.
Das Waſſer bricht gleichwohl in dieſen Zuſtande
der höchſten Dichtigkeit das Licht nicht ſtärker, als bei
niedrigeren Graden. Arago und Fresnel haben beobachtet
daß das Brechungsvermögen deſſelben bis zum Gefrierpunkte
beſtändig zunimmt, ganz ſo, als ob das Waſſer bis zu
ſeinem Erſtarren ſich fortdauernd zuſammenzöge. –
Dieſe in ihrer Art einzige Ausnahme von den, für
die Einwirkung des Wärmeſtoffs auf liquide Körper, be-
ſtehenden Regeln, verdient um ſo mehr große Aufmerkſam-
keit, weil, wenn ſich dies nicht ſo verhielte, ein großer
Theil der kälteren Zonen unſeres Erdballs unbewohnt
bleiben würde. Das Waſſer würde nämlich im Winter
ziemlich bald, ſelbſt in den größeren Seen, bis 0° und
darunter abgekühlt werden, und ſeiner ganzen Maſſe
nach, auf einmal erſtarren, alle Fiſche würden ſterben,
die übrigen Klaſſen der lebenden Weſen aber Mangel
an flüßigem Waſſer leiden und die Sommer kaum hin-
reichen, dieſe ungeheuren Eismaſſen wieder zu ſchmelzen.
So aber ſinkt das Waſſer, ſobald es bis zu + 4°,1,
abgekühlt iſt, in den Seen zu Boden, und wenn endlich
die ganze See dieſe Temperatur angenommen hat, ſo kann
nur die Oberfläche derſelben noch unter dieſe Temperatur
hinab abgekühlt werden, weil nun das kältere Waſſer
leichter, als das warme, iſt, und weil das Waſſer,
wie alle tropfbare Flüſſigkeiten, den Wärmeſtoff ſehr
langſam leitet. Der Grund der Seen behält daher die
Temperatur von + 4°,1, und das Waſſer, welches aus
ihnen ausfließt, iſt ſtets 3–4° über den Eispunkt er-
wärmt, behält auch dieſe Temperatur auf dem Boden der
Flüſſe, ſo daß ſelbſt in unſern kälteſten Wintern, Ströme
und große Bäche ſelten bis zum Boden ausfrieren.
Im Meere hingegen, wo das Waſſer ſehr viel Salz
aufgelöſt enthält, tritt, nach Marcets Verſuchen, dieſe
Abweichung nicht ein. Das ſalzige Meerwaſſer iſt bei
+ 4°,1 nicht am dichteſten, und hat keinen entſprechenden
dichteren Punkt, ſondern es zieht ſich beſtändig zuſammen,
bis es gefriert, und auch dann erſtarrt nur das Waſſer,
das Salz aber bildet mit dem ungefrornen Waſſer eine
um ſo mehr concentrirte und ſchwerere Flüſſigkeit; daher
auch auf dem Meere nur die Oberfläche des Waſſers
zu Eis gefrieren kann. –
Am Nordpol fanden Scorresby & Parry die Temperatur
des Waſſers auf der Oberfläche oder vielmehr unter dem
Eiſe −1½°, bei einer Tiefe von 1200′ dagegen +
1½ bis 2°; dieſe Erſcheinung iſt aber eine Folge des
Golfſtroms, der ſich bis ans Nordcap erſtreckt, wo er der
Strömung von Nova-Zambla begegnet. In den Tropen ſcheint
die Kälte der untern Waſſerſchichten auch von Strömungen herzurühren,
da dieſe oberhalb das warme 🜄 [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]vom Aequator ab, das kalte dagegen in der Tiefe zuführen.
In neuern Zeiten hat man die Beobachtung gemacht,
daß Sandbänke durch das Thermometer entdeckt werden
können. Als Fränklin nämlich auf ſeiner Reiſe der Bank
an der Küſte von Neufoundland ſich näherte, bemerkte
er, daß die Matroſen von Zeit zu Zeit die Hand ins
Waſſer ſteckten; als er ſie nach der Urſache fragte,
erfuhr er von ihnen, daß das Waſſer um ſo kälter würde,
je näher ſie einer Bank kämen, und ihn nachher zu Ther-
mometerverſuchen veranlaßte. Da nun die Erkennung
der Bänke für die Schiffarth von großer Wichtigkeit
iſt, ſo ſtellten Freycinet & Duperet auf ihren Reiſen
von 2 zu 2 Stunden Thermometermeſſungen an, um Beob-
achtungen über jene Angabe zu ſammeln. Die ſchnelle
Abnahme der Temperatur kann entweder durch Strömun-
gen, oder durch die Nähe der Bänke entſtehen. Der
Graf Rumford glaubt daß die Abnahme der Temperatur bei Neu-
foundland 4–5° betrage. Als ich im Monat Auguſt das
Meerwaſſer unterſuchte, fand ich im Golfſtrom 20°, auf
beiden Seiten deſſelben das Waſſer von 15–16°. Dagegen
bei der Sandbank de la Figoria 5½° weniger als in Meere.
Die wahre Urſache dieſer Beobachtung iſt noch nicht
gehörig entwickelt, ſie ſcheint mir aber darin zu beſtehen,
daß durch das Anſchlagen gegen die Bank die untern und obern
Waſſerſchichten ſich miſchen, und ſo eine Abnahme der Temperatur
noch oben zu ſtatt findet. – Auch bei großen Stürmen
finden ähnliche Erſcheinungen ſtatt; von einem den ich in
dem Hafen von Vera Cruz beobachtete, wurde das Waſſer
bis zur Tiefe von 50–60 Braſſen aufgewühlt, und durch
die Miſchung der obern und untern Waſſerſchichten ſank
die Temperatur derſelben um 1 bis 1½° R. Peron der mit Boudin
eine Reiſe unternahm beobachtete ähnliche Erſcheinungen.
Von dem Waſſer als bewegliche Flüſſigkeit
wanden wir uns bei der Betrachtung des Meeres,
wie es ſich als ein ſtarren und feſter Körper zu Eis
geſtaltet, da es in dieſer durch Kälte entſtandene Bil-
dung höchſt einwirkend auf die Climatologie ſich äußert.
Die ſo verbundenen flüſſigen Theile zum Starren, machen
einen Theil des feſten Erdkörpers aus, und bilden gleich-
ſam im Flüſſigen eine Gebirgsart in ſich zuſammen, wie
die Felſen auf der feſten Erde als ſolche da ſtehen.
Man muß aber nicht glauben, daß ſolche Eismaſſen bis
zum Boden gehen und den Grund berühren, dann ihre
größte eigentliche Dicke iſt nach vielfältigen Unterſuchungen
des Capit. Parry zwiſchen 6–7′. Dieſe Eismaſſen bieten
ſich unſern Beobachtungen auf zweierlei Weiſe der: a,
als Eisberge, wo das Eis durch die Länge der Zeit und
durch die Bewegung ſich zu ſo großen Maſſen auf einander
gelagert hat; und b, als Eisfelder, welche nur von der
Kälte ihre Bildung erhielten, und unverändert bleibe.
Die Eisberge werden zum Theil anm Lande ſelbſt ge-
bildet, und erhalten von dieſem ihre zuſammen geſetzte Ge-
ſtaltung; dann häufig ſind es Gletſchermaſſen die ſich ablöſten,
und auf das Eis im Meere herabgerollt, weshalb auch die
Eisberge faſt immer mit Schnee durchdrungen ſind. Am
Nordpol ſind ſie häufiger wie am Südpol beobachtet.
Ihre größte Höhe iſt bis zu 1800′ über und 25′ unter
dem Waſſerſpiegel gemeſſen; der Capit. Roſs ſah über
hundert ſolcher Eisberge auf einmal, die wie er ſagt, ſich
in der Ferne wie Kreidefelſen ausnahmen. Man
findet oft große Granitblöcke auf und in dieſer Eis-
maſſen, alſo ein Beweis mehr, daß ſie ſich wie geſagt
oft vom Lande ſelbſt aus bilden. Beſonderes Aufſehen
erregte aber die Bekanntmachung des Dr Eſchholtz, der
Kotzebue auf ſeiner Reiſe begleitete, daß er nämlich in dem
nördlichen Theile der Beringsſtraße eine beträchtliche Vege-
tation auf einer ſolchen Eismaſſe geſehen habe. Dieſe
Erſcheinung iſt aber leicht zu erklären, da wohl bei dem
Loſtrennen der Gletſcher auch ganze Maſſen von Raſen herab-
ſtürzen können, die ein Zuſammenhange bleibend, eine fort-
dauernde Vegetation auf dieſen Eismaſſen erhalte und näher.
Ebenſo fand derſelbe Reiſende in den Eisbergen häufig
Knochen vom Mammut, Elephanten und andern Thieren.
Die Eisfelder ſtehen ſelten 4–5′ über dem Waſſer
hervor, unter dem Waſſer ſteigen ſie wohl zu 20′ hinab.
Sie erreichen oft eine beträchtliche Gröſſe von 20–22 g. Meilen
Länge und 10 Meilen Breite, ſo daß man ſie mit Provinzen
von vielen Quadratmeilen Flächeninhalt vergleichen kann.
Sie haben häufig eine rotirende Bewegung, die durch ihre
entgegengeſetzte Kraft, endlich zu einer gegenſeitigen Zer-
trümmerung führt, wodurch ſie den Schiffen höchſt gefährlich
werden können. – Von den Wallfiſchfängern wird
Süßwaſſer- und Salzwaſſereis unterſchieden, man findet
es aber ganz ſelten frei von Salz, weil das Salzwaſſer
in die Poren eines jeden Eiſes eindringt, das aber an
den Küſten gebildete hat gewöhnlich ſüßeres Waſſer.
Vorzüglich aber muß hier erwähnt werden, daß Strömun-
gen das Vordringen der Eismaſſen bis zur ſüdlichen
Hemisphäre veranlaſſen, denn es ſind Eisfelder untern
40° N. Br. bei den Azoren geſehen, aber noch nie welche welche
an der Weſtküſte von Schottland oder bei den Hebriden daſelbſt
bemerkt worden. Scorresby glaubt daß die untern Strö-
mungen hier dem Eiſe entgegenwirken, und es nur den
Sommerſtrömungen folge. Das Eis hat ein ſpec. Gewicht
von 0,916, und bisweilen noch geringer. Von den
großen Eismaſſen zeigt ſich nur ⅑ über dem Waſſer
und 8/9 alſo unter denſelben.
Das Eis wird ſchon in weiter Ferne durch die Reflexion
des Lichtes gegen den Horizont geſehen, und gewährt ſo
einen ſchönen Anblick. Die durch den Eisreflux veranlaßte
Helle in der Luft, von dem das zwiſchen den Eisbergen befind-
liche Waſſer dunkel abſticht, läßt den Schiffer die Eisberge
ſchon in der Ferne erkennen. Die Wirkungen des Eiſes auf
die Atmosphäre ſind bedeutend aber auch verſchieden, von kleinen
Eismaſſen z. B. werden die Dämpfe der Luft ſo angezo-
gen, daß ein Nebel ſie umgiebt, und von größern wird
die Luft ganz klar und heiter, und ſogar dem Winde voll-
kommen ſeine Kraft genommen, ſo daß Stürme plötzlich
aufhören. Womit dieſe Einwirkung zuſammenhängt, iſt
bis jetzt nicht gut zu erklären. So wie hier die Fortpflan-
zung der Bewegung der Luft durch die Eismaſſen gehindert
wird, ſo erregten auf den Anden, nach meinen Beobachtungen
großen Schnee- und Eismaſſen einen ſtarken Wind. –
Die Dicke des Eiſes hängt nur von ſeiner Bewegung
ſelbſt ab, ſo fand Parry dieſelbe unterm 73° N. Br. im Januar
28½″ im Februar 55″, und im März 86½″ ſtark.
Am wichtigſten aber für die Climatologie ſind die ver-
ſchiedenen Grenzen, welche das Eis im Sommer und Winter
hat. Gleich wie die Schneegrenze ein Maximum von 1300 Toiſen
erreicht, ſo giebt es auch eine Oscillation der Eisgrenze,
welche für Europa ſich beſonders durch das Mittelmeer
glücklich geſtaltet. – Die Wintergrenze des Eiſes zieht
ſich von Kap Farewell in Grönland, durch den mittleren Theil
von Island gegen den ſüdlichen Theil von Spitzbergen [ohne]
aber das Nordkap zu berühren, ſo daß hier das Meer im
Januar noch frei von Eis iſt. Die Sommergrenze des
Eiſes läßt dagegen Island ganz frei und geht von Warden-
haus in Finnmarken bis nach Chargland auf Spitzbergen, und
dann weiter gegen Oſten, wo ſie mit Nova-Zembla in
Verbindung bleibt. Die Urſache von dieſer vortheilhaften
Eisgrenze liegt in der Exiſtenz des attlantiſchen Oceans,
mit welchem der Nordpol durch einen Kanal in dieſen arctiſchen
Regionen communicirt, und der Zuſtand der Welt würde
ſich ganz anders geſtalten, wenn die Beringsſtraſſe geſchloſſen
wäre, weil ſie verhindert, daß das Eis gegen die Davis-
ſtraſſe und Baffinsbai getrieben wird. Im nördlichen
Theile von Scandinavien trägt auch noch der Golfſtrom
zu der vortheilhaften Lage Europa’s bei, wie überhaupt
jeder Strom, der parallel mit den Küſten eines Landes
fortläuft, auf dieſelbe einwirkt. Daher friert auch gegen
Vertcus (?) hin das Meer nicht, dagegen treiben auf der
andern Seite die Waſſermaſſen von Norden gegen Süden,
ſo daß das Eis in der Nähe des Golfſtroms durch wärmere
Strömungen erſt ſchmilzt. – Dann kommt das Eis
näher und näher gegen die Lena und gegen die Knochen-
inſel (die ihren Namen von einer großen Menge dort ge-
fundener Knochen ausgeſtorbener Thierarten hat). Weder
ein Sommer noch im Winter iſt es möglich die Spitze von
Nova-Zembla zu umſchiffen, was ſchon daraus hervor geht,
daß das Maximum des Pols der Kälte zwiſchen Nova-
Zembla, Neu Sibirien und der Beringsſtraſſe liegt.
Von den tropfbar flüſſigen Theilen unſers Erdkörpers
wenden wir uns zu den elaſtiſchen Flüſſigkeiten deſſelben
oder dem Luftmeere. Von dieſen bedecken ⅓ den Continent
und ⅔ den Ocean. Die mittlere Temperatur der Luft hängt
von der Beſchaffenheit des Bodens ab, und der Zuſtand der-
ſelben iſt auf dem Meere ganz anders, wie er ſich auf den
Continenten uns zeigt. Von der Höhe des Luftmeers
habe ich ſchon früher geſprochen; man nimmt dieſe gewöhnlich
zu 10–15 Meilen an, es iſt aber ſehr wahrſcheinlich, daß
noch bei einer Höhe von 30–32 Meilen Luft exiſtirt,
weil in dieſer Höhe Sternſchnuppen und Aerolithen zu
leuchten anfangen, die wahrſcheinlich erſt denn Licht von
ſich geben, wenn ſie mit dem Sauerſtoffe der Atmosphäre
in Berührung kommen.
Es ſind 6 Erſcheinungen im Luftmeere wahrzunahm:
Die lichtſchwächende Kraft iſt nach den Gegenden und
Jahreszeiten ſehr verſchieden, es finden ſich weit weniger
Dunſtbläſchen auf dem Meere als anderswo, weshalb
hier der Himmel weniger blau, mehr in ſeiner eigentlichen
Farbe die milchähnlich iſt erſcheint. Dieſe milchähnliche Farbe
des Himmels entſteht durch das Niederſchlagen der Dämpfe die
ſich in der Luft befinden, und wenn das ganze Erdſphäroid
keinen feſten Körper hätte, und blos luftförmig daſtände
wo die Schichten nach dem Mariottiſchen Geſetze auf einander
drückten, ſo würde dieſe nur ein geringer Theil der Wärme-
und Lichtſtrahlen durchdringen. Dieſe lichtſchwächende Kraft
ſehen wir beſonders bei den Temperaturbeobachtungen auf
dem Meere, wo Arago fand, daß von 12 bis 3 Uhr das
Meer kälter als die Luft war, da die Temperatur der
Luft als Folge der Lichtſchwächung der Sonnenſtrahlen
erhöhet wurde; dieſer Unterſchied betrug etwa ¾–1° R.
Es giebt nur eine ſehr unvollkommene Art die Farbe
des Himmels zu meſſen, nämlich mit einem Inſtrumente
das den Namen Cyanometer führt, und von Sausſure und
andern vielfach angewandt wurde. Es iſt ein Bogen in dem
eine Menge von Farben ausgeſpannt ſind etc. unter denn
man die Farbe des Himmels und der Erde zugleich be-
[ſ]timmt. – – – Sausſure wandte das Cyanometer
zu den Meſſungen der Luftbläue auf den Alpen an. Der
Unterſchied derſelben iſt in der nördlichen Zone gegen die
temperirte, und von dieſer wieder gegen die der Tropen
ſehr beträchtlich. Bei uns zeigt das Cyanometer nicht über
14° in den Tropen dagegen einige 20°. Man kann
folgern daß das Phänomen der farbigen Polariſation der
Bläue des Himmels in den Tropen, eine Folge davon iſt,
da[ß] die Dämpfe weniger niedergedrückt werden, denn die
Luftſperspective wird wunderbar durch die Beſchaffenheit
der Luft modificirt. Eine eigene Erſcheinung iſt der
milde Duft in den Tropen, welcher ſchon nördlich bei Nea-
pel anfängt, aber ſeinen erhabenſten Anblick erſt in
den warmen Regionen der Tropen erhält. Dieſer milde
Duft der einen ſo überaus ſchönen Anblick gewährt, ent-
ſteht wahrſcheinlich durch die Beſchaffenheit des Waſſer-
gaſes in dieſem warmen Clima.
Unter der Atmosphäre verſtehen wir einen Schicht von
gasförmigen Körpern, welche die Oberfläche der Erdkugel um
giebt, und aus ſolchen Stoffen beſteht, denen es an hinläng-
licher Cohäſionskraft fehlt, um feſte oder tropfbarflüßige
Geſtalt anzunehmen, und die durch ihre Vereinigung mit
Wärmeſtoff der Einwirkung der Schwerkraft und anderer
mechaniſcher Kräfte, – die ſie in feſtern Geſtalt zu
verſetzen ſuchen, – widerſtehen. Sie werden blos
durch die Anziehungskraft der Erdmaſſe zurückgehalten,
und würden ſich, wenn dieſe nicht wäre, in das Unend-
liche ausbreiten. Daher ſind ſie auch zunächſt der Ober-
fläche der Erde, wo die Anziehungskraft am ſtärkſten iſt,
am dichteſten, und nehmen je höher, deſto mehr an Dichtig-
keit ab, ſo daß ſie ſich endlich in einem luftleeren Raumen
endigen. – Die Stoffe, aus welchen die At-
mosphäre zuſammengeſetzt iſt, können ſehr mannigfaltig, und
auf vielerlei Weiſe verſchieden ſein. Ihrer Hauptbeſtandtheile
ſind indeſſen nur vier, nämlich Stickſtoffgas, Sauerſtoffgas
Waſſergas und kohlenſaures Gas, wovon die beiden erſteren
ſo wenig veränderlich ſind, daß man ſie mit vollem Rechte
als in einem unveränderlichen Verhältniſſe beigemengt be-
trachten kann. Man hat bei aëroſtatiſchen Verſuchen
mehrere 1000. Klaftern über der Erdoberfläche, ferner auf
hohen Bergen; in Thälern, unter der Mittagslinie und in der
Nähe der Pole Luft aufgefangen, und ſie allenthalben von
einerlei Zuſammenſetzung gefunden. – Ihr Gehalt an
Waſſergas hingegen iſt, je nach der verſchiedenen Temperatur
der Luft und je nachdem die Erdoberfläche mehr oder weniger
Feuchtigkeit enthält, äußerſt veränderlich. Die Menge des
kohlenſäuren Gaſes verändert ſich aber nach den Jahreszeiten,
und nachdem durch Thiere, Pflanzen, und durch das Verbrennen
mehr oder weniger davon entwickelt wird. Die atmosphäriſche
Luft beſteht aus 78999/1000 Theilen Stickſtoffgas, 21 Theilen
Sauerſtoffgas, und etwa 1/1000 kohlenſauren Gas, nach
dem Volumen gerechnet. Erſt ſeit 1804 iſt der Ge-
halt an Sauerſtoffgas genau bekannt, was einem ſpani-
ſchen Chemiker angehört; noch der berühmte Lavoiſier
ſelbſt glaubte daß er 27/100 ausmache. – Herr
Gay-Lusſac und ich ſtellten Verſuche mit Luft aus ſehr
mit Menſchen gefüllten Gebäuden an, aber ſowohl in den
Hospitälern wie auf den Thartary [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]zu Paris fanden wir
wohl den Gehalt der Kohlenſäure verſchieden, aber den des
Sauerſtoffgaſes unverändert. Von Herrn Thenard wurde
deſtillirtes Waſſer in Hospitälern ausgeſetzt, worauf
ſich nach mehreren Tagen eine Haut abgeſetzt hatte, die bald
förmlich in Fäulniß überging, woraus man alſo ſchließen
kann, daß die Luft auch noch organiſche Stoffe enthält.
So iſt es auch nicht richtig, daß da wo viele Pflanzen
wachſen die Luft reiner ſei. – Herr Prevoſt hat die
ſinnreiche Berechnung gemacht, daß in 7000 Jahren das Oxygen
der Atmosphäre noch nicht um 1 per Cent abnehmen würde. –
Jeder Cubikzoll atmosphäriſcher Luft wiegt nach einer
Mittelzahl 0,4681 Gran oder nicht ganz ½ Gran; die Luft iſt
folglich über 770 mal leichter als das Waſſer, und die
Erdoberfläche wird von derſelben mit gleicher Kraft
gedrückt, als wenn ſie von einer 76 Centimeter (=28
Zoll 9/10 Linie altfranzöſiſches Maaß) hohen Schicht
Queckſilber bedeckt wäre.
Man hat lange gefragt, ob es nicht auch Waſſerſtoff
in der Atmosphäre gabe, vielleicht in den öberſten Schichte
um daraus die Entſtehung des Regens und die Bildung
der Aerolithen erklären zu können, allein dies iſt bis jetzt
noch nicht ausgemittelt. In Verbindung mit Sauerſtoff,
als Waſſergas, ſteigt wie bekanntlich jeden Augenblick
in die Höhe. Herr Gay Lusſac und ich haben viele Ver-
ſuche angeſtellt um Waſſerſtoffgas in der Atmosphäre dar-
zuthun, aber vergeblich, und gäbe es auch nur 1/300 ,
ſo müßten wir es gefunden haben; wenn es weniger
wie 1/300 iſt ſo kann es aber nicht mehr durch Entzündung
entdeckt werden. – Wenn auch wirklich nur eine
geringe Menge von Waſſerſtoffgas ſich in den höhern Schichten
der Atmosphäre befände, ſo würde dies doch durch die
auf und niederſteigende Strömungen theilweiſe mit
herunter geleitet werden, und ſo zu entdecken ſein.
Jeder Quadratfuß der Erdoberfläche trägt bei 76
Centimeter oder 336,9 Pariſer Linien Barometerhöhe
ein Gewicht von 2216⅔℔, welches bei jeder Linie,
um welche das Barometer ſteigt oder fällt, um 6,5795
oder ungefähr 69/16 verändert wird.
Der verſchiedene Druck der Luft, oder die Einwirkungen
welche derſelbe auf den Menſchen macht, liegt in der
Gewohnheit. Auf Höhen kann der Menſch mit der Zeit
bei 12″ Druck aushalten, da er in den Ebenen den Druck
von 28″ erträgt, und der Taucher in der Taucherglocke iſt
durch die Gewohnheit, ohne daß es ihn beengt im Stande
64″ zu ertragen. Auf den Hochebenen von Quito
fühlte ich mich anfangs beklommen und beengt, weil man
plötzlich von 28 Zoll Druck zu 20″ hinaufſteigt, nach einiger
Zeit nimmt aber durch die Gewohnheit dieſe Beklommheit ab.
Die Eindrücke der dünnere Luft, welche hohe Regionen
beſonders über 18,000′ auf den Menſchen äußer, ſind
mannigfaltiger Art. Zuerſt macht ſich das Gefühl der
Schwäche bemerkbar, was man dem Mangel am Sauerſtoff
zu ſchreibt. Der Körper erhält auf ſolchen Höhen
durch die geringere Inſpiration allerdings auch weniger
Sauerſtoff, wovon wohl dieſe Abſpannung und Mattig-
keit herrühren kann. Es entſtehen ferner Spannungen
der kleinen Blutgefäße, vorzüglich bei Perſonen die eine
feine Haut haben, die durch den Mangel des Luftdrucks
von auſſen nach innen entſtehen, wobei die kleinen Blut-
gefäſſe der Lippen, Ohren, Naſen und ſelbſt der Finger-
ſpitzen zerriſſen werden.
Das Bluten findet vorzüglich
auch nur bei jungen Menſchen ſtatt. – Auffallend
iſt es daß dieſelbe Erſcheinung ſich einſtellt, wenn man
ſchnell in der Taucherglocke aus dem Meere emporſteigt
wo wohl nur die Urſache in dem plötzliche Wechſel des
Luftdrucks liegen kann. Ein anderes Uebel iſt der
Krankheit ähnlich, die ſich gewöhnlich auf der See einſtellt,
nämlich Uebligkeit und häufiges Erbrechen, wozu aber
vorzüglich das weibliche Geſchlecht inclinirt iſt. So müſſen
z. B. die Frauen der Creolen wenn ſie von Mal de Montagun
nach Quito reiten über eine Höhe, die den Montblanc
noch um 500′ übertrifft, wo ſie häufig von jenem Uebel
beläſtigt werden. – Mit Gewißheit iſt eigentlich
noch keine dieſer Erſcheinungen erklärt. – Fälſchlich glaubte
man früher daß dieſe Bemerkungen nun wären, aber
ſchon Acoſta ſagt in ſeinem ſchönen Werke, das zu An-
fang des 16ten Jahrhunderts erſchien, daß das Bluten der
Ohren und Naſen auf hohen Bergen ſich einſtelle. Auch
Zumptſtein will bei der Meſſung das Montroſe Uebel-
keiten empfunden haben. Auf dem Himalayagebirge
hält man die Luft der Höhe für giftig, und engliſche
Reiſende glauben bei 15,000′ Höhe dies Gift ſchon ver-
ſpürt zu haben. – Auch das Feueranm[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]achen hat
auf hohen Bergen ſeine Schwierigkeiten, die Flamen hält
nicht zuſammen, läuft gleichſam auf der Erde fort, und
lockert nicht auf. Durch das Kochen des Waſſers
kann man auch bekanntlich die Höhen der Berge meſſen,
da der Siedepunct deſſelben mit den Höhen immer mehr
abnimmt, und was wohl natürlich vom geringere Druck
der Luft abhängt, denn dieſe Erſcheinung zeigt ſich
unter der Glocke der Luftpumpe ebenſo.
Die Verſchiedenheit des Luftdrucks bringt Strömungen
im Luftmeere hervor, die ſich als regelmäßige Oscilla-
tionen zeigen. Schon ſeit 1779 beobachtet man in den Tropen
nach dieſen regelmäßigen Veränderungen des Barometer-
ſtandes die Tageszeit, und man erkannte ſie ſpäter ſo
genau, daß ſie zur Berichtigung der Uhren angewandt werden
können. Der höchſte Stand des Barometers iſt von 9
bis 9¼ Uhr des Morgens, und ſinkt langſam bis 12 Uhr
denn ſtärker aber bis 4 oder 4½ Uhr; nun ſteigt es wieder
langſam bis 11 oder 11¼ Uhr, ſinkt abermals bis 4 oder 4½
Uhr, und erreicht bis 9 Uhr den höchſten Stand wieder.
Die größten Stürme in den Tropen ſind ſüdlich vom Aequa-
tor, haben aber wenig oder gar keinen Einfluß und ſtrömen
eben ſowenig wie Erdbeben und Gewitter dieſen periodiſchen
Wechſel der Oscillationen, dagegen haben dieſe in der
temperirten Zone oft einen mächtigen Einfluß auf die Os-
cillationen. Die Stunden welche das Barometer in den
Wendekreiſen anzeigt, ſind in der nördlichen gemäßigten
Zone faſt dieſelben. Die erſten Beobachtungen dieſer
Art wurden von Varrin & Claude 1682 bei Borno
an der Küſte von Afrika gemacht, ſpäter in Cayenne
und den Antillen. Dieſe Einwirkungen finden ſtatt vom
Meeresufer an, bis zu einer Höhe von 12,–15,000′.
Die einzigen Abweichungen deren in den Tropen ſind und
in Oſtindien an der Küſte von Coromandel bemerkt; aber
auch hier fand ſie Roxbourg nur an der Meersküſte, dagegen
ſchon in einer Entfernung von 5–6 Meilen davon, fand er ſie
regelmäßig wieder hergeſtellt. Bei der Ruhe der Atmosphäre
unter dem Aequator entwickelt ſich dies Phänomen ſo regel-
mäßig, daß man es binnen 24 Stunden beobachten kann.
In Spanien und dem ſüdlichen Frankreich dagegen gehören 10–
12 Tage, und weiter gegen Norden wo es mehr und mehr ab-
nimt, und die Perturbationen ſtärker werden, iſt es nur noch
in Königsberg beobachtet. Dieſe Oscillationen betragen
unter dem Aequator 5/4 Linie, unter 30° N. B. ⅓ Linie,
und in Königsberg einige hundert Theile einer Linie. So lange
der Nordwind weht, wird dieſe regelmäßige Ebbe und Fluth
des Luftmeers unterbrochen, deſſen Annäherung man dadurch
im Golf von Mexico erkennt, wo kein Schiff während dieſes
Unterbrechung auslaufen darf, und dadurch iſt jene Beobachtung
für die Schiffarth wichtig geworden. Delambert erkannte
zuerſt, daß die flüſſigen Theile der Erde von den feſten an-
gezogen werden, was Sausſure nachher näher beſtimmte.
Es iſt wahrſcheinlich, daß hier die Sonne nicht durch Attraction
ſondern durch Erwärmung wirkt. Daniell hat es durch
eine Theorie der Luftſtrömungen zu erklären geſucht.
Man hat auch unterſucht ob der Mond Einfluß darauf hat,
und Herr Matis glaubte im ſüdlichen Amerika dieſes be-
ſtätigt gefunden zu haben. Bousſignoth hat dagegen
das nicht beſtätigt gefunden, und was Laplace von
Beauvois hat berechnen laſſen ergiebt eine Quantität
von 1/20,000 worauf aber wenig zu bauen iſt.
Auſſer dieſen regelmäßigen Oscillationen giebt es
unter den Tropen noch eine andere Bewegung der Luft,
die Paſſatwinde. Man glaubte früher daß ſie durch den
Umſchwung der Erde, wie dieſe gegen die Sonne gerichtet,
entſtänden. Da aber durch die Erwärmung der Atmosphäre
unter dem Aequator ein Luftſtrom in den obern Luftſchichten
entſteht, der nach beiden Polen ſich wendet, ſo muß auch von da
aus ein Rückſtrom zum Aequator ſein, der unter in der
Atmosphäre ſtatt findet. Es bleiben aber bei dieſen
Strömungen noch Partikeln? als träge Luft zurück, die bei
der Rotationsgeſchwindigkeit gegen die Strömungen anſchlagen.
Wäre die Erde gleichmäßig mit Waſſer oder mit Conti-
nenten bedeckt, ſo würde die Grenze zwiſchen den Nordoſt-
und Südoſt-Paſſatwinden am Aequator ſein, da aber in
der nördlichen Hemisphäre mehr Continente als in der ſüdlichen
ſind, ſo muß man ſich einen künſtlichen Aequator, nördlich
von dem wirklichen denken. Dieſe große Ausdehnung der
Nordoſtwinde nördlich vom Aequator macht eine Ausnahme im
Buſen der Südſee, da ſie hier nicht ſo nördlich als im Attlantiſchen
Oceane ſind. Die merkwürdige Unterſcheidung der Grenze
zwiſchen den Nordoſt- und Südoſt-Paſſatwinden iſt zuerſt
von Dampier im Jahre 1766 beobachtet, und 30 Jahren ſpäter
erſchien eine Abhandlung von Haller über dieſen Gegenſtand.
Auf ähnliche Weiſe wie hier des Gleichgewicht hergeſtellt
wird, findet man auch regelmäßige Winde, die täglich
wechſeln, in den Land- und Seewinden. Sie hängen von der
ungleichen Erwärmung der Continente und der Meere durch
die Sonne ab, wodurch bei Tage ein ſtärkeres Aufſtrömen
der erwärmten Luft auf dem Continente, des Nachts dagegen
auf dem Waſſer ſtatt findet, weil dieſes ſich langſamer
abkühlt. Die Paſſatwinde gehen nicht überall gleich hoch,
ſondern da wo ſie ſich den Continenten nähern werden ſie nie-
driger, und berühren oft nur die Oberfläche der Erde, ſo daß
unſern Wärme hinaufreicht, wo kein Oſtwinde geſpürt werden,
und zuweilen herrſchen Weſtwinde auf hohen Bergen, wo
unterhalb Oſtwinde wehen.
Außer dieſen regelmäßigen Bewegungen der Luft giebt
es auch unregelmäßige, die ſich oft als Stürme zeigen.
Der Stürm iſt ſchon beträchtlich wenn er 60′–70′ in der
Secunde zurücklegt, und erreicht ſeine gewöhnliche größte
Stärke bei 132′, jedoch ſind ſchon Stürme von 160′ Schnellig-
keit beobachtet. Das berühmte engliſche Pferd Eclipſe, durch-
lief 58′ in der Secunde. Der Schall hat eine Geſchwindigkeit
von 1038′, und die Kanonenkugel bei ihrer erſten anfäng-
lichen Kraft von 1500′ in der Secunde.
Die Feuchtigkeit der Luft iſt verſchieden nach dem
Boden des Luftmeers, ob dieſer Continent oder Meer iſt.
Man ſollte glauben, daß die beſtändige Berührung der Luft
mit dem Meere, dieſelbe das Maximum der Feuchtigkeit erreichen
müßte, doch gewöhnlich hält ſie nicht mehr als 95–96°.
Man könnte das Salzwaſſer als die Urſache davon anſehen,
allein bei einer Miſchung die Herr Gay Lusſac aus Waſſer und
Kochſalz machte, kann es bis auf 87° herunter. ?
Die Feuchtigkeit iſt in den verſchiedenen Zonen nach den
Jahreszeiten verſchieden wie auch ſchon angeführt iſt.
Sehr merkwürdig iſt es aber, daß in einzelnen Theilen
der ſüdlichen Gegenden wie auf Margaretha, wo es oft in
2–3 Jahren nicht regnet, noch eine ſo ſchöne Vegetation herrſchen
kann. Nach vielen Unterſuchungen erhält der mittlere Zu-
ſtand der Atmosphäre in der gemäßigte Zone ſeine Sättigung
mit 78/100 Waſſerdämpfe, in den Tropen dagegen mit 0,88.
Da nun die Pflanzen auch Waſſer aus der Atmosphäre ab-
ſorbiren, ſo iſt in den Tropen bei der größere Feuchtigkeit
der Luft auch eine üppigere Vegetation.
Die Trockenheit auf den Bergen nimmt mit der Höhe zu
und wechſelt ebenfalls mit den Jahreszeiten, beſonders fühlbar
iſt ſie aber auf großen aëroſtatiſchen Reiſen. –
Während Sausſure in Genf 76° Feuchtigkeit fand, waren
auf dem Montblanc nur 58° und ich fand auf einer Höhe
von 16–17000′ nur 48°.
Die Lehre vom Meſſen des Waſſergas-Gehalts
der Luft nennt man Hygrometrie, und die dazu beſtim̃ten,
Inſtrumente, Hygrometer oder Hygroscope. Die Feuchtig-
keit der Luft ſteht, nachdem, was ich darüber angeführt
habe, in genauem Verhältniſſe mit der Temperatur,
ſo daß ſie mit derſelben Menge Waſſergas, die ihn z.
B. bei + 5° das Maximum von Feuchtigkeit giebt, bei
+ 20° ganz trocken ſein kann. Das Hygrometer ſoll uns
daher unterrichten, bei welchem Wärmegrade die Luft, mit
dem Waſſergaſe, welches ſie enthält, ihr Maximum an
Feuchtigkeit erreicht haben würde; oder, um einen beſtim-
teren Ausdruck zu brauchen: welcher Wärmegrads-Ex-
panſionskraft ihr Gehalt an Waſſergas entſpreche;
folglich, um wie viel die Luft abgekühlt werden könne,
ohne etwas von ihrem Waſſer abzuſetzen, oder wie viel
Waſſergas ſie, außer demjenigen welches ſie ſchon vorhin
enthielt, noch aufzunehmen vermöge.
Um nun zu finden, welchem Grade der Temperatur
der Waſſergehalt der Atmosphäre entſpricht, füllt man
Waſſer in ein längliches cylindriſches Glasgefäß; be-
ſchlägt das Glas, ſo wird das Waſſer wieder ausge-
goſſen, das Glas äußerlich wieder völlig gut abgetrocknet,
und das Waſſer abermals hineingegoſſen. Setzt ſich
wieder Feuchtigkeit an das Glas an, ſo wird es nochmals
ausgefüllt und äußerlich ſorgfaltig getrocknet, und dieß
ſo oft wiederholt, als das Glas nach dem Fällen mit
Waſſer äußerlich noch beſchlägt. Dann unterſucht man
die Temperatur des Waſſers, welche nun zu erkennen
giebt, bei welchem Wärmegrade die Luft mit der Menge
Waſſer, die ſie enthält, geſättigt ſein würde; wenn man
dann auf der Tabelle dieſen Wärmegrad aufſucht, ſo findet
man die Expanſionskraft des Waſſergaſes, welche durch
die Höhe der Queckſilberſäule ausgedrückt iſt, die ſie zu-
tragen im Stande ſein würde.
Man hat auch verſchiedene andere Inſtrumente zur
Beſtimmung der Luftfeuchtigkeit, die auf ganz andern
Grundſätzen beruhen, und theils noch beſſere als eben
erwähnten, theils aber weit unvollkommnere Reſultate
geben. Dieſe letztern nennt man eigentlich Hygroscope
weil ſie den Grad der Trockenheit der Luft nur ungefähr
angeben. Von dieſes Art ſind: Sausſure’s Haar-
und de Luc’s Fiſchbein-Hygrometer, ingleichen die Hygro-
meter von Darmſeiten und Tannenbrettchen. Sie gründen ſich
ſämmtlich darauf, daß die Körper, aus welchen ſie angefertigt ſind,
nach dem verſchiedenen Feuchtigkeitszuſtande der Luft, mehr oder
weniger Waſſer aus derſelbe anziehen, und ſich dadurch ausdehnen oder zuſammenziehen.
Die Fortpflanzung des Schalls durch die Luftſchichten,
iſt bei der verſchiedenen Dichtigkeit derſelben, und in
den verſchiedenen Tageszeiten nicht dieſelbe. Schon
Ariſtoteles behauptete, daß man bei Tage beſſer
hören könne; aber am Orinoko habe ich ſelbſt des
Nachts, ungeachtet ders Geſchreies der Affen und dem
vielfältigen Geſchwirre der Inſecten, den Fall der
Cataracten weit deutlicher vernommen als bei Tage.
Man glaubte früher es rühre daher, weil des Nachts,
überhaupt ruhiger iſt, das iſt aber nicht der Fall, ſondern
die Urſache davon liegt in den Luftſchichten, denn ebenſo
wie die Lichtſtrahlen, werden auch die Schallwellen gebrochen,
wenn elaſtiſche Flüſſigkeiten von verſchiedener Dichtigkeit
neben einander ſtehen. Herr Poisſon behauptet, daß der
eine Theil der Luftwelle vernichtet wird, und dadurch der
Schall ſich ſtärker fortpflanzt; ſo klingt z. B. ein mit
Champagner gefülltes Glas, ſo lange ſich die Kohlenſäure
entwickelt wie Holz, weil hindurch die Schallwelle gebrochen
wird, hat die Entwickelung aber aufgehört, ſo klingt das
Glas wieder wie gewöhnlich. Auch Parry fand in den langen
Nächten, die er auf den großen Eismaſſen am Nordpol zubrachte,
einen ſo bedeutenden Unterſchied, daß er noch in der Entfernung
von 6400′ ein Geſpräch deutlich hören konnte. Der Schall
nimmt in dem Grade ab, wie die Dichtigkeit der Luft zu-
nimmt, ſo daß man bei Gefechten bald ſich gegenſeitig hört,
bald nicht. Neuere Verſuche hierüber ſind nicht genau, weil
dabei die Translation der Luft unbeachtet blieb. Bei einer
Beobachtung über den Einfluß des Windes, wurde die Ge-
ſchwindigkeit des Schalls bei + 8° R. von 1038′ in der Se-
cunde gefunden. Die feuchte Luft iſt vermöge der
kleinen Waſſergasbläſchen leichter als die trocken. –
Neuere Verſuche haben den Unterſchied des Drucks der
Luft unter dem Aequator und in der temperirten Zone be-
ſtimmt. Der Höhenſtand des Barometers iſt in unſerer
Atmosphäre dadurch wichtig, daß durch ihn die Höhen beſtimmt
werden können, indem die mittlere Barometerhöhe am Meere
28″ beträgt. In phyſiſcher Rückſicht iſt er noch wichtiger.
Unter den Tropen iſt er geringer, weil die Wärme das
Aufſteigen der Luft veranlaßt. In neuern Zeiten hat
Herr Bousſignolt bei Carracas folgenden Unterſchied ge-
funden: wenn der mittlere Barometerſtand und die Temperatur
auf 0 reducirt wird, ſo beträgt der Höhenſtand in der temperirte
Zone 337,25 Linien oder 28″1,2‴, und in den Tropen
336,94 Linien oder 28″0,3‴ am Meeresſtrande, mithin
iſt der Barometerdruck in den Tropen etwas geringer.
Doch macht auch die Frequenz der Winde eine große Ver-
ſchiedenheit in dem Drucke der Luft ſelbſt. 21 tägige Be-
obachtungen zu Paris, haben ergeben, daß der Barometerſtrand
beim Südwinde 3½ Linie niedriger iſt als beim Nordwinde.
So hören auch zu Havanah die regelmäßigen Oscillationen
auf, ſobald die Nordſtürme anfangen, kehren aber beim Oſt-
winde wieder zurück. Andere Ausnahmen ſind, daß die
Stürme große Anhäufungen der Luft veranlaſſen, oder
feuchte Luft bringen. So bemerkte Herr v. Buch an der
Küſte Norwegens, daß dort der Druck geringer als bei uns
iſt, weil da eine häufigere Frequenz ſüdlicher Winde ſtatt
findet. Dagegen beobachtete derſelben bei den Canariſchen
Inſeln, daß durch das Herabſinken der obern Luftſchichten,
eine Anhäufung von Luft eintrit, ſo daß das Barometer auf
28″3‴ ſtand. Die erſte Idee vom Ueberſtrömen der Aequi-
noctialluft nach den Polen, ſprach ſchon Hook im Jahre 1668
aus. Die Paſſatwinde ziehen ſich aber am amerikaniſchen
Continente um viele Grade nördlicher als an dem afrikaniſchen.
Die Grenze der Paſſatwinde hängt von den Wärmeſtrahlen der
Continente ab, und iſt von Prevoſt berechnet werden, wonach ſich
die mittlere Wärme der ſüdlichen zur nördlichen Hemisphäre
wie 9:10 verhält.
Von den periodiſchen Veränderungen, welche der Druck
der Atmosphäre erleidet, hatte 1665 James By in London
die erſte Idee; und in den Tropen fanden Varrin & Claude
zuerſt dieſe Variationen durch den Höhenſtand des Barometers
1682. Unter dem Aequator wo ſie am ſtärkſten ſind, be-
tragen ſie 1½‴, Paris 3/10‴, Königsberg ⅒‴ und in Montpellier ¾‴
nach den Unterſuchungen der Herren Besſel und Sommer.
Dieſes große cosmiſche Phänomen, welches die Atmosphäre nur
im Wechſel von 2 Stunden hat, iſt beſtimmten Geſetzen unter-
worfen. Viele Unterſuchungen von Herrn Bouvier in Bogota
haben gezeigt, daß der Mond keinen bemerkbaren Einfluß
hierauf hat, denn von 9000 Beobachtungen folgt kaum ein
Unterſchied von 1/100 Linie. Man hat lange geglaubt, daß
dieſe Oscillationen auf Bergen unterbrochen würden, allein
ſie bleiben ſich immer gleich wenn man ſowohl in die Höhebene
von Quito 8–9000′ oder in die von Artiſane 12000′ hoch ſteigt.
Pictett ſtellte dieſerhalb Beobachtungen im Kloſter des St.
Bernhard an, und es ergab ſich, daß das Barometer in der-
ſelben Stunde wo es in Genf ſank, auf dem St. Bernhard ſtieg.
Barometerverſuche in der nördlichen Zone vom Prof. Brandes
angeſtellt, geben eine Verſchiedenheit von 6–8‴ die gleich-
zeitig in großen Strecken beobachtet wurden. Hiervon waren
aber die Einwirkungen der Stürme die Urſache.
Die Stürme entſtehen da wohin ſie wehen, und Fränklin
fand daß die Nordſtürme in der ſüdlichen Hemisphäre an-
fangen, indem eine Luftſchicht in der ſüdlichen Gegend aufſteigt
und durch das Sollicitiren der andern Luftſchichten der Stürm be-
ginnt. Etwas Aehnliches wurde von Herrn von Buch bei Portugal
beobachtet, wo die Veränderung des Windes da anfing wohin
er ging. Die Veränderungen der Südoſtwinde in die Nord-
oſtwinde verurſachen bei den Canariſchen Inſeln auf Grande
Canaria die Erſcheinung, daß das Maximum der Wärme
dort erſt in October eintritt. Schon Georg Glaſs machte die
Bemerkung, daß auf dem Pic ſtets Weſtwinde herrſchen.
Daß die obern Luftſchichten ſich oft den untern entgegengeſetzt
bewegen, beweiſt der Vulcan von St. Vincent, der nach Bar-
bados die Aſche wirft, was nur durch obern entgegengeſetzten
Luftſtrömungen möglich iſt.
Wenn die Cultur Einfluß auf die Winde hätte, ſo
müßte ſie auch auf das ganze Clima einzelner Länder wirken,
dies iſt aber wenigſtens ſo gering, daß es unbemerkbar iſt.
Der Unterſchied der Oſt- und Weſtwinde auf das Clima
iſt, daß erſtere kälter, letztern wärmer wehen. Nach 21
jährigen Beobachtungen zu Paris verhält ſich dort die Quanti-
tät der Oſtwinde zu der der Weſtwinde wie 23:70, alſo
faſt wie 1:3. Hieraus ergiebt ſich, daß durch das Verherr-
ſchen der Weſtwinde die Temperatur begünſtigt wird,
und wäre das Verhältniß 1:7 ſo würde das Clima um
2° wärmer ſein; dagegen würde die Zunahme das Oſtwindes
natürlich einen entgegengeſetzten Effect hervorbringen. Es
iſt auch nicht wahrſcheinlich, daß die Veränderungen der Cultur
einen Einfluß auf die Temperaturverhältniſſe äußern ſollten,
beſonders ſehen wir im Norden von Amerika, wo durch das
Abhauen der Wälder und andern Veränderungen der Cultur
durch größern Bevölkerung, ſich kein Unterſchied gezeigt hat.
Es giebt Perioden wo ſich plötzlich ſtarke Luftbe-
wegungen einſtellen, wie die Aequinoctialſtürme. Dieſe
Veränderungen der Luft ſtellen ſich beim Steigen der Sonne
ſehr regelmäßig ein, verbreiten ſich über die ganze Erde,
und dauern gegen 3 Wochen, 12 bis 15 Tage nach dem
Aequinoctium nehmen ſie ihre Anfang. Man hat bisher noch
keine Urſache darüber angeben können. Man hat geglaubt
daß ſie in dem Weltraume ſelbſt ſein könne, indem gewiſſe
große Linien da entſtänden wenn 2 mächtige magnetiſche
Pole ſich einander gegenüber ſtehen. Wir ſind jetzt bald
in der Zeit (März) wo es mit einer ſolchen Stellung.
Es iſt viel wahrſcheinlicher, daß es ein Effect des Auf-
ſteigens der Luft iſt.
Bei der Schnelligkeit und Intenſität des Schalles habe
ich noch vergeſſen zu erwähnen, daß die Licht- und Schallwellen
in einem nahen Verhältniſſe ſtehen. So iſt man in der
Schweiz beſorgt für Lawinen, wenn man des Nachts
den Schall gut hört. Ebenſo erfolgt in der Regel Regen,
wenn die Intenſität des Lichts und Schall’s eintritt.
Vielleicht hängt es mit dem aufſteigenden Luftſtrom
zuſammen, da die Lichtwelle leichter zu uns gelangt.
Der Waſſergehalt der Luft iſt unaufhörlichen
Veränderungen unterworfen, die theils von der beſtändigen
Bewegung, welche die ungleiche Vertheilung des Wärme-
ſtoffs in ihr verurſacht, theils von dem geringere ſpecifiſchen
Gewichte der waſſergashaltigern Luft, und theils von der
ungleichen Temperatur der verſchiedenen Stellen des Erd-
bodens und der Luftſchichten, herrühren.
Hörte die Sonne auf zu ſcheinen, ſo würde der tropfbar-
flüſſige Theil der Erdmaſſe in der vollkommenſten Ruhe bleiben,
und die Luft ſtets eine unveränderliche Menge von Waſſer-
gas enthalten, welche der Expanſionskraft des Waſſers
bei der beſtehenden Erdtemperatur entſpräche, wenn dieſe
nicht etwa ſo abſolut kalt wäre, daß die Expanſionskraft
0 würde. – So aber treffen die Sonnenſtrahlen unſere
Erde, werden von der feſten Maſſe derſelben zerſetzt,
und laſſen dabei ihren Wärmeſtoff fahren; dadurch wird die
untern Schicht der Atmosphäre ſtark ausgedehnt und muß in
die Höhe ſteigen, um einer kälteren Luft Platz zu machen,
welche überall in ihn niederſinkt und eine Art Bewegung
in der Luft verurſacht. Dabei erwärmen die Sonnenſtrahlen
die verſchiedenen Theile der Erdoberfläche ungleich ſtark, das
Land mehr, als das Waſſer, welches den größten Theil
der Sonnenſtrahlen zurückwirft, wodurch alſo eine zweite,
ſtärkere Bewegung der Luft verurſacht wird. Endlich wird
auch der mittlere Theil der Erde ſtark erwärmt, während
um die Pole herum eine ſtrenge Kälte herrſcht, und hieraus
muß mithin die ſtärkſte Bewegung in der Atmosphäre
entſtehen. Denn über den erwärmten Erdſtrichen muß
die warme Luft ſtets emporſteigen und allmählig von
der Luft aus den kälteren Gegenden wieder erſetzt werden,
die höhern, wärmern und leichtere Luftſäule welche empor-
ſtieg, muß ſich aber ſeitwärts wieder herabziehen und den
Gegenden zuſtrömen, wo die kältere Luft herkam.
Die Luft bleibt über der Oberfläche des Erdbodens
und der Seen niemals ſo lange ſtehen, daß ſie ſich dem
höhſten Grade der Feuchtigkeit nähern könnte. Die Quan-
tität iſt in der temperirte Zone natürlich geringer, da ſie hier
0,78, in den Tropen dagegen 0,88 beträgt. – Dieſe
Feuchtigkeit wird, durch Verdunſtungen bis zu einem gewiſſen
Grade feuchten Luft durch die mehr oder minder ſtarken
Bewegungen der Atmosphäre in Regionen des Luftkreiſes
oder nach Gegenden der Erde geführt, wo ſie abgekühlt
wird und den (dieſer Abkühlung) entſprechenden Theil ihres
Waſſers abſetzt, welcher dann Wolken, Regen, Nebel
und dergl. m. bildet. Strömt nun dieſe, durch Erkältung von
ihrer vorigen Feuchtigkeit befreiete Luft wiederum nach
wärmeren Ländern oder den unteren Regionen der At-
mosphäre wieder zu, ſo iſt ſie, im Verhältniß der Temperatur
der letzteren, im hohen Grade trocken und kann ſich von neuem
wieder mit Waſſergas mengen. Wegen dieſer unauf-
hörlichen Veränderungen kann der Gehalt den Luft an
Waſſergas niemals ſo gleichförmig ſein, wie ihr Gehalt
an beſtändigen gasförmigen Gemengtheilen iſt, und durch
dieſen Umſtand werden Quellen, Flüße, Seen und zu-
gleich die ganze lebende Natur erhalten.
Um die Bildung der Wolken und die Entſtehung
des Regens richtig zu begreifen, muß man ſich vor-
ſtellen, daß beides über einem großen, gleichförmig
erwärmten Landſtriche und bei einer vollkommenen Ruhe
in den oberen und unteren Regionen der Atmosphäre vor ſich gehe. –
Das Waſſer der Seen, Flüße und das feuchten Erd-
reichs verdunſtet mit der, ſeiner Temperatur ange-
meſſenen Expanſionskraft; die Luft aber, welche das
hierbei entſtehende Waſſergas aufnimmt, wird theils
durch deſſen Beimengung, theils durch die Erwärmung vom
Sonnenlichte, leichter, und muß hierdurch aufſteigen und
einer weniger feuchten Luft Platz machen. Sie zieht
ſich auf dieſe Weiſe nach und nach bis zu Luftſchichten
empor, wo ſie ſo ſehr abgekühlt wird, daß das Waſſer,
welches ſie mit ſich führt, ſeine Gasgeſtalt nicht mehr be-
halten kann und in Geſtalt eines Dampfes niedergeſchla-
gen wird. Je wärmer die Luft und je weniger ſie
mit Waſſer geſättigt iſt, in deſto größerer Höhe geht
dieſer Niederſchlag vor ſich, welcher nur dadurch ſichtbar wird
und Wolken bildet, daß die Maſſe der Dämpfe theils
von der Sonne erleuchtet wird, theils dieſe verdeckt.
Je dichter die Dämpfe ſich zuſammenhäufen, deſto weniger
durchſichtiger werden ſie, und deſto dunkler erſcheinen
ſie aus.
Die Wolken wachſen nach und nach, und erhalten ſich,
weil die kleinen Bläſchen mit der Luft ziemlich gleiches
ſpecif. Gewicht haben, einige Zeit in den höheren Regionen
der Luft ſchwebend. Haben ſie endlich einen gewiſſen
Grad von Dichtigkeit erlangt, ſo fangen ſie allmählig an,
ſich zu ſenken, und wenn die Dämpfe nun wieder in eine
niedrigere, wärmere Luftſchicht kommen, werden ſie nach
und nach wieder aufgelöſt, bis die Luft ihr Maximum
von Feuchtigkeit erreicht hat. Man ſieht dabei deutlich,
wie ganze Wolken ſich ſenken, ohne daß noch ein Tropfen
Regen gefallen iſt. Die Luft zwiſchen der unteren
Fläche der Wolken und der Erde wird dadurch ihrem höch-
ſten Grade von Feuchtigkeit nahe gebracht, daß die Wolken
die Sonne verdecken, dieſe Luft dadurch abgekühlt und die
Expanſionskraft des Waſſers vermindert wird. Hat die
Luft endlich dies Maximum erreicht, ſo fängt es an zu
regnen. Beobachtet man dabei es Hygrometer, ſo ſieht
man, wie die Feuchtigkeit der Luft ſich nach und nach ver-
mehrt, bis ſie aufs Aeußerſte gebracht wird, wo dann einige
Augenblicke vorher oder nachher die erſten Regentropfen fallen.
Die Regentropfen werden durch die kleinen Luftbläſchen
gebildet, die, wenn ſie bei ihrem Falle von der feuchten
Luft nicht mehr aufgelöſt werden, einander immer mehr
und mehr berühren und kleine Waſſerkugeln bilden.
Dieſe nahmen beim Niederfallen an Größe zu, theils durch
die Vereinigung mit andern Bläſchen und Tropfen, theils
dadurch, daß ſie gewöhnlich aus einer kälteren in eine wärmer
Luftregion fallen, und ſo wie jeder andere kalte Körper in
warmer und feuchter Luft, während des Fallens, Waſſer
an ihrer Oberfläche niederſchlagen. Deshalb ſind in Sommer
die Tropfen beim Anfange eines Regens größer, und
werden nachher allmählig kleiner. Im Winter hingegen
und in den kälteren Jahreszeiten, wo der Unterſchied zwiſchen
der Temperatur der oberen und unteren Luftſchichten geringer
iſt, oder wenn, wie zuweilen geſchieht, die in der Höhe
niedergeſchlagenen Waſſerdünſte zum Theil die Temperatur
des Landſtrichs, aus welchem ſie hergeführt worden ſind, noch
beibehalten, und daher wärmer als die untern Luft ſind,
iſt der Unterſchied weniger merklich. Bei Stürmen, Ge-
witter und Regenwetter kommen ebenfalls vielfältige Ver-
änderungen vor. – Ganz allmählig ſchlägt ſich auf dieſe
Weiſe die Wolke gänzlich nieder, der Himmel heitert
ſich auf, die Sonne kommt wieder zum Vorſchein, und die
vom Regen abgekühlte Luft wird wieder erwärmt. Das
Hygrometer zeigt nun ein ſchnelles Zunehmen der Trocken-
heit, weil das Waſſer, womit die Luft während des
Regens geſättigt war, durch die kalten Regentropfen
gefällt wurde, und je kälter der Regen war, deſto trockner
wird die Luft nachher, aus leicht begreiflichem Grund.
Dies ſind die Grundregeln für den Regen überhaupt, und
faſt ganz ſo beſchaffen iſt der Regen, welcher nach einem
aufgeſtiegenen Morgenthaue fällt. Allein höchſt ſelten trägt
ſich dieſes Phänomen bei vollkommener Windſtille und ſo ein-
fach zu, als ich es erwähnt habe. Die beſtändigen Be-
wegungen der Atmosphäre und die Elektricitäten bringen
Veränderungen darin hervor, die zwar zum Theil leicht be-
greiflich ſind, zum Theil aber bei dem jetzigen Stande un-
ſerer Kenntniße unerklärlich bleiben.
Gewiſſe Wolken bringen eine eigenthümliche Erſcheinung
hervor, welche wir Donner nennen. Dieſe Wolken zeigen
von ihrer Entſtehung an Merkmals von freier Elektricität;
dieſe wächſt aber zuweilen augenblicklich zu einem außer-
ordentliche Grade elektriſcher Ladung, entweder zwiſchen
verſchiedenen Wolkentheilen, oder zwiſchen ihnen und dem
Erdboden, an, und entladet ſich durch einen ſtarken Funken,
welcher zuweilen ungemein große Sprünge macht und das
eigentliche Phänomen des Donners oder Donnerſchlages aus-
macht. Der Regen der gewöhnlich dieſe Erſcheinungen der Elek-
tricität begleitet, nennen wir Gewitterregen. Die Gewitter-
wolken kommen oft ſehr ſchnell heran, ziehen gegen den herr-
ſchenden Wind, und haben oft heftige Sturmwinde zu Vor-
läufern, welche ganz ſchmale Erdſtreifen einnehmen. Ihre Ent-
ſtehung, ihr Zuſammenhang mit der Elektricität, ob ſie durch
dieſe allein oder nur durch Mitwirkung derſelben gebildet
werden u. ſ. w. iſt uns gänzlich unbekannt. Manche haben
die ungereimte Vermuthung aufgeſtellt, der Knall des Donners
werde in den höheren Luftſchichten durch die Entzündung eines
Gemenges von Waſſerſtoffgas und atmosphäriſcher Luft,
mittelſt des elektriſchen Funkens, hervorgebracht, und der
herabfallende Regen werde dadurch erzeugt. Allein es laſſen
ſich die augenſcheinlichſten Beweiſe gegen dieſe Behauptung
aufſtellen, die ſich blos auf die Aehnlichkeit des Schalles
und auf den Umſtand gründet, daß die Gewitterwolken
Regen gaben. –
Ein Regen wird gewöhnlich durch das Fallen eines Baro-
meters angekundigt. Dies rührt wahrſcheinlich daher,
daß die Luft in dem Maaße, als ihre Feuchtigkeit zu-
nimmt, leichter, folglich die Atmosphäre höher, als bei
trockner Luft, wird, wodurch der obere Theil der feuchten
Luftſäule ſich ſeitwärts niederſenkt und folglich keiner
ſo hohen Queckſilberſäule, als vorher, das Gegengewicht halten
kann. Man hat auch, wiewohl vielleicht weniger richtig,
den Regen für eine Folge von der Verdünnung der Luft
erklärt, welche das Fallen des Barometers zu erkennen
giebt. – –
Auf der Andeskette nimmt die Wärme merklich ab, ſo
bald man in die Wolken ſteigt, und von 7200′ an iſt man
faſt beſtändig in Nebel gefüllt. Von der Meeresfläche
bis zu dieſen Regionen iſt die Abnahme der Wärme aus gering
oberhalb aber fangen die Wolken das Licht und die Wärme
der Sonne auf. Die Gipfel hohen Berge müſſen ſich mehr
abkühlen, ſie entziehen der von unten aufſtrömenden wärmere
Luft einen Theil Wärme, wodurch ein Nebel entſteht,
der ſie gleich einem Hute bedeckt, was man ſo häufig be-
merkt, und lange deren hängen bleibt. Wenn zwiſchen
einer Bergkette und der Küſte eine große Ebene iſt, ſo
regnet es in dieſer ſelten, weil das Gebirge die Wolken
anzieht, wie es in Peru beſonders und in Afrika der
Fall iſt. Durch die Aufſtrömungen der Luftſchichte auf ſolchen
Ebenen kommt es nicht leicht zum regnen, die Wolken werden
gleichſam weggeſchoben, bis ſie an Berge kommen, wo ſie
ſich niederſchlagen.
Die Form der Wolken iſt verſchieden und richtet
ſich häufig? nach der Form der Erde. Die höchſten Wolken
ſind die, die man Schäfchen nennt, ſtill ſtehen, und in
den Tropen wahrſcheinlich an 27,000′ hoch ſtehen. Es ſind
dies dieſelben Wolken welche Fränklin in Island
leuchten ſah. Bei uns ſind die Wolken in der Sommer-
wärme 2800–3000′ hoch, in den Tropen dagegen 4–5000′.
Wenn man von Carracas oder der Andeskette aus,
da wo die Wälder der Cinchonen anfangen, bis zur Höhe
von Amtiſane die 12000′ hoch iſt, hinanſteigt, ſo ſieht man
mehrere Schichten der Wolken aufeinander folgen, ſo daß die
verſchiedenen Hochebenen auch verſchiedene Wolkenſchichten haben.
Auf dem Meere finden ſich ſelbſt da Wolken wo kleine
Inſeln ſind, weil die Temperatur dieſer kleinen Eilande,
ſchon eine elektriſche Spannung äußert. Für die Schiffarth
iſt dies wichtig, indem man ſogar flaches Land in der
Ferne dadurch erkennen kann, die Wolken ſtehen oft wie
auf Bergen 5–6000′ hoch, und dies Phänomen zeigt ſich
oft ſelbſt bei Sandbänken.
Die Wolken wirken auf die Atmosphäre ſowohl Kälte
als Wärme erregend. Kälte erregend, weil ſie die
Intenſität des Lichts vermindern, und ſo der Sonne die
Wirkung benehmen, wie es in Linie auffallend iſt, wo das
Thermometer auf 12° ſteht, und doch in den angrenzenden Ländern
nie unter 17–18° ſinkt. Ihre Wärme erregende Kraft
iſt aber weit größer, weil ſie die Ausſtrahlung der
Erdwärme hindern, damit dieſe ſich nicht ſo bald in das
Weltall ausbreitet. Daher ſieht man auf das Thermo-
meter ſteigen, wenn eine Wolke am klaren Himmel
vorüber zieht.
Thau. Der Unterſchied zwiſchen der Temperatur des
Tages und der Nacht verändert den Waſſergehalt der
Luft; aber ſtatt daß das Waſſergas ſich in Geſtalt
eines Dampfes in der Luft niederſchlagen ſollte, ſetzt es
ſich auf dem Erdboden ab und die Luft behält ihre Durchſich-
tigkeit. Es iſt ſchwierig, alle beim Niederfallen des Thaues
wirkenden Kräfte zu beſtimmen; ſeine Grundurſache aber iſt
die Abkühlung, und daß er ſich nicht in der Luft, ſondern
auf dem Erdboden niederſchlägt, kommt von der Anziehung
der feſten Körper zur Waſſer, und von dem Umſtande
her, daß der Niederſchlag in der, dem Erdboden am näch-
ſten gelegene Luftſchicht, als der wärmſten und waſſer-
reichſten, ſeinen Anfang nimmt. Das Waſſergas der
oberen Luftſchichten breitet ſich dann allmählig nach
der untern, als nach einer von Waſſergas freieren Luft,
aus, und daher kommt es, daß der Niederſchlag nach
unten ſeinen Fortgang hat. Die Anziehung der feſten
Körper zum Waſſer wird übrigens dadurch bewieſen,
daß ſich der Thau nicht auf alle Körper gleichförmig an-
legt. Nichtleiter für den Wärmeſtoff werden meiſt davon
befeuchtet, Leiter hingegen weniger, und Metalle werden
ſehr ſelten davon feucht, wenn es nicht ungewöhnlich ſtark
gethaut hat. Man hat ſich die Erklärung dieſes Phäno-
mens durch die Beobachtung erſchwert, daß der Erdboden
beim Fallen des Thaues immer um einen oder einige
Grade wärmer als die Luft ſei; dies verhält ſich auch
für eine Tiefe des Erdbodens von einem oder ein
Paar Zollen wirklich ſo, allein die oberſte Kruſte des
Bodens und die darauf ſtehenden Gewächſe erkalten
durch Ausſtrahlen des Wärmeſtoffs, und folglich mit
weit größerer Schnelligkeit, als die Luft. Herr
Wells hat durch eine Reihe ſehr intereſſanter Verſuche
bewieſen, daß das Niederſchlagen des Thaues durchaus eine
Wirkung der, durch Ausſtrahlung von Wärmeſtoff ent-
ſtehenden Abkühlung ſei. Er legte z. B. des Abends
eine abgewogene Menge Wolle unter freien Himmel,
und neben dieſe eine andere gleich große und zu einer
gleich großen Oberfläche ausgebreitete Menge, ſtellte
aber über die letztere einen Tiſch. Die unbedeckte
Wolle hatte weit mehr an Gewicht gewonnen, als die
unter dem Tiſche liegende, weil zwiſchen der letztern
und dem Tiſche eine gegenſeitigen Ausſtrahlung von Wärme-
ſtrahlen ſtattgefunden hatte, wodurch dieſe Wolle weniger
ſchnell abgekühlt worden war, als die offen unter freiem
Himmel ſtehende, deren Wärmeſtrahlen, ohne erſetzt zu
werden, geradezu fort gegangen waren. Daher fällt der
Thau ſehr oft bei klaren Abenden in größter Menge, ſeltener
aber und nur in geringer Menge bei wolkigem Himmel,
weil in dieſem Falle die Wärmeſtrahlen des Erdbodens
durch die Wärmeſtrahlen der über ihm befindlichen Wolken-
ſchichten erſetzt werden. Metalle und wärmeleitende
Körper bedecken ſich nicht mit Thau, ſo lange ſie von der
Luft oder ihrer Unterlage die Wärme erſetzen, welche ſie
durch Radiation verlieren.
Wenn die Luft am Tage ſo wenig Waſſer enthält,
daß es durch ſeine Expanſionskraft bei der Temperatur
der Nachtluft ſich in derſelben erhalten kann, ſo fällt kein
Thau. Man behauptet auch ferner, daß ein großer Theil
des Thaues von den Ausdünſtungen der Gewächſe herrühre,
welche von der Luft nun nicht aufgenommen werden könnten.
Dies iſt aber wenig glaublich, denn dieſe Ausdünſtungen
müßten denn in flüſſiger Geſtalt abgeſondert werden,
und der Thau würde ſich in ſolchen Fällen, wo die Luft
ihr Maximum von Feuchtigkeit aufgenommen hat, auch um
Mittag einſtellen. Man hat Thau auf Pflanzen unter
Glasglocken gefunden, die man über Nacht im Freien
gelaſſen hatte. Dieſer Thau entſteht auf dieſelbe Weiſe,
wie in freier Luft, und kann eben ſo ſtark fallen, weil die
wärmere Luft unter der Glasglocke mehr Feuchtigkeit
enthält. Daß er nicht von den Ausdünſtungen der Pflanzen
herrühre, ſieht man deutlich daraus, daß die Luft unter
der Glocke allemal ihr Maximum von Feuchtigkeit erreicht
haben muß, weil ſie wenig gewechſelt werden kann, und
die Ausſonderungen der Pflanzen ſie in dieſem Falle
mit einem beſtändigen Thaue überziehen würden. –
Herr Wells fand ferner, daß Körper welche eine
große Dünnigkeit haben, als Wolle, Papierſtreifen, Blätter
etc. über einander gelegt, bei einen wolkenfreien Himmel
ſich bei + 6–7° auf 0 erkälteten. Metalle nur […] dagegen
bei 2°. Hierauf beruht auch die Kälte erregende Kraft
der Waldungen, weil die horizontale Lage der Blätter
das Ausſtrahlen der Wärme befördert, und die Feuchtigkeit
der Luft ſich an der Oberfläche als kältern Körper nieder-
ſchlägt. Auch die Theorie des Eismachens in Indien
gehört hierher, in dem ſie bei einer Temperatur unter
+6°, des Nachts Waſſer in poröſen Steinkrügen dem
wolkenfreien Himmel ausſetzen, wodurch das Waſſer
nach auſſen fortwährend verdunſtet, wobei der umgebende
Wärmeſtoff gebunden und gegen den wolkenfrein Himmel
ausſtrahlt, innerlich aber ſo abgekühlt wird, daß es
zum Theil friert. – Hiermit ſteht auch die Mei-
nung der Landleute in Verbindung, daß nämlich der
rothe Mond im Anfange Mai Kälte bringt.
Die Meteorologie hat wie die Botanik ihre geogra-
phiſchen Gebiete, die wir hier betrachten wollen. Es kann
hier aber nicht die Rede von einzelnen Phänomenen ſein,
ſondern nur in ſo weit gehören ſie hier einer Unterſuchung
an, als ſie in geographiſcher Beziehung damit in Ver-
bindung ſtehen. Lange hat man in dieſer Wiſſenſchaft
keinen andern Theil als den der Wärme beſtimmt,
denn was das Hygrometer betrifft, ſo iſt es erſt in neuem
Zeiten zu ſichern Reſultaten angewandt.
Bei uns bemerken wir den Thau nur zu Lande; auf
dem Meere giebt es faſt gar nicht, oder doch nur ſelten Thau,
weshalb die Schiffer durch ſeine Gegenwart ſicher auf ein
nahes Eiland ſchlieſſen. Häufiger und ſtärker aber als
in der temperirten Zone, iſt er in den Tropen. –
Gewöhnlich iſt das Regen- und Schneewaſſer mit atmos-
phäriſcher Luft, ein wenig Salpeterſäure (in geringer Menge
bei Verbrennungen gebildet) und, wie behauptet wird, von
einer äußerſt geringen Menge ſalzſauren Kalke verunreinigt.
Was inzwiſchen den letztern betrifft, ſo iſt deſſen Anwe-
ſenheit wenig wahrſcheinlich; denn dieſes Salz iſt völlig
feuerbeſtändig, und kommt, ſo viel wir jetzt wiſſen, nicht
in Gasgeſtalt vor. ― Berzelius.
Merkwürdig iſt es daß in den Tropen die Regenzeit
mit der trocknen Jahrszeit wechſelt, da erſtere wie bekannt-
lich dort den Winter vertrit. Der Anfang der Regenzeit
daſelbſt beginnt mit dem Aufhören der Paſſat- oder Oſt-
winde, und iſt um ſo eindrucksvoller, da es oft in 5 bis
6 Monaten gar nicht regnet, nicht einmal ein Wölkchen am
Himmel ſich ſehen läßt, und Thiere wie Pflanzen beim
Waſſermengel zu verdurſten ſcheinen. Die Verboten der
Regenzeit ſind, daß einige Wolken ſich zeigen, das Blaue
des Himmels verändert ſich, und die Sterne fangen an
mehr zu funkeln, weil mehr ungleiche Luftſchichten die
Lichtwellen ſtärker brechen. Dann entſteht eine Wolken-
wand tief im Oſten, das Hygrometer zeigt mehr Feuchtig-
keit und der Paſſatwind wird ſchwächer. Anfänglich iſt
keine Einwirkung der Elektricität bemerkbar, dann geht
dieſe aber plötzlich vom Poſitiven zum Negativen über. Nach
und nach ſieht man jeden Abend aus dem Gewölke das
Wetterleuchten, es entſteht ein, Gewitter, und das Ge-
wölk beginnt im April oder Mai, ſich in einem anhaltenden
Regen zu entladen, der nun mit dem gänzliche Aufhören
des Paſſatwindes beginnt. – Durch die kühlere Luft-
ſchicht, die mit den Paſſatwinden vom Pole zum Aequator
geführt wird, wurden die aufſteigende Waſſerdünſte
verjagt, bei dem Aufhören dieſer Strömungen aber bleiben
ſie, und laſſen ſich in Regengüſſen nieder. Die Regenzeit
entſteht gerade dann, wenn die Sonne durch den Zenith des
Ortes geht.
Die Quantität des Regens iſt bei uns jährlich 18
bis 24″ in den Tropen dagegen 118–128″, d. h. das
Regenwaſſer würde, wenn es nicht ablaufen und nicht in die
Erde dringen könnte, ſo hoch ſtehen. Auffallend findet aber
in Europa ein bedeutender Unterſchied gegen andere tempe-
rirte Zonen an der weſtlichen Küſte von England ſtatt,
wo 43″ fallen, während an der öſtlichen Küſte die Menge
deſſelben nur 22″ beträgt. Dieſer Umſtand rührt von
der Menge feuchter Winde her, welche über den Attlan-
tiſchen Ocean kommen, und dieſe Küſte zuerſt berühren.
Ebenſo fand Herr L. v. Buch, daß es bei Bergen in Scan-
dinavien 70–92″ jährlich regnet, und im Innern nur
14–15″ Regen fällt. Die Quantität des Regens
und einmal in den Tropen, und an einem Tage beträgt 4–
5 mal mehr als hier.
Der Regen iſt von verſchiedenen Graden der Heftig-
keit, und erhält hiernach beſondere Namen, z. B. Staub-
regen, Platzregen u. ſ. w. Die Verſchiedenheit des Regens
rührt von der ungleichen Höhe der Wolken über der
Erdoberfläche her, wenn ſie nicht durch die Elektricität ent-
ſteht. Bei einem Staubregen ſtreichen die Wolken oft
ganz auf der Erde hin, bei einem ſtärkern Regen gehen
ſie weit höher. Je höher die Wolken ziehen, deſto größer
werden die Tropfen beim Fallen und deſto ſchneller ſtürzen
ſie herab. Daher iſt ein Platzregen in wärmern Ländern
gewöhnlicher, als im Norden, weil in jenen die wärmeren
Schichten der Atmosphäre tiefer ſind und das Waſſergas
daher genöthigt wird, vor ſeiner Verdichtung zu Wolken,
in eine gröſſere Höhe aufzuſteigen. Daher werden die
Regentropfen zwiſchen den Wendekreiſen bisweilen ſo groß,
daß ſie ¼ Zoll im Durchmeſſer haben, und unter dem Aequator
hat man ſie ſogar zuweilen von einem ganzen Zoll im Durch-
meſſer beobachtet.
Das Regenwaſſer iſt immer kälter (1–1⅐°) als
die umgebende Luft, was erſtens daher rühren kann, daß
die Tropfen während des Fallens etwas verdampfen, und
zweitens muß man die Höhe berückſichtigen, aus der ſie
fallen. – In den temperirten Zonen ſowohl wie in
den Tropen, fällt in verſchiedene Zeiten auch eine ſehr ver-
ſchiedene Quantität des Regens; ſo fand Herr Cardi de la Broſe
im ſüdlichen Frankreich, daß wenn es in einem Monate nur
einige Zoll regnete, im einem Monate zu einer andern Zeit
2′5″ Regen fielen. Ebenſo hat man in Cajenne beobachtet
daß innerhalb 24 Tagen 12′2″ Waſſer fielen.
Wenn der Regen in einen Ombrometer (Hyetometer) aufge-
fangen wird, ſo fällt auf einem Thurme weniger Waſſer
als unten auf der Erde. In Paris zeigte ſich nach 10
jährigen Beobachtungen der Unterſchied durch Mittelzahlen
nach Bouvois berechnet, daß einer Höhe von 90′ um 74
mehr Waſſer unten in der Tiefe gefallen war, als oben.
Schnee. Wenn ſich Wolken bei einer Temperatur unter
0° bilden, ſo verwandeln ſich die Waſſerdünſte in unendlich
kleine und nadelförmige Kryſtalle, von welchen ſich immer
mehrere unter Winkeln von 60° und 120° zuſammenſetzen,
wie die Nadeln des gefrierenden Waſſers, und dadurch
ſehr verſchiedenartige Kryſtallgeſtalten (das Waſſer
ſoll überhaupt nach Mitſcherlich verſchiedene Kryſtallformen
annehmen) vom ſchönſten Anſehen, bilden, welche einander
bei einem und demſelben Schneewetter immer gleich ſind.
Sie wachſen im Fallen, wie die Regentropfen, und häufen
ſich oft zu groſſen Flocken zuſammen. Ueberhaupt gilt
vom Schnee alles das, was ich vom Regen geſagt habe,
und der Unterſchied liegt blos in der Temperatur.
Bei einem windſtillen und ſehr kalten Tage fällt kein
Schnee, weil kein Waſſergas gefällt werden kann, ſondern
wenn es da ſchneien ſoll, muß aus eine weniger kalte
und feuchtere Luft zugeführt werden. Dieſe wird dann abge-
kühlt, ſetzt ihr Waſſer ab und bildet Schnee. Daher
pflegt auch die Luft kurz vor dem Schneien milder zu werden,
als vorher. Gewöhnlich ſchreibt man dieſe Erſcheinung der
Kryſtalliſation des Waſſers zu, wobei die Wärmeſtoff
des Gaſes frei würde; allein in dieſem Falle würde der
Wärmeſtoff von neuem die Expanſionskraft des Waſſers
vermehren, und es könnte daher in jedem Falle nicht mehr
Schnee gebildet werden, als die Abkühlung geſtattete. –
Wenn wir bei Nordwind zuweilen Schnee mit ſtarker
Kälte und Sturm bekommen, ſo iſt dieſer Schnee gewöhnlich
in der aus wärmeren Ländern kommenden Luft gebildet, welche
die höheren Regionen der Atmosphäre in entgegengeſetzter
Richtung durchſtreicht.
Wenn Nordwind ohne Schnee weht, ſo iſt die Luft
gewöhnlich klar, und Schnee und Eis verdunſten. Dieſe
Luft iſt nämlich in nördlichen Ländern ſtärker abgekühlt
worden, und hat dort ihr Waſſer abgeſetzt. Wenn ſie
nun auf ihrem Wege nach Süden allmählig weniger kalt
wird, ſo nimmt ihr Vermögen zu, mehr und mehr Waſſer-
gas an ſich zu behalten, und dieſes verdunſtet, nach Ver-
hältniß der Lufttemperatur, von dem Schnee und Eiſe,
über welches die Luft hinſtreicht.
In den Tropen, namentlich auf der Andeskette, bei
einer Höhe von 15–18000′ giebt es noch eine andere merk-
würdige Bildung, ein Mittelding zwiſchen Schnee und Hagel,
ſo verſchieden geſtaltet und ſcharf, daß das Geſicht davon
wie zerſchnitten wird. –
Unter den Tropen ſchneiet es weit häufiger wenn
das Thermometer einige Grade über dem Gefrierpunkte
ſteht, als darunter; wie auch in mehrern andere Gegenden,
was die vielen Beobachtungen von Roſs, Parry, Sabine,
Scoresby etc. beſtätigen, doch haben dieſelben Reiſenden
auch gefunden, daß es bei 12° R. ſchneiete.
Unter dem Aequator fällt nur auf Höhen von
mindeſten 12000′ Schnee; von die Tropen aufhören
etwa unter dem 20° der Breite nur auf Höhen von 9300′.
In Mexico weiß man es ſich nur 2 mal zu erinnern daß
Schnee fiel, und hiervon einmal vor 30–40 Jahren, zu-
fällig an demſelben Tage als die Jeſuiten vertrieben
wurden. – –
Der Schnee giebt wenn er zuſammengepreßt wird
⅓ Waſſer, ſo locker ungepreßt nur 1/12.
Bei Argantſchir am See Lexla trug ſich das merkwürdige
Phänomen zu, daß Schnee bei und nach ſeinem Falle leuch-
tete, was ich aber nicht ſelbſt geſehen habe. Es iſt dies
vielleicht der Zuſtand, wo die meteoriſch organiſche Bildung
beginnt, denn zuverläſſige Perſonen, die den Schnee mit
ihren Fingern anfaßten, bemerkten, daß ſelbſt dieſe leuch-
tend blieben. Der rothe Schnee, über deſſen Bildung
ich weil er den Pflanzen angehört, noch näher ſprechen
werde, ſcheint auch einen ſolchen Zuſammenhang zu haben.
Hagel wird ebenfalls durch Kälte erzeugt, aber
unter ganz andern Umſtänden. Er entſteht nur im
Sommer, oder in wärmern Ländern, und zwar, einer allge-
meinen Beobachtung zufolge, nur wenn die Sonne ſich
über dem Horizont befindet und die Luft nicht ſo kalt
iſt, daß die Waſſerdämpfe ſelbſt erſtarren können, jedoch
in den höhern Regionen der Atmosphäre ſchnell eine ſo
ſtarke Kälte entſteht, daß die ſchon gebildeten Regentropfen
zu Eis gefrieren. Der Hagel beſteht daher mehr aus
runden Körnern und nicht aus regelmäßigen Kryſtallen,
wie der Schnee. Gewöhnlich ſind dieſe Hagelkörner ſo kalt,
daß das Waſſer, welches ſich im Herabfallen an ſie anſetzt,
ſogleich zu Eiskruſten gefriert, in welchen das urſprüng-
liche Hagelkorn als ein weißer und durchſichtiger Kern
eingeſchloſſen iſt. In wärmern Ländern, wo die Wolken
oft ſehr hoch gehen und die Luft mehr Feuchtigkeit enthält,
wird der Hagel oft weit größer, als bei uns. Dieſer
bildet ſich aber nicht auf einmal in der Luft, ſondern ver-
größert ſich erſt im Herabfallen, theils durch das Waſſer,
das ſich wegen ihrer Kälte auf ihnen niederſchlägt,
theils durch das Zuſammenfrieren mehrerer Körner, welche
ſich mit jedem Augenblicke vermehren müſſen, weil die
Schnelligkeit der größern Hagelkörner in größere Ver-
hältniße, als bei den kleineren, zunimmt, dieſe daher
von den größern im Fallen ereilt werden und ſich
an ſie feſtſetzen.
Die Urſache einer ſo ſchnell entſtehenden Kälte in
der Sommer-Atmosphäre iſt uns unbekannt. Jedes
Hagelwetter iſt, wo nicht ſtets von Donner, doch wenig-
ſtens immer von ſehr deutlichen Merkmalen von Elektrici-
tät begleitet; in welchem Zuſammenhange aber die
Elektricität mit jener ſchnellen Erzeugung von Kälte
ſtehe, können wir noch nicht erklären.
Man glaubt daß wenn zwei elektriſche Wolken
neben einander ſtehen, ſie den Hagel wechſelweiſe an-
ziehen und abſtoßen, und dies die Urſache von dem
Raſſeln in der Luft ſei das man beim Hageln hört,
und vorzugsweiſe ein Phänomen der temperirten Zone iſt.
An den Polen wie unter den Tropen hagelt es faſt
gar nicht, unter den Tropen höchſt ſelten bei 5000′ Höhe.
Warum es unter den Tropen ſo höchſt ſelten hagelt, iſt
bisher noch nicht ermittelt, da die Urſache nicht die iſt, daß
er ſchmilzt. Im ſüdliche Europa hagelt es am meiſten,
vorzüglich in Thälern. Nach Thibaut Ch. weiß man,
daß es in Martinique nur einmal gehagelt hat, und zwar
vor 50–60 Jahren. In Carracas würde der Hagel
eben ſoviel Aufſehen erregen, als wenn bei uns Me-
teore fielen. Nach Herrn L. v. Buch hagelt es ſelten
auf großen Höhen, jedoch hat dieſer auch ſelbſt gefunden
daß 14–15000′ hoch Hagel fiel. Er fällt ſeltener des
Nachts wie bei Tage, und früher glaubte man daß es
des Nachts gar nicht hageln, da das Einwirken der Sonne
dazu nöthig ſei; dies iſt aber nicht der Fall.
Die Gröſſe des Hagels iſt nach den Zonen verſchie-
den; in den Cordilleren iſt er wohl ¼–½℔ ſchwer vor-
gekommen, jedoch auch hier ſo wenig wie in andern Gegenden
viel gröſſer, ſo viel auch darüber gefabelt iſt. Herr
Heine erwähnt zwar einen beſondern Fall, der kaum
glaublich iſt, und ſehr der Beſtätigung bedarf, daß nämlich
in Myſore (Oſtindien) zur Zeit des Tippo Saheb, ein
Hagelkorn ſo groß wie ein Elephant gefallen ſei, und beim
Schmelzen einen höchſt unangenehmen Geruch verbreitet
habe, der vielleicht von dem darin enthalten geweſenen
Schwefelkies herrühre. Auch im Gouvernement Orenburg
ſollen Hagelſtücke gefallen ſein, die in der Mitte kryſtal-
liſirten Schwefelkies enthielten. Obgleich von Einigen
dieſe Angabe behauptet wird, bedarf ſie doch, wenn es gleich
nicht unmöglich iſt, noch ſehr der Beſtätigung, da man beider
Unterſuchung nicht mehr den Hagel, ſondern nur noch den
Schwefelkies hatte.
Die Form des Hagels iſt ebenfalls verſchieden, und
oft ſehr ſonderbar. Durch das Rotiren der Körner von
ihrer erſten Bildung an, bilden ſich einzelne concentriſche
Lagen; andere dagegen ſind mehr abgeplattet, auch oft
ſo wie die Weltkörper geformt, indem ſie gleich dieſen
eine runde Form mit 2 abgeplatteten Polen haben.
Andere giebt es unter dieſen wieder, die gleichſam einen
Saturnring haben, der leicht abgelöſt werden kann. Der
Herr von Buch ſich im hohen Norden von Scandinavien
Hagel fallen, der eine Spitze nach oben hatte. Auf
der Andeskette iſt aber der rothe Hagel in ziemlich
groſſen Körner merkwürdig, von dem die Indianer mir
viel erzählt haben. Um ſo mehr Intereſſe muß es erregen
von rothem Hagel zu hören, da er dem Gedanken auf-
keimen läßt, daß er mit dem rothen Schnee in Ver-
bindung ſteht, welcher kleine vegetabiliſche Körner ent-
hält, die ſich häufig vermehren, und mehrere Jahre erhalten
laſſen. Wenn dieſe Vegetation ſich nicht im Schnee ſelbſt,
ſondern der Keim ſchon in der Atmosphäre ſich bildete, ſo
würde es ſehr beachtenswerth ſein. –
Der Nebel rührt von denſelben Urſachen, wie die
Wolken, her, und iſt eigentlich nichts anders, als eine
Wolke, die ſich nahe an der Erdoberfläche bildet. Er
entſteht, wenn die Luftwärme ſchnell um mehrere Grade
gegen die Temperatur des Erdbodens abgekühlt wird,
wobei das Waſſer mit der, der Wärme der Erde ange-
meſſenen Expanſionskraft von der Oberfläche der Erde und
der Gewäſſer zu verdunſten fortfährt, das neugebildete
Waſſergas aber ſogleich in der Luft wieder abgekühlt
wird und niedergeſchlagen, nachher aber, wegen der Bewegung
der wärmern Luft am Erdboden, allmählig höher und höher
ſteigt. Der Nebel beginnt auf dieſe Weiſe, einige
Stunden nach Sonnenuntergang oder eine Stunde vor ihrem
Aufgange, über Waſſer und ſumpfigen Wieſen, und
dauert fort, bis er entweder durch ſeine eigene Schwere
als eine Art von Staubregen niederfällt, oder bis er nach
Aufgang der Sonne durch die erwärmte Luft aufgelöſt
wird. Oft ſieht man dabei, wie er vom Erdboden zu ver-
ſchwinden anfängt, und dann auch nach oben zu allmählig
abnimmt, in dem Maaſſe, wie die Luftſchichten immer höher
und höher hinauf erwärmt werden. Da die Oberfläche
des Waſſers ſtärker verdunſtet, als das trockne
Land, ſo iſt der Nebel über Seen, und dann zunächſt
an Seeküſten am häufigſten und dichteſten, weniger
allgemein aber auf dem Lande. Er kann ſich eben ſo
gut im Winter, als im Sommer bilden, und man ſieht
in kalten Wintertagen oft Quellen und nicht zuge-
frorene Ströme rauchen. Wenn der Nebel bei
ſtarker Kälte fällt, ſo ſetzt er ſich in wollähnlichen
Kryſtallen an Bäume und Häuſer an und bildet
den Reif.
Wenn wir uns zu den höhern Anſichten der Natur
hinaufſchwingen, ſo finden wir bei einer tiefern mehr geiſtig
reifern Betrachtung bis in die früheſten Zeiten hinaus,
daß die Luftwärme das Wichtigſte für den Menſchen
iſt; daß ſie den innigſten Zuſammenhang mit dem Zu-
ſtande und der Verbindung des Menſchengeſchlechts hat,
und ſo weit wichtiger als die Veränderungen des Drucks
der Luft, der magnetiſchen Erſcheinungen, und anderer in
in der Natur uns umgebenden Phänomene iſt. –
Hier iſt der Punct wo die phyſicaliſche Erdbeſchrei-
bung mit der Entwickelung des Menſchengeſchlechts am
innigſten zuſammenhängt. Am Eingange der Klimatologie
erkennen wir den mächtigen Einfluß der mittlern Wärme
in den verſchiedenen Zonen, auf die Entwickelungen des
Geiſtes der Menſchheit in ſeinem ganzen Umfange,
auf das Fortſchreiten der Kultur des Bodens und der
Erlangung aller höhern mehr intellectuallen Productionen.
Es iſt ſo ein weſentlicher Umſtand bei einer characteriſi-
renden Beſchreibung der Völker, den Einfluß der Wärme
zu kennen, denn es iſt nicht zu leugnen, das klimatiſche
Verhältniſſe auf den Character einwirkten, die Neigungen
und Handlungen der Menſchen ſelbſt begrenzen oder be-
ſtimmen. – Wenn wir bloß das Abendland be-
trachten, ſo ſehen wir daß das gemäßigte Klima der
Kultur am geeignetſten iſt, was zwiſchen den 30 bis
45° N. Br. liegt. Wie groß erkennen wir die Verſchie-
denheit in den Zonen ſelbſt, wo hier das nördliche Aſien
rauh und unfruchtbar, klein Aſien, das eigentlich Griechen-
land und Italien dagegen milde, fruchtbar und glücklich
zu nennen iſt. In der mittlern jährigen Temperatur
zwiſchen 11 und 14° R. iſt die Zone der Oelbäume, wo die
mittlere Sommerwärme etwa 23° iſt, während ſich Berlin
nur 13° zu erfreuen hat.
Die Meinung daß die mittlere Zone den größten
Einfluß auf die Kultur der Völker, ihrer Verbreitung
und ihres Wirkens hat, iſt nicht zu leugnen, aber auch
gerade nicht völlig zu glauben. Denn dieſelbe noch ältere Men-
ſchenkultur finden wir in Aegypten, Medina etc. wo die
mittlere Temperatur der Sommerwärme 24° iſt. Dieſe Zone des
Zuckerrohrs kann man nur in ſofern gemäßigt nennen,
als ſie nicht zwiſchen den Wendekreiſen liegt, gehört
aber faſt ſchon den Tropen an, und breitet ſich vom
Ausfluſſe des Tigris bis zum perſiſchen Meerbuſen
hin. So finden wir auf Meron, der ganzen ſüdweſtlichen
Spitze Arabiens einen Sitz alter Kultur, und ſelbſt
in der Mitte der Wendekreiſe giebt es leuchtende
Puncte frühere Kultur, beſonders in dem Theile Indiens
wo Alexander nicht hinkam, ſondern mehr ſüdlich nach
Kambaja, Karnatik und Theken liegt; wo die Kultur
ſich mehr in Ebenen als Berghöhen zeigte. Mitten
unter den Wendekreiſen auf dem alten Continente
iſt in den Ebenen die mittlere Temperatur 26–27°, und das
Klima iſt ſo ungemäßigt warm, daß in Benares z. B.
die Temperatur im Sommer bis auf 34° ſteigt. Nach unſern
Vorurtheile werden wir eine ſolche Wärme auf die geiſtige
Entwickelung der Menſchen ungünſtig nennen.
Dieſe Thatſachen zeigen alſo, daß vom Aequator bis
zum 45° N. Br. oder bis zur Zone des Oelbaums und des
Weinbaum’s das Klima der Kultur günſtig iſt. Möglich
wäre es, daß Meron und Indien ihre Kultur von Norden
her erhielten, und daß die Tropenkultur eine eingewanderte
iſt. So ſtänden aber doch Memphis, Teheran und andere
dieſer Meinung gegenüber, wo die Gluth der Sonne der
Entwidckerlung des Menſchengeſchlechts entgegen zu arbeiten
ſcheint, von wo aber dennoch die früheſte Kultur ſich ver-
breitete, und die erſte Geſchichte des Wiſſens ſich zu
bilden anfing, und es iſt daher keinesweges gerade erwieſen
daß die Kultur durch Hitze oder Kälte zurück gehalten wurde.
Ganz anders iſt dagegen die Wärme oder Kälte, wo
die mittlere Temperatur 1½° unter dem Gefrierpunkte iſt, und die
höchſte mittlere Temperatur der Sommerwärme nur bis zu 7° ſteigt,
einer Wärme bei der die Birken hier erſt anfangen aus-
zuſchlagen, wo die Kultur aller Cerealien ſelbſt die der
Gerſte aufhört. – So iſt das Klima vom nördlichen Aſien
über den 60° N. B. hinaus, in Amerika ſchon von 56–57° N. B.
in Europa aber erſt im nördlichſten Theile von Scandinavien,
weil der weſtliche Theil dieſes Landes durch ſeine Lage
und Gliederung ein ſo mildes Klima hat, daß ſelbſt noch die
Gerſte nach Herrn v. Buch bis zum 69½ gebauet wird.
Der Theil von Nordaſien über den 60° hinaus, nach dem
Ausfluſſe der Lena und Ob zu, wo Völker hunniſcher, ſamo-
jediſcher und tunguſiſcher Abkunft gehauſt haben, iſt der Bildung
der Menſchheit ſo ſchädlich geweſen, daß ſie in Gegenſatz zu
denen die in [unleserliches Material], Barbaren
genannt wurden, weil hier immer die Art von Kultur herrſchen,
die freilich der in Kleinaſien nicht gleich zu ſchätzen war. Ich
erinnere hier an die Epoche der Thangs in der mongoliſchen
Herrſchaft, wo unter Ulu Beg im 15ten Jahrhundert ſelbſt
Aſtronomie getrieben wurde.
Alle dieſe Thatſachen beweiſen, daß übermäßige
Kälte der Kultur und Bildung der Menſchen ſich ungünſtig
zeigt. Wurde die Kultur aber von den ſüdlichen Breiten
in die nördlichen Regionen eingeführt, ſo erhält ſie ſich auch,
und greift wohl mächtig um ſich. So ſehen wir in Island
die Poeſie in den ſchönſten dichteriſchen Geſängen ſich entfalten.
Nicht ſo iſt es in den wärmern Gegenden am Euphrat, in
Meroe und Indien, wo das Nichthindern der Muskelkraft und
die Entwickelung des Geiſtes und ſeinen Productionen wie
in jenen kalten Gegenden, unbekannt iſt.
Unter allen Inſtrumenten iſt das Thermometer
eines der wichtigſten; es iſt der Maaßſtab des Fort-
ſchreitens und des Beſitzes der Völker, und erweckt
weit mehr ſchönere und kräftigere Ideen als andere Er-
findungen. Schon eher als das Thermometer von Drebbel
in Alkmar erfunden und durch Fahrenheit und Reaumur
verbeſſert war, hatte Halley ſeine wichtigen Unter-
ſuchungen über die Wärme mit ſolchen Ideen begonnen
und ausgeführt, daß an einen Vergleich mit dem Thermo-
meter nicht zu denken war, und wo die übertriebenſten Ge-
rüchte von einer unmäßigen Hitze in wärmern Gegenden,
ſich verbreitet hatten. – Reaumur erſt brachte das
Thermometer recht Anwendung, und gab es Reiſenden
mit um richtige Vergleiche unter den Tropen anzuſtellen.
Wenn aber auch die Temperatur auf einzelnen Theilen
der Oberfläche hauptſächlich von dem Einfallswinkel der
Sonnenſtrahlen abfängt, ſo iſt doch aber auch die Quantität
der Strahlen von denen die zurückgeworfen werden ohne
Wärme zu erregen, und denen die eindringen und Wärme
hervorbringen, zu betrachten nothwendig. Vom 30° an
abnehmend iſt der Einfallswinkel, oder der Einfluß der
Wärme welchen er äußert bedeutend, unter 80° aber
[ſ]ehr geringe. Nicht blos auf den Höhenſtand der Sonne
oder ihrer Declination kommt es an, ſondern daß auch Berge
ſie begünſtigen können, da ſie Polygonalflächen ſind. –
Unter den Tropen iſt die Sonne 12 Stunden abweſend,
ſonſt würde die Hitze am andern Tage unerträglich ſein,
ſo aber läßt ſie keine Wärme von ewigen Tage zurück.
Mit einer ähnlichen Betrachtung hängt es zuſammen,
warum unter den Wendekreiſen nach ihren Grenzen zu,
eine größere Wärme und ſelbſt mehr Kultur und Pro-
duction als unter dem Aequator iſt. Hier liegen auch
zufällig die größten Handelsplätze der Tropenwelt, im
nördlichen Theile Havanah, Vera Cruz, Calcutta, Canton,
im ſüdlichen Rio-Janeiro. In der mittleren Zone dagegen
iſt die Temperatur der heiſſeſten Sommertage oft höher
als unter dem Aequator, weil bei den kürzern Nächten
der Erdboden nicht Zeit hat durch Ausſtrahlung zu er-
kalten, und das Maximum der Wärme einzelner Monate
iſt hier oft beträchtlicher als unter dem Aequator.
Zuerſt werde ich nun von der Unterlage des Luft-
meer’s reden, als von den Ebenen und Bergen die die
Continente bilden, und zuletzt von dem Theile handeln,
deſſen Boden der Ocean iſt.
Da wo die Bergthäler in die Ebenen ausgehen wirken
die Berge doppelt, a. Wärmegebend, weil die Polygonal-
flächen derſelben mehr Sonnenſtrahlen auffangen als die Ebe-
nen, wie es z. B. in der Lombardei der Fall iſt, wo
der Oelbaum gedeihet. b. Schützend wirken die Berge
da wo ſie den kältern Nordwinden den Zugang verſagen.
Solche Länder wie Rußland, müßen daher wegen Mangel
dieſes Schutzes mehr Kälte haben, als diejenigen wo
Gebirge durch ihre Lage einflußreich ſind. Doch wird dieſer
Zuſtande gewöhnlich mehr Einfluß zugeſchrieben, als ſich
wirklich bewährt. Griechenland kann wegen der Glie-
derung ſeiner Oberfläche, kein anderes Land zur Seite
geſtellt werden, das ſo von einem Welle gleichſam um-
zingelte Ebenen enthält. Bergketten wie in Europa,
Aſien und Amerika, auch einzelne hohe Berge wie der
Eliasberg Kamtſchatka gegenüber, könnten hier auch wie
jene dort ſich ſchützend erheben, wenn ſie nicht durch ihre
Eismaſſe kältegebend wären, und die kalten Nordwinde
zurückhielten. Berge wirken auch erwärmend gegen die
Ebenen, weil ſie dichte Erdmaſſen ſind, die die Wärme
länger erhalten als die Luftſchichten; doch iſt dies nur dann
der Fall, wenn die Gipfel niedrig ſind, dagegen höhere
Maſſen von Berge die Wärme noch gar abſorbiren.
Auf der andern Seite wirken die Berge Kälte erre-
gend durch das Herabſtrömen der Luftſchichten. Auf dieſelbe
Weiſe, wie die Ströme der Luft von den Ebenen nach den
Höhen ihre Richtung nehmen, wie wir es ſchon früher erwähnt,
ſo gehen auch Strömungen von den Gipfeln nach den Thälern,
weshalb in dieſen des Nachts auch immer eine geringere
Temperatur herrſcht; doch zuviel darf man dieſer Wir-
kung auch nicht zuſchreiben. Im ſüdlichen Peru hat man
lange geglaubt, daß die dort häufig herrſchende Kälte
von den Schneebergen herrühre. Am Fuße dieſer Ge-
birge iſt aber ein wahrhaft indiſches Klima, und nur
dem Schnee nach näher empfindet man die von ihm kom-
menden kalten Luftſtröme.
Auch wirken die Berge Kälte erregend, durch ihren
Schatten. Denn für einen großen Theil der Fläche
geht die Sonne denn früher unter, und ſie rauben ihr
dadurch einen Theil der erwärmenden Sonnenſtrahlen.
Aber nicht allein die Nähe der Berge hat Einfluß auf
die Temperatur, ſondern auch die Farbe des Bodens
ſelbſt, ob ſie hell oder dunkel iſt. (Kalkſtein oder Schiefer)
Auch der Wärmeleitungs-Zuſtand der Luft iſt ſtärker
oder geringer, je nachdem ſie feucht oder trocken iſt. Herr
Davy hat hierüber ſehr intereſſante Verſuche angeſtellt.
So fand er daß in einer ſchwarzen Erde, die eine Stunde
lang der Sonne ausgeſetzt war, das Thermometer auf
18–20° ſtieg, während es in einer hellen thonhaltigen Erde
nur 15–16½° erreichte. Die ſchwarzen Berge ſind daher
immer viel wärmer, laſſen aber auch eben weil ſie
die Wärme leichter abſorbiren, dieſelbe bald wieder
fahren. So war die ſchwarze Erde in ½ Stunde ſchon wieder
am 7° erkaltet, während die hellere thonhaltige Erde in
derſelben Zeit ſich noch nicht um 2° abgekühlt hatte.
Auch Moräſte und Wälder wirken auf die Temperatur
im Winter erwärmend, weil ſie theils durch Quellen
frei von Froſt bleiben, theils die Wärme länger erhalten.
Dagegen ſind ſie aber im Frühjahr Kälte gebend, weil wenn
ſie ausgefroren das Eis und d. Schnee lange erhalten. Die
Wälder aber ſind beſonders dadurch Kälte erregend,
weil ſie durch die Fälle ihrer Blätter, deren Flächen
doch gewöhnlich horizontal ſtehen, Wärme ausſtrahlen.
Ein ähnliches Phänomen fährt aus auf die Reinheit
und Lichtſchwächende Kraft der Atmosphäre beſonders unter
den Tropen, wo die Strahlung ſtärker als in der tempe-
rirten Zone iſt, weil in dieſer der Boden mehr Feuchtig-
keit hat. Unter den Tropen iſt daher auch die Wirkung
der Sonne ſtärker, weil nicht ſo viel Dämpfe die Durch-
ſichtigkeit der Luft vermindern. Im ſüdlichen Theile
von Peru, wo es ſo ſelten regnet, iſt der Himmel ge-
wöhnlich in dieſer Zeit (oft 5–6 Monate wo kein Regen
fällt) mit einem Nebel bedeckt, der dort Gerua genannt
wird, und durch den die Sonne nur matt wie ein rother
Fleck zu erkennen iſt; man kann alſo hier die Sonne
wie den Mond mit bloßen Augen betrachten. Dieſe
Art Höherauch iſt auch die Urſache, daß es dort weit
kälter iſt als in andere Ländern unter gleichen Breite-
graden, weil er die Strahlen der Sonne ſo bedeutend
ſchwächt. In dieſer eigenthümlichen Gegend regnet oder
donnert es nie während dieſer langen Nebelperiode, und
nur in weiter Ferne erkennt man zuweile ein Wetter-
leuchten. Auf La Marguerita welches 10,000′ über
dem Meere liegt iſt die mittlere Temperatur noch 13–15°,
doch die Nächte ſind hier ſo kalt, daß es faſt in jedem
Monate friert, und halten eine gute Getreideernte
gedeihen läßt.
Man kann die Atmosphäre in 2 Abſchnitten betrachten,
als Land- und Seeluft, da unter denſelben Breitegraden
beide eine verſchiedene Temperatur haben. Wie der At-
lantiſche Ocean die milde Winterkälte bedingt, wo die
mittl. Temperatur das Waſſer +7–8° R. die der Luft aber nur
5–6° iſt, habe ich früher erklärt. Bei der Seeluft muß
beachtet werden, ob ſie über dem offnem Meere ruht,
wie es vom Aequator bis zu 65–70° nach beiden Polen
zu iſt, oder ob ſie Eis zur Grundlage hat, das ſich von
65 oder 70° bis zu beiden Polen hin findet.
Die Veränderungen der Temperatur laſſen ſich durch
einzelne Momente bezeichnen, und wir haben die Ebenen
welche an Bergen liegen als Nova aufgeſtellt. Die
äußere Beſchaffenheit der Oberfläche der Erde bedingt be-
ſonders die Temperatur der Continente, und wir müßen
ſei nachdem ſie rauh oder eben, hell oder dunkel von Farbe,
ſumpfig oder trocken, leer oder mit Waldungen bedeckt
ſind, betrachten. Zuletzt haben wir die Luftreinheit und
die einflußreiche Wärme bei Tage durchgenommen.
Einen beſonders wichtigen Einfluß auf die Temperatur
haben aber die Winde, und wir können ſie entweder
als bloße Bewegungen der Luft, ohne auf ihre Richtung zu
achten, oder nach ihrer Richtung, ob ſie warme oder kalte
Luftſchichten herbeiführen, betrachten. Die Bewegung der
Luft hat den größten Einfluß auf die Empfindung der
Kälte, da dieſe mit Wind verbunden ſelbſt geringer als
− 20° R. faſt unerträglich ſcheint. Parry fand dagegen
daß bei 35° Kälte am Nordpol und bei gänzlicher Wind-
ſtille, ſie ganz erträglich war, da er auf die Jagd ging;
und bei − 7° er und ſeine Begleiter in der Pelzbeklei-
dung vor Wärme nicht aushalten konnten. Die Hitze
dagegen wird wieder durch Luftbewegung gemildert, weil
jede andere Luftſchicht eine andere Temperatur hat; oder
bei heiterer Luft, wo die Wärme durchs Ausſtrahlen
vermindert wird. Weſentlicher iſt ihre Richtung da,
wo ſie als Land- und Seewinde erſcheinen, weil ſie durch
dieſen Wechſel eine gleiche Temperatur erhalten. Höchſt wichtig
ſind dieſe auf für die Schiffarth an den Künſten, und
geſtatten ſelbſt bei den großen Inſelgruppen des Süd-
meers gegen den Paſſatwind zu ſegeln. Vor allem aber
ſind die Cardinalpunkte zu beachten aus denen ſie wehen,
denn ein jeder Wind der von einem heterogenen ? Pole bläſt
zerſetzt die Luft, wie bei uns der Süd- und Südweſt-
wind, weil er wärmere Luftſchichten bringt, die ſich ab-
kühlen, kömmt er dagegen von dem andern Pole ſo bringt
er Trockenheit und Kälte. – ?
Ueber die Schnelligkeit des Windes, ſowohl des
kalten Nordoſt, wie des warmen Südweſt haben wir
treffliche Unterſuchungen von Kraft und Woltmann zu
Cuxhaven. Wenn einer ſtarker Wind ohne Sturm zu
ſein, in einer Secunde 25′ zurücklegt, ſo macht er 4 Meilen
in einer Stunde. Der kalte Wind von Nova Zembla
kann daher in 4 Tagen, und der warme von der Küſte Afri-
ka’s in 2 Tagen hier in Berlin ſein. Die Mouſſons ſind
die Winde, welche in dem Theile des indiſchen Meeres wahre
welchen ich den großen Buſen des indiſchen Oceans genannt
habe. Sie entſtehen durch die ungleiche Erwärmung der
Luft, je nachdem ſie über dem Meere oder den hohen Gebirgen
Indiens ſchwob, und was den häufigen Wechſel von
Nordoſt- und Südweſtwinden, die mehrentheils ungeheuer
Regengüſſe bringen, zur Folge hat. Der Name Mouſſons
ſtammt aus dem Mallaiſchen, und heißt Jahreszeit.
Dieſe ſonderbaren Winde ſetzten Alexander’s Expedition
in Verwunderung, und Arian verglich ſie mit den eteſi-
ſchen Winden, die in Aegypten von Norden her wehen.
Sehr wahrſcheinlich iſt es, daß in den höhern Luftregionen
noch andere Strömungen ſind, denn oft ſieht man daß die
Wolken in ihnen eine andere Richtung als die in den mehr
niedrigen Luftſchichten haben. Die an den Abhängen der
Gebirge häufig wehenden kalten Winde, werden ge-
wiß auch durch Gegenſtrömungen der obern Luft mit ver-
anlaßt. Herr von Buch hat ſolche Erſcheinungen auf
einigen canariſchen Inſeln bemerkt.
Von der Hitze der Seitenländer Afrika’s, ſchloß man
auf die innere dieſes Welttheils. Hier geben aber die
Berichte von Clapperton und Denham eine auffallende Er-
ſcheinung an, denen zu Folge der Dr. Oudney im Innern
von Afrika unter dem 13ten Breiten-Grade, auf einer unbedeu-
tenden Höhe von etwa 800′ vor Kälte ſtarb. Wenn wir
dies auch in Zweifel ziehen, und den Tod auf eine mitwir-
kende Krankheit ſchieben (denn der Major Denham hat mir
ſelbſt erzählt, daß einige Stunden nach dem Tode des Dr. Oudney,
die Lufttemperatur nicht unter 7½° geweſen ſei;) ſo waren
doch die Schnallen dieſer Reiſenden mit Eis bedeckt; auch be-
hauptet man, Waſſerſchläuche, welche Oudney’s Caravane
trug, ſeien in derſelben Nacht außerhalb gefroren geweſen.
Ebenſo ſah der Dr. Ehrenberg und der unglückliche Hemprich
in der Wüſte Dongola, unter 19° Breite, im December des
Thermometer bis auf 2°,5 R. herabſinken; alſo volle 12°
tiefer, als es, noch ſorgfältig von mir geſammelten Er-
fahrungen, je unter derſelben Breite, in Weſtindien,
beobachtet würde. Man iſt erſtaunt, nicht etwa am
äußerſten Rande der Tropenzone, ſondern mitten in derſelben
Afrika, in ſeinen Wüſten, kälter als das vegetations-
reiche Amerika zu finden. Die eigentlichen Urſachen
dieſes ſonderbaren Erkältungs-Proceſſes (vielleicht Wärme-
ſtrahlung des Bodens durch trockne Luft gegen einen
wolkenfreien Himmel, plötzliches Ausdehnen beim Er-
gießen feuchter Luftſchichten in dieſe trockne Luft,
Herabſinken der oberen Theile der Atmosphäre) ſind
bis jetzt nicht hinlänglich ergründet worden.
Ein groſſer Contraſt iſt zwiſchen dem Küſtenklima
und dem der Continente, der erſt durch die Herren von
Buch und Wahlenberg genauer unterſucht iſt. Der
größte Unterſchied findet ſich auf der Scandinaviſchen
Halbinſel. Hier ſieht man von den Alpen bis zum Nord-
kap, oder von Süden nach Norden die Schneegrenze unter
dem 70° nach auf der Höhe von 3500′ und nur 1½° weiter
vom Meere entfernt iſt ſie ſchon auf 2200′ herabgeſunken.
Da hier die Sonne weniger wirkt, und die Schneegrenze
nicht von der mittleren Temperatur des ganzen Jahres, ſondern von
der der heißeſten Sommermonate herrührt, kann hier nicht
allein entſcheidend ſein. Eben ſo auffallende Unterſchiede
finden ſich im weſtlichen Britannien, wo der Lorbeer und
Erdbeerbaum im Freien wachſen und doch kein Wein
gedeihet; dies iſt nur eine Folge des weſtlichen Küſtenklima’s.
Betrachtet man das Meer als eine Maſſe von Flüſſig-
keiten, ſo verändert ſich die Temperatur um ſo langſamer, je ſtärker
der Einfluß des Meeres iſt. Da dieſe in unſere Breite
nicht gefriert, ſo können ſich auch nicht Schnee und Eis
darauf lagern, was eben die Nordweſtküſte der Conti-
nente ſo kalt macht. Hinzu kommt die beſtändige Ten-
denz, daß die kältern Theile des Waſſers zu Boden
ſinken, und die wärmern in die Höhe treiben, weshalb es
ſich nur langſam abkühlt, und im Winter eine wärmere
Temperatur erhält. Im Sommer giebt es dagegen durch
die Verdunſtung Kälte. In den temperirten Zonen wirkt
es daher wärmemäſſigend im Sommer und kältemindernd
im Winter, was die Küſten dunſtig und ihr Klima ver-
ſchieden von dem der Länder macht. Ungarn und das ſüd-
liche Ruſſland ſind aus gleichen Gründen ſo warm. Aus dieſen
Gründen nannte Buffon das Continental-Klima das ex-
ceſſive. Das Maximum dieſer Verſchiedenheiten iſt in
den vereinigten Staaten von Nordamerika, wo der Sommer
ſo heiß wie in Malta, nur der Winter ſo kalt wie in
Upſala iſt, ſo daß ſelbſt die größten Ströme frieren.
Die Verſchiedenheit des Küſten- und Continentalklimas
nach Zahlen der mittl. Temperatur angegeben, zeigt keine ſo große
Unterſchiede als der Pflanzenwuchs. So z. B. laſſen in
der Normandie die Sommer keinen Wein gedeihen, der 60
bis 80 Meilen gegen Oſten häufig gebauet wird, und die
Champagne liegt nur 1–12/10° ſüdlicher als die Normandie.
Dagegen zeichnet ſich in den Küſtenländern der Raſen
durch ſein ſchönes Grün aus, weil die Sonne ihn nicht verbrennt.
Etwas anderes iſt die Temperatur welche das Thermometer an-
giebt, als die welche die Pflanzen zeigen. Das Thermometer
ſteht nicht beim Sonnenlichte und bedeckten Himmel gleich hoch, ſondern
zeigt auch die Einwirkungen welche untermiſcht von der
Sonne hervorgebracht werden, und die im Augenblicke oft
ſehr warm ſein können. Herr Gay-Lusſac fand, daß
wenn Waſſerſtoffgas mit Chlor gemiſcht wird, und in
ein reflectirtes Licht geſtellt, nicht explodirt, aber bei der
unmittelbaren Berührung der Sonnenſtrahlen ſogleich eine
Exploſion erfolgt. Selbſt im December und Januar ent-
ſteht ſie von ſchwächſten Sonnenſtrahl, werden dagegen in
Auguſt die Sonnenſtrahlen nur etwas von ſchwachen
Dünſten gehemmt, ſo erfolgt keine Exploſion, obgleich dieſe
weit mehr Wärme beſitzen als jene. Die Sonnen-
ſtrahlen müſſen daher weſentlich verſchieden wirken in
der Küſtenluft und der der Continente.
In der gemäßigten Zone ſind die Weſtwinde vor-
herrſchend, und deshalb wärmer als die aus Oſten, weil
ſie Gegenſtrömungen der Paſſatwinde ſind. Ihnen ver-
danken die Weſtküſten das wärmere Klima. In Ame-
rika findet man in Californien dieſelben Temperatur-
verhältniſſe wie auf dem alten Continente. Daß man
Amerika für kälter als Europa hielt, entſtand aus
der Täuſchung, daß man nur die weſtliche Küſte des
alten und die öſtliche des einen Continents mit einander
verglich, weil dies die kultivirteſten Gegenden ſind.
Auf der Weſtküſte Amerika’s aber findet man unter den-
ſelben Breitegraden dieſelbe Temperatur wie in Europa. Denn am
Ausfluſſe des Rio Columbia iſt das Waſſer nur wenige
Tage gefroren, die Oelbäume gehen bis zum 37° (47°?)
bis Mendocino, während ſie an der Oſtküſte ſich kaum
noch in Südcarolina und Georgien erhalten können.
Vergleicht man dagegen die Temperatur der Oſtküſte von Amerika
mit der weſtlichen des alten Continents, ſo findet man
die gleiche Temperatur von Paris erſt unter der Breite von
Neapel wo Baltimor liegt, und gegen Oſten hat Peh-
kingen unter dem 40° N. Br. gleichfalls daſſelbe Klima.
Der Unterſchied gegen Norden in gleiche Breitegraden
von Berlin, wo Peter Paulshaven und Labrador liegt, iſt
ebenſo. Die mittlere Temperatur von Berlin iſt +7°,
und die der Wintermonate − ½°; in Labrador dagegen
iſt 5° die mittl. und − 12° die mittl. Temperatur des Winters.
Dieſer Unterſchied iſt daher keine Eigenthümlichkeit von
Amerika, ſondern ein beſtimmtes cosmiſches Geſetz.
So lange Beobachtungen über magnetiſche Inclination,
Declination und Intenſität der Kräfte in den Reiſe-
berichten zerſtreut lagen und man dieſelben noch nicht
durch magnetiſche Linien vereinigt hatte, konnte die
Lehre von der Vertheilung des Erdmagnetismus keine
bedeutende Fortſchritte machen. Auf dieſe Analogie
geſtützt, hat man angefangen, durch ſorgfältige Be-
nutzung vereinzelter Thatſachen, die verwickelte Lehre
von der Verbreitung der Wärme zu vereinfachen.
Orte, die eine gleiche mittlere Wärme des Jahres,
des Sommers oder des Winters haben, ſind durch Curven
miteinander verbunden worden. So iſt das von mir
im Jahre 1817. entwickelte Syſtem iſothermer Linien
entſtanden, welche die Parallel-Kreiſe unter andern
Winkeln als die iſochimonen und iſotheren Linien
durchkreuzen. Sie ſteigen gegen den Aequator herab,
weil man im öſtlichen Aſien und im öſtlichen Theile
von Nord-Amerika, auf gleichen Höhen über dem Meeres-
ſpiegel, in einer ſüdlicheren Breite die Temperatur ſuchen
muß, welche in unſerem mittleren Europa, weiter gegen
Norden hinauf, gefunden wird. Der merkwürdige Umſtand,
daß die höchſte Kultur des Völkerſtammes, zu dem
wir gehören, ſich unter faſt gleichen Breiten in der
gemäßigten Zone an zwei entgegengeſetzten Küſten, der
öſtlichen des neuen Continents und der weſtlichen des
alten angeſiedelt hat, mußte auf die Ungleichheit der
Wärme unter denſelben Parallel-Kreiſen früh aufmerk-
ſam machen. Man fragte, um wieviel Thermometergrade
der alte Continent wärmer, als der neue ſei, und er-
kannte erſt ſpät, daß die iſothermen Linien von der
Breite von Florida bis zu der von Labrador hin nicht
mit einander parallel laufen, daß die öſtlichen und weſt-
lichen Küſten von Nordamerika faſt ſo verſchieden, als
die von Weſt-Europa und Oſt-Aſien ſind. Geſtalt und
Gliederung der Continental-Maſſen und ihr Verhältniß
zu den nahen Meeren, beſtimmen vorzüglich die Inflexion
der iſothermen Linien, die Richtung der gleich warmen
Zonen, in welche man ſich den ganzen Erdball getheilt
vorſtellen kann. –
In frühern Zeiten nahmen Moraldi und Celſius
zwei Tage, den wärmſten und kälteſten, um hiernach
die mittlern Temperatur zu finden, dies gab aber kein richtiges
Reſultat. So hat Moraldi das Jahr 1718 mit 1740 ver-
glichen. Später verglich man die Beobachtungen von zwei
Monaten den December und Auguſt. Aber ſchon Reaumur
hatte 1735 den richtigen Begriff von der mittlern Temperatur auf ge-
faßt, indem er an jedem Tage eine arithmetiſche Progreſſion
fand, welche des Maximum und Minimum gab, und wonach
zu beſtimmen immer das Richtigſte iſt. Hiernach berechnete
er ſchon 1735 die mittl. Temperatur von Paris. Werden die
Beobachtungen zu ungleichen Zeiten gemacht, wie um 9,
12 und 7 Uhr, ſo iſt es falſch, wenn man um die mittl. Temperatur
zu finden, dieſe mit 3 dividirt. Wir vergleichen die
mittl. Temperatur des Morgens mit der des Abends, ſtatt das
Minimum des einen Tages mit dem Maximum des andern
Tages, und dem Minimum der einen Nacht mit dem Maxi-
mum der andern zu vergleichen, wobei aber der Unterſchied
ſehr geringe iſt. Herr Halſtröm hat vorgeſchlagen, die
Curve der täglichen Wärme zwiſchen 2 Minima und 2 Maxima
durch 4 Parabeln zu finden. Selbſt das Maximum der
Wärme eines jeden Tages iſt nicht überall gleich, bei
uns fällt es zwiſchen 2 und 3 Uhr des Nachmittags,
in der ſüdlichen Hemisphäre dagegen zwiſchen 1–1½ Uhr.
Dieſe Beobachtung iſt zuerſt in Cuxhaven gemacht aber
für ähnliche Breiten nützlich. Die beſte Methode
iſt demnach wohl die, daß man das Minim und Maxim
der Wärme bemerkt, und deren die Hälfte nim̃t.
In neuern Zeiten hat man ſtatt des Thermometers
eine Uhr vorgeſchlagen, und Graſsmann wollte nach
der Ausdehnung des Pendels die Grade beſtimmen,
nachdem die Abweichungen der Uhr durchs Thermometer
ermittelt waren. Man muß aber nicht glauben, daß
bei ſolcher Compenſation der Gang des Thermometers
genau angegeben würde. In neuern Zeiten hat man
ſich auch beſonders bemüht, die Stunden zu finden, die
die mittl. Temperatur des ganzen Jahr’s haben. Viele Beob-
achtungen auf dem Fort Eclipſe in Edinburgh haben
gezeigt, daß um 9 Uhr 13 Minuten Morgens und 8
Uhr 27 Minuten Abends die mittl. Temperatur des Tages iſt, ſo
daß zwei Stunden gleichnamiger Temperatur dazu führen.
Und ebenſo läßt ſich nach den Monaten die mittl. Temperatur des
Jahres finden, in Ofen iſt ſie zwiſchen dem 15 und 18ten April
und 15–22ten Sbr; in Mailand zwiſchen den 18–22ten April
in Paris den 22ten April und 18ten Sbr. Der October
iſt überhaupt am günſtigſten zur Beobachtung der
mittleren Temperatur.
Ehe ich im Verfolge der Betrachtungen über die verſchiedenen
Temperaturen der atmosphäriſchen Umhüllung unſers Planeten
weiter gehe, erlaube ich mir noch einmal der Deutlichkeit
wegen eine allgemeine Rückerinnerung des ſchon Geſagten,
damit die Verfolgung des Weiteren mehr Einheit erlangen möge.
Wir haben die Atmosphäre des Erdkörpers in ihrer
Analogie und in ihren Contraſten, ſo wie das Minimum
einer ſolchen Umhüllung ſo wohl früher bei einzelnen Planeten,
inſonderheit des Mondes, als jetzt bei unſern eigenen
Erdkörper unterſucht. Den andern Contraſt einer atmos-
phäriſchen oder ihr ähnlichen Umhüllung bilden die Kometen,
von denen einzelne, wie früher erwähnt iſt, ſelbſt keinen
Schweif erkennen laſſen. Einer von dieſen der Bielaſche,
iſt der einzige und den bekannten, welcher der Erde gefähr-
lich werden könnte, da er die Erdbahn durchſchneidet. Dieſer
Komet, deſſen kleiner Kern kaum 20–24 Meilen im Durch-
meſſer hat, alſo mehr als um die Hälfte kleiner wie
die Veſta (60 Meter Durchm.) iſt, hat in ſeinem Kerne keine
mehr bewegbare Materie. Seine Dunſthülle umfaßt
4⅔ Erdhalbmeſſer, ſo daß ſie 10 mal ſo viel Raum
einnimmt als der Kern.
Die Erdatmosphäre iſt nicht immer in demſelben Zu-
ſtande geweſen, und hat gleichwie die Dunſthülle der Ko-
meten Veränderungen erlitten. Wir haben dieſelbe nach
ihrer Ausdehnung betrachtet, deren Höhe bis zu 10 Meilen
nach der Dämmerung berechnet iſt; aber noch in einer weitern
Ferne etwa 20 und mehrere Meilen iſt eine dünnere At-
mosphäre, deren Grenze die Aerolithen durchs Leuchten anzu-
geben ſcheinen, wozu der Sauerſtoff wahrſcheinlich nöthig
iſt. Ferner haben wir die Umhüllung nach ihrem Drucke
und nach der hygrometriſchen Beſchaffenheit betrachtet, was
uns auf die Waſſermeteore ſelbſt führte, und von denen
wir zur Klimatologie übergingen. Hier ſehen wir gleichſam
eine abſteigende Thermometerſcala vom Aequator nach den
Polen zu in den Naturerzeugniſſen des Zuckerrohrs, Oel-
baums, des Weinbau’s und endlich der fruchtreichen Gräſer.
Die große Menge von Thatſachen, welche in neuerer
Zeit den Temperaturbeobachtungen zu Hülfe gekommen ſind,
erlauben, die Klimatologie beſſer ordnen zu können, und
weſentlich dient hierzu, die Luft über den Continenten und
dem Meere einzeln für ſich zu betrachten. Bei den Conti-
nenten erfordert ſie eine beſondere Unterſuchung der
untern Schichten in den Ebenen, und der obern oder den
Höhen. Auch die Beſchaffenheit des Meere’s äußert den
wichtigſten Einfluß, und wohl iſt zu unterſcheiden, ob die
Atmosphäre auf den flüſſigen Theilen deſſelben oder dem
Starren, dem Eiſe ruht. Ferner habe ich die Intenſität
des Lichts, den Einfluß der Berge, die dunkele oder helle
Farbe des Erdkörpers, und die Wirkung der Sonnenſtrahlen
eines dunſtigen oder wolkenfreien Himmels abgehandelt.
Nach den früher angegebenen Verſuchen des Herrn Gay Lusſac’s
müſſen die Sonnenſtrahlen einen unmeßbaren Einfluß haben.
Dieſem reihete ſich die Betrachtung des Küſten und Innern
Klima’s an. Die directen Sonnenſtrahlen ſind es allein
welche im Parenchym oder dem Zellgewebe der Pflanzen ſo höchſt
einflußreich wirken, und deren Wirkung (Wärme) durch das
Thermometer nicht gemeſſen werden kann. Eben darum auch
zieht ſich den Weinbau auf den Höhen bis zu einem kleinen
hinauf, bei dem er in der Ebene längſt aufhört, und manche
Pflanzen gedeihen in einigen Gegenden, wo ſie ſonſt nicht
gedeihen würden, und das Thermometer nicht ſo viele
Grade angiebt. Auch der Kälte wurde gedacht etc. etc.
Herr Gay-Lusſac fand, daß eine beträchtliche Kälte
von etwa − 10° R. hervorgebracht wurde, wenn er am Ther-
mometer auf feuchte Subſtanz (Papier etc.) gelegt,
in eine recht trocken Luft gebracht wurde. Das Waſſer
von den feuchten Subſtanzen wird augenblicklich von der trocknen
Luft aufgenommen wodurch viel Wärme gebunden wird.
In Afrika ſinkt jedesmal das Thermometer um 15°
wenn der Harmattan weht. Bei der Vergleichung des
Continental- und Küſtenklima’s erkannten wir den Unter-
ſchied der Oſt- und Weſtküſten, wobei wir wahrnehmen,
daß die Oberfläche des Oceans eine beſtändige Tendenz von
Wärme hat, die beim Attlantiſchen Meere 7° beträgt.
Parry, der den Einfluß des Meeres auf die Continente,
beſonders des Weſtwindes auf die Weſtküſten nicht geahndet
hat, führt an, daß an der Baffingsbai die Oſtküſte kälter
als die Weſtküſte ſei, und er ſchreibt es fälſchlicher Weiſe
der Rotation der Erde zu. Dieſe Verſchiedenheit des
Küſtenklima’s hat uns auch auf die Idee der iſothermen
Linien geführt, und wir haben geſehen warum Nordamerika
für Kälter gehalten wird, oder warum die Linien gleicher
Wärme weder Parallelkreiſe, noch unter ſich parallel ſind.
Das Continentalklima hat die Eigenthümlichkeit, daß die
Winter ſehr kalt und die Sommer ſehr heiß ſind. In New
York das ſüdlicher als Neapel liegt, iſt im Sommer die
mittl. Wärme 21°, dagegen bleiben die großen Ströme
dort im Winter 3–4 Monate gefroren. Anders aber
iſt es wenn ⎡man über das Allegheniſche Gebirge in die großen
Ebenen des Miſſiſippi geht; je man hat an der weſtliche
Küſte von Amerika noch eine größere Wärme als unter
denſelben Breiten in Europa. Die Zunahme der Wärme
giebt eine arithmetiſche Progreſſion, wo das Maximum bei uns
um 2½ Uhr und das Minimum gleich vor Sonnenaufgang iſt, ſo
daß wir an jedem Tage 2 Beobachtungen haben.
Die mittlere Temperatur eines Ort’s läßt ſich auch uns der
Quellenwärme erkennen, genauer aber noch aus Bohrlöchern,
wo ſie ſich nach Verſuchen in Frankreich bei 32′ Tiefe ergiebt.
Auch die Oberfläche des Meer’s unter denſelben Breitegraden
giebt die mittl. Temperatur des Ort’s, aber in der Regel etwas
weniger höher. Noch ein anderes Mittel was ſchon die
Alten kannten, iſt das durch die Kultur des Bodens und
der Früchte. Die jährliche mittl. Temperatur von Berlin iſt faſt
7°, und die mittl. Temperatur des Auguſts iſt zwiſchen 14 und 15°.
Um die Kultur der Dattelpalme in ihrer wahren Schönheit
hervor zu bringen iſt die mittl. Temperatur von 18° nöthig; dagegen
um nur einen Wald von dieſen Palmen ohne Früchte zu
ziehen, wie man es weſtlich von Genua ſieht, reicht die
mittl. Temperatur von 14° hin. Citronenbäume können wenn ſie
in freier Luft ſtehen, und nicht wie bei uns gleichſam in
Hoſpitälen gepflegt werden, wohl 6° unter 0 ertragen.
Die mittl. Temperatur derſelben iſt ſonſt 13½°. Die des Oelbaums
der in Europa zwiſchen 36–44° Br. wächſt iſt 11½–14°,
hier kommt es aber vorzüglich auf die kälteſten Monate
an, nicht unter 4½° darf es kommen. Guter trinkbarer
Wein erfordert 7–8° mittl. Temperatur zu ſeinem Gedeihen iſt
aber hauptſächlich nöthig, daß die mittl. Temperatur der Wintermonate
nicht unter den Gefrierpunkte herabſinkt, und daß die mittl. Sommer-
wärme wenigſtens 15° beträgt. Dies Verhältniß hört
in Europa mit dem 50ten Grade, in Amerika aber ſchon mit
den 40ten Grade auf. Die Cerealien werden noch gebauet, wo
die mittl. Temperatur des Winters 1½–2° unter 0 iſt, und die
der Sommermonate nicht unter 7–8° ſinkt. Die Birke
braucht 7½° Wärme um auszuſchlagen.
Das Erwachen der Natur im Frühjahre iſt ſo wohl-
thätig, daß ſie beſonders zu vielfältigen Beobachtungen
Anlaß gab. Ihr ſchnelles Erwachen beruht darauf, daß
in einer kurzen Epoche die Wärme bedeutend zunim̃t.
Die Pfirſiche blühen bei 4½° und die Bäume fangen an bei
8–9° auszuſchlagen. Die Zeit des Ausſchlagens iſt in Rom
in März, in Berlin anfangs Mai, in Upſala Mitte Juni.
Am wichtigſten iſt aber die Vegetationszeit, welche im
ſüdlichen Frankreich 270 Tage dauert bei einer mittl. Temperatur
von 9°; in Petersburg iſt ſie nur 120 Tage. Gerſte
wird noch in den Gegenden gebauet, die 90 Tage bei 7°
mittl. Temperatur haben, und die Kartoffeln als unterirdiſches
Product, haben den Vortheil daß ſie noch nördlicher gedeihen.
Wenn wir die Wärme betrachten, ſo iſt in Berlin der
größte Wechſel derſelben zwiſchen März und April, wo der
Unterſchied der mittl. Temperatur 8½° iſt. Schon geringer iſt er
vom April zum Mai, nämlich 3°. Im Norden iſt der
Unterſchied noch größer aber tritt ſpäter ein, dann in
Petersburg iſt er vom April zum Mai mit 7¾° am ſtärkſten,
und hier findet oft ein plötzliches Steigen von 3 bis 10° ſtatt.
In Petersburg iſt die mittl. Temperatur nur 3–4°. In Südame-
rika muß man in einigen Gegenden ſich vor den Erkälten
fürchten, wenn man aus der Sonne in den Schatten trit.
Nun wollen wir uns zu dem allgemeinen Reſultaten
wenden, und zwar 1tens zu der Abnahme der mittl. Temperatur des
Jahr’s vom Aequator bis zu den Polen auf den Ebenen
der Continente. – Hier in der temperirten Zone war
ich die Zwiſchenpunkte annehmen.
Ueber die Temperatur unter dem Aequator iſt viel ge-
ſtritten. A. hat ſie zu 24° beſtimmt, ſie iſt aber nicht
mehr wie 22,2°. Die Beobachtungen von Ceylon ergeben
21°,7. Batavia 21°,2. Die mittl. Temperatur des Jahres unter
dem Aequator iſt alſo um 1½° wärmer als die des wärm-
ſten Monats in Neapel, um 2° als die in Rom, um 7°
wärmer als in Paris und um 9° als in Berlin. Gegen den
Wendekreiſe hin nimmt ſie ab, obgleich die Gewächſe die-
ſelbe bleiben, da ſie hier wie in Weſtinden nur 19–22° iſt.
Havannah hat 20°,5, Macao faſt 19°, wo es ſogar auf der
öſtlichen Küſte im Winter friert. Rio-Janeiro hat 19°.
Auf den Canariſchen Inſeln nach Herrn von Buch, unter 28° Br.
18°,2. Unter demſelben Grade iſt ſie in Nilthale von Africa
etwas früher. Cairo hat 18°. Mailand nur 10°, und Paris
7°,5. In weiter gegen Weſten um ſo höher erhält ſie ſich,
denn in Stockholm ſind es 4°,5, in Finnland 4°, in Petersburg
kaum 2°,5. Die mittlere Temperatur von Paris iſt bei uns anfangs
Mai, und die von Petersburg in März herrſchend.
Näher den Polen zu, fehlt es an genauen Beobach-
tungen. Scoresby (der berühmte Wallfiſchfänger) fand unterm
78° der Breite −5°,5, weſtlich von der Hudſonsbai −7°,5
mittlere Temperatur das Fort Entrepriſe in der kälteſten Gegend
unter 64° N. Br. im Lande der Kupferindianer hat −7°.
Parry fand, daß die 6 Wintermonate der Mellwilles-Inſeln
24–25° – 0 mittlere Temperatur hatten, alſo ebenſoviel unter dem
Gefrierpunkte, als unter dem Aequator darüber. Oeſtlich
von der Bären- und weſtlich von der Knocheninſel iſt dieſelbe
Temperatur. – Ueber die mittlere Temperatur der Pole iſt
ebenfalls viel geſtritten; man nimmt hier ein allmähliges
Abnehmen der Wärme an, und Herr Arago hat ſie in einer
kürzlich erſchienenen Schrift wenigſtens auf −20° beſtimmt.
Der berühmte Aſtronom Tobias Meyer hat ſich ſehr über die
Abnahme der Wärme geirrt. Ich bin der Meinung, daß die
mittl. Temperatur der Pole, ſo viel unter dem Gefrierpunkte beträgt,
als die des Aequators über demſelben iſt.
Wenn man ſo vom Aequator gegen Norden in die tem-
perirte Zone übergeht, iſt die Abnahme der Wärme in dem
verſchiedenen Syſteme der iſothermen Linien verſchieden. Die-
jenigen Linien welche correſpondiren, bilden wie es in
Europa oder dem alten Continente der Fall iſt, den
concaven Scheitel; das Gegentheil iſt, wenn ſie wie in
Amerika den convexen Scheitel zeigen. Es giebt daher
ein cisattlantiſches Syſtem in Europa und ein tranſat-
lantiſches in Amerika.
Schreitet man von 10 zu 10° von Aequator nach Norden
fort, ſo wird man zwiſchen den 40 und 45ten Grade die ſtärk-
ſte Abnahme der Wärme finden. Es iſt dies nicht allein
phyſikaliſch ſondern auch mathematiſch wichtig, da hier die Theorie
mit der Praxis übereinſtimmt. Es iſt hier die Zone, wo der
Oelbaum an den Weinbau grenzt, und wo die Länder liegen,
welche eine große aber auch verſchiedene Kultur haben, die in
ihren mannigfaltigen Erzeugniſſen und Producten der Natur
den Handel haben, die Thätigkeit des Geiſtes fördern, und
ſo weſentlich auf ein geiſtiges Fortſchreiten einwirken.
In der temperirten Zone iſt ein Jahr verſchieden von dem
andern; in Paris iſt dies häufig um 1–2° der Fall.
Da nun die Jahre aber die glücklichſten und ſagenreichſten
ſind, wo eine beſtimmte Maſſe von Wärme auf den Erd-
boden in einer gewiſſen Zeit hervorgebracht wird, ſo iſt es
nothwendig, dieſe beſtimmte Quantität der Wärme in
ſolchen Perioden zu wiſſen. Die mittl. Temperatur der Jahre in
unſern Breiten ſind oft in ſo weit verſchieden, daß ſie um
¼ der Wärmequantität mitunter abweichen, und um 1°
mit Gewißheit zu beſtimmen, hat man eine Maſſe von
8000 Beobachtungen nöthig. Unter dem Aequator iſt die
mittl. Quantität der Wärme ſich ſo gleich, daß ſie nach mehr-
jährigen Beobachtungen nur um 1/20° vereint. In Paris hat
man nach 21 jährigen Beobachtungen gefunden, daß die
Wintermonate um 5–6° abweichen; und daß ſelbſt der
wärmſte Sommermonat Auguſt, da er gewöhnlich 13–14°
mittl. Temperatur hat, zuweilen 17–18° giebt.
Ueber die Maxima der Wärme herrſchten bisher viele
Unrichtigkeiten, weil die Beobachtungen nicht immer unter
dem Einfluße des Schattens angeſtellt ſind. Nach den Unter-
ſuchungen des Herrn Arago kann kein Reiſender in einer reinen
Atmosphäre 7′ über der Erde, das Thermometer höher als
37° geſehen haben. Zu Baku in Indien ſoll es bei Tage
37–39° und des Nachts 27° zeigen. Capit. Tucky hat
bei Tage aber nur 36° und des Nachts 28° beobachtet. Der
Capitain Beaufort hat am Senegal 38½° bemerkt. Herr
Ritſchi will in Fezzan wo er ſtarb, zwiſchen 38–43° geſehen
haben. Die Atmosphäre iſt hier ganz mit Staub gefüllt,
und indem dieſe kleinen Partikelchen an die Kugel des Thermome-
ters ſchlagen, bewirken ſie einen höhern Stand deſſelben; man
kann dieſe Beobachtung daher nicht ſo annehmen, als wenn
ſie im Zuſtande einer reinen Atmosphäre angeſtellt wäre.
In der temperirten Zone iſt die Hitze verhältniß-
mäßig größer als unter den Tropen, die in erſterer
häufiger hohe von der Nova abweichende Wärmegrade ſich
zeigen. Nach den Beobachtungen der letzten 20 Jahre er-
reichte das Thermometer in Paris einmal 29°,5, und 8 mal
28°; beſonders heiß war es im Jahre 1793, wo es auf 30°,7 ſtand.
Die Menſchen können eine weit größere Hitze ertragen,
als man gewöhnlich glaubt, denn in der Oaſe von Mursuk
leben die Einwohner Monatelang bei + 43°, ohne Beſchwerden
zu fühlen, obgleich die Blutwärme nach den neueſten und
beſten Unterſuchungen von John Davy kaum 30° hat, früher
nahm man ſie zu 32° an, was aber falſch iſt. Bei den
Vögeln ſteigt ſie bis zu 35°. Bei den Verſuchen des
Dr. Blickſtedt über den Einfluß der Wärme auf den
Menſchen, die in Zimmern angeſtellt wurden, haben mehrere
Perſonen bei 102° R. acht Minuten aushalten können.
Bei einer ſolchen kaum glaublich erhöheten Temperatur werden die
Menſchen durch die eigene Dunſthülle der Tranſpiration
geſchützt. Der Sand in den Wüſten ſteigt oft bis
zu 50° R. Am Orinoko finden ſich ſchwarze Steine, die
eine ſolche Hitze annehmen, daß ſie des Nachts noch 40
und einige Grade zeigten, da die Temperatur ſonſt doch weit ge-
ringer iſt.
Die größte Kälte iſt noch die, wo Weingeiſtthermo-
meter gefroren ſei ſollen. Die, welche die Menſchen
noch gut ertragen können iſt − 40° R. Parry fand
dieſe im Lande der Eskimos, und verſichert, daß die Ein-
wohnern zu den fröhlichſten Menſchen gehören, die in Erd-
hütten wohnen und Eisſchollen ſtatt Fenſter haben.
Parry bemerkte, daß wenn die Kälte nur um 5–6°
abnahm, er und ſeine Begleiter ſich ſo beſchwert fühlten,
daß ſie die Fenſter öffnen mußten, um friſche Luft zu
genießen. Ein Gegenſatz hiervon iſt in Guayaquil, wo
die Spanier ſchon bei 18° Wärme friern und ſich in ihre
Mäntel hüllen, weil der plötzliche Wechſel ſo empfindlich
wirkt.
Ganz etwas anderes iſt die zufällige große Kälte,
welche nicht mit den Breitegraden zuſammenhängt. In
Petersburg war ſeit 72 Jahren die größten Kälte welche
mit Genauigkeit beobachtet wurde 39°,2. In Berlin
war die größte beobachtete Kälte 21°,5. Herr
Mädler der ſich ſehr beſchäftigt hat die Temperatur in den letzten
30 Jahren zu unterſuchen, beobachtete, daß in 27 Jahren
nur 2 mal 21° Kälte waren, den 24 Januar 1823 und den
9ten Jan. 1820. das Jahr war nächſt dieſen das Kälteſte.
In Paris war die größte Kälte 18°,8, mit Ausnahme
des Jahr’s 1795 wo 19° waren. In Marſeille wo die
mittl. Temperatur 11½° iſt, war es 1789 − 13°,5. Verſchieden
von dieſen zufälligen Kälten iſt die mittl. Kälte, die
in Berlin 12°,5, in Paris 8°,5, und in Petersburg 24°,5
iſt. Daß ſolche zufällige Kälten ſelbſt in ſüdlichen Ge-
genden ſtatt finden, davon geben uns die Araber ein
Beiſpiel, denn als der Patriarch von Antiochien den Mammun
begleitete, fand man den Nil bei Cairo gefroren. Es
ſcheint ſelbſt in Liſſabon und Cadix unter 36–37° Breite.
Das Klima, wo die unangenehme Empfindung der Kälte
nicht ſtatt findet, fängt mit dem 29° der Breite an.
Nicht ſo wohl iſt die jährliche Quantität der Wärme
auf alle Monate vertheilt wichtig, als die welche in den
verſchiedenen Jahreszeiten herrſcht. So findet ſich in dem wohl-
thätigen weſtlichen Klima des alten Continents eine
geringe Verſchiedenheit in den iſothermen Linien zwiſchen
der Sommer- und Wintertemperatur, dagegen iſt in Amerika
zwiſchen beiden der größtmögliche Unterſchied. In New-
York z. B. unter 40°,3 Breite, in der Linie von Neapel
iſt die Sommerwärme gleich der von Rom, die das Winter
gleich der im Kopenhagen. In Quebeck iſt es noch bedeu-
tender da der Sommer gleich dem in Paris, der Winter
aber dem in Petersburg gleich iſt. Sehr möglich daß dieſe
unglückliche Kälte Theil an dem gelben Fieber der
Einwohner hat. In den Zahlen der iſothermen Linien
geben die obere die Sommerwärme, die untern die Winterkälte an.
Nach einiges von dem Unterſchiede der nördlichen
und ſüdlichen Hemisphäre. Früher waren alte Vor-
urtheile, daß die ſüdliche Zone kälter ſei, die beſonders
noch durch Cooks Reiſen vermehrt wurden. Herr Huygens der
dem Südpole näher als Cook kam, fand immer noch ein
eisfreies Meer. In Chili iſt es nicht um 3° kälter als
in Cadix, je wenn wir die Pyramidalform in Anſchlag bringen,
ſo würde hier dieſelbe mittl. Temperatur ſein, ſo daß man ſich über die
Einheit der Natur wundern muß. Am Vorgebirge der guten
Hoffnung iſt die mittl. Temperatur 15°,5, in Port Jackſon 15°,4,
und Buon-Ayres 15°,8, alſo nicht um ½° Unterſchied.
Eine größere Verſchiedenheit der Kälte fängt erſt in der
Breite von Berlin an, wo ſie in der ſüdlichen Hemisphäre
größer iſt. Es rührt dies von der kleinen Entfernung der
Sonne während des Winterſolſtitiums in unſerer nordiſchen
Zone her, und dieſer längere Aufenthalt nördliche der
Sonne wirkt kältend auf die ſüdliche Zone. Beide He-
misphären haben eine gleiche Quantität Wärme und
Licht. Nur der Verluſt der Wärme iſt in der ſüdlichen
größer, weil die Sonne 8 Tage ſpäter eintrit. Dieſes iſt
die Anſicht von Prewoſt. Die Haupturſache liegt aber
wohl in dem Mangel der Continente, indem hier beweiſe
⅓ weniger als in der nördlichen ſind, wodurch eine geringere
Menge Wärme und Lichtſtrahl der Sonne zerſetzt werde.
Die Kenntniß der obern Luftſchichten war bis zum
Jahre 1782 ſehr dunkel, bis daß ſie durch aeroſtatiſche
Verſuche genauer unterſucht wurden, denn früher betrachtete
man die auf den Höhen nicht anders, als die am Fuße der
Bergen. Die Maſſe von Hagel welche auf den Bergen
ſich lagert, macht glauben daß es oben kälter ſei.
Daniel Bernoulli hat noch daran gezweifelt, je durch die
Hydrodynamic ausgeſprochen, daß die Kälte ein Einfluß
der Berge ſelbſt ſei. Die Indianer und Creolen im ſüd-
lichen Amerika glauben, daß der Schnee von ſalpetrigen
Salzen herrühre. Die Aeroſtaten haben dieſes alles
nun widerlegt; ſo fand Herr Gay-Lusſac, als er bei
23° in die Luft ſtieg, in einer Höhe von 20,000 Fuß
nur 5–6°. Den Alten hat man unrecht mäßiger Weiſe
dieſe Idee zugeſchrieben, denn Ariſtoteles ſagt ausdrücklich,
daß die ſtrahlende Wärme abnehme, wenn man oben an
die Berge komme, höher hinauf aber wieder dieſelbe Wärme
eintrete. Sie glaubten daß es jenſeits der Ipheiſchen
Gebirge ſchrecklich kalt ſei, nach den Polen zu aber wieder
ſehr warm werde, und unter dem Aequator wieder kalt
ſei. Einige glaubten ſogar daß es Berge guäbe, die
wiederum aus der Schneegränze emporragten, und worauf
es wieder ſchön ſei.
In der temperirten Zone giebt es wenig Hochebenen
wo ſich noch Fruchtbarkeit zeigt; eine von dieſen iſt die
Bairero (?) von 1560′ Höhe, gegen die der Anden iſt ſie
aber höchſt unbedeutend. Die Urſache warum in der tempe-
rirten Zone die Gröſſe der Hochebenen ſo verſchieden von denen
der Tropen iſt, liegt darin, daß hier die Gebirge aus größern
und dickern Maſſen beſtehen, auf denen ſich größere frucht-
reiche Ebenen erhalten können. Eine Ausnahme hiervon
macht aber das Himalhaigebirge. Auf der andern Seite
des Aequators können über 40° Br. hinaus, auf einer
Höhe vom 7000′ die Menſchen ſich nicht mehr erhalten. In
Südamerika, in Mexico und in Habeſch erhaben ſich
große Hochebenen bis zur Höhe von 6–7000′. Wenn
wir die Gebirge von Aſien betrachten, ſo werden wir 2
Gebirgsketten finden, von denen erſtens das Himalhaige-
birge, das Zungengebirge etc. etc. und den Flächeinhalt
aller dieſer Gebirge vereint, nehmen ſie doch keinen
größen Raum als Neuholland ein. Aus Marco Paulos
Reiſen ergiebt ſich, daß ſelbſt der Weinbau bis nach
Sibirien hinaufgeht, und durch Abel Remusat haben
wir eine Menge Pflanzen kennen gelernt, welche auf
dieſen Hochebenen Aſiens wachſen. Die neueſten Nachrichten
ſind aber von Gerhard (1821–1822) wonach der Ackerbau in
weſtlichen Tibet noch auf einer Höhe von 141,000′ getrieben wird,
[wo] in andern Gegenden die Schneegrenze auf ewig ihren Sitz
aufgeſchlagen hat. Durch die Wärmeſtrahlung allein iſt
es möglich, daß die Menſchen auf dieſen Höhen leben können.
Finden ſich unter denſelben Breiten-Graden, wo in dem
nördlichen Europa noch Garten- und Ackerbau getrieben
werden, in Nord-Amerika und Nord-Aſien nur ſumpfige,
moosbedeckte Länder, ſo äußert dagegen die kräftige
Wärmeſtrahlung von Inner-Aſien, zwiſchen den faſt
parallelen Bergketten des Himalaya, des Zungling und
des Himmelsgebirges, den glücklichſten Einfluß auf
die Aſiatiſche Bevölkerung. Die ewige Schneegrenze liegt
am nördlichen Abhange des Himalaya 4000′ höher als am
ſüdlichen Abhange, und die phyſikaliſche Erklärung welche ich von
dieſer ſonderbaren Erſcheinung gegeben (Annales de Chimie
et de Phyſique Temperatur III. p. 297. etc.) iſt durch neue Meſſungen
und Beobachtungen in Oſtindien, nach Herr Colebrooke’s Berichte,
beſtätigt werden. Millionen von Menſchen Thibetaniſcher Ab-
kunft und düſterer, religiöſer Gemüthsſtimmung, bewohnen
volkreiche Städte, da, wo bei einer minderen Ausdehnung und
mindere Continuität der Hochebenen, Felder und Städte,
das ganze Jahr hindurch, in tiefem Schnee vergraben ſein würden.
Die Oberfläche der Erde ſelbſt kann man als die
Quelle der Wärme betrachten. Die ſtrahlende Wärme
geht durch die reine Luft, ohne dadurch geſchwächt zu werden
nicht aber ſo wenn die Luft mit Dünſten angefühlt iſt,
und da in den untern Luftſchichten die Wärme von der
Erde zurückſtrahlt, ſo müſſen dieſe auch wärmer ſein, und
überhaupt mehr die Wärme unter abſorbirt werden.
Laplace ſagt, wenn es keine Atmosphäre gäbe ſo würde
es bei 24,000′ Höhe nicht kälter ſein als auf der Erd-
oberfläche. Zu dieſer Annahme verleitete ihn die Mei-
nung, daß die Luft bei ihrer Ausdehnung Kälte hervor-
bringen, und ſo umgekehrt, daß wenn die Luft von oben
herabſteigend, unten comprimirt würde, Wärme er-
zeuge, daher unten warm oben kalt; mit dieſer Mei-
nung iſt Laplace auch geſtorben. Herr Leslie war der-
ſelben Meinung. – Man muß ja auch bedenken,
daß durch aufſteigende Ströme, auch wieder niederſteigende
Luftſtröme entſtehen müſſen. Die alleinige Urſache
bleibt aber nur die Oberfläche der Erde ſelbſt, welche
die Strahlen abſorbirt.
Die ſtrahlende Wärme geht
nicht durch ein Glas, es müßte denn ſein bei hoher Temperatur.
Es giebt vielleicht in den der untern Luftſchicht beigemiſchten
gasförmigen Theilchen ſelbſt eine Wärmeleitung, nach den untern
dichtern Theilen, denn wenn man wie Herr Pictet bemerkt,
auf die Oberfläche des Waſſers eine heiſſe Platte legt,
ſo geht die ihr ausſtrahlende Wärme nach unten.
Weil die Temperatur der obern Schichen von dem
Zuſtande der Oberfläche des Erdkörpers abhängt, ſo müſſen
ſie auch im Sommer eine andere Temperatur als im Winter haben.
Ueber 7000′ iſt daher eine ganz andere Temperatur als über dem
ſtrahlende Continente. Wenn aber alle Meere auf 4–
5000′ ſinken, würden alle Klimate der Erde kälter werden,
weil ſie dann Hochebenen würden. Dieſe Wärme würde
ſich aber weniger in den wärmeſtrahlenden Ebenen zeigen
als in den äußerſten Extremen derſelben. Unterſuchen
wir alſo die Elemente aller dieſer Einwirkungen in den
höhern Schichten, ſo finden wir daſelbſt deshalb weniger Wärme
als in den tiefen Schichten, weil weniger abſorbirt
wird, dazu kommt noch, daß in den obern Luftſchichten
weit weniger Dunſtbläſchen ſich befinden. Da wo nun
Berge ſind, werden ſie auf der einen Seite eine Urſache
der Wärme ſein, auf der andern dagegen ſtrahlen ſie auch
mehr aus, und des Nachts iſt dieſe Strahlung auf den
Bergen ſtärker, wo die Bergzapfen in die Luft hinein-
reichen, daher auch auf Bergen von rundlicher oberer Bildung
über den äußerſten Spitzen ſich [unleserliches Material – 1 Wort fehlt] Wolke bilden.
Die Abnahme der Berge bis zu den höhere Schichten
iſt beſonders wichtig für die Barometermeſſungen, da in
den Beſtimmungen der neueſten Formeln die Abnahme
der Temperatur mit dem Barometerſtande eine arithme-
tiſche Progreſſion bilden. Es giebt aber Mittel dieſe
einzelnen Luftſchichten zu berechnen
Die Temperatur der Höhen iſt ſehr trüglich, weil ihre ſenk-
rechten Richtungen die Kälte in ſich erzeugen, aber nicht die
Wärme einnehmen. Herr Fournier bemerkte, daß wenn die
Schichten gleiche Wärme haben, dieſe nicht von der Höhe der
Berge abhängt. Dagegen ſind die Beobachtungen an den Ab-
hängen der Berge weit ſicherer, weil hier die Perturbationen
uns ſehr kleine Verſchiedenheiten geben.
Wo ſich große Ebenen hoch in das Luftmeer als Un-
tiefen erheben, werden ſie bei Tage ſich ſchneller erwärmen,
als der Abhang der Gebirge, bei Nacht ſtrahlen ſie dagegen
auch wieder mehr aus. Demnach iſt es in den Städten
von Amerika die auf ſolchen Hochebenen liegen wärmer,
als in denen am Abhange der Gebirge von gleicher Höhe,
jedoch iſt der Unterſchied nicht über 1½–2°. Liegen
aber die Ebenen, wie in Central-Aſien noch größer aus-
gebreitet, ſo iſt der Unterſchied auch bedeutender, weil hin-
durch andere Geſetze entſtehen wie in den Anden ſind.
Auch die Abnahme der Temperatur an den Gebirgen iſt ſich nicht
immer gleich; am bedeutenſten iſt ſie in der Höhe von
6–7000′ wo die erſten Wolkenſchichten gewöhnlich ſich unter
den Tropen zeigen, darüber hinaus iſt die Abnahme
wieder geringer. Die Temperatur iſt ſowohl unmittelbar unter
den Wolken, wie auch darüber nicht ſo niedrig, wie in
dem Nebel derſelben. Auch meinen Reiſen in den Tropen
fand ich durch viele Vergleichungen, daß bei einer Höhe
vom 700′ das Thermometer aus um 1° ſinkt. Dagegen
nimmt ſie den Alpen und Pyrenäen nach den Unterſuchungen
von Sausſure, Ramond etc. im Sommer bei 520′ und im
Winter bei 400′ Höhe um 1° ab. In den höhern
Luftſchichten der Tropen iſt daher die Abnahme der Temperatur
geringer als in der nördlichen Zone. Laplace hat
eine Formel angegeben, nach der man aus der Strahlen-
brechung die Temperatur berechnen kann. In kälteren Gegen-
den hat man erſt bei 900′ eine Abnahme der Temperatur um 1°
gefunden. Es iſt alſo in den höhern Luftſchichten ſolcher Zonen
weit weniger kalt als man glauben ſollte. Durch Barometer-
formeln ſollte man eigentlich die Temperaturabnahme
auf die einzelnen Schichten anwenden können, da dieſe dann
den Höhen proportional ſein würde. Unter den Tropen
wo die Temperatur ſo gleichförmig iſt, iſt es am beſten, die Ab-
nahme derſelben mit der Temperatur der einzelnen Monate zu
vergleichen. So herrſcht in den Ebenen des Orinoko und
Amazonenſtrom’s eine Temperatur die höher (3–4°) als die des
Auguſts in Berlin, und gleich iſt der des Auguſts in Rom.
Höher hinauf nach Loxa, wo die Wälder der Cinchonen
anfangen, iſt noch auf der Höhe von Popayan bei 6000′
die Temperatur der des Auguſts von Berlin gleich. In
den Hochebenen von Quito bei 9000′ iſt die Temperatur gleich der
in Anfange des Mai’s zu Berlin. Dann kommt aber die Schnee-
grenze, die Paramoszone (?), wo die Bäume nur krüppelartig
ſich zu einer Höhe von 3–4′ emporarbeiten, und die Temperatur des
Nachts auf 3–4° R. herabſinkt. Bei 10–11,000′ Höhe herrſcht
das ganze Jahr hindurch die mittl. Temperatur von Berlin in April.
Auf 6000′ iſt unter den Tropen die mittl. Temperatur der von
Calabrien gleich, dagegen die unter dem 40° Br. bei
6000′ Höhe der von Lappland gleich iſt.
Nun wollen wir die iſothermen Puncte der Ebenen
der Erde mit denen an den Bergen vergleichen, welche
ſie in gekrümmte Linien berührt. Man bildete ſich
früher ein, daß die Pole den Gefrierpunct als mittl.
Temperatur hätten, und ſelbſt Lexlei war dieſer Meinung.
Die Schneegrenze iſt aber nicht immer da, wo die Temperatur
iſt, ſondern ſehr verſchieden, unter den Tropen iſt ſie
z. B. 2° über dem Gefrierpuncte.
Die Höhen der Berge mit den Breitegraden zu meſſen
war die erſte Idee. Schon Tournefort hatte als er den
Ararat beſtieg eine ähnliche Idee, er glaubte nämlich in
den verſchiedenen Schichten die Kulturen der verſchiedenen
Länder zu finden, fälſchlicher Weiſe aber na[hm er] nach
der Lage des Landes zuerſt die Kultur von Italien
und glaubte daß dieſer die von Frankreich folgen müſſe,
dieſer die des nördlichen Deutſchlands, Lappland etc.
Ich fand dagegen, daß wenn man zwiſchen 40° und 50° N. Br.
von den Alpen die erſten 3000′ vergleicht, ſo corres-
pondiren zu dieſer Höhe 15 Meilen der Ebene nach Norden
oder 1° N. Br. Will man aber die Schneekoppe beſteigen,
ſo iſt es als wenn man 15° gegen Norden ginge, gleich Lapp-
land unter den 68° Br.; dagegen hat die Ebene bei derſelbe
8° mittl. Temperatur. Im Sommer kommen bei den ſüdeuro-
päiſchen Gegbirgen auf 3000′ nur 10 ſtatt 15 Meilen.
Ganz anders iſt es mit der Weinkultur; ſie geht
höher auf die Berge als ſie ſich in den Ebenen gegen Norden
hin erſtreckt. Auf der Höhe von 2400′ wird in ſüdlichen
Frankreich nach Weinbau getrieben, der dagegen 4° weiter
gegen Norden aufgehört hat. Nach der Kultur der
Pflanzen kommen auf dieſe 3000′ nicht 15 ſondern 7 Meilen.
Das Phänomen der Schneegrenze mußte ſchon früh die
Einbildungskraft der Menſchen beſchäftigen, indem es ein
ſinnlicher Beweis der kälteren Temperatur oben auf hohen Gebirgen
iſt. [W]enn ſchon auf den Alpen und Pyrenäen wo nur
unſere Eichenarten noch wachſen, es einen herrlichen Contraſt
giebt, dieſes Grün der Wälder in den höher hinauf nie-
drigen Strauch und Raſenbekleidung übergehen, und dieſe
wieder mit dem unendlich fortlaufenden Weiß des Schnee’s
abſtechen zu ſehen, ſo muß die Natur unter den Tropen
ein noch weit großartigeres Anſehen geben, weil der Contraſt
hier ſchöner, erhabener und prächtiger ſich darbietet. Be-
ſonders empfindet man dieſes auf der weſtlichen Seite
der Andeskette, wo die herrlichſte Phyſiognomik der tropi-
ſchen Gewächſe beſonders der Palmen, des Piſang etc.
ſich gegen die Schneegrenze erhebt, und wo dieſe den Unter-
ſchied der höchſten Berge ſo deutlich bezeichnen. Von Charles
Marie de la Condamine und Bouguer die den Chimboraſſo
maßen, wußten ſchon die Indianer, daß dieſer Berg
der größte ſei. – Dieſes Phänomen kann aber nur
unter den Tropen, ſo deutliche Beweiſe dafür abgeben, denn
in der temperaten Zone iſt die Schneegrenze nicht ſo auffallend
gleichförmig abgeſchnitten. Dieſer Untergang iſt ſo gleich be-
grenzt, daß man in den Landſchaften, wo er der Natur
ganz getreu wieder gegeben wie mit dem Linial bezeichnet
erſcheint, man die Wahrheit leicht in Zweifel ziehe, und
es der Phantaſie zuſchreiben kann. Dieſe Grenze iſt ſo genau,
daß der Unterſchied nur 15 Toiſen beträgt. In den Pyrenäen
dagegen ſind eine Menge Lokalperturbationen, durch welche
die Schneegrenzen oft tief hinab ſinkt. Der Montblanc
würde unter dem Aequator noch nicht in die Schneegrenze
reichen. Den Alten welche die Schneegrenze nur bis zu
30° N. Br. kannten, entging es, derſelben eine beſtimmte Höhe
geben zu wollen um ſo mehr, da die Begrenzungen derſelben,
jemehr man ſich dem Pole nähert, unbeſtimmt erſcheinen.
Dieſe Erſcheinung konnte erſt durch die Entdeckung von Amerika
deutlich erkannt werden, wo ſchon der Eliasberg, Kamtſchatka
gegenüber, in ſeiner Höhe gleich der Schneegrenze gehalten
wurde. Der Decapicado in Chili wurde von Abt Molina
für höher als der Chimboraſſo gehalten, weil er nicht darauf
achtete, daß die Schneegrenze gegen die Pole hin immer mehr
abweicht. Wahrſcheinlich daß die hier bei 35° Br. auf
5000′ anfängt, dagegen unter dem Aequator mit 9000′ (?) beginnt.
Die Schneelinie darf man nicht verwechſeln mit dem Phänomen
der Gletſcher.
Das Phänomen der Gletſcher und Eisgrotten hat viel-
fältigen Beobachtungen Anlaß gegeben.
Das Gletſchereis iſt ein Gemenge von gefrorne Schnee
und Waſſer, bildet auf der einen Seite die Schneegrenze,
auf der andern dagegen reicht es über ſie hinaus und
ſinkt zuweilen bis 3000′ herab. Die Gletſcher gehen
vor oder zurück. Man glaubte, früher daß ſich das Eis
beim Frieren zuſammenzöge, was je aber nicht der Fall
iſt. Ritſchie glaubte, daß ſie im Winter verdrängen,
Sausſure hat aber das Gegentheil bewieſen, denn im
Sommer ſchmilzt das Eis unten, es entſteht ein Bogen
wodurch das Fortſchieben der Gletſcher nur möglich iſt,
weshalb man es auch nur im Sommer bemerkt. –
Die Gletſcher ſehen aus wie ein gefrornes Meer, in
deren Oberfläche ſich förmlich kleine Brunnen bilden, indem
das obere geſchmolzene Waſſer bohrartig hinein dringt,
wobei das wärmere Waſſer wenn es das Maximum der
Dichtigkeit bei 4° erreicht hat, ſinkt, und das von 2° in die
Höhe treibt. Dies Phänomen hängt alſo mit dem Maximum
der Dichtigkeit des Waſſers zuſammen.
Die Eisgrotten hängen nun noch weniger mit der Schnee-
grenze zuſammen. Mehrere giebt es im Juragebirge bei
Beſancon, eine andere iſt das Schafloch bei ― ?. Sie
bilden ſich da, wo mitten im Sommer die Luftſtrömungen
nur eine Temperatur von 3–4° haben, und die dichtern Luftſchichten
welche durch die ſenkrechte Oeffnung der Höhle eindringen
verurſachen daß das Eis nicht ſchmilzt.
Das großartige Phänomen der Gletſcher am Himalajage-
birge erſtreckt ſich von 30° N. Br. bis zum Norden hinauf.
Unter dem Aequator und den Tropen giebt es keine Glet-
ſcher, vielleicht daß die Beſtändigkeit der Witterung hierauf
einflußreich iſt, denn bei den anhalteſten Beobachtungen in
Peru und Chili habe ich keine entdecken können. Das
einzige Beiſpiel ähnlich dieſer Art, iſt am weſtlichen Theile
des Chimboraſſos, wo es eine Menge von Eiskörnern 3–4′ hoch
giebt, die 70–80 Toiſen von der Schneegrenze entfernt ſind.
Die untere Linie der Schneegrenze iſt keine iſotherme
Linie, und deutet auf keine Luftſchicht hin deren mittl.
Temperatur der Gefrierpunkt iſt. Nach Pictet’s Unterſuchungen
iſt die mittl. Temperatur der untern Schneegrenze + 1½°. Die
Höhe der Schneegrenze hängt aber von der Sommerwärme
ab, wie es zuerſt L. v. Buch in Scandinavien beobachtete,
und richtet ſich nach der Zahl der Tage deren mittl. Temperatur
5–6° iſt. Es kommt hier alſo auf die Vergleichung der
Höhen mit den Breitengraden ſelbſt an. Die Linien gleicher
Sommerwärme entfernen ſich mehr von den Parallelkreiſen
als die iſothermen Linien. Dann Moskau (?) welches mit
dem Ausfluße der Loire in gleicher Höhe (?) liegt, genießt
gleiche Sommerwärme, aber die Wintertemperatur iſt
ſehr abweichend, doch iſt der Unterſchied nicht größer als 5°.
Es kann daher an 2 Orten unter gleichen Breitegraden
die Sommer- und Wintertemperatur ſehr verſchieden ſein.
Die verſchiedene Höhe der Schneegrenze vom Aequator
bis zu den Polen auf unſern Planeten, iſt entweder auf
den Hochebenen, oder auf den von dieſen hervorgehenden
Bergen, und hängt wie geſagt von der Differenz der
heiſſeſten Sommermonate beſonders ab. Wenn man die
Orte welche eine gleiche jährliche Temperatur, und die welche nur
gleiche Sommerwärme haben durch Linien mit einander ver-
bindet, ſo ergeben ſich gleich wie beim Magnetismus
drei Unterſchiede. a, Je nachdem eine gleiche jährige
Temperatur iſt, b. wo nur die Sommerwärme, und c, wo
nur die Wintertemperatur gleich iſt. Siehe weiter oben
über die iſothermen, iſochimonen (Winter gleich) und iſo-
theren Linien.
Zwei Orte die eine gleiche jährliche Temperatur im
weſtlichen Theile des alten Continents zeigen, können nur
4–5 Längengrade von einander entfernt ſein.
Erhöben ſich alle Schneeberge wie freiſtehende Kegel
in Linien über die Ebenen, ſo daß die Schneegrenze der
einzelnen Berge gleich hoch wäre, dann würde man aus
dieſer Linie die mittl. Temperatur der Sommermonate erkennen
können. Durch eine Gruppirung von Schneebergen erkalten
undauch die untern Regionen mehr ab. Unter den Tropen wo
alle Phänomene dieſer Art höher liegen, wird hierdurch auch
die Strahlung d[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]er Schneemaſſe vermindert. Die Wärme-
ſtrahlung tief oder hoch liegenden Ebenen verändert eben-
falls die Schneelinie.
Anders iſt es aber am ſüdlichen Abhange des Himalaja-
gebirges, wo unter dem 31° Br. auf einer Höhe von 12,000′
beim Tempel Kande erſt die Schneelinie anfängt. Im
nördlichen Theile dieſes Gebirges, dem weſtlichen Tibete zu
wo an eine Hochebene von 7–8000′ eine andere ſich leſet, fängt
die Schneegrenze erſt bei 15600′ an, nach den Meſſungen
des Herr Gerard, und bei 14000′ gedeihen noch die üppig-
ſten Weizenfelder.
Im Sommer ſind die Küſtenländer kälter als das Innere
der Continente, weshalb die iſothermen Linien hier einen convexen
Scheitel bilden, und auch die Schneegrenze liegt im Innern der
Continente höher als an den Küſten. In Aſien liegt die
Schneelinie weit höher als man nach andern Gründen glauben
ſollte, die Sommer ſind hier aber heiſſer, indem die Con-
tinente weniger durchſchnitten ſind, was dazu viel beiträgt.
Wenn ich die Meſſungen von Huet, Gerard und andern
mit der Breitenhöhe von Parrot am Kaukaſus vergleiche,
ſo ergiebt ſich auch hier, ohne daß das Kaspiſche Meer als
von beſondern Einfluße zu betrachten iſt, daß die Sommer
hier heiſſer ſind, und die Schneelinie ſpäter beginnt, als
unter ähnlichen Breiten in den Pyrenäen und Alpen. Dieſen
Einfluß der Sonne ſieht man auffallend nach Herrn Wahlen-
bergs Meſſungen ſchon in den Karpathen, wo bei 48° Br.
die Schneegrenze höher als in den Pyrenäen beginnt;
ebenfalls weil das Continent weniger durchſchnitten iſt.
Ueber die Höhe der Schneegrenze unter dem Aequator
iſt lange geſtritten, und vor meiner Reiſe hielt man ſie
um 8000′ niedriger als ſie wirklich iſt. Unter den Tropen
iſt die Schneelinie des einen Berges zu andern nicht über
80–90′ verſchieden. Die Meſſungen von Condamine, Bou-
guer und andern angeſtellt, konnten nicht ganz trigono-
metriſch und barometriſch ſein, und andere einwirkende
Umſtände wurden ebenfalls nicht beachtet.
Von 22 Meſſungen der Schneelinie unter dem Aequator
die ich anſtellte, gab die mittl. Zahl der Höhe genau zu
14,660′ an, ſo daß der Montblanc erſt mit ſeiner Spitze
in die Linie reichen würde.
Lange glaubte man, daß die Schneelinie vom Aequator
ab ſo gleich herabſinke, und bis zu 40° N. Br. gab es keine
Meſſungen mehr. Unter den 19–20° N. Br. iſt ſie 13,800′
alſo noch nicht um 1000′ geſunken. Die Oscillation der Schnee-
grenze iſt am größten gegen Norden, wo ſie eine Curve
bildet, und der Unterſchied der Oscillation beträgt hier
ſchon 2200′.
Zwiſchen den 20–30° N. Br. kennt man keine Schneelinie.
So wohl auf dem neuen wie auf dem alten Continent giebt
es keinen Berg, weder der Pic noch der Aetna ſind hoch
genug um ſie zu erreichen. Die Breite des Himalai-
gebirges giebt Abhänge von 12000′ und nördlich von 13,500′.
In den Pyrenäen und Alpen hängt die Schneelinie
ſehr von Lokalphänomenen ab. Das Mittel aus den
Meſſungen der nördlichen und ſüdlichen Seiten, von Sausſure,
Parrot und Wahlenberg, geben dieſelbe zu 8500′ an.
Wenn es bei uns in Berlin Berge von der Höhe gäbe,
ſo würde ſie hier mit 7000′ beginnen, und nach Interpolation
würde ſie 3600′ höher als der Brocken, und 2000′ höher als
die Schneekoppe ſein. In Scandinavien iſt ſie von L. von
Buch, beim 70° Br. zu 3300′ beſtimmt, dort würde alſo der
kleine Brocken gerade in die Schneegrenze reichen; an der Meeres-
küſte beim 71½° iſt die nur 2200′ hoch. Selbſt wo es keinen
ganz ſo hohe Berge giebt, kann man hier nach der Baumart die
Schneegrenze beſtimmen, indem nämlich die Höhen zu denen
die Bäume hinauf gehen, in gleichen Abſtänden von der
Schneelinie bleiben, und nach der Grenze der Tannen,
Kiefern u. ſ. w. kann man ſie berechnen.
Bei allen dieſen Beſtimmungen iſt es nothwendig zu
bemerken, daß die Schneelinien von Lokalverhältniſſen,
und beſonders wie auch ſchon erwähnt iſt von der Wärme
des Sommer abhängen. Daher ſind alle Tabellen die
dieſelbe angeben, ſelbſt die von Leslie, ganz ohne Nutzen.
Will man ſolche Tabellen machen, ſo muß eine wie Herr
Wuſter beſtimmte Coëfficienten hineinbringen, gewiſſer-
maaßen nach dem Abſtande, welche auf der Oberfläche
der Erde gleiche mittl. Temperatur hat. Auch müſſen bei ſolchen
Tabellen zugleich die Längengrade berückſichtigt werden.
In der phyſikaliſchen Geographie iſt es ſehr wichtig, mit dem
Mathematiſchen alles zu verbinden, was darauf einwirken
kann, ſonſt artet es gewiſſermaaßen in Spielerei aus,
weil es wohl ein Verhältniß giebt, was aus dem
Empiriſchen hergeleitet wird, ſich aber nicht auf [alles]
Zukünftige anwenden läßt.
Noch müſſen wir uns die Frage vorlegen, wo iſt
die Cuvrve des ewigen Schnee’s, und wo berührt ſie die
Erdfläche ſelbſt? In Spitzbergen iſt es erſt unter
dem 82–83° Br. der Fall, daß das Eis beſtändig mit
Schnee bedeckt iſt. Gehen wir weiter gegen Weſten
am Ende der Baff[unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]insbai ſo iſt dies ſchon unter dem
78° der Fall. Am Kälteſten aber iſt ⎡es öſtlich von der
Lena und weſtlich von der Beringſſtraſſe im kleinen
Archipelagus, wo unter dem 76° ewiger Schnee die
Erde deckt.
Wir nennen den Theil des Luftmeer’s Seeluft
deſſen Boden flüſſig iſt. Von unſern Planeten iſt
⅔ und noch etwas mehr mit Waſſer bedeckt, und
die Seeluft hat beträchtlichen Einfluß auf die Temperatur.
Dies hängt erſtlich ab, von der Abſorbtion der Sonnen-
ſtrahlen durch das Meer ſelbſt, wodurch es auch bei Tage
wärmer als des Nachts iſt. 2tens Hängt die Temperatur der See-
luft von der Beſchaffenheit des Bodens ab, ob er nämlich
flüſſig oder ſtarres Eis iſt, und 3tens von den Strömungen
der Winde ſelbſt. Die Luft leitet weit mehr auf
ſchiefen Flächen wie die Abhänge der Berge ſind, als
man glaubt, weil die Maſſe der Berge die Einwirkung
auf die Temperatur veranlaſſen. So z. B. wenn man
bei St. Martha gegen den Iſthmus von Panama ſchifft,
fühlt man eine ſehr kalte Luft, weil ſie von oben her-
ab kommt.
Die Meeresfläche ſelbſt iſt nun wie geſagt entweder
flüſſig oder ſtarr; als flüſſiger Boden des Luftmeers
wirkt ſie erkältend, erſtlich durch Verdunſtung, und
2tens dadurch, weil das Meer durchſcheinend iſt und nicht
die hohe Temperatur des Landes alſo annim̃t. Erwärmend
wirkt das Meer dadurch, daß die kälteren Waſſer-
ſchichten immer nach unten gehen und die wärmern nach
obe[n]. Auch die Strömungen wirken bedeutend auf
die Seeluft, wie z. B. der Golfſtrom nicht allein nach
den nördlichen Gegenden eine angenehme milde Tempe-
ratur verbreitet, ſondern ſelbſt fliegende Fiſche in die
nördlichern Gegenden mitführt. – Umgekehrt wirken die
kalten Strömungen erkältend auf die Luft; ein Beiſpiel
davon giebt der Strom welcher beim Hafen von [verlorenes Material – 1 Wort fehlt] in
der Südſee vorbeigeht, und ſelbſt an der Küſte von Peru
unter dem Aequator nur 14–15° Wärme ſtatt 21° hat,
und der alſo auch natürlich zur Erkaltung der Landluft
mit beitragen muß.
In den arctiſchen Gegenden da wo der Boden ſtarr iſt
und ſich Eisberge bilden, wirkt er um ſo mehr erkältend
auf die Atmosphäre, indem ſich beſtändig hier die Dünſte
der feuchte Luft niederſchlagen, und die erwärmende
Wirkung der Sonne gehindert wird. Dies iſt auch die
Urſache warum hier die Luft ſo hell und rein iſt, und
die Trockenheit derſelben begünſtigt die Kälte.
Noch wäre zu unterſuchen, in welchen Klimaten das
Waſſer wärmer als die Seeluft iſt. Hierüber haben be-
ſonders Freycinet und Duperet Unterſuchungen angeſtellt,
und auf ihrer Reiſe von 2 zu 2 Stunden das Meer und
die Luft gemeſſen. Bis 48° N. Br. iſt das Meer be-
ſtändig wärmer als die Luft, woraus die Depreſſion des
Horizonts entſteht, weil die Dünſte nur ſo hochſteigen
als die Wärmeſtrahlung des Meer’s reicht. Sie iſt auch
die Urſache der Luftbilder, da Küſtenberge z. B.
förmlich in der Luft zu ſchwingen ſcheinen; unter Napoleon’s
Expedition ſind ſie berühmt geworden, doch waren ſie ſchon
zu Nearch’s Zeiten bekannt, beſonders nach Alexander’s
Heereszuge. Die Indianer drücken dieſe ſonderbare An-
ſicht unter dem Namen des Durſtes der Goſala aus.
Die Temperatur der Seeluft iſt unter den Tropen
nie höher als 23–24°, mehrentheils nur 21°, alſo 12
bis 13° weniger als das Luftmeere der Continente.
Hiermit darf man aber nicht die eingeſchloſſenen Meere,
wie das Kaspiſche und rothe, verwechſeln, die nach den
Jahreszeiten eine weit höhere, oder auch niedrigere Temperatur
haben. So fand der unglückliche Capit. Takky, die Temperatur
auf dem rothen Meere, in der heiſſen Zeit, bei Tage
nie unter 36½°, und des Nachts 28–29°.
Im Allgemeinen iſt die Temperatur des Meer’s in der
temperirten Zone milder, und erhöhet die ganze mittlere
Temperatur. Nimmt man dagegen Mittelbeobachtungen,
ſo ſieht man, daß zwiſchen den 30–40° Br. eine etwas
höhere mittlere Temperatur als die der Landluft herrſcht. Aus
alle dem Geſagten über die Temperatur folgt, daß das
milde kleine Europa’s aus mehrere Gründen herge-
leitet werden kann, das ſo wohl auf d. Civiliſation der
Völker begünſtigend, wie zur Vervollkomnung der Natur
in jeder Beziehung heilſam iſt.
Unſer Europa verdankt ein milderes Klima ſeiner
Erdſtellung (ſeinem Poſitions-Verhältniſſe gegen das
nahe Meer) und ſeiner gegliederten Geſtaltung. Europa
iſt der weſtliche Theil des alten Continents, und hat al[ſo]
den großen, ſchon an ſich kältemindernden und dazu noch
vom Golfſtrom theilweiſe erwärmten Atlantiſchen Ocean
in Weſten. Zwiſchen den Meridianen, in denen Europa
ſich hinſtreckt, fällt die Aequatorial-Zone nicht in das
Becken des Oceans, wie ſüdlich von dem, eben deshalb
kälteren Aſien. Der Welttheil, der unter allen den
größten Theil des tropiſchen Klima’s genießt, das ſand-
bedeckte Afrika, iſt ſo gelegen, daß Europa von den
Luftſchichten erwärmt wird, welche über Afrika auf-
ſteigend, ſich von dem Aequator gegen den Nordpol er-
gießen. Ohne die Exiſtenz des Mittelländiſchen Meeres
würde der Einfluß des nahen Afrika’s auf Temperatur
und geographiſche Verbreitung von Pflanzen und Thieren
noch wirkſamer ſein. Der dritte Hauptgrund des milderen
Klima’s von Europa liegt darin, daß dieſer Welttheil
ſich weniger weit gegen den Nordpol erſtreckt als
Amerika und Aſien, ja daß er dem größten Buſen
eisfreien Meerwaſſers gegenüberliegt, den man in
der ganzen Polarzone kennt. Auch das Europa
weniger durchſchnitten iſt, muß wohl berückſichtigt werde.
Es würde weit kälter ſein, wenn Afrika unterſinken,
oder ſich weſtlich von Europa eine große Erdmaſſe be-
fände, und die Oeffnung der Baffinsbai ſich ſchlöſſe,
auch wenn der Golfſtrom ſich gegen den Iſthmus von Panama
wendete.
Die Elektricität iſt mannigfaltig in ihren Wir-
kungen, wodurch ſie in den verſchiedenen Zonen characte-
riſtiſch hervortrit. Wir haben bisher die elektriſchen
und magnetiſchen Erſcheinungen, als von verſchiedenen Grund
kräften hervorgebracht, betrachtet; nun aber wiſſen
wir durch Oerſtedt’s Entdeckung, daß ſie nur verſchie-
dene Aeuſſerungen einer und derſelben Grundkraft ſind,
alſo mit einander in genauem Zuſammenhange ſtehen.
Die elektro-magnetiſchen Wirkungen gehören mehr
dem Starren an, und wirken auf die Veränderungen
des innern Erdkörpers, vermittelſt welchen auch das
Erdlicht hervorgebracht zu werden ſcheint; dagegen tritt
die Elektricität mehr durch ihre Wirkung auf Licht
und Verbrennungsproceſſe hervor. Von dieſen bis zum
Eintrit meteoriſcher Maſſen in unſere Atmosphäre über-
gehend, werde ich dieſen Theil beſchlieſſen.
Die Elektricität kann nun erregt werden
Bei der Bildung
des Waſſerdunſtes wird Elektricität erregt, ſie
hängt alſo genau mit der Wärme und Feuchtigkeit
zuſammen. Die Urſachen von der Vertheilung der
Elektricitäten in den Wolken ſind uns völlig unbekannt,
obgleich darüber mehrere Hypotheſen aufgeſtellt ſind, worüber
weiter unten mehr angeführt werden wird; ſie müſſen
ſich aber auf einen chemiſchen Proceſs gründen, und die
Vertheilung muß in einem einzigen Augenblick zur vollen
Ladung anwachſen können, da eine und dieſelbe Wolke oft
ſchnell hinter einander fortblitzt, und außerdem die Wolken,
weil ſie aus Waſſerdünſten beſtehen und folglich Leiter
ſind, eine langſam erregte Elektricität ſehr bald ohne
Funken ins Gleichgewicht bringen müßten.
Zuweilen, wenn die Wolken und der Erdboden eine
ſchwache entgegengeſetzte elektriſche Ladung haben, entſteht
keine heftige Entladung, ſondern die Elektricität ſetzt ſich
nach und nach ins Gleichgewicht. Geſchieht dies in der Nacht,
ſo ſieht man erhabene ſpitzige Theile des Erdbodens mit
größeren oder kleinern elektriſchen Flammen leuchten, die
man Elmsfeuer nennt; dieſe Körper blaſen nämlich,
vom Erdboden aus, den Wolken und der Luft eine ent-
gegengeſetzte Elektricität zu und ſtellen ſo das Gleichge-
wicht her. Dieſe Erſcheinung zeigt ſich beſonders oft zur
See, und iſt im Großen daſſelbe, was die Flamme an
ſpitzigen Körpern in der Nähe von großen Elektriſir-
maſchinen im Kleinen iſt.
Einige Fiſche haben die ſonderbare Eigenſchaft, ſich
durch ſtarke elektriſche Schläge zu vertheidigen, wodurch Thiere,
die ſich ihnen nähern, gelähmt und mitunter getödtet werden
können. Fiſche dieſer Art ſind der Zitteraal (Gymnotus
electricus), der Zitterrochen (Raja Torpedo), der
Zitterwels (Silurus electricus) und der Trichiurus
indicus. Dieſe Fiſche beſitzen eigene Organe, womit
ſie augenblicklich einen unglaublich ſtarken elektriſchen
Schlag hervorbringen können, ſo daß ein Menſch es nicht gern
wagt, einen großen und eben erſt gefangenen Fiſch
der Art zu berühren. Dieſe Organe liegen mehr an
der Oberfläche des Körpers und ſind bei jeder dieſer
Fiſcharten anders geſtaltet. Sie haben ſehr ſtarke Nerven,
und wenn das Organ weggenommen, oder ein Nervenſtrang,
welcher zu demſelben führt, abgeſchnitten wird, ſo ſtirbt
der Fiſch zwar nicht ſo gleich, verliert aber ſeine ganze
elektriſche Kraft. – Dieſe Fiſche ſind an und für
ſich nicht elektriſch und zeigen am Elektrometer keine Spur
von Elektricität; dies beweiſt aber, daß ſie ſich in einem
Augenblicke laden und entladen können, und dies beruht
ſogar einzig und allein auf ihrer Willkühr, da ſie zu
einer Zeit gar keinen Schlag, zu einer andern aber äußerſt
heftige Stöße geben, und dieſe alle 2–3 Sekunden wieder-
holen. Sie geben den Schlag im und außerhalb des Waſſers,
doch nur bei unmittelbarer Berührung; denn der mindeſte
Zwiſchenraum von Luft oder Waſſer verhindert den Schlag.
Der Fiſch muß überdies an zwei Punkten berührt
werden, wenn er einen Schlag geben ſoll, ungeachtet dieſe
Punkte keine beſtimmte Stelle einnehmen, und einander
ſo nahe liegen können, daß man ſie beide auf einmal be-
rühren kann, wenn man den Finger auf den Fiſch drückt.
Auch in den Organen der Vögel iſt dieſe elektriſche
Spannung erkannt, und vielleicht exiſtirt ſie bei allen
Thieren, nur daß ſie ſich nicht bei einzelnen Organen ſo
zeigt, wie bei dem Gynotas electricas etc. Durch den
elektriſchen Schlag oben erwähnter Fiſche können ſogar
Pferde getödtet werden,
Es iſt hier nicht die Rede von Einzelnen, ſondern wie
die Geographie auf das Innigſte mit dem Zuſtande der D[ünſte,]
nicht der Quantität ſondern der Bildung zuſammenhängt,
und die mehr unter den Tropen erkennbar iſt. Be-
ſonders aber gehört die räumliche Lage der Wolken in den
obern Luftſchichten hierher, ob dieſe ſich bis nach unten
erſtanden oder iſolirt daſtehen, wo denn die Luft auf
hohen Bergen ſich in nicht geringer Entfernung ſehr trocken
zeigt. Die Quantität der Elektricität in den Wolken
rührt nach Gay-Lusſac deren her, daß jedes kleine Waſſer-
bläſchen auf ſeiner Oberfläche eine kleine elektriſche
Spannung hat, und wenn eine Menge ſolcher Bläſchen ſich
zuſammen drängen, ſo ſammelt ſich die Elektricität nach
oben an auf den Wolken, was einigermaßen begreiflich
macht, wie aus einer Wolke oft ſo viele Wetterſchläge
entſtehen können, indem nur immer einzelne Theile der
ganzen Quantität auf der Oberfläche ſind, die wenn ſie
ſich entladet haben, durch andere wieder erſetzt werden.
Es iſt ſehr merkwürdig daß die Quantität der
Elektricität mit der Bildung der Wolken zuſammenhängt,
und der Mangel derſelben hindert die Entſtehung der Ge-
witter in den Polar- wie in den Tropengegenden. Nach
Herrn Kranz Reiher in Grönland hört man daſelbſt wohl
den Donner, nie aber ſieht man den Blitz, und Scoresby
fand bei ſeinem häufigen Weilen bei Spitzbergen,
daß es ein dort Gewitter giebt. Dieſer Mangel an
ſolchen Erſcheinungen fängt im nördlichen Theile von Scandinavien
ſchon an, und werden je mehr nach Norden immer ſeltener;
dagegen giebt es an der Hudſonsbai ſtarke Gewitter,
die aber auch ſüdlicher liegt. Wenn auch die Luft in den
nördlichſten Gegenden mit vielen Waſſerdämpfer geſchwängert
iſt, ſo können ſich doch dieſe der Kälte wegen nicht ſo
lange ſchwebend erhalten, und daher keine Wolken bilden.
Auch unter den Tropen wird von December bis Mai
kein Gewitter bemerkt, und in dieſer Zeit fand ich immer
nur poſitive Elektricität. Von Mai bis October hingegen
wo die Regenzeit eintritt, welche die Spanier den Winter
(hiverno toreno) zu nennen pflegen, iſt beſtändiger Regen
mit Blitz und Donner vermiſcht. Sobald die Regenzeit
eintritt findet man in den unter Schichten bis 12 Uhr
Mittags keine Spur von Elektricität, ſo bald aber die
Sonne durchkommt, und das Maximum der Wärme hervor-
gebracht hat, zeigt ſich ſehr ſtarke Elektricität bis zu
Sonnenuntergang. Je mehr die Gewitter ſich ausbilden
geht die Elektricität vom Poſitiven zum Negativen über
nach Sonnenuntergang aber iſt keine Spur von ihr mehr
wahr zu nehmen. Bis zu 12,000′ Höhe zeigt ſich
ſtarke + Cl.
Dieſe Erſcheinungen ſind bei uns ohngefähr ebenſo,
nur in den verſchiedenen Jahreszeiten mehr den Grade nach
als der Art abweichend. Die Gewitterzeit fängt unter
den Tropen mit dem ſonderbaren Phänomen des Wetter-
leuchtens ohne Donner an, was ſchon die Alten richtig
unterſchieden haben, und gewöhnlich ſieht man es, wenn
die Wolken nur 12° hoch am Horizont ſtehen. Nimmt
man an, daß dieſe Wolken ein fernes Gewitter ſind, und
daß die Höhe einer Wolke 6000′ beträgt, ſo müßte ſie bei
einer Entfernung von 23 Meilen im Zenith ſein; ſie wird aber
ſchon bei 5–6 Meilen im Zenith ſtehen, und dann müßte auf
dem einen Fleck ein beſtändig anhaltendes kaum glaubliches
Gewitter ſein. Die Wahrſcheinlichkeit iſt gegen dieſe Annahme.
Unter den Tropen ſchlagen die Blitze ſelten ein,
ob es davon herrührt, daß die Wolken da höher ſind,
oder weil es weniger bewohnt iſt, was nicht gut zu
beſtimmen iſt. Der Blitz bringt übrigens in allen
Zonen dieſelben Veränderungen hervor, und die [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]
erzeugten Blitzröhren, verglaſter Sand, ſind gewöhnlich
von derſelben Form und Farbe. Man hat ſie von ver-
ſchiedener Länge gefunden, ſogar 30–40′ lang. Die
großen Blitzröhren der Sennerheide in Weſtphalen ſind
rund, bisweilen grünlich weiß, und dem porzellanartigen Glaſe
ähnlich. In neuern Zeiten ſind welche bei Bahia in Bra-
ſilien, und von Clapperton am Se[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]e Dſchat geſammelt.
Dieſe Blitzröhren rühren wie geſagt vom Blitze ſelbſt her,
denn auf der Inſel Amrum an der ſchleswigſchen Küſte, ſehen
Matroſen den Blitz in den Sand einſchlagen, und ſie gruben
gleich darauf an derſelben Stelle eine ſolche Blitzröhre
aus, die mit porcellanartigen Glaſe zuſammenhing. Mehrere
die ich ſelbſt mitbrachte, ſind von Herrn Chladni unterſucht.
Auf dem Vulkan von Tolukky iſt bei 14,000′ Höhe ein
Thurm von 5–6′ Breite, der förmlich durch den Blitz
verglaſt und durchlöchert iſt.
Mit den Fulguriten muß man nicht die Meteorſteine
verwechſeln, die zu den Weltkörpern ſelbſt gerechnet werden.
Sie entzünden ſich und leuchten erſt wenn ſie in unſere
Atmosphäre kommen, wobei ihre Rinde natürlich auch ver-
ändert wird.
Man hat lange gezweifelt, ob wirklich Steine aus,
der Luft fallen könnten; nach den chineſiſchen Annalen
von Abel Remuſat überſetzt, ſo wie nach griechiſchen, römiſchen
und arabiſchen Schriftſtellern, waren ſie ſchon in jenen Zeiten
als ſolche anerkannt, und viele Kalifen trugen ſelbſt davon
verfertigte Dolche und Schwerter. – Herrn Chladni gehört
das Verdienſt an, ſie für kleine Weltkörper zu halten,
was ſie auch wirklich zu ſein ſcheinen. 1794. Der Unglaube
darüber war noch in neuerer Zeit ſo groß, daß bei dem Steinfall
zu Radſzene bei Agram 1752, das biſchöfliche Conſiſtorium
mehrere Zeugen abhören ließ, welche dieſe Steine hatten
fallen ſehen; ſie wurden ſammt den Steinen nach Wien
geſchickt, und der daſige Abbé Schütz fügte noch hinzu, daß
er es nicht begreife, wie ein Menſch dieſer Fabel Glauben
beimeſſen können. Aehnlich iſt dies mit der Entdeckung der
Sonnenflecken durch den Pater Scheinert zu Ingolſtadt,
den der Pater Jehennit glauben zu machen ſuchte, daß es
ein Fehler ſeiner Augen ſei, und eine ſo irrige Bekannt-
machung nur dem Orden ſchaden könne. – Gegen dieſe
Zeiten glauben wir jetzt aufgeklärt zu ſein, aber ich
habe es in Paris erlebt, daß Pictet, als er ſeine
Anſichten über die Meteorſteine in der Akademien vortrug
er förmlich ausgelacht wurde, bis dann der Steinfall
bei Aigle den 26ten April 1803 ſtatt fand, wo gegen
2000 Steine aus den Wolken in einer Umgegend von
2 □ Meilen herabfielen; auf Anſuchen der Akademie wurde
Herr Biot hingeſchickt, und nach ſeinen Berichten zweifelte
Niemand mehr an der Wahrheit dieſer Erſcheinung.
Bei den Alten in der ioniſchen Schule erwähnt Diogenes
von Apollonica nicht leuchtender Sterne, die von Zeit zu Zeit
herabfielen. Diogenes L. ſagt, daß ſie aus der Sonne
kämen, und Anaxagoras, daß ſie von der Erde weggeſchleu-
dert wären, eine Idee die H. Ritter wieder aufrührte.
Die Alten glaubten ſonderbarerweiſe daß ſie nur bei Mond-
finſterniſſen fielen, und gleichfalls iſt dies die Meinung
der Syrier, die das Fallen der Steine fürchten, ſo bald
der Mond in völliger Klarheit ſcheint. Der berühmte
Stein in Mekka, iſt ſehr wahrſcheinlich auch ein Aerolith,
da fälſchlich die ſpaniſche Beſchreibung angiebt, daß es
ein Feldſpathkryſtall ſei.
Eine der berühmteſten Maſſen von 200℔ ſchwer, iſt
zu Engesheim bei Strasburg den 7 November 1492 zur Zeit
der Entdeckung von Amerika gefallen. Der Kayſer Maximilian
ließ ſie zerſchlagen, ein Theil deren wurde in der dortigen
Kreiſe eingemauert, der andere nach Wien geſchickt. Die
große Maſſe welche Pallas in Sibirien, zwiſchen den
Flüßen Bay & Iſſma 1772 entdeckte, iſt nach mongoliſcher
Ueberlieferung ebenfalls herabgefallen. Die größte von
allen bekannten Maſſen iſt die, von einem ſpaniſchen
Seeofficier in der ſüdamerikaniſchen Provinz Chaco Gualamba
gefundene, von 7′ lang 1½ hoch und ſoll über 300℔ wiegen.
Die Maſſe wurde von Rubin de Celis an Ort und Stelle
unterſucht, ſpäter von Morne in Paris beſchrieben und von
Prouſt und Wollaſton analyſirt. In China ſollen nach
der Pekkingſchen Zeitung mehrere Maſſen von 100′ Durch-
meſſer gefallen ſein, ich habe, um hierüber die Wahr-
heit zu erfahren an Herrn Arago in Paris geſchrieben,
der dieſe Zeitung lieſt. Abel Remuſat berichtet, daß
der an der Quelle des gelben Fluſſes liegende Fels von
40′ Höhe, nach mongoliſchen Traditionen herabgefallen ſei,
und auch den Aerolithen ähnlich ſehe.
Dieſe Meteorſteine die 2–3–4 mal dichter als Waſſer
ſind, und einander, ſowohl dem äußern Anſehen, als ihrer
Zuſammenſetzung nach, ſehr ähnlich, ſie mögen unter der
Linie oder in den, den Polen nahe gelegenen Ländern
unſers Erdbodens geſammelt werden ſein. Ihr Aeußeres
iſt dunkelfarbig, glatt und wie durch angehende Schmelzung
glaſirt; auf der Rinde befinden ſich oft ſonderbare Kreiſe,
welche die Araber für die Adreſſe (Buchſtaben Bezeichnung)
halten, welche Perſonen nämlich damit getödtet ſind, oder werden ſollen.
Innerlich ſind ſie graulichweiß, braun oder hellgrau gefleckt,
und enthalten außerdem Körnchen von metalliſchen Eiſen und
von weißem Schwefelkies, mit völlig blättrigem Bruch. Die
Maſſe des Steins ſelbſt beſteht aus Kieſelerde, Talkerde,
Eiſen, (welches zum Theil verbrannt oder oxydirt iſt) Nickel,
Schwefel, und enthält bisweilen nebenbei noch Mangan,
Chrom, Kupfer, Kohle, Natron, Kali, Salzſäure, Thon-
erde und Waſſer, in etwas abweichenden Verhältniſſen.
Die reguliniſchen Eiſenkörner beſtehen aus Eiſen mit
etwas Nickel und Schwefel. In neuerer Zeit hat Herr
G. Roſe noch Ol[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ivin und Augit (Pyroxen) darin nach-
gewieſen, und zwar in der von Pallas gefundene Maſſe.
Auch ſind ganz lockere ſchwarze torfähnliche Maſſen herab-
gefalln größtentheils aus Kohlenſtoff beſtehend, aber auch
mit etwas Nickel verbunden. Es ſollen auch Staub-
maſſen herabgefallen ſein, jedoch iſt auch viel darüber
gefabelt worden, und der Nickelgehalt nicht nachgewieſen.
Das ſpecifiſche Gewicht der Meteorſteine iſt etwa wie
das der kleinern Planeten. Da aber jenſeits derſelben die
andere ein geringere Dichtigkeit als das Waſſer haben, ſo
müßte man glauben, daß die Aerolithen uns näher als
dieſe kreiſen.
Iſt die Erſcheinung dieſes Phänomens bei Tage, ſo ſieht
man einen leuchtenden Punkt, den ein kleines ſchwarzes Ge-
wölk umgiebt, näher kommend entwickelt ſich ein Licht von
der größten Intenſität. Unter den Tropen wo das Sonnen-
licht doch ſehr ſtark iſt, fiel als ich nach Popayan kam eine
Feuerkugel herab, die ſo ſtark leuchtete, daß bei dem hell-
ſten Sonnenſchein die Einwohner drüber in den Zimmern
erſchraken. Man hat auch Dampf und ſchwarzen Rauch von
ihnen aufſteigen geſehen. Parallactiſch iſt ihre Höhe zu
10–12 bis 15 g. Meilen gemeſſen. Merkwürdig iſt
auch ihre Richtung, da die meiſten horizontal gehen.
Die Geſchwindigkeit iſt ſehr groß; 1798 iſt ein Meteor
über Paris und Dublin zu gleicher Zeit geſehen, und nach
Beobachtungen bei andern beträgt ſie 5–6 Meilen in der
Sekunde. Bisweilen mit Ablenkungen, die ſchon die Alten
kannten. Das Herabfallen iſt immer mit einem ſo ſtarken
Getöſe verbunden, das man es oft 15 Meilen weit gehört
hat, und dem Kanonendonner oder kleinen Gewehrfeuer ähnlich.
Die Einwirkung der Hitze auf ſie iſt zwar hinreichend ge-
weſen, ihre Oberfläche zu verglaſen, kann aber doch nur
einen Augenblick gedauert haben. Denn ſie ſind zwar immer
äußerlich mit einer dunklen verglaſten Rinde umgeben;
unter dieſer aber findet man Schwefelkies, der bei
höherer Temperatur zerſetzt wird, und daher einen Beweis
giebt, daß die Hitze nicht tiefer eingedrungen ſei. Sie
ſind beim Niederfallen gewöhnlich warm, aber niemals glühend
oder ſo heiß, daß ſie die Körper, auf welche ſie fallen, ent-
zünden oder verkohlen ſollten. Im Jahre 1810 fiel auf
[ein] Schiff im Attlantiſchen Ocean ein ſolcher Stein, der durchs
Verdeck ſchlug ohne das Holz im mindeſten geſchwärzt zu haben;
er war aber ſehr heiß.
Die gleichartige Zuſammenſetzung und Bewegung ſolcher
Maſſen bei ihrem Herabfallen giebt zu erkennen, daß
ſie einerlei Urſprungs ſind. Der verſtorbene Phyſiker
Herr Ritter glaubte ſie mit den Nordlichtern zuſammenhängend,
dies Phänomen iſt aber völlig unabhängig, was Herr Chladni
auch bewieſen hat. – Herr Schreiber glaubte, wohl
etwas übertrieben, daß ſeit 2000 Jahren 100,000 Stein-
fälle geweſen ſind. Da wir nur von einem kleinen Theile
der Erde hierüber Nachricht haben, ſo läßt ſich die Wahr-
heit nicht gut ermitteln, jedoch ſind in jedem Jahre 2–3
ſolcher Steinfälle beobachtet.
Ueber die Bildung oder Entſtehung der Meteorſteine
hat man vorzüglich drei Urſachen angegeben:
1. Daß ſie ſich in der Atmosphäre bilden ſollten; dem
widerſpricht alles, was wir von der Natur dieſer Körper
und ihrem Verhalten zum Wärmeſtoffe ⎡wiſſen; ſie ſind, den
Schwefel ausgenommen, ſämmtlich feuerbeſtändig, und es
iſt uns keine Art von Auflöſung derſelben in der Luft
bekannt. – Auch ſpricht dieſe Anſicht ganz gegen
die Geſchwindigkeit derſelben.
2. Daß ſie aus den großen, unaufhörlichen ſpeienden
Vulkanen des Mondes ausgeworfen würden; eine
Meinung die fälſchlich Herr Laplace und Olbers zu-
geſchrieben wird. Dieſe haben nur berechnet, welche Ge-
ſchwindigkeit dazu gehören würde, wenn ſie wirklich von da
zu uns kämen. Wenn es dort Vulkane giebt ſo müßte
man die ſich hier durchbildenden Lichterſcheinungen wohl von dem
aſchfarbigen Lichte des Mondes unterſcheiden. Schon
Ariſtarch ſchrieb dieſe Erſcheinungen den Mondvulkanen zu,
alſo ſonderbar genug, eine der früheſten Meinungen.
Geſetzt ſie kämen daher, ſo müßten ſie 7500′ in der Se-
kunde zurücklegen, und nach Laplace würden ſie in 2½
Tag herabkommen; da man hierbei aber nicht auf die
Translation des Mondes achtete, ſo würden doch nur ſehr
unbedeutende Maſſen die Erde erreichen können. Im
Jahre 1660 wurde ein Franziskaner Mönch durch einen
Meteorſtein getödtet, und Tortana war der erſte der bei
dieſer Gelegenheit in einer kleinen Diſſertation ſagte,
daß ſie aus dem Monde kämen.
Die 3te Meinung und die wahrſcheinlichſte, nach Chladni,
iſt die, daß ſie aus den Welträumen ſelbſt kommen.
Dem nicht ſo bedeutenden Unterſchiede zwiſchen den Meteoren
und den kleinen Planeten iſt ſchon Erwähnung geſchehen, und
wir erkennen wie die Natur in der Bildung der kleinſten
Weltkörper ſich auch entfaltet hat. Sehr möglich, daß
ſolche Maſſen durch beſondere Perturbationen fallen.
Möglich aber iſt es auch, daß beim Zerplatzen eines
großen Planeten, wie es der Fall bei der Ceres,
Juno, Pallas und Veſta war, ſich ſolche einzelne
Stücke nach Herrn Olbers löſen konnten. Lagranche
hat die verſchiedenen Richtungen berechnet, in welchen
die einzelnen Theile ſich um die Erde bewegen.
Von der unorganiſchen oder todten Maſſe des
Erdkörpers, gehen wir nun zu der lebenden Kraft, dem
eigentlichen Organismus über. Ich bediene mich lieber
des letztere Ausdrucks, um zum Unterſchiede vom Todten
des Leben in der organiſchen Entwickelung entgegen zu
ſetzen, weil auch die Erde durch vulkaniſche Kräfte er-
ſchütternd und bewegend, von mehrern Phyſikern als lebend
betrachtet iſt, und die Elektricität und der Magnetismus
von dieſen als das Belebende angeſehen wird. Inwiefern
nun dieſe Thätigkeit mit dem Leben des Organismus
zuſammenhängt, bleibt der Unterſuchung und [rei]fern
Betrachtung ſpäterer Zeiten übrig.
Von dem Organiſchen kennen wir nur das Telluriſche.
Wenn gleich, wie ich ſchon früher bei der Betrachtung des
Mondes erwähnt habe, einige Phyſiker auf demſelben ſelbſt
Palmen beobachtet zu haben glauben, ſo könnte es nach der
Höhe ſolcher Organismen, die wohl 200′ erreichen, möglich ſein
ſie in dieſer Entfernung zu ſehen; weil aber die Gegenſtände
ſich denn nur durch ihren Schatten erkennen laſſen, ſo liegt
es auſſer allen Zweifel, daß ihre geringe Dicke viel
zu unbedeutend iſt, um der Möglichkeit ihrer Beobachtung
noch Glauben beimeſſen zu können.
Von den Betrachtungen des Starren und Flüßigen unſeres
Erdkörpers, werden wir uns zu dem Leben in den Erzeug-
niſſen ſeiner äußere Rinde, die das organiſche Leben in den
verſchied. Gattungen und Arten auszeigt, welche wieder nach
dem Wechſel der Zonen und des Klima’s verbreitet ſind.
Das Starre iſt durch die Maſſe bedeutſam und auffallend, in
ſeinen größten wie in ſeinen kleinſten Dimenſionen, ſind die
regelmäßigen Formen erkennbar. Anders iſt es dagegen
im Organiſchen, wo die Maſſe von der Form beſiegt und
belebt anziehender hervortrit. In der Atmosphäre und dem
Ocean erſcheint alles durch das vernunftgemäße Auffinden der
Verhältniſſe zuſammenhängend; in dem Organiſchen aber
iſt die Geſetzmäßigkeit geregelten, über das Entfalten
nach beſtimmten Geſetzen wacht hier die Natur, und die alte
Weltordnung bürgt dafür, daß alle Pflanzen in ihrem Er-
wachen, Aufkeimen und Blühen noch nach Jahrtauſenden regel-
mäßig jede ihren Frühling ſich erhält und ihn feiert. Der
Geognoſt, beim Auffinden einer Organiſation in der äußern
Rinde unſers Erdkörpers, der Phyſiker, der bei den Stürmen
der Luft und des Oceans von dem Zuſammenhange der
Natur in ſeinen Unterſuchungen ergriffen wird, ſtaunt ihr Walten
an. Im Pflanzenreiche ſpricht uns das allmählige Entwickeln
und Entfalten der Organe an, wie ſie im Stillen fortwirken
und treiben, und durch ein vorbereitendes Aufkeimen bedingt
werden. Nur die Beſchreibung der mit Pflanzen und Thieren
bedeckten Erde, nicht die der Pflanzen und Thiere ſelbſt, oder
ihre Anatomie und Phyſiologie gehört hierher. Ihre geo-
graphiſche Verbreitung, wie ſie nach Klima und Zonen ver-
ſchieden iſt, ſoll uns hier beſchäfftigen.
Man hat lange geſucht eine Definition des Organiſchen
und Unorganiſchen zu finden. Dieſe Bemühungen ſind nicht
ganz zu ihrem Ziele gediehen, wenn gleich ein Experiment ihrer
Vergleichung jenem Wahrſcheinlichkeit gab. Hiernach unter-
ſcheiden ſich die organiſchen von unorganiſchen Körpern, daß
wenn ſie aufhören ein Ganzes zu ſein, ſie nicht dieſelbe
chemiſche Miſchung und daſſelbe Verhältniß der Stoffe bei-
behalten, ſondern dieſe eine Veränderung erleiden. Hierbei
iſt es aber nöthig zu berückſichtigen, daß es ſowohl zuſammen-
geſetzte Pflanzen als Thiere giebt, die man in einzelne
Theile trennen kann, und dann für ſich als beſondere Individum
fortleben, wofür reichlich die verſch. Vermehrungsarten der
Gewächſe Beweiſe liefern. Doch iſt es auch bei dieſen nicht
gleichgültig wie die Trennungen geſchehen, da nicht jede Richtung
die Fortdauer des Lebens und der chemiſchen Verhältniſſe
bedingt. Schon Ariſtoteles ſagte: natürliche Körper ſind
ſolche die einen Beſtimmungsgrund ihrer Exiſtenz zu einem
Zwecke in ſich ſelbſt haben. Die unorganiſchen Körper dagegen
erleiden durch jede beliebige Trennung voneinander keine Ver-
änderung ihrer chemiſchen Beſchaffenheit. Die chemiſchen Wir-
kungen bei dieſen ſind auch immer nur ⎡durch gewiſse Verhält-
niſse bedingt, es iſt wohl möglich daß auch hier ein elektro-
chemiſcher Proceſs ſtatt findet, der bei den organiſchen
Körpern von mehr complicirte Bedingungen abhängt. Dieſe
einzelnen Kräfte kann man Lebenſthätigkeit nennen,
aber es iſt beſſer mit Leben nur das zu bezeichnen,
was aus ihrem Wirken hervorgeht. Dieſe Veränderung
des Miſchungsverhältniſſes kann auch nur bei einzelnen
Theilen ſtatt habn, die nämlich vom Ganzen als todte
Körper ſich abſondern, wie wir es z. B. bei dem Holze,
oder der Häutung der Inſecten erkennen.
Ein jeder organiſche Körper unterſcheidet ſich auch
von einem unorganiſchen darin, daß der erſtere einen für
uns bemerkbaren Anfang hat, ſich entwickelt, abnimmt,
aufhört und zerſtört wird, während dagegen der unor-
ganiſche vor uns da war, und beſtändig fortführt ſo da
zuſein, daß, in welche Verhältniſſe er auch kommen
mag, ſein Weſen nicht vernichtet werden kann. Die
unorganiſchen Elemente der organiſchen Körper können
zwar auch nicht vernichtet werden, aber das eigentliche
Weſen dieſer Körper wird unwiederbringlich zerſtört.
Das lebende Individuum, welches ſtirbt und ſeine Be-
ſtandtheile der unorganiſchen Natur wieder giebt, kommt
nie wieder. – –
Aller Organismus der Thier und Pflanzenformen
folgt einigen Hauptreizen. So reizt z. B. das Chlor
ebenſo den Samenkeim, daß er wie bei der Kreſſe (Lepid. ſativ.)
in 37 Stunden 3 Linien Länge treibt, als er auch in den thie-
riſchen Subſtanzen wirkſam iſt. Auch die Wirkſamkeit
des Opiums auf die Pflanzen iſt in neuern Zeiten angewandt;
und ältere Verſuche ſind beſtättigt, daß nämlich die
giftigen metalliſchen Stoffe auf beide Reiche gleich zerſtörend
wirken.
Im Allgemeinen hat nur die äußere Rinde eine
große Maſſe von Organiſationen, doch in tiefen Höhlen
und Gruben finden wir ſo wohl Miſtris Arten, als auch
eine Entwickelung der Pflanzen. Man muß nicht glauben
daß die unterirdiſchen Pflanzen mit dem Holze in die
Bergwerke gekommen ſind, denn während meines bergmän-
niſchen Lebens habe ich in Bergwerken wo kein Holz war,
ſolche Pflanzenarten gefunden. In den Stalactiten-Maſſen
wo weiſſer Marmor liegt, fand ich in einer neu eröffneten
Höhle, daß jener epheuartig mit einer unterirdiſchen Pflanze
überrankt war. Wohl iſt es möglich, daß der Keim
zu dieſen Gewächſen durch das von oben eindringende Waſſer
gelegt wird, jedoch ſind dieſe unterirdiſchen Arten von
den obern ganz verſchieden. Dieſe Pflanzen ſind oder
werden nur dann grün, wenn viel Stickſtoff und Waſſer-
ſtoff in ihnen verwaltet, und nicht immer iſt der Ein-
fluß des Lichts dabei nothwendig. Ein gleiches gilt
von den Pflanzen in der Tiefe des Meeres, die viel-
leicht nicht in den äußerſten Tiefen, aber doch nach Bonguer’s
Meſſungen 80 bis 100 Braſſen oder 5–600′ Tiefe vor-
kommen, wohin kein Lichtſtrahl dringt, und doch ſind manche
der Teegarten grün, wie ich z. B. ſelbſt ſo die Ulva
inteſtinalis hervor gezogen habe. Es giebt Rhamnus
und Citrus Arten deren Keime ſchon eine grüne Färbung
hat, und können nicht vielleicht verſchiedene Gaſarten die
der Samen wohl in der Tiefe umgeben können, Einfluß
auf die Entwickelung unterirdiſcher Gewächſe haben?
Wie ſo Pflanzen in der Tiefe des Meeres und im Innern
der Erde ſich entwickeln können und gedeihen, ebenſo haben
auch manche Thiergattungen ihr Daſein, ohne daß das Licht
auf ſie wirken kann. Die große Zahl der Eingeweidewürmer
geben uns hier ein m[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]erkwürdiges Beiſpiel, von denen
nach Rudolphi ſchon über 1100 entdeckt ſind. Auch iſt
es ſeine ſchöne Entdeckung der neuern Zeit, daß ſich in
den Gazellen Südamerika’s und in den Känguruhs von
Neuholland dieſelbe Art Eingeweidewürmer findet, welche in
unſern Hirſchen und Rehen vorkommt. Während die dico-
tyledoniſchen Pflanzen nicht in den verſchiedenen Zonen
vorkommen, finden wir alſo eine Verbreitung der Einge-
weidewürmer bei Thieren die gleichfalls, nicht in einer
Zone leben können.
In der erſten Entwickelung des organiſchen Aufkei-
mens iſt das Vegetabiliſche vom Animaliſchen wenig ge-
trennt. Man iſt lange im Zweifel geweſen, was die
Prieſtleyſche Materie eigentlich ſei; man hat ſie für Ei-
weißſtoff gehalten, was aber nicht der Fall iſt, ſondern
es ſind verſchiedene Stoffe, beſtehend aus Infuſions-
thierchen, Oscillatorien und Pflanzenentwickelungen, aus
denen lange Schläuche entſtehen, die confervenartig werden.
Hierher gehört die große Maſſe d[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]er Infuſoria, die als ein
beſonderes Reich Frank mit dem Namen der Hymanogonen
bezeichnet. Der Streit über die Infuſionſthierchen hat zu
den vielfältigſten Meinungen Anlaß gegeben; nach einer der-
ſelben ſollen dieſe Thierchen, nachdem ſie lange genug umherge-
ſchwebt haben, ſich nach Ruhe ſehnend, in netzartigen faden-
förmigen Geweben ſich nieder. Herr Rochet hat zuerſt die
fadenartigen den Conferven ähnlichen Thierverbindungen er-
kannt. Herr Aghard glaubt, daß die Infuſorien den Thieren
und Pflanzen gemeinſchaftlich zur Grundlage dienen, indem
ſie ſich nach ihrer Bewegung verſchieden zuſammenfügten. Die
Herren Turpin, Longchamp und Ehrenberg nehmen an, daß
die beobachteten Erſcheinungen nicht Gründe genug ſind, um
an einen Zuſammenhang derſelben glauben zu können. Es iſt
auch noch nicht hinlänglich erwieſen, daß die Infuſioria zuſamm[en-]
geſetztere Körper bilden, da dieſe ja noch beſonders exiſtiren
können. Der erſte Keim des organiſchen Lebens zeigt
ſich als eine kleine Blaſe. Das kleine Seethierchen (Tremellus
tripunctatus ?) ſchiffartig, auch aus kleinen Schläuchen beſtehend, und ſich
ebenfalls hin und her bewegt. So viel iſt gewiß, daß die
Schläuche ſich entweder in einer Compoſition oder einzeln zeigen
aber die Aehnlichkeit beider berechtigt noch nicht, letztere für
dieſelben zu halten, woraus erſtere zuſammen geſetzt ſind.
Herr Meyer in Bonn glaubt vor wenigen Monaten die Bemerkung
gemacht zu haben, daß die in der Valisnerea ſpiralis und
der Chara flexilis ſich frei bewegende kleinen Kügelchen,
die ſchon Corti 1774 beobachtete, und beſonders Amici ?
in Mailand aufmerkſam unterſuchte, auch denn noch eine freie
Bewegung zeigen, wenn ſie aus dieſen barometerähnlichen
Röhren hervortreten; eben ſo, wie man früher ſchon erkannte
daß die Blutkügelchen bei jeder beſondern Thiergruppen ver-
ſchieden ſind. Ich kann die einzelnen Verhältniſſe hierüber
nicht genau angeben, da ich in der letzten Zeit mich hiermit nicht
beſchäftigt habe, und die Folge eine größere Gewißheit
der gemachten Entdeckungen geben muß.
Dieſe Kügelchen, Biospheren, tragen wenn ſie zur Ruhe
kommen, zur Entſtehung des Faſerſtoffs bei, was Raspoſa
zuerſt beobachtete. Durch die Unterſuchungen von Dima hat
ſich ergeben, daß das Blut der Thiere von einem Geſchlecht
Blutkügelchen von [unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]gleicher Größe und Form habe, ſo daß man
hierdurch das Blut von verſchiednen Geſchlechtern unterſcheiden
könnte. Das Gewebe ausgenommen iſt die Maſſe aus
solchen Kügelchen zuſammen geſetzt, die ſich ebenſo wie im
Blute auch in dem Eiter krankhafter Theile finden, und Herr
Sömmering hat ſie ſelbſt in den Faſern nachgewieſen. Aus
dem geronenen Blute bilden ſich Blättchen und Faſern, woraus
das Zellgewebe entſteht.
Dieſe Betrachtungen führen uns dahin, daß auf nieder
organiſchen Stuffen die Dualismen noch nicht geſchieden ſind,
und daß die künſtlichen Benennungen, welche von dem Pflanzen-
leben die Thierorganismen abzuſondern ſuchen, ſich nicht rechtfertigen
laſſen; die Lebenſthätigkeit wandelt auf gleichen Wege
anfänglich, die die höchſten Entwickelungen bezeichnen. –
Gehen wir von hieraus zu den Definitionen über, welche die
Thiere von den Pflanzen ſondern ſollen, ſo werden ſie durch das
Angeführte widerlegt. Die älteſte Meinung eines ſolchen
Unterſchied’s iſt die der willkührlichen Bewegung, aber manche
Pflanzen zeigen auch dieſe, wie z. B. des Hedyſerum gyrans,
wo beim Mangel des Sonnenlichts die Bewegung der großen
Blätter aufhört, während die Stipulae ſteigen und ſinken.
Eine andere Meinung iſt die von Hedwig, welche ſich auf
die Fortpflanzung ſtützt; indem er für die Pflanzen an-
nahm, daß ihre Zeugungſtheile nach dem Blühen oder der
Befruchtung vergehen, während ſie bei den Thieren bleibend
ſind. Ein bedeutender Theil von Gewächſen hat aber gar
keine Zeugungſtheile, da ſie ſich nicht durch Samen ſondern durch
Gemmen fortpflanzen. Der Unterſchied des Stickſtoffsge-
halt fällt auch weg, da man ihn auch in den Gewächſen an-
trifft. Die Nahrung, und daß die Thiere einen Magen
haben, iſt eben ſo wenig ein Unterſchied. In der ganzen Or-
ganiſation iſt die Respiration eine Hauptnahrung. Bei
den höhern Thieren und Pflanzen iſt der gegenſeitige Verkehr
in der ſie mit der Luft ſtehen, dadurch verſchieden, daß
die Pflanzen Kohlenſäure aufnehmen und zerſetzen,
die Thiere hingegen Kohlenſäure aushauchen.
Einige haben behaupten wollen daß die animaliſche
Maſſe der vegetabiliſchen überwiegend ſei, was aber
natürlich nicht der Fall iſt, wenn gleich in einzelnen Körpern
von Wallfiſchen und den untergegangenen großen Thierarten
dieſes Reich den Vorrang hat. Noch mehr aber erſtaunt
man über dieſe Bildungen koloſſaler Maſſen, wenn man
auf Elephanten Jagden in Ceylon 100 und mehrere dicht
zuſammen gedrängt zu ſehen Gelegenheit hat, oder wem der
Anblick der auf der weſtlichen Seite der Anden am Ufer
großer Flüße oft in unendlicher Menge zuſammenlie-
gender Alligator’s von 15–16′ Länge gewährt iſt. Rechnen
wir zu dieſen auch noch die große Zahl der Mollusken
hinzu, ſo iſt dieſes alles doch nur unbedeutend gegen
die unermeßlichen Urwälder allein, in denen ſich die
Bäume zu 150–180′ erheben, bei einer untern Dicke
von 5–6′ im Durchmeſſer. Selbſt aus den von frühern
Zeiten übrig gebliebenen Reſten erkennen wir in den
Steinkohlenlagerungen eine große Maſſe von vegetabiliſchen
Stoffen, in denen wir ehemalige Palmenwälder ſelbſt
auf hohen Gebirgen von 12–14000′ wieder erkennen, wo
jetzt keine Bäume mehr gedeihen.
Wie es auf der Oberfläche der Erde mehr vegeta-
biliſche Maſſe giebt, ſo findet ſich dagegen mehr thieriſche
im Meere, wo allein die Zoophyten und Mollusken
einen großen Raum einnehmen.
Wir gehen nun zur Verbreitung der Pflanzen
ſelbſt über, womit ſich die Pflanzengeographie beſchäfftigt.
Sie iſt vielſeitig mit der Geſchichte der Pflanzen ver-
wechſelt oder für eins gehalten, die ſich doch von jener
dadurch unterſcheidet, daß ſie die Verbreitung der Ge-
wächſe durch die Menſchen Thiere, Winde, Meere etc.
unterſucht. –
Sie lehrt ihrer Definition nach der Verbreitung
der Gewächſe auf unſerer Erde. Herr Strohmeyer war der
Erſte, der ſie als eine beſondere Wiſſenſchaft behandelte,
und ihre Begründung iſt neuer wie die der Geognoſie.
Viel Gutes darüber ſagte auch Willdenom in dem hierher
gehörigen Theile ſeines Grundriſſes der Pflanzenkunde, er hat
aber Geſchichte mit Geographie verbunden. Die Geſchichte
der Pflanzen darf nur auf die Veränderungen aufmerkſam
machen, welche die natürliche Verbreitung durch Pflanzen-
wanderungen erlitt. Sie läßt ſich zum Theil nur auf
Hypotheſen gründen, da nur Meeresſtröme, vorherrſchende
Winde, und die Völkergeſchichte ſelbſt für die cultivirte
Pflanzen durch Analogien auf die früheren Epochen
zurückführen laſſen.
Mit der Sprache der Völker unterſcheiden wir
Waſſer-, Wieſen-, Wald- und Alpenpflanzen. Dieſe
Eintheilung drückt aber nur ihren Standpunct, oder die
Localität in der ſie gefunden werden, nicht aber ihre
Habitation aus.
Man hat auch ganze Himmelsſtriche nach den vorherr-
ſchenden Arten ihrer Gewächſe mit Namen belegt, ſo z. B.
die Tropenländer des Palmenklima genannt, dabei
aber überſehen, daß auch außerhalb der Wendekreiſe
bis zum 34° Palmen vorkommen.
Die erſte Idee für eine Geographie der Pflanzen
ſpricht der Cardinal Bembo ſchon im 16ten Jahrhundert, in
einem Werke Aetna Diabolos aus, worin er einer ver-
ſchiedenen Vertheilung der Pflanzen am Aetna gedenkt.
Weit ſpäter aber war es erſt Tournefort vorbehalten,
eine beſondere geographiſche Vertheilung der Pflanzen zu
erkennen; er wurde hierauf aufmerkſam, als er in
Geſellſchaft von Gundelsheimer (der Stifter des hieſigen
botaniſchen Gartens) den Ararat beſtieg, wo er die ver-
ſchiedenen Floren der Länder die er geſehen hatte, mit
der zunehmnenden Höhe wieder fand. So machte auch
er zuerſt die wichtige Entdeckung, daß die Höhengrade
mit denen der Breite in einem Zuſammenhange ſtehen.
Darauf machte Linnee in zwei merkwürdigen Diſſerta-
tionen darauf aufmerkſam, verfolgte dieſe Idee noch
weiter und ſtellte die Hypotheſe auf, daß die Pflan-
zen von den höchſten Gebirgen ausgegangen, immer
dem ſich an engern Grenzen zurückziehende Meere gefolgt
wären. Nach ihm haben verſchiedene Reiſende, wie Gmelin,
Pallas, Cook, Forſter und andere viel zur Erweite-
rung dieſer Kenntniſſe beigetragen, und beſonders
letzterer fand zuerſt die nördlichen Pflanzenformen
im ſüdlichſten Amerika wieder. Adanſon ging einen
Schritt weiter, indem er auf ſeinen Reiſen am Senegal
bemerkte, daß ſelbſt die verſch. Pflanzenfamilien nicht
allen Zonen angehören. So machte er die Beobachtung
daß die Umbelliferen und Cruciferen der Tropenländern
gänzlich fehlen. Hemmend aber war die Annahme des
Sexualſyſtems, indem es die natürliche Verwandtſchaft
der Gewächſe trennte, und zu geringen Werth auf die genau-
ere Kenntniß der innern Organe legte, die d[och] nur
allein auf die richtige Bahn zur Kenntniß [der] Geogra-
phie der Gewächſe führen kann.
Der Name Pflanzengeographie hat lange ſchon vorher,
wie der der Meteorologie, ohne Wiſſenſchaft exiſtirt. Zu-
erſt wurde er im 17ten Jahrhundert vom Dr. Menzel in
Fürſtenwalde ausgeſprochen, in einer nicht gedruckten
Flora der Umgegend. Später gebrauchte Hr. Bernardin
de St. Pierre in dem Werke: Studien der Natur.
Ihm folgte Girot Hilain in ſeiner Geographie phyſique de
France, der an einen Zuſammenhang des Organiſchen und
Unorganiſchen glaubte, und die Gebirge beſonders ein-
flußreich auf die Thätigkeit der Menſchen hielt. Den
flachen Sandgegenden ſchrieb er nachtheilige Einwir-
kungen auf die geiſtige und körperliche Entwickelung
der Menſchen zu, Gebirge dagegen und Trachit ſollten
dieſe begünſtigen. In ſeinem Werke gedenkt er nur
der kultivirten Pflanzen, deren Regionen er durch 2
Linien, die des Weinſtocks und des Kaſtanienbaums
näher bezeichnet. Er war der Erſte, der Betrachtungen
über die Meſſungen der Höhe, des Standortes und der
Temperatur anſtellte.
Durch das vereinigte Werken mehrerer Botaniker und
Phyſiker in neuern Zeiten haben bei verſchiedenen Reiſen
die Sammlungen Anlaß gegeben, die Pflanzengeographie
zu fördern. Mit meinem unglücklichen Freunde Bonpland
habe ich in Amerika 6000 Pflanzenarten geſammelt, und
die Höhe ihres Vorkommens gemeſſen; unter dieſen
waren 3600 neue Arten. Zwei Schriften von Bonpland
und mir, die eine über die Natur der Pflanzen, und eine
andere kleine botaniſche, geben hierüber genauere Kunde.
Durch ſpätere Meſſungen anderer Reiſenden iſt doch nur
die Geſammtzahl aller Pflanzen von denen die Höhe ihres
Standpunktes bekannt iſt auf 11–12,000 geſtiegen, während
doch gegenwärtig ſchon gegen 60,000 Pflanzenarten be-
kannt ſind. So verdanken wir Ramond die Höhenangabe
der Gewächſe auf den Pyrenäen, v. Buch, die in Scandi-
navien und den Canariſchen-Inſeln, Wahlenberg die Höhen-
angaben von denen die in der Schweiz und auf den Karpathen
wachſen; Parrot maaß viele Höhen am Kaukaſus und
Decandolle in Frankreich. Schouw eine Däne, giebt
in ſeiner Pflanzengeographie viele genaue Angaben von Baro-
meter und Thermometer-Meſſungen, doch enthält ſie zu viel
Beimiſchungen, was uns verbreitend die phyſikaliſche Beſchaffen-
heit der verſchiedenen Gegenden ergiebt.
Es wäre mir lieb geweſen die Geographie der Pflanzen
und Thiere unter einem Geſichtspunkte gemeinſchaftlich zu be-
handeln, da ſie eigentlich nicht voneinander getrennt werden können,
und ihre Uebereinſtimmung mannigfaltige Zuſammenſtellungen
erlauben; allein die Neuheit beider Wiſſenſchaften und
die ungleiche Stuffe ihrer Entwickelung erlauben dies nicht,
da für die Geographie der Thiere weit weniger Facta ge-
ſammelt ſind als für die der Pflanzen, obgleich erſtere
weit älter als ihre Schweſter iſt. Das tropiſche Amerika
hat urſprünglich keine Säugethiere die ſich auch in der alten
Welt finden, ein Geſetz, das auch für die Pflanzen,
einige Grasarten ausgenommen, gültig iſt. Ebenſo wie die
Pflanzen faſt überall gleichmäßig in den verſch. Zonen ver-
theilt ſind, finden wir es auch ein Thierreiche, in den heiſſen
bis zu den temperirten Zonen; je denſelben Einflüßen ſind
ſelbſt die Menſchen, als in Verbindung damit ſtehend, unterworfen.
Dem ungeachtet fehlen aber hinlängliche Thatſachen über die
Geographie der Thiere, da über dieſe nur wenige Temperatur
und Barometermeſſungen angeſtellt wurden, und die um ſo
wichtiger ſind, da ⅚ derſelben die Inſecten einnehmen, welche
größtentheils in der Höhe leben.
Das Weſentliche der Pflanzen-Geographie wollen
wir nun durch die Erörterung folgender Fragen in 6 Ab-
theilungen betrachten:
Wir wollen dieſe von 2 Geſichtspunkten aus betrachten:
Schon früher haben wir geſehen, daß des Lichts für
die Vegetation unbedingt nöthig iſt, denn mehrere Pflanzen
finden ſich in verſchloſſenen Höhlen, Gruben und Baumſtämmen,
oder auch im Innern der Früchte. Bei den unterirdiſchen
Pflanzen finden zwei verſchiedene Verhältniſſe ſtatt, da
ſie entweder, in der Luft ſich entwickeln und darin leben,
wie es die Exiſtenz ſo vieler cryptoganiſchen Gewächſe bedingt,
die nicht ſelten in Bäumen von 15–16′ Durchmeſſer wie die
Tropen ſie auszeigen, ſich verfinden. Eine andere Art ihres
Daſeins iſt von der Umgebung derſelben mit Erde bedingt,
wie es z. B. bei den Trüffeln der Fall iſt. Eine dieſen
verwandte Schwammart findet ſich in Miſſuri oft 5–6′ tief
in der Erde, hat eine Größe von ½ Fuß und darüber im
Durchmeſſer und wird getrocknet von den Indianern ver-
kauft und wie Brod genoſſen. Ebenſo kann man die Wur-
zeln der höhern Gewächſe als unterirdiſche Pflanzen betrachten,
wonach der Baum in ſeinen ſichtbaren Theilen als der Kopf
derſelben angeſehen wird. So wie das Leben der Wurzeln
unterirdiſch viele Jahre oft fort dauert, hat auch manche
[Samenart] das Vermögen ſich in der Tiefe der Erde eine
lange Reihe von Jahren lebend oder, was daſſelbe iſt, keim-
fähig zu erhalten. So haben ſich zufällig durch tiefes Graben
oder beim tiefere Aufrühren der Erde durch andere Veran-
laſſungen, in manchen Gegenden Pflanzen gezeigt, die ſeit
langer Zeit verſchwunden waren, oder ſelbſt ſolche die man
früher nie dort geſehen hatte. So ſah Viborg auf dieſe
Weiſe Carex cyperoides auf Seeland emporwachſen, den
er früher nie dort geſehen hatte. Auch ſollen unter dem
Druidentempel in Schottland neue Pflanzen hervorgewachſen ſein.
Die Zahl der Seepflanzen iſt verhältnißmäßig nur
geringe, da man nur 3–400 Arten hat auffinden können.
Manche derſelben haben dafür aber eine um ſo weitern
Verbreitung, andern zeichnen ſich durch eine beträchtliche Länge
aus. So erreicht der Fucus giganteus nicht ſelten eine
Länge von 3–400′. er ſteigt aber nicht ſenkrecht ſondern
ſchräg in einem Winkel von 50°, aus dem Meeresboden herauf.
Man hat früher allgemein die Möglichkeit bezweifelt,
daß es in der kalten Zone über den 74° hinaus, noch Ge-
wächſe geben könne. Parry hat jedoch von der Mellville[’s]
Inſel noch 50–60 Phanerogamen mit gebracht, die theils zu
den Ranunculaceen, Papaveraceen, und andren Familien gehören.
Die Salix arctica, dieſen nordiſchen Baum von 3–4″ Höhe,
fand er noch unter dem 75°. Aus Spitzbergen ſind
nur 14–15 Arten von Pflanzen bekannt. Von der ſüdlichen
Hemisphäre glaubte ſelbſt Forſter, daß es unter dem
60° S. Br. auf den Sandwichsinſeln, keine Pflanzen mehr
gebe, aber Hueddo hat noch ſogar auf der Schottlands-
inſel welche gefunden, und der Kapit. Billinghauſen
noch ebenfalls auf den Inſeln Peter (und Alexander)?,
wenn gleich auch nur cryptoganiſche Gewächſe.
Was das Hinaufſteigen der Pflanzendecken betrifft
ſo hat Sausſure am Abhange des Montblanc die Silene acaulis
und Ranunculus parnasſifolius noch in einer Höhe von
10400′ gefunden. Auf den Anden und am Chimboraſſo
habe ich den Lichen geographicus noch 17,100′ hoch an ſolchen
Felſen geſehen, die durch innere vulkaniſche Wärme nie
lange mit Schnee bedeckt waren. Die Eudema rupeſtici
und ſchöne Gentianea kommen mit andern Gewächſen noch auf
15,000′ Höhe vor. Es iſt wahrſcheinlich daß der Schnee und
nicht die Kälte die Pflanzen hindert, ſowohl am Nord- wie
am Südpol noch höher zu vegetiren, und es geht hieraus die
Wahrſcheinlichkeit hervor, daß am äußerſten Erde der
Baffinsbai noch Pflanzen wachſen.
Zu dieſen Bedingniſſen, die ſich auf die Temperatur
gründen, läßt ſich auch der ungleiche Barometerdruck
und die Durchſichtigkeit der Luft zählen, und man iſt
hierzu um ſo mehr berechtigt, da die Pflanzen weit mehr
von äußern Bedingungen abhängig ſind als die Thiere, da
dieſe von den innern Organismen ſelbſt, die Pflanzen
dagegen von der Wirkung auf der Oberfläche bedingt werden
und die Einwirkungen der Respiration den wichtigſten
Einfluß haben; von gleicher Wichtigkeit iſt auch noch
der Grad der Feuchtigkeit, welcher in einer gewiſſen
Höhe abnimmt. —
Die Alpenpflanzen wachſen niedrig, gedrängt, und würden
das Bild einer entkräfteten Natur geben, wenn nicht da-
gegen die ſchönen großen, hoch gefärbten Blumen aus eine
ſchönere Zone zu verkündigen ſcheinen. Beſonders ſind
ſie auch wegen ihres herzigen Saftes und der herzigen Be-
kleidung ein Gegenſtand der Forſchung geworden, was
wahrſcheinlich von dem geringen Druck der Luft herrührt
von dem auch die Respiration mit abhängig iſt. Die
Alpenpflanzen werden durch das Licht mehr zur Respira-
tion gereizt, die Ausdünſtung iſt, ſtärker. Daher auch
ihr Saft rafinöſer, und die dabei thätigen Organe daher
ſich mehr zur haarigen Hülle aus. Auch der elektriſche
Reiz iſt hierbei wirkſam, den ſie in den Wolkenſchichten
bis zu 13,000′ in einem weit ſtärkern Grade ausgeſetzt
ſind, aber bei 14–16,000′ Höhe hören die Gewitterwolken
ganz auf. Die Elektricität ſteht mit der Erde in Ver-
bindung, denn bei dem zu dieſen Meſſungen angewendte
Sausſurſche Elektrometer entfernten ſich die Kügelchen
von Holländermark faſt gleichförmig immer zu 5–6°.
Das ſo eigenthümliche Vegitiren der Alpenpflanzen
iſt alſo wahrſcheinlich abhängig, von höhern Lichtreiz,
geringern Luftdruck und der elektriſchen Spañung, weshalb
dann auch nicht die Alpenpflanzen auf den Ebenen gediehen.
Deshalb ſind auch alle Verſuche, die hohen Gebirgspflanzen
in unſern Gärten zu kultiviren geſcheitert, und nament-
lich ſind in Wien auf Veranlaſſung des Kupfers darüber
wichtige und koſtſpielige Verſuche vergebens angeſtellt.
Die Meinung, daß die Pflanzen einen beſtimmten
Boden, oder eine gewiſſe chemiſche Beſchaffenheit deſſelben zu
ihrem Gedeihen verlangen, ſind durch die Verſuche von
Sausſure widerlegt, und ebenſo ungegründet iſt es, daß
dieſer oder jener Untergrund für ihr Gedeihen nothwendig
ſei. Sausſure’s treffliche Unterſuchungen haben dies hin-
länglich wiederlegt, was auch neuerlich Decandolle beſtätigt
hat. So wurde vom Buxbaum behauptet, daß er nur
auf erdigen kalkhaltigen Boden wachſe, doch hat man ihn
auch auf Granit (und Marmor (?) gefunden. Ebenſo glaubte
man daß die ächten Kaſtanien den kalkhaltige Boden
fliehen, doch ſind weite Flächen dieſes Untergrundes
im ſüdlichen Frankreich mit Kaſtanienwälder bedeckt.
Auch die beiden Arten der Alpenroſen, ſollten nur auf
Kalkgebirge vorkommen, aber auch dies iſt widerlegt
(daß aber manche Pflanzen den einen oder den andern
Boden lieben, iſt doch wohl auch nicht zu bezweifeln ?)
Es kommt nun noch darauf an zu beſtimmen, wie
verſchiedenartig die Pflanzendecke iſt. Die Natur be-
ſteht aus Individuen, und der Saame derſelben erfült dieſe
nicht immer unverändert, ſondern bringt in verſchiedene Ab-
änderungen Varietäten hervor, auf ähnliche Weiſe, wie
unter denſelben Arten der Vögel, bei nahe gelegenen
Inſeln, ſich die größte Verſchiedenheit zeigt. In dieſer
Rückſicht iſt es eine ſchwierige Aufgabe, ein Zahlenverhältniß
der Arten genau anzugeben. Der engliſche Botaniker
Robert Brown hat eine große Menge von Pflanzen die
beſchrieben ſind verglichen, um die Menge der Pflanzen-
namen zu verringern, die durch einige leichtſinnige oder gedankenloſe
Botaniker zuviel entſtanden waren, und ſo die Botanik
von 1200 Pflanzennamen gereinigt. Rückſichtlich den Quanti-
tät der Arten läßt ſich nicht die Frage beantworten,
wieviel es giebt, ſondern nur die, wieviel bekannt [ſind].
Bei den letztern muß man wieder unterſcheiden wie viel
beſchrieben, und wie viel ſich in den Herbarien befinden.
Der ſo eben genannte R. Brown hat im Jahre 1817 eine
ſolche Unterſuchung angeſtellt, und gefunden daß die
Zahl der bekannten Phanerogamen 38,000, und die der
Cryptogamen 6000, alſo im Ganzen 44,000 Arten betrug.
Hierzu gab des Aequinoctial-Amerika 13000 Species
die Tropenländer der alten Welt (Aſien) aber nur
4500 Species. In der Synopſis von Perſoon ſind nur
21,000 Arten beſchrieben. Sehr beträchtlich iſt aber der
Zuwachs von neuentdeckten Pflanzen aus der neuen Welt ge-
weſen, ſo daß man jetzt im Ganzen 60,000 Species
als bekannt annehmen kann. In Neuholland ſind bis jetzt
von allen Botanikern 3700 Arten gefunden. Nach Decandolle’s
Unterſuchungen kannte man im Jahre 1800 nur 500 Pflanzen
aus Braſilien, aber durch die Bemühungen von St. Hillaire
Martius, Pohl und Andern, ſind nun 14,000 Phanerogamen
daſelbſt entdeckt, von denen kaum der 3te Theil beſchrie-
ben iſt. Alle Reiſende haben ſelten über 6000 Arten
geſammelt; nur Burſchel hat vom ſüdlichen Afrika
7000 und Pohl 8000 aus Braſilien mitgebracht.
Martius und St. Hillaire haben dagegen in jenem Lande
jeder etwa 6000 Arten geſammelt.
Der ſtatiſtiſche Theil der Pflanzengeographie giebt
die Zahlenbeſtimmungen. Er beſchäfftigt ſich nicht allein
mit dem Verhältniſſe der Zahl der Arten, ſondern auch
mit den der er ſetzenden Formen, und der Zahl der Species
in gleichen Gruppen. Wenn wir ſo die nach Brown und
Decandolle angegebene Zahl der Phanerogame von 60
bis 65,000 Species als die höchſte der bekannten Arten
annehmen, und wenn alle Continente zuſammen genommen
2½ Millionen Quadratmeilen enthalten, ſo kommt nur eine
Pflanzenart auf 38 □ Meilen. In den engliſchen Gärten
werden nach R. Brown 16000 Species kultivirt, alſo ¼
aller bekannten Gewächſe, woraus hervorgeht, daß jene
Schätzung von 65000 Arten ehe zu geringe als zu groß iſt.
Das größte Herbarium beſitzt Herr Lambert in London
denn es enthält 32,000 Phanerogamen und 6000 Cryptogamen.
Eigenthümlich iſt es, daß wir faſt eben ſo viele Thiere als
Pflanzen kennen, da von jenen 46,000 beſchrieben und
66,000 Arten gekannt ſind, worunter ſich allein 44,000
Inſecten finden. Bei den Thieren iſt es eben gerade [umge-]
kehrt wie bei den Pflanzen, da die unterſten Thierklaſſen
die zahlreichſten ſind, ja wenn man die 4 unterſten Thier-
klaſſen, die Inſecten, Würmer, Mollusken und Zoophythen
zuſammen zählt, ſo enthalten ſie ⅚ der geſammten Thiere,
während bei den Pflanzen die niedrigſten Ausbildungen
nur ⅐ der Geſammtzahl aus machen. Europa hat
7000 Pflanzenarten, demnach kommen, wenn man dieſen
Erdtheil zu 155,000 □ Meter annimmt, auf 22 derſelben nur
eine Pflanzenart. Schließt man die Pflanzen welche Europa
und Aſien gemeinſchaftlich haben davon aus, deren es
4000 ſind, ſo bleiben für Europa kaum 2800–3000
Arten. Decandolle glaubte früher, daß es in Allen
nur 120,000 Species gäbe, was aber die neuern Entdeckungen
widerlegt haben. Dieſe Angabe ſtimmte auf eine
ſonderbare Weiſe mit einer alten perſiſchen Mythe
von Zoreoſter in Kalabaka überein, nach der dieſelbe An-
zahl Pflanzen aus dem Stierblute entſtanden, und
ſich über die Erde verbreitet haben ſollen.
Man hat die Frage aufgeworfen, ob die Zahl der
Pflanzen ſich noch vermehrn oder vermindern. Gehen wir in
dieſer Rückſicht über die hiſtoriſchen Zeiten hinaus, ſo be-
[rec]htigen uns die großen Ueberbleibſel von Thierformen
ſowohl als Palmenſtämmen, zu glauben, daß Species
untergingen, aber auch neue wiederum entſtanden ſein
können. So ſind auf der weſtafrikaniſchen Küſte, Thiere
wie z. B. der Sydor gänzlich untergegangen; ein foſſiler
Kopf deren wird im Oxfordter Muſeum aufbewahrt, der
in das Geſchlecht der Pingus übergeht. Pflanzen niederer
Organiſation können ohne unſer Wiſſen entſtehen, die
der höhern aber fällt außer den Grenzen naturhiſtoriſcher
Traditionen. Dies führt uns auch auf die Entſtehung einiger
Naturphänomene; ſo beſteht der Kern der Societäts-Inſeln
nicht wie Forſter glaubte aus Granit, ſondern aus Trachit,
und dennoch hat man auf Otaheite ohne Urgebirge eigen-
thümliche Arten von Süßwaſſerfiſchen gefunden. Ebenſo kommen
in der Seen der Anden die 8–10000′ hoch liegen, ganz andere
Arten von Fiſche vor, als an dem Fuſſe derſelben. Auch
iſt es ſchwer einzuſehen, wie Pflanzen aus einem Flußbett,
in ein anderes weit entferntes übergehen könnten. So iſt
die in Italien nur im Po wachſende Aldrovanda von
Decandolle auch im Thale der Rhone gefunden. Nicht ſelten
entſtehen auch vor unſern Augen hybride Pflanzen oder
ausgezeichnete Varietäten, wie die Fragarea monophylla
in einem Garten bei Paris aus Saamen ſich bildete, die
ſich ſo fortpflanzend in alle Gärten verbreitete.
Wenn wir die Zahl der Species nach der Verbrei-
tung in den verſch. Zonen betrachten, ſo ſehen wir die
größte Mannigfaltigkeit der vegetabiliſchen Formen in
ihren Typen unter Aequator, und von dieſem nach den Polen
zu, bis zu den geringen Quantität derſelben abnehmen.
R. Brown glaubte, daß die größte Zahl der Pflanzenarten
nicht innerhalb der Wendekreiſen beiſammen ſich fänden, ſondern
in den ihren zur Seite gelegenen Erdſtrichen zwiſchen der 25
und 30° der Breite, und daß der größte Reichthum an Pfl.
ſich auf dem Continente von Neu-Holland fänden. Der Dr. Pohl
hat aber in Braſilien allein ſo viele Pflanzen geſammelt,
als Brown für jenen Erdſtrich insgeſammt annahm, ſo daß
er jetzt durch dieſe Widerlegung ſeine Meinung auf ge-
geben hat. In Frankreich giebt es 3800 Phanerogamen,
und faſt eben ſo viele hat auch Deutſchland, wenn wir die
Schweiz mit dazu rechnen, nämlich 3400. Ohne die Schweiz hat
aber Deutſchland nur 3200 aufzuweiſen. Aber dagegen
beträgt die mittl. Temperatur hier 7–9°, während die
von Frankreich 10–12° iſt, ein Umſtand der als einfluß-
reich nicht außer Acht gelaſſen werden darf. Rechnen wir
dagegen Tyrol mit zu Deutſchland, ſo werden die Bedingungen
weit mannigfaltiger. Die Neumark hat nach Schlechten-
dal’s Flora nur 950 Phanerogamen, und 1000 mit Einſchluß
der kultivirten, aber 2200 wenn die Cryptogamen mit
hinzu gerechnet werden. Nach Schübler’s Angabe hat ganz
Würtenberg mit den ſchönſten Abwechſelungen von Bergen
und Thälern, nur 1230 Phanerogamen. Bei der Betrachtung
der großen Zahl der Individuen, und der Mannigfaltigkeit
der Formen, tritt bewundernswürdig die Wohlthätigkeit
der Natur hervor, die in der großen Verſchiedenheit ſchöner
Geſtalten, dem Auge wie dem Gefühle gleich anſprechend er-
ſcheint, und dem reihern Nachdenken ein Feld der verſchieden-
ſten Betrachtungen eröffnet. – Nach Wahlenberg finden
ſich in Lappland von 65–69° nur 526 Phanerogamen und mit
Einfluß der Cryptogamen 1100, alſo etwa ſo viele als Pha-
erogamen in der Neumark ſind. Island weit milder
zwiſchen dem 63–67° gelegen, hat nur 374 Phanerogamen.
Dem Pole noch unſer muß man ſich ſowohl über den Reich-
thum als der Arten wundern, ſo ſind auf der Mallwilles
Inſel zwiſchen den 74–75° noch 67 Phanerogamen von
den Begleitern des Capit. Parry geſammelt. Im Thale
des Atlantiſchen Oceans giebt es Inſeln, die ärmer als
jene, bei einem weit milden Klima, die beſchränkte Natur
der Inſeln überhaupt zeigen. St. Helena beſitzt
nach Ronbourg nur 50–60 Pflanzenarten. Die Inſeln des
Triſtan d’Acunhan oder die Erfriſchungsinſeln haben nur
55 Phanerogamen. Einige Gegenden auf dem Continente
der Tropen haben nicht den Reichthum, wie wir erwarten
könnten, weil die oft anhaltende Dürre die Pflanzenzahl
beſchränkt. Denn des weite Flußthal des Nils in Aegypten
hat nach Delile und Ehrenberg nur 1000 Phanerogamen.
In ganz Nubien und Dongola ſind nur 200 Phanerogamen
nach Ehrenberg gefunden, und wenn gleich Reiſende beim
Sammeln nur auf die Umgebungen ihrer Route beſchränkt
ſind, ſo glaubt doch Ehrenberg daß ſich in jenem Lande
kaum noch 100 Pfl. außer jenen befinden. Der Contraſt
der Tropengegenden iſt um ſo auffallender, wenn wir mit
dieſen Gegenden die von Südamerika vergleichen, wo 7
bis 8000 Arten in den Breitengraden ſich finden, wo
hier nur wenige Hunderte ſind.
Von der geographiſchen Beſchaffenheit durch die phyſiſche
beſchränkt, hängt wie wir geſehen haben im Allgemeinen die
Zahl der Gewächſe ab. Man ſollte glauben daß gleichwirkende
Verhältniſſe auch die Größe der Gew. bedingen, und die größten
Baumformen gleichfalls den Tropen angehören müßten. Dies
ſtreitet aber mit der Erfahrung, denn die höchſten Bäume
ſind in der temperirten Zone gefunden, wenn gleich es die
Gegenden ſind, die mit den Tropen Aehnlichkeit haben. Die
noch in minder warmen Gegenden vorkommenden Coniferen
oder Zapfenbäumen, können außer andere übereinſtimmenden
Merkmalen, auch in dieſer Rückſicht mit den Palmen ver-
glichen werden. Den größten Contraſt mit dieſen geben die
microscopiſchen Gewächſe, als Oscillation etc. denen ſelbſt einige
Infusionsthierchen näher als der Thierwelt ſtehen, alſo mehr
Pflanzen als Thier. Eine Art dieſer Gewächſe, findet ſich
als kleiner Pilz in dem bekannten rothen Schnee, welchen
Herr Parry auf ſeiner Reiſe im hohen Norden fand. Man
glaubte anfänglich daß er von mineraliſchen Stoffen, oder
von den Excrementen dort lebender Vögel roth gefärbt
ſei; denn hat man es lange für eine Tremella gehalten,
doch Bauer erkannte ſie für kleine Pilze, denn nachdem
der Schnee geſchmolzen, blieben kleinen Kügelchen zurück,
die er bei der großen Uebereinſtimmung mit den [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]
der Nigrelo ([unleserliches Material – 1 Wort fehlt]) Arten, für jene anerkannte. Sie
wuchern ſo auf in dem Schnee, daß oft ganze Strecken von
ihnen roth gefärbt ſind; auch pflanzen ſie ſich nicht nur
bei einer niedern Temperatur fort, ſondern ſelbſt bei
+ 15–16° R. wie Bauer in London, der ſie anderthalb
Jahre kultivirte, und Andere in Paris und Genf beobachteten.
Von dieſen Betrachtungen ausgehend ſtehen in einem
merkwürdigen Contraſte die Palmen der Andeskette, deren
höchſten Arten auffallend genug die Bergpalmen ſind, von denen
es 6–7 Arten giebt, und deren Grenzen Bonpland und
ich beſtimmt haben. Sie erſcheinen erſt bei einer Höhe
von 4000′ und ſteigen bis zu 8000′. Die höchſte unter
dieſen iſt die Wachspalme, von der wir einige Stämme
füllen ließen, deren Länge 180 Pariſer Fuß betrug, und von
den dicke waren, daß ein Menſch aufrecht ſich hinter ihnen
verbergen konnte. Auch in Neuholland erreichen einige
Melaleucen die Höhe von 170–180′. Forſter fand gleich-
falls außerhalb den Tropen die Cupresſus columnaris
(Eutasſia heterophylla Salisb.) unter dem 29° S. Br. auf der
Inſel Norfolk, 240′ hoch. In neuern Zeiten hat Herr
Douglas und Fränklin am Columbiafluſſe in Kanada, eine
Pinusart gefunden, die 260′ hoch war und 14–15′ im Durch-
meſſer hatte, ſie trug Zapfen von 1½′ Länge.
In der ganzen Organiſation erheben ſich ſo die Palmen und
Zapfenbäume am höchſten, doch gegen die Pole zu werden
[…] die Baumformen kleiner, und ſchrumpfen bis zur
Niedrigkeit von 2′ zuſammen, wovon die Salix arctica
ein Beiſpiel giebt. – Noch merkwürdiger aber iſt
die Ausdehnung mancher Gewächſe in die Breite, wovon
aber nur die Tropen ausgezeichnete Bildungen auf zu
weiſen haben. Der Adanſonia Stärke am Senegal
wurde ſchon im 16ten Jahrhundert von Cadamuſco beſchrieben,
und in neuern Zeiten von Boulveny. Es giebt Stämme
von der Adanſonia die 6′ über der Erde gemeſſen, 34′
im Durchmeſſer haben, bei einer Höhe von 60′, da
der Dattelbaum bei Orotava von 15 Durchmeſſer ſchon eine
ſeltene Stärke hat. Der dickſte von den bekannten Stäm-
men der Adanſonia digetata iſt von Alter ausgehöhlt,
von den Negern architectoniſch verziert, und ſo geräumig
daß die Vorſteher einer Ortſchaft darin ihre Verſammlungen
halten. –
Eben ſolche Contraſte finden ſich nun auch in Hinſicht
der Blumen. Die größte unter allen iſt die Rafleſia welche
nach Arnold 15℔ wiegt und 3′ im Durchmeſſer hat, ſo daß
alſo ein Kind bequem darin ſitzen kann. Es werden mehrere
Exemplare davon in England aufbewahrt. Sie wächſt als
Schmarotzerpflanze auf den Wurzeln der Cisſus angustifolia.
Auch eine Ariſtolochia welche ich mit Bonpland am Mag-
dalenenſtrom fand, hatte Blumen von 16–17″ im Durchm.
und wurden von den Einwohner als Mützen getragen.
Der Character der Tropen ſpricht ſich in der Größe
der Formen, in dem energiſchen Aufwachſen mit den härte-
ſten Faſern und der kräftigſten Textur aus, und ein
großer Theil der Gewächſe, ſtrebt zu hohen Waldungen
auf. Vergleichen wir dagegen die temperirte Zone, ſo
hat Frankreich mit Einſchluß aller niedrigen Baumformen
nur 70 Arten, in Lappland deren nur 11, und in Deutſch-
land erreichen etwa 15–18 Arten die Höhe über 25, nur
wenige aber haben die Höhe von 60–80′, dagegen unter
den Tropen viele die Höhe von 120′ erreichen. Im Ver-
gleich zu unſern Schilfarten von 6–8′ Länge, geben die
Bambuſ[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]arten ein Bild der Größe für die Tropen, da
ſie 60–70′ hohe Waldungen bilden. Ebenſo erreichen auch
dort die Farrenkräuter eine beträchtliche Höhe, die ſich hier
kaum von der Erde erheben. Die Palmen erſtrecken
ſich nur bis zum 35° d. Br., weil ſie wie alle baumar-
tigen Monocotyledonen Tropenformen ſind. Der Contraſt
im Uebergange von der temperirten Zone zu der der Tropen
iſt nicht ſo fühlbar, als umgekehrt von der Tropenzone
zu der temperirten. Die Begünſtigung der Baumfähig-
keit, die beſonders unter den Tropen groß iſt, hängt auch
von den Continenten ab. So hat der neue Continent in
gleicher Breiter ſchon einige 40 Eichenarten, wo wir nur
2 Arten beſitzen. Die Natur hat ſich dort in dieſen Formen
ſo gefallen, daß Bonpland und ich in Neu-Spanien noch 25
neue Arten entdeckten. Auch einige Pflanzenformen die
bei uns nur niedrig ſind, erheben ſich dort zu hohen baumartigen
Gewächſen, wovon die Malvaceen ein Beiſpiel geben.
Gleich wie die Tropen in der baumartigen Natur der Ge-
wächſe und dem kräftigern Wuchſe des Stammes ſich aus-
zeichnen, iſt dies auch der Fall in der Ausbildung prächtiger
Blätter. Sie unterſcheiden ſich auch durch das feſtere und
dickere Parenchym, und man findet ſie von der Größe
daß ſie einen Mann bedecken können. Entgegengeſetzt [a]ber
zeigen uns dort die Caſuariam & Colletica das größte Zu-
ſammenziehen des Parenchyms, wobei die Blätter ganz
verſchwinden. – Die temperirte Zone hat dagegen aber
auch große Vorzüge, in dem gleichmäßigen ſanften Grün
der Weiden und Wieſen, welche jenen Zonen ganz mangeln.
Dies rührt von der größern Zahl der annuellen und bi[unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]
Pflanzen her, die die temperirte Zone vor der warmen hat,
die ſowohl gegen die Pole wie nach dem Aequator zu ab-
nehmen, denn in Lappland gehört nur 1/60 der Phanerogamen
zu dieſen, in Deutſchland dagegen ſchon 1/30.
Der auffallende Unterſchied zwiſchen den Zonen in
dem Character der Baumformen, zeigt ſich auch in der Große
der Blumen. In den kältern Klimaten gehören die meiſten
Baume zu den Amentaceen und Coniferen, deren kleine un-
anſehnliche Blumen in Kätzchen zuſammen gedrängt ſtehen.
Unter den Tropen dagegen ſieht man das ganze Jahr
hiedurch die herrlichſten Blumen. Wie hier cryptoganiſche
Gewächſe, Mooſe und Flechten, die Baumſtämme bekleiden,
ſind ſie dort oft von einer größern Menge ſchön blühende
Gewächſe bedeckt, wie bei uns kaum ein Berg aufzu-
weiſen hat.
Einen andern bedeutenden Unterſchied giebt auch das
geſellige oder iſolirte Leben der Pflanzenarten. Das
letztere iſt ein Hauptcharacter der Tropen, nur ſelten
ſind dort Gruppen von gleichartigen Pflanzen, was die
Schönheit jener Gegenden vermindert. Die Neu-Spanier
unterſcheiden daher auch plantae ſolitariae der Niede-
rungen und pl. ſociales der Gebirge. Ein Hauptcharacter
der temperirten Zone iſt dagegen das geſellige Leben der
Pflanzenarten, was die Gegenden ausdrucksvoller und
ſchöner macht. Vorherrſchend ſind in dieſen beſonders
die Nadelhölzer, deren Waldungen Europa decken, und
die Heidearten, die in verſch. Formen wechſeln. Denn die
Erica vulgaris und L. Tetralis welche nördlich weite
Strecken überziehen, werden im mittlere Europa durch L.
herbacea und cinerea, und noch ſüdlicher durch L. arborea
und ſcoparia erſetzt. Selbſt zu den Cryptogamen,
den Mooſen und Flechten ſteigt dies geſellige Leben
herab, da die Sphagna ganze Toofmoore bedecken, und
die Mnia, Dicrana und Hypna große Polſter bilden.
Unter den Tropen finden wir das gesellige Leben
nur einzeln, bei einigen Croton arten, einigen Cactis
beſonders den Cereen und bei den Bambuſen. Nur mit
wenigen Ausnahmen läßt ſich unter den Tropen nicht
angeben, woraus ein Wald beſteht, da er ein Gemiſch
der verſchiedenſten Bäume iſt, bei uns dagegen läßt
ſich dies leicht ſagen. Die Cactus Arten welche oft 25
bis 30′ hoch werden, geben Amerika einen eigenthümlichen [A]n-
blick der der alten Welt ganz fehlt, und der beſonders
durch die Länge der Stacheln ſo hervortritt. Die Cacti
ſtehen oft ſo dicht beiſammen wie die Orgelpfeiffen, und werden
ſogar zur Vertheidigung bei Feſtungen angebauet.
Für die Phyſiognomik der Gegenden und dem Schickſale
der Völker iſt nichts wichtiger, als das geſellige oder ein-
ſame Leben der Pflanzen. Wie einförmig erſcheinen nicht
die Länder wo nur Nadelholzwälder oder Heidegegenden ſich
ausbreiten, das unter den Tropen nie der Fall ſein kann,
nur in den Höhen bilden dort die Escalonien und Pratis
große Vereine. Als Waldungen legten die geselligen
Pflanzen den Ackerbau Hinderniſſe entgegen und hemmten
ſeine Verbreitung. Die Grasarten und Monocotyledonen
der Weiden beſtimmten das Leben vieler Nationen.
Die Ausbreitung weiter Grasſteppen von der chineſiſchen
Mauer an bis hin zum caspiſchen Meere, hat den Hirten-
völkern Verbindungen gegeben, aus denen das patriarcha-
liſche Leben entſtand, dem ſich ſpäter der aſiatiſche Des-
potismus anreihete. So wurden ſelbſt die verſchiedenen
Regierungsſyſteme durch die wechſelnden Verbindungen der
[Ge]wächſe veranlaßt.
Wir komme[n] nun zu der Zahl der Genera in denen
die Species vertheilt ſind. Die Mannigfaltigkeit der Pflanzen-
formen geben die Genera an, ihre Zahl beſtimmt daher den
Reichthum der Formen, die im Verhältniß zu der Zahl der Ge-
wächſe um ſo häufiger werden, und einen um ſo ſchönern Wechſel
der Natur geben (denn durch die Zahl der Genera wird die
Anſicht der Natur beſtimmt,) je weiter man von dem
Aequator den Polen zu kommt. So finden wir in
Lappland faſt nur Gattungen, den 2½ Species auf ein
Genus kommen. In Frankreich dagegen kommen 6 Arten
auf eine Gattung, und unter den Tropen finden ſich nicht
ſelten Genera von 2–300 Species. Hier um Berlin wo faſt
1000 Arten und 420 Genera ſind, iſt auch das Verhältniß
wie 1:2½. Dagegen in Deutſchland und der Schweiz
wie 1:5. Die nördliche Zone iſt beſonders reich an
Kräutern; aber auf hohen Bergen iſt der größern Reichthum
nur ſcheinbar, weil die Kürze des Sommers faſt alle
Pflanzen zugleich entwickelt. Noch größer aber iſt [di]e
Mannigfaltigkeit der Formen in ſandigen Gegenden
wie das angeführte Beiſpiel hiervon Berlin beweiſt.
Verſchieden von dieſen ſind die erſetzenden Formen,
und im gleichen Grade bemerkenswerth. Denn nicht ſelten
findet es ſich daß wenn auch nicht dieſelben Typen, doch ſo
nah verwandte Formen in verſch. Ländern vorkommen,
ſo daß ſie durch ihre Aehnlichkeit bei Botaniker ſelbſt Irr-
thümer veranlaßten. Nordamerika hat z. B. eine große
Menge Pflanzen die auch in Europa wachſen, aber häufiger
noch ſo nah verwandte Formen, daß ſie nicht ſelten für
dieſelben europäiſchen gehalten wurden. Eben ſo ähnliche
Gewächſe ſind zuweilen auf beiden Hemisphären vertheilt
wie untern andern die Fragaria chilenſis der Anden eine
große Aehnlichkeit mit der in Pensylvanien wachſende
Fragaria grandiflora hat. Noch auffallender iſt dies
bei den Gattungen die nur 2 Species haben, welche tau-
ſende von Meilen von einander entfernt ſind, und die
größte Aehnlichkeit haben. So giebt es 2 Arten von
Platanus, Liquidambar, Valisneria, Gyrocarpus,
Gleditſchia u. ſ. w. die in verſchieden Welttheilen wachſen.
Es iſt nicht genug Phyſiker zu ſein, um die meteorlo-
giſchen Erſcheinungen zu unterſuchen, wenigſtens muß die
Kenntniß der botaniſchen und zoologiſchen Schriften damit
verbunden ſein. Ich habe ſchon gesagt, daß man manche
unſerer gemeinen Pflanzen wie Alſine media, Sonchus
oleraceus etc. in allen Welttheilen vorkommend betrachtet,
was aber durchaus falſch iſt, denn ſchon in Nordamerika
finden ſich die wenigſten davon, wie überhaupt eine größere
Verſchiedenheit in den Pyramidalformen der Continente ſich
zeigt. Nicht allein die Species ſind Producte des Klima’s
ſondern es zeigt auch ſeinen Einfluß auf die Veränderungen
der Formen; ſo ſind die Monocotyledonen ein Schmuck der
Tropen. In der Sylla de Carracas erſetzen die Befarie,n
unſere Alpenroſen, und in gleicher Höhe ſind die verſchie-
denen Arten vertheilt, nur daß ſie 250′ höher hierauf ſteigen.
Es iſt vielleicht unrecht, wenn man die Gentiane, Andro-
meden, Primela u. ſ. w. europäiſche Formen nennt, da ſie ſelbſt
unter dem Aequator auf Gebirgen vorkommen. Dagegen giebt
es aber ganze Gruppen die eine beſchränkte Verbreitung haben;
ſo kommen die Cacti nur in Amerika vor, die Herrmannien nur
am Kap u. ſ. w. die Bankſia unter andern gehört nur Neu-
holland. Ebenſo iſt noch keine Roſe und keine Pinusart
in der ſüdlichen Hemisphäre gefunden, und die große Gattung
Calceolaria, die einige 40 Spec. hat, iſt nur auf [Südamerika]
beſchränkt, da ſie nicht nördlich über den Aequator hinaus geht,
dagegen fehlen die Heiden dem neuen Continente. Wenn
wir kein Beiſpiel der allgem. Verbreitung von Phanerogamen
kennen, ſo ſcheint ſie doch bei mehrere Cryptogamen ſtatt zu
finden, dann die Schimmelarten und ſelbſt manche höhern Pilz-
formen gehören beiden Continenten an. Gleiches gilt vom
mehreren Flechten als Sticta pulmonacea, Parmelia
perforata, auch Mooſe wie Dicranum ſcoparium und andern
ſind ſowohl auf den Anden wie am Himalaigebirge und in
Neuholland gefunden. Polytrichum commune und Nechera
crispa kommen auf der ganzen Andeskette vor. Kein euro-
päiſches Hypnum, zu welcher Gattung der 4te Theil der
Mooſe um Berlin gehören (40 Arten) iſt in den vereinigten
Sta[at]en gefunden. Die Sticta crocata und einige Phyſcia
Arten, die an der engliſchen Küſte wachſen, ſind auch in
Jamaika gefunden.
Aus den höhern Ordnungen der Gewächſe ſind nur wenige
bekannt, die beide Continente gemeinſchaftlich haben. Von
Farrenkräutern kennen wir über 1000 Arten, und wiſſen
es nur von Aspidium punctulatum und Asplenium mo-
nanthum daß ſie auf beiden Erdhälften wachſen. Nur
wenige Beiſpiele von Phanerogamen kennen wir, die aber
alle Monocotyledonen ſind und zu den Gräſern oder Cy-
peroideen gehören, dagegen von keiner Juncee. –
Sowohl Säugethiere als Vögel und mit wenigen Aus-
nahmen alle Wirbelthiere der neuen Welt, ſind von denen
der alten ſehr verſchieden. Gleiches gilt von der höhern
Formen der Dicotyledonen, einige Littoralpflanzen aus-
genommen. R. Brown hat lange geglaubt daß Olax
zeytanica auch in Südamerika vorkomme, doch haben nähere
Unterſuchungen gezeigt, daß es 2 Arten ſind. Was die
Identität der beiden Continente in der gemäßigten Zone
betrifft, ſo iſt das Weſentliche davon ſchon geſagt.
In Purſt’s Flor von Nordamerika ſind über 400 euro-
päiſche Pflanzen aufgenommen, es iſt aber noch nicht bei
allen ausgemacht, daß es wirklich dieſelben ſind. Es giebt
aber 8–10 Farrenkräuter, die beide Welttheile gemein-
ſchaftlich haben, da Europa doch nur 70 Arten hat. In
derſelben Zone und bei gleicher mittlerer Temperatur ſollte in den
Erzeugniſſen eine größere Uebereinſtimmung herrſchen, als
es der Fall iſt. So hat Nordamerika 137 Bäume die
über 30′ hoch ſind, während Europa nur 45 Arten hat.
Schon in gleicher Breite und Temperatur mit Danzig
giebt es dort Bäume die über 2′ lange Blätter haben
und zugleich große herrliche Blumen tragen, wie z. B. einige
Magnolien, aber ein ſolcher Schmuck iſt Europa verſagt.
Die gefiederten Mimoſen ſo wie die Laurusarten
breiten ſich bis in die temperirten Zonen von Nordamerika
aus; Europa dagegen muß dieſe entbehren, doch iſt
es möglich, daß die großen Sandwüſten der Verbrei-
tung derſelben bis zu uns hinderlich waren. Die ameri-
kaniſche Flor hat durch die vielen Bäume mit gefiederten
Blättern, welche aus ganz fehlen, einen eigenthümlichen
Schmuck.
Was die Identität der temperirten nördlichen Zone
mit der temperirten ſüdlichen betrifft, ſo glaubte Forſter, daß
mehrere Pflanzen die er fand dieſelben wären, welche auch in
Schwedens Niederungen vorkommen; neuern Unterſuchungen
haben jedoch erwieſen, daß jene wie wohl nahe [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]verwandte
aber doch beſondern Arten ſind. Jedoch giebt es einzelne
Pflanzen die beide Hemisphären gemeinſchaftlich haben, als
Aspidium aculeatum & Asp. Thelypteris, die in Euro-
pa, am Atlas und an Vorgebirge der guten Hoffnung
gefunden ſind. Erſteres fehlt dagegen in Amerika.
Botrychium Lunaria kommt auch im Feuerlande vor,
und Adiantum Capillus veneris iſt auch in Afrika und ganz
Amerika nicht ſelten. In Neuholland ſind 45 europäiſche
Pflanzen gefunden, und ſelbſt mehrere der gewöhnlichſten
kommen jenſeits der bleuen Berge vor. Erigeron canadenſe
gemein durch ganz Europa, kommt auch in Peru, bei Quito
und 5–6000′ hoch in Mexico vor. Bei Montpellier ſind
eine Menge orientaliſcher Pflanzen gefunden, die aber ſehr
wahrſcheinlich mit der Baumwolle dahin gekommen ſind.
Dieſe Störungen ſind theils durch die Störungen des Meer’s
theils auch durch die Menſchen entſtanden, da ſie die Ver-
breitung des Nützliche beförderte, und wodurch die Monocotyledon[en]
Die Verhältniſſe der Formen zu einander hat eine
erſt in den letzten Jahren erkannt. Von der Zahl
der Vögel eines Landes kann man ſo z. B. auf die
der Säugethiere ſchlieſſen. Bei den Pflanzen iſt es ebenſo,
denn kennt man die Zahl der Arten von einigen Gruppen
ſo kann man von dieſen die Zahl der andern folgern. Robert
Brown hat zuerſt das Verhältniß der 3 Hauptgruppen
der Gewächſe, nämlich der Acotyledonen, Mono- und Dico-
tyledonen zu einander unterſucht, und ich habe mich mit
den Unterſuchungen der einzelnen Familien beſchäfftigt,
und Geſetze gefunden, nach denen ſich die Zahl der Formen
mit Sicherheit beſtimmen läßt, ſo daß man ſich über das
Reſultat der Rechnung wundern muß.
Man könnte leicht in Irrthum gerathen wenn man die Zahl
zu unbeſtimmt annehme, da z. B. von 1000 Farrenkräutern
die wir kennen, 300 des tropiſche und nur 20 Arten des
kältere Amerika bewohnen. Das Variiren der Arten
dieſer Familie, macht aber die Annahme einer abſolute
Zahl ſehr ungewiß, doch iſt dies nur ausnahmsweiſe.
Man kann unterſuchen wieviel Genera oder Species jede
Familie oder Genus ein Land beſitzt. Von der Betrachtung
der Zahl der Arten, iſt die der Zahl der Individuen ſehr
verſchieden, und gehört nicht hierher. Denn die Zahl der
Arten einer Gruppe kann ſehr klein ſein, die der Individuen
dagegen ſehr groß. So ſind z. B. viele hunderte von
Meilen bei uns mit Nadelholz bedeckt, das aber nur aus
3 Pinus-Arten beſteht.
Es giebt ganze Weltgegenden wo die Unterſuchung
der Acotyledonen faſt ganz vernachläſſigt wurde, wozu
beſonders die der Tropen gehören, und die deshalb keinen
Vergleichung mit den Phanerogamen zu laſſen. [unleserliches Material]Ver-
gleichen wir ſie aber in Frankreich, ſo zeigt ſich, daß
es weit mehr Phanerogamen als Acotyledonen giebt, da ſie
ſich faſt wie 2:1 verhalten, indem es 1600 Phanerogamen
mehr giebt. In Deutſchland und der Schweiz herrſcht
dagegen ein umgekehrtes Verhältniß, da die Zahl der
Phanerogamen 2400 und die der Acotyledonen 3400 beträgt.
Daſſelbe Verhältniß iſt auch in Lappland gefunden. Manche
der Acotyledonen können große Abänderungen der Tempe-
ratur ertragen, ſo fand ich an Felſenwänden unter den
Tropen Flechten, wo beim Gegenſchein der Sonne das Thermo-
meter + 60–62° R. zeigte, eine Hitze gleich den heiſſe-
ſten Quellen. – Es iſt gewißermaßen richtig,
daß die Uranfänge der Schöpfung, eine Tropenvegetation
geweſen iſt, da ſie nur aus Monocotyledonen beſtand.
Der Anblick der alten Welt mußte von der jetzigen
ſehr verſchieden ſein, da jetzt die größere Maſſe der Species
doch immer zu den Dicotyledonen gehört. Dies deutet
auf das Geſetz, daß das erſte Aufkeimen des Organiſchen,
mit den einfachſten Formen beginnt. Die Zahl der Mono-
cotyledonen beträgt in Vergleich mit den Dicotyledonen
unter den Tropen ⅙, in Lappland dagegen ⅓. Im
mittleren Europa iſt die Zahl der Größer ⅛. Weit mehr
noch meiden aber die Farrenkräuter kältern Regionen.
Die Zahl der Palmen iſt unter den Tropen 1/200, der
Leguminoſen 1/18. Der größte Theil der Pflanzengruppen
nimmt von Aequator nach den Polen zu ab, es giebt aber
auch andern, die eben ſo gleichmäßig wieder zu nehmen.
Die Amentaceen, Umbelliferren und Cruciferre können als
Beiſpiel dienen, da ſie faſt ganz unter den Tropen fehlen,
dagegen entbehren die kalten Zonen mehrere Familien die
den Tropen eigen ſind, wie z. B. die Malvaceea, Melaſtoma
u. ſ. w. Andere Gruppen giebt es aber auch noch, die
ihr Maximum in der temperirten Zone haben, und gegen
den Aequator ſowohl wie gegen die Pole zu abnehmen,
wie die Ericeen & Geranien. Die Labiaten haben
ihr Maximum ebenfalls in der temperirten Zone.
Merkwürdig iſt es, daß wenn 2 Länder an einander
grenzen, die Verhältniſſe vollkommen dieſelbe bleiben.
So hat der Prof. Schübler die Pflanzengruppen Wür-
tenbergs mit denen von ganz Deutſchland verglichen,
und in den Verhältniſſen völlige Uebereinſtim̃ung gefunden.
Das Erſetzen der Formen durch andern läßt ſich
leichter begreifen, wenn es mit ihren Zwecken zu-
ſammenhängt. So hat man verſucht die Zahl der Pflanzen
durch die der Thiere zu beſtimmen, die ihrer Nahrung von
jenen erhalten. Hierdurch erhält das Naturgeſetz der
Verhältniſſe um ſo mehr Wichtigkeit, da die Maſſe
der Arten die einer Gruppe fehlen, durch die andere wieder
erſetzt wird. So giebt es z. B. in Europa 80 Säugethiere
und 400 Arten Vögel; ſie verhalten ſich daher zu
einander wie 1:5. und ganz mit dieſen übereinſtim̃end
giebt es auch 5 mal mehr Compoſiten als Kätzchen
und Zapfenbäume. Am Kap ſoll des Verhältniß
der Säugethiere zu den Vögeln wie 1:10 nach Herrn
Lichtenſtein ſein. Im Ganzen ſind bis jetzt 900
Säugethiere und 5000 Vögel bekannt, dies giebt
das Verhältniß wie 1:5½.
Nun treten wir in die Sphäre des thieriſchen Lebens,
einer Anſchauung, die mit leichtern Apparaten ausgerüſtet,
auch einen tiefern Blick in die Organiſation erlaubt.
Es ſind dies Gegenſtände des Mitgefühls; denn durch
die eigene phyſiſche Beſchaffenheit offenbart ſich überein-
ſtimmend, die Freude und der Schmerz! Die Stärke
der Leiden eines Thiers kündigt uns an, welches un-
ſern Organismus näher oder entfernter iſt, und wir
meſſen der Schmerz derſelben nach unſer Empfindungen.
Wenn wir die Land oder Säugethiere, Vögel und
Fiſche zuſammen führen, ſo verkündigt uns der Aus-
druck der Kraft und des Willens der Organismen
den Grad ihrer Annäherung zum Menſchen. Cuvier
hat ſelbſt bei den Thieren des Meeres eine dem Menſchen
ähnliche volkommene Organiſation gefunden, und unter-
ſcheiden ſich nur durch einen Mangel der nach außen
ſtrebenden Bewegung.
Die Thiere folgen ihrer geographiſchen Verbreitung
nach, ähnlichen Geſetzen, wie die Pflanzen. Der
Einfluß des Klima’s und des Bodens findet auch bei
ihnen ſtatt. Die Exiſtenz des thieriſchen Lebens ſetzt
die des Pflanzenlebens voraus, indem das eine durch
das andere bedingt wird. Im früheſten Aufkeimen der
Urwelt ſehen wir, daß das Thieriſche mit dem Pflanzen-
leben nicht zu gleich anfing, denn noch früher als das
Leben der Korallen begann, ſehen wir Spuren von
Bambuſen und Farrenkräutern, denn folgen Seege-
wächſe und erſt auf dieſe folgen die in Kalk ge-
lagerten Cruſtaceen. Man könnte glauben, jene
Vegetabilien wären von Waſſer angetrieben erſt ſpäter
unter dieſe Lagerungen gekommen, denn Pflanzen wie
Binſen und Gräſer können durch Luftbewegungen ver-
breitet werden, andere harte Stämme Amerika’s wer-
den an Norwegens und Island’s-Küſten durch die Strö-
mungen des Meer’s ausgeworfen etc. etc. doch finden
ſich bei jenen noch viele Spuren, daß ſie da wo wir ſie
jetzt nach finden, hervorgingen.
Die Thiere ſind beweglicher als die Pflanzen,
und die beweglichſten unter ihnen haben die größte Ver-
breitung, wohin vor allen die Vögel und Fiſche zu
rechnen ſind. Die Fiſche ſowohl als die Vögel, können
große Wanderungen in gleicher ihnen zuſagen den Tempe-
ratur machen, denn die Fiſche z. B. welche in der kalte
Zone leben, finden unter dem Aequator tief im Waſſer
dieſelbe Temperatur die ihnen zuſpricht; und etwa
eben ſo geht es mit den Vögeln in der Luft, doch
ſind dieſe weniger begünſtigt als die Fiſche, weil die
Abnahme der Temperatur in den Luftſchichten weit ge-
ringer iſt. Nach Cuvier gibt es nur wenige Fiſcharten,
die von der Spaniſchen Küſte zu der von Amerika übergehen,
viele aber die auch an den Küſten Afrika’s bis zum
Ausfluß der Senegals, je ſelbſt an der öſtlichen Küſte
dieſes Welttheils leben. Seriola cosmopolitica iſt
einer der verbreiteſten Fiſche, dann er kommt ſowohl an
beiden Küſten des Attlantiſche Oceans in der alten
und neuen Welt, ſelbſt bei den Sandwichsinſeln vor.
Der Schedalius iſt im Mittelmeere, an der Küſte von Bra-
ſilien und am Kap gefunden. Dieſer weiten Verbreitung
kann man die der Süßwaſſerfiſche entgegen ſetzen,
die durch die ſalzigen Meere abgeſondert, um ſo größern
Contraſte bilden. Schon bei der Geographie der Pflanzen
erwähnte ich, daß in den bis zu 12,000′ hoch gelegenen Seen
der Andeskette, ſich beſondern Arten von Fiſche finden,
die zur Gattung Aſtroblenus gehören. Herr Reimond fand
ähnliche Arten in den Seen der Pyrenäen über 6000′
hoch, wo die mittlere Temperatur kaum 1° über 0 iſt, und die 4
Monate des Jahres ſo feſt zu gefroren ſind, daß nur ein
kleiner Theil ihres Waſſer flüſſig bleibt, worin ſie
ſich erhalten.
Die Geographie der Thiere iſt älter als die der
Pflanzen, jedoch noch nicht über 40 Jahre alt. Der Dr.
Zimmermann in Braunſchweig war der Erſte, der ſie in einer
beſondern Schrift abhandelte, die für die damalige Zeit von
Werth war, jetzt aber, da ſie die meteorologiſche Ein-
wirkungen nicht berückſichtigt, wenig Nutzen gewährt. In
neuern Zeiten hat ſie durch die Reiſejournale manche Er-
weiterung erhalten, unter denen beſonders den Anſichten
von Latreille viel Gutes enthalten. Beſonders Verdingt
hat aber Mosſell de Serre deſſen Werk in Montpellier
erſchien, und der denſelben Betrachtungen gefolgt iſt,
die der Geographie der Pflanzen ſo vortheilhaft waren.
Zuerſt müſſen wir uns die Frage aufwerfen: wie
weit dringt das thieriſche Leben, und iſt es ebenſo
weit verbreitet als das der Gewächſe? Bejahend können
wir dieſe Frage beantworten, dann von den Coleopteren
ſind einige Meſtris Arten in tiefen Höhlen und Bergwerken
gefunden; der Dr. Ehrenberg fand Infuſionsthierchen in
dem friſch geſchöpften Waſſer eines hieſigen Brunnens, worin
ſie alſo ſchon gebildet ſein mußte, denn das Waſſer hatte
noch nicht an der Luft geſtanden; manche Amphibien wie
der Proteus ſanguineus, leben in unterirdiſchen Gewäſſer
der Höhlen. Es giebt ſo wohl Wirbelthiere als Inſecten,
die von der Erde ganz bedeckt unterirdiſche Höhlen und
Gänge bilden. Viele Inſecten leben im Humus, und
können in einer Höhe der Luft leben, die nur einige
Hunderttheile Sauerſtoff enthält, je Verſuche haben ge-
zeigt, das Käfer ſogar in Stickſtoffgas leben können,
das nur 1/100 Sauerſtoff enthält. Oft leben Thiere be-
ſtändig unterirdiſch, zuweilen aber auch nur zufällig,
ähnlich den Pilzen die in Bergwerken ſich finden, von denen
ich erſt kürzlich welche aus Freiberg erhielt, die 700 bis
1000′ tief gewachſen waren, und ſich nicht von denen die über
der Erde gewachſen unterſchieden. In den Bergwerken
leben Fiſche mehrere hundert Jahre fort. Freiberg.
Ebenſo dringen Fiſche (Pimelades Arten) aus den Flüſſen
der Anden, die oft nahe der Schneegrenze ſich finden, zu-
weilen in ſo großen Maſſen in das Innere Geklüfte der
Berge und den Höhlungen der Vulkane, daß ſie von dieſen
wieder in unzählicher Menge mit Koth etc. ausgeworfen
werden, wodurch nicht ſelten die Luft durch den ent-
ſtehenden Geſtank ſo verpeſtet wird, daß Faulfieber
entſtehen. –
In den Tiefen des Meer’s, wohin kein Lichtſtrahl
mehr dringt, ſind die Thiere ſeltner, doch giebt es mehrere
Fiſche, die nur in dieſen dunkeln Tiefen leben, und mit
großen Augen begabt ſind, deren Zweck wir eigentlich [nicht]
kennen. Die Unterſuchungen von Biot und de la Roche,
über die Fiſche des Mittelmeers, die in einer Tiefe
von 5000′ vorkommen, haben ergeben, daß die Schwimmblaſen
dieſer Fiſche faſt reines Sauerſtoffgas enthalten, [hingegen]
die der Fiſche in den höhern Waſſerſchichten mehr Stick-
ſtoff. – Auf Gebirgen kommen die Thiere nicht zu
oder vielmehr in der Höher wie die Pflanzen vor; mit der
Schneegrenze hört des thieriſche Leben ganz auf, und es
hält ſchon ſchwer, nach Thiere 2000′ unter derſelben, ſo
wohl in als über der Erde zu finden. Die Sphinxe welche
man zuweilen in bedeutenden Höhen gefunden hat, ſind
mehr durch Luftſtrömungen als willkührliche Bewegungen
dahin gekommen. Die Vögel ſteigen allerdings oft
weit höher und nicht ſelten über die Gipfel hoher Berge
hinaus. So ſah ich unter andern de[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]r Londe der Anden
22000′ hoch ſchweben. Herr Gay Lusſac hat auf ſeiner
Luftreiſe bemerkt, daß ſchon bei 2000′ Höhe kaum noch
ein Raubvogel zu ſehen iſt; folglich alles Leben aufhört.
Nun kommen wir zu den Quantität der Species
deren Zahl ſehr bedeutend iſt. Die vielen Reiſen haben
natürlich ebenſo die Kenntniß der Arten der Thiere wie
die der Pflanzen vermehrt. Linneé waren nur 10,000 Pfl.
bekannt, und Fabricius nur 11,000 Inſecten, deren
Zahl aber jetzt nach Latraille und Klug auf 44,000 ge-
ſtiegen iſt, woran das hieſige Muſeum allein 30,000 hat
Säugethiere kannte man im Jahre 1790 nur 400 bis
420, jetzt ſind ſchon über 900 beſchrieben, von denen
80 in Europa leben; und rechnet man die hinzu welche
im Meere leben, ſo ſind es 100, alſo ⅑ der Geſammtzahl.
Vögel nimmt man 5000 an, doch herrſchen bei den vielen
Varietäten derſelben noch große Zweifel. Cuvier glaubt
daß dieſe Zahl zu geringe angenommen ſei, da das Pariſer
Muſeum allein 5080 Arten beſitze. Von den Amphibien
ſind erſt 700 beſchrieben, es iſt aber wohl möglich, daß es
eben ſo viele als Säugethiere giebt. Fiſche ſind nach
Cuvier & Valanciennes 5000 Arten bekannt.
Alle großen Knochenthiere zeichnen ſich dadurch aus, daß
das Gehirn bei ihnen einer Medularſubſtanz gleicht. Nach
Sömmering bezeichnet das Gehirn nicht allein die Stuffe der
Organiſation, ſondern auch die mit ihm in Verbindung ſtehen-
den Nerven, als die eigentlichen Bedingniſſe der Muskelkraft.
Von den eigentlichen Wirbelnadenthieren ſind alſo nach
den angegebenen Zahlen 11,600 bekannt. Die gleiche Zahl
der Vögel und Fiſche beträgt allein ſchon 10,000 Arten,
ſo daß 10/11½ aller in den beiden flüſſigen Umhüllungen
des Erdkörpers leben. Ungeachtet dieſer Ueberein-
ſtimmung trennen doch die größten Unterſchiede beide
Klaſſen, da bei den Vögeln das Maximum der Luft-
respiration, bei den Fiſchen hingegen das Minimum ſtatt
findet. – Die größte Blutwärme iſt nach John Davy
den Vögeln eigen, bei denen ſie bis zu 33,5° R. ſteigt.
Beim Huhne finden 130–136 Pulsſchläge in der Minute ſtatt.
Beim Pferde dagegen zählt man nur 56–58 Pulsſchläge
und ſeine Blutwärme beträgt 29°. Bei den Fiſchen
iſt die Blutwärme am niedrigſten. Sie können aber nur
in dem Waſſer⎡ leben das Sauerſtoff enthält, (das ſüße Waſſer
hat etwa 31 pr C. Sauerſtoff wenn die Luft 21 p[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]. enthält)
ob gleich nur ein geringer Theil deren zu ihrer Respiration
nöthig iſt. Wenn man daher Fiſche in Waſſer ſetzt,
das nicht mehr Sauerſtoff enthält als die atmosphäriſche
Luft, ſo ſterben ſie ſogleich. Man kann alſo ſo zuſagen
Fiſche in Waſſer erſäufen, wenn man ihn den Sauer-
ſtoff entzieht. Der Mengel an Sauerſtoff zeigt ſich
auch dadurch, daß die Fiſche auf die Oberfläche kommen und
nach Luft ſchnappen, wie man dies beſonders bei den
Goldfiſchen bemerken kann. Die Arten der Aale können
am längſten außer dem Waſſer leben, doch nimmt durch
die Respiration ihre Blutwärme ſo zu, daß ſie bald
wieder in’s Waſſer gehen.
Bei den großen Revolutionen, die die Erde ver-
wüſteten, konnten die Vögel und Fiſche, ⅚ aller
Wirbelthiere, ihrem Untergange am leichteſten entgehen,
daher in ihren Formen auch am wenigſten verloren ge-
gangen iſt. Bei vielen der Landthiere iſt dies aber der
Fall, da ſie nicht entfliehen konnten, weshalb eine große
Menge von Wiederkäuenden-Thiere und Elephantenarten
verſchwunden iſt. Von letztern und den Rhinocerosarten
ſind nach Cuvier, nach den aufgefundenen Knochen allein
56 Arten wieder erkannt, die mit untergingen.
Von den Inſecten kennt man wie ſchon erwähnt
44,000. Die Natur ſcheint ſich in der Entwickelung dieſer
Typen am meiſten zu gefallen. Schalthiere und Mollus-
ken kennt man 4000, und Eingeweidewürmer und Zo-
ophyten ſind 6000 bekannt. Dies giebt eine Geſammt-
zahl von 66,000 Thierarten, die alſo faſt gleich mit den
der Pflanzen iſt. Die Inſecten machen gegenwärtig
⅔ aller bekannte Thiere aus, und dies Verhältniß
muß noch weit größer ſein, wie das Verhältniß von
einzelnen bekannten Gegenden zeigt. So giebt es
z. B. analogiſch von Berlin zu ſchließen, in der tempe-
rirten Zone weit mehr fleiſchfreſſende Inſecten, als
ſolche die ſich von Pflanzen nähere. Eine andere Analogie
giebt die nach Herrn Klug’s Angaben um Berlin lebenden
Geſammtzahl der Inſecten, die 5000 Arten beträgt,
dagegen die Anzahl der Pflanzen nur 2000, alſo auf
jede Pflanze 2–3 Inſecten. Es läßt ſich hieraus folgen
daß zu 60,000 Pflanzen, 120,000 Arten Inſecten
gehören. Dieſe Statiſtik kann mit ziemlicher Genauigkeit
nur bis zu den Inſecten herabgehen, da die noch niedern
Thierklaſſen bis jetzt zu wenig gekannt ſind, und wahr-
ſcheinlich ⅛ des Ganzen ausmachen.
Die Verbreitung der Thiere erkennen wir in den
Graden der Lebensfälle, die ſich in der Zahl der Individuen
characteriſirt, und in der Mannigfaltigkeit der Natur
überhaupt ausſpricht. So ſehen wir auch beiden Thieren,
wie die Mannigfaltigkeit von den Polen bis zu den
Tropen hin zunimmt. Doch geringer iſt dieſe da, wo
weite Ebenen wie in Amerika, von großen Flüſſen durch-
ſchnitten werden, weil ſie der Verbreitung oft Grenzen
ſetzen. Auffallend groß iſt dagegen ihre Zahl da, wo
die Landſchaften durch Gebirge am meiſten characteriſirt
ſind, wie im weſtlichen Theile von Amerika und am Hima-
laigebirge. Es iſt ein Vorurtheil wenn man glaubt,
daß die Organiſation in Amerika niedriger ſtehe als
[in] der alten Welt, denn im Gegentheil treten die
niedern Stuffen dort in größerer Mannigfaltigkeit
hervor, und die größeren Thiere wie Elephanten und Rhinoceros
gingen bei den Erdrevolutionen unter, wie die Scelette
von 3 Arten beweiſen, die ich mitbrachte und Herr Cuvier
für neu erkannte. Von Katzenarten, Moſchuſthiere
etc. fanden ſich ſo große wie in der alten Welt. Aber
alle Ueberreſte wo dieſen Thieren finden ſich nur auf
den hohen Bergrücken in Mexico und Peru von 5 bis
7000 Höhe. So wie in der alten Welt der größern
Theil der Thiere nicht von Fleiſch lebten, ſcheint es ſonſt
auch in der neuen geweſen zu ſein, nur haben die Re-
volutionen dies Verhältniß geändert. So finden ſich
Biſons-Ochſen (von 2000℔ ſchwer und 9–10′ hoch) jetzt
noch in großen Heerden die früher am Ohio aus tau-
ſenden beſtanden, jetzt aber durch die Kultur ver-
drängt, nur in ſolchen Maſſen noch zwiſchen den Miſſuri
und Stonimoum vorkommen. Auch gehörte dazu den gras-
freſſende Thieren, dem Zähnen nach, das größte Krokodill
der Vorzeit (der Ignatoſaurus), er ſcheint die Höhe
des Rhinoceros gehabt zu haben, bei einer Länge
von 70–80′, alſo viermal größer als die noch jetzt
lebenden Krokodillen, wovon die größten 20–25 ſelten
30′ lang ſind.
Wenn es zweifelhaft iſt, ob es microscopiſche Pfl.
giebt, ſo laſſen die Infuſionsthierchen beim Thierreiche
keinen Zweifel, und der Unterſchied der Größe iſt weit
ausgezeichneter wie bei den Gewächſen, wenn man z. B.
ein Infuſionsthierchen (Monoſthermo) mit dem Wall-
oder Hayfiſche vergleicht. Es giebt Phyſiker die glauben,
daß die kleinen Infuſorien, wenn ſie zur Ruhe gehen,
die Oscillatorien bilden. Die Größe der Thiere hängt
unter gewißen Bedingungen mit ihrer Organiſation zuſam-
men, wie die Betrachtungen nicht allein einzelner Familien,
ſondern auch ganzer Klaſſen in dem Verhalten das Maxi-
mum zum Minimum zeigen. So iſt z. B. der kleinſte
Fiſch der alten Welt der gew. Steckling 1½″ lang; der
Dr Ehrenberg fand aber noch eine weit kleinere Art in
rothen Meere, den Philologus ciliatus, der nur 7–8‴ lang
und buntfarbig mit goldenen Flecken iſt. Das Extrem
von dieſen iſt der Wanderhayfiſch (Squalus maximus)
von 30′ Länge, was ein Verhältniß von 1:700 giebt.
So ausgedehnte Grenzen finden wir bei den Vögeln nicht,
wo der Strauß und der Kolibri die beiden Extreme geben.
Herr Lasſepede führt an, daß Wallfiſche von 280
bis 300′ Länge gefunden würden, doch Herr Scoresby be-
hauptet, daß die Länge dieſer Thiere nie über 60–70′
betrage, und beweiſt dies auch dadurch, daß ſeit 16
Jahrhunderten nicht über die jetzige Quantität Thran
gewonnen ſei. Er tödtete ſelbſt über 200 Wallfiſche
von denen keiner über 60′ Länge hatte. Der Cachelot
als der größte Pottfiſch, kommt vor von 80–90 je
ſo gar 100′, was bei den Wallfiſchen nicht der Fall iſt,
und mit dieſem das kleinſte Nagethier verglichen, giebt ein
Verhältniß wie 1:600. Dagegen hat das kleinſte Infu-
ſionſthierchen nur 1/1600 Theil einer Linie, und dies mit
dem Kaſchalot verglichen giebt ein Verhältniß wie 1 zu
23,000000; alſo eine größere Verſchiedenheit wie bei
den Pflanzen.
In der Erkennung und Betrachtung der
höhern Organiſation des Thierreichs, haben Cuvier und
Lichtenſtein bei den Säugethieren, Cuvier und Valancianne
bei den Fiſchen, und Latraille bei den Inſecten ſich
beſonders hervor gethan.
In der Auseinanderſetzung des Vorhergehenden,
haben wir beſonders abgehandelt:
1. Die allgemeine Verbreitung des thieriſchen Lebens,
die ſich weiter nach den Polen wie die der Pflanzen
erſtreckt. Wölfe, Rennthiere etc. machen große Reiſen
über das. Herr Parry ſchoß deren mehrere auf der Mall-
wills Inſel unter 75° Br. bei einer Kälte von - 40° R.
2. Geben wir das Zahlenverhältniß der Thiere nach
den Arten. Bei den Vögeln iſt kein Beiſpiel der
Blindheit bekannt. Bei den Säugethieren mehrere, die
Augen der Blindmaus und des Goldmaulwurfs ſind mit
einer Haut bedeckt, die wenig oder gar kein Licht durch-
läßt. Unter den Amphibien giebt es auch mehrere,
ſo z. B. iſt der Proteus ſanguineus nach Rudolphi
beinahe blind. Auch giebt es blinde Fiſche, obgleich
ſeltener, nach la Roche Unterſuchungen die Mor[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]ena loka
und ſecutiens. Ferner giebt es auch einige blinde
Inſecten, wie die Zwitterameiſen, und einige Käfer.
Bei der großen Menge der Fiſche die nach den Erd-
revolutionen übrig blieben, laſſen uns die vielen Ver-
ſteinerungen ſchließen, wie ſehr die Meere in ihrer
frühern Ausdehnung gefällt ſein mußten, da ſie ver-
ſteinert in großen Maſſen von den älteſten Flötz-
gebirgen an bis zur Kreide in’s tertiäre Gebirge
übergehend ſich zeigen, wo neben ihnen noch Dicotyle-
donen gelagert ſind.
3. Die relative Gröſſe der Arten in den verſchie-
denen Klaſſen. Hier läßt uns die Organiſation
erkennen, wie ſie von der äußerſten Gröſſe, weit
unter die Grenzen der natürliche Sehkraft zuſammenſchrumpft,
indem das Infuſionsthierchen 23,000000 Mal kleiner
als der Pottfiſch iſt, und etwa daſſelbe Verhältniß
giebt wie der Aerolith von 5′ Durchmeſſer zum Jupiter.
Solche Vergleichungen ſind naht Spiele der Phantaſie,
ſondern auf Meſſungen gegründet, deren Vergleichungen
treffliche Analogien geben.
4. Die Zahl der Individuen. Beſonders in den
untern Klaſſen iſt dieſe ungeheuer groß; z. B. nach
einen Gewitterregen, iſt die Menge der Infuſions-
thierchen ſo groß, daß man ſie nicht nach Millionen be-
rechnen kann, ſondern nur zu Betrachtungen der Un-
endlichkeit des thieriſchen Lebens führen. In der Milch
eines großen Karpfen fand Woldmann 250 tauſend
Millionen von Infuſionsthierchen. Der Prof. Lichten-
ſtein führt an, daß Alberti noch Heerden von 300
Elephanten beiſammen geſehen hat, von denen welche
14′ hoch waren. Eine nicht mindern thieriſche Maſſe
iſt in den Heerden der Biſons von 8–10,000 Stück-
vereint. Die Wandertaube (Columba migratoria)
kommt in ſolchen Zügen nach Penſÿlvanien und den ver-
einten Freiſtaaten, daß ſie zu vielen Millionen tage-
lang die Sonne verdunkeln, und da wo ſie ſich nieder-
laſſen, brechen die Zweige der Bäume, ſie werden
von den Einwohnern vorzüglich von den Hirten denn in
Maſſe mit Knitteln erſchlagen, und nachher die Schweine
hin getrieben um ſie zu verzehren. In ähnlichen Scharen
erſcheinen Strandvögel am Orinoko, noch häufiger aber
ſind dieſe an den Ufern der Südſee, wo nicht ſelten
eine Wolke derſelben 5–6 Stunden lang über einen
Punct hinweg ziehen ſieht, und von deren Excrementen,
(Gruner genannt) an einigen Orten Schichten 25–30′ hoch
liegen, die wie Steinkohlenlagerungen ausſehen, und zur
Düngung gebraucht werden. Wenn man der Maſſe
nach alle dieſe thieriſchen Subſtanzen mit der Maſſe der
Pflanzen vergleicht, ſo finden wir aber doch, wie auch ſchon
erwähnt, daß die Maſſe der letztern weit überwiegend
iſt, und ihr Extrem zwiſchen den 20–25° in der neuen
Welt erreicht, wo unzertheilte Urwälder von ſtarken
Bäumen 6–7′ in Durchmeſſer ſich ausbreiten. –
Bei den Thieren entſteht dieſelbe Frage wie bei
den Pflanzen, ob nämlich welche über den ganzen Erd-
boden verbreitet ſind. Die niedere Stuffen ſind auch
[hier], ebenſo wie die Pflanzen, am weiteſten verbreitet,
[denn] Ehrenberg fand in Aegypten dieſelben Infuſionsthierchen
wie bei uns, da dort Monos Therma und Monos Lens
eben ſo gewöhnlich ſind. Auch manche Inſecten ſind
weit verbreitet, und unter dieſen beſonders mehrere
Schmetterlinge. So kommt der Papilio Carlo im ſüdlichen
Europa, in Aegypten, Syrien, am Kap und in Oſtindien
vor. Der Sphinx Acropus kommt in Aegypten vor
und iſt auch von Deppe aus Mexico mitgebracht. Von den
Vögeln giebt es einige Sumpfvögel, die in allen tem-
perirten und Tropenzonen vorkommen, nur nicht in den
kalten arctiſchen Ländern. Cuvier glaubte daß die
Thurmeule die größte Verbreitung habe, es iſt aber
noch zweifelhaft ob die in Mexico identiſch iſt. Das
Geſetz von Buffon, daß die Wirbelthiere der alten
und neuen Welt ganz voneinander abweichen ſollen, findet
nur für die Tropen eine Anwendung; dann keine Säugethiere,
kein Singvogel, kein Süßwaſſerfiſch kommt in den Tropen
beiden Welttheile zugleich vor. Nur die Hymenoptera
machen wir der Papilio altanticas, eine Ausnahme.
In der temperirten und kalten Zone finden ſich dagegen
Thiere aller Klaſſen, die der alten und neuen Welt
zugleich angehören. Wohl hat man früher den Auerochſen
und den Biſon für gleich gehalten, wie auch die Hirſcharten
welche Afrika nicht aufzuweiſen hat. Dagegen Renn-
und Elendthiere ſind dieſelben, und gehen oft über das
Eis der Beringsſtraße. Vom Sumpfotter und dem
Bieber iſt es gleichfalls wahrſcheinlich, daß es dieſelben ſind.
Ebenſo hält Herr Cuvier den Wolf und Fuchs für
gleiche Arten, doch iſt dies neuerlich in Zweifel gezogen.
Eine andere Frage iſt die, ob die nördliche und ſüdliche
Hemisphäre gleiche Thiere hat? Der gemäßigte Theil von
Afrika hat mehrere mit Europa gemein. Unſer Lämmer-
geier findet ſich in ſüdlichen Afrika, und unſer Kuckuk
kommt nach in Neuholland vor. Unter den Thieren wie
unter den Pflanzen iſt eine weiter Verbreitung der
tropiſchen Formen gegen den Südpol, als gegen den
Nordpol zu. Auch dehnen ſie ſich in der neuen Welt
mehr gegen Norden aus wie in der alten. Wie ſich in
den vereinigten Staaten noch eine Menge ſchön blühender
Bäume ſelbſt Mimoſenarten finden, ſo beſitzen ſie auch
noch mehrere tropiſche Vögelformen. Der Kolibri z. B.
geht bis zu den Seen von Kanada, wo er im Mai
ankommt; da er doch im Mai auch noch im Florida iſt, er
legt alſo in kurzer Zeit 270–280 Meilen zurück. In
[unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]zies hat noch Kolibri’s unter den 54° N. Br. gefunden,
alſo in einer Breite von Danzig. Nach den Berichten
des Kapt. Kings, der gegenwärtig den Archipel des
Feuerlandes unterſucht, traf er noch Kolibri’s unter
dem 55° in der ſüdlichen Hemisphäre an. Beſonders auf-
fallend iſt, daß baumartigen Farrenkräuter ſich bis zum
Vandiemenslande (41–43°) ſüdlich erſtrecken. Auf
der ſüdöſtlich von Neu-Seeland entdeckten Kampels-
inſel unter den 55° S. Br. hat man ſogar noch eine neue
Art Papagei entdeckt.
Unter den Thieren giebt es ebenſo Erſetzungsformen
wie unter den Pflanzen. Afrika und Aſien zeichnen
ſich beſonders hierin aus. Die Elephanten des erſtere
Welttheils zeichnen ſich von denen das andere durch die
Krone der Zähne, der gewölbten Stirn und den Augen aus
Cuvier hat ſie beſchrieben und gezeigt, daß die der
Carthager nicht allein Aſiaten waren. Sie zeigen beide
gleiche Gelehrigkeit. Ebenſo giebt es 2 Rhinocerosarten
mit 2 und mit 1 Horne, letzteres davon iſt am Kap,
das andern in Sumatra. Der Tapir auf Malacca
iſt von dem auf Sumatra verſchieden. Von andern Thiere
finden wir auch Erſetzungsformen in der neuen Welt. So
giebt es 2 Strauſſe, manche Schlangen die 20–23′
lang werden, (ob es welche von 30′ Länge giebt, be-
zweifle ich, obgleich es oft erwähnt iſt.) auch Krokodillen
die in unſer Uebereinſtimmung verſchieden Welttheilen
angehören. Mit den letztern dürfen die in Südamerika
häufigen Alligators nicht verwechſelt werden.
Wie die Pflanzen der Ebenen von den Formen
auf Gebirgen verſchieden ſind, ſo finden wir es auch
bei den Theorien. Bisweilen giebt es muthige Thiere
welche Streifzüge machen, je 5–6000′ hinauf ſteigen.
Ganze Bänden geſellſchaftlichen Affen leben häufig 5
bis 6 Monate in dieſen höhern Gegenden, die ſonſt nicht
über 2–3000′ hoch ſich hinaus verbreiten. Die Alpen
haben auch ihre eigenthümlichen Inſecten, und beſonders
Schmetterlinge, die überhaupt ſehr hoch gehen, vorzüglich
die aus der Gattung Hiparcha kommen nur in höhern
Regionen vor. Der kleine Sandfloh (Pulex penetrans)
der ſo läſtig für Reiſende iſt, lebt nur in der Höhen
von etwa 1000′ über der Meeresfläche, iſt wenigſtens höchſt
ſelten niedriger anzutreffen, und geht nicht über 5000′ hinaus.
Der Papilio Pollo der in den Ebenen des nördlichen
Europa’s lebt, iſt im ſüdlichen Frankreich erſt in einer
Höhe von 4000′ zu finden.
Wie es bei den Pflanzen Ausſchlieſſungen
giebt, daß keine Pinus-, keine Roſenart in der ſüdlichen
Hemisphäre, keine Heide in der neuen Welt vorkommt,
ſo beſitzt auch Afrika keine Hirſche, ſondern nur Ga-
zellen. Dagegen ſind die Pflanzen des Atlas größten-
theils mit denen in Spanien identiſch. Von 1500 Pfl.-
Arten die Desfontaines am Atlas fand, ſind bis auf
400 auch in Spanien gefunden. Es ſcheint, daß der
Durchbruch des Meere’s zu einer Zeit geſchah, wonach
dieſe Thiere nicht exiſtirten. Man hat Affen auf
Gibraltar gefunden, die aber von Matroſen da
ausgeſetzt ſind.
Ein Blick auf die Zahlenverhältniſſe der Arten zu
den Geſchlechtern zeigt uns, wie auch beiden Thieren die
Formen in den kältern Ländern mannigfaltiger werden,
je mehr die Zahl der Arten abnimmt. Wir kennen
5 mal ſo viel Vögel als Säugethiere, von denen
128 Arten der Vorwelt untergegangen ſind. Vögel,
beſonders aber Amphibien nehmen gegen die Tropen
weit ſchneller zu als die Säugethiere. Die Maſſe der
Sümpfe und größere Feuchtigkeit der Luft ſind dort
ihnen günſtiger, ſo daß das Zahlenverhältniß kälterer Ge-
genden von jenen bedeutend abweicht. Die unter-
gegangenen Arten waren beſonders Wiederkäuer, und
55 Arten hatte die alte Welt mehr, da bis jetzt
nur noch ⅓ der frühere, etwa 16–18 Species übrig
geblieben ſind. Von den 900 bekannten Arten der
Säugethiere gehört ⅓ zu den reiſſenden und fleiſchfreſſende
Thieren, und ⅔ leben von Vegetabilien. Auch Inſecten
ſind untergegangen, da die im Bernſtein vorkommenden
nicht mehr lebende Arten ſind. Vom Schnabelthiere
iſt es noch nicht erwieſen, ob es zu den Säugethieren ge-
hört, oder Eier legt. Der indiſche Archipelagus
unterſcheidet ſich weſentlich von den Inſeln des Att-
lantiſchen Oceans oder Weſtindien’s, da hier auf keiner
derſelben ſich über 4–5 Zoll hohe Säugethiere finden,
und die größten von ihnen gehören zu den Nagethieren.
Die Inſel Trinidad macht hiervon jedoch eine Ausnahme.
Der indiſche Archipelagus dagegen theilt die größten
Thiere des feſten Landes, wie Elephanten, Rhinoceros
und Tapir, ſo wie die ſonderbaren Geſtalten der
verſchiedenen Arten der Kängeruh’s ihnen allein eigen
ſind, wenn wir Neuholland mit dazu rechnen.
Unter den Thierklaſſen höherer Organiſation
iſt aber der Menſch am weiteſten verbreitet, der
durch die Kraft und die Stärke des eigenen Willens,
einer Biegſamkeit (Flexibilität) fähig iſt, wie ſie
unſern Begriffen kaum erreichbar ſcheint. Was der
Willen vermag ſehen wir beim Vergleich der wilden
mit den civiliſirten Völkern, auf die bei den Aeuſſe-
rungen der immer mehr fortſchreitenden Entwickelung
innerer Anlagen, auch weit weniger einflußreich die
Wirkungen verſchiedener Temperaturen ſind, als bei jenen
die nur den phyſiſchen Geſetzen nachleben. So ſehen wir
eine weit größere Flexibilität unter den weiſſen,
als unter den farbigen Menſchen, was nicht in der
materiallen Maſſe, ſondern allein in den ſtärkern Willen
der geiſtigen Intelligenz zu liegen ſcheint.
Auf der höchſten Stuffe, die der Menſch auf unſerm
Erdkörper erlangt, wollen wir ihn nun betrachten.
Das letzte Ziel der Erkenntniß der Natur, iſt die Be-
obachtung unſerer eigenen Thätigkeit und geiſtigen Ent-
wickelung. – Unter den verſchiedenſten Einwir-
kungen der Elemente, ſind faſt alle Theile des Erd-
körpers von Menſchen bewohnt, und jene veranlaſſen
bei dieſen einen weit geringern Unterſchied, wie wir ihn
bei allen Wirbelthieren finden. Die Blutwärme der
Menſchen beträgt nach den genaueſten Meſſungen von
J. Davy kaum 30° R. und iſt bei allen verſchiedenen
Racen gleich, denn ſowohl die von Fleiſch ſich nähernden,
wie die Indianer am Ganges und die Wadas in
Ceylon, welche nur Grasarten und Früchte genieſſen,
haben gleiche Blutwärme. Dieſe iſt leicht zu meſſen, da
die Wurzel der Zeuge dieſelbe Temperatur hat, man darf
alſo nur des Thermometer unter die Wurzel der Zunge
bringen; alle hierüber angeſtellten Unterſuchungen, ſo-
wohl beim Menſchen als Elephanten und andern Thieren
haben nur zuweilen einer Unterſchied von ¼ höchſtens.
½ Grad gezeigt. Wir haben ſchon erwähnt daß die
Vögel die größte Blutwärme haben, und auffallend iſt es
daß die der nördlichen Zone wie das Höhe z. B., wärmeres
Blut beſitzen, als die der heiſſen Zone, wo der Papagei
nur 33° hat. Die ſo genannten kaltblütigen Thiere haben
fälſchlich und nur in Vergleich zu den andern dieſen Namen
erhalten, da ihre Blutwärme immer 3–4° mehr beträgt,
als das Medium der Umgebung worin ſie leben. Selbſt
bei den Inſecten können wir eine geringe Wärme nachweiſen.
Die kleinen Unterſchiede der verſchiedenen Menſchenſtäm̃e
ſind nicht Folge beſonderer Racen, ſondern von den Einwir-
kungen klimatiſcher Verhältniſſe abhängig, wie wir es bei
den Bewohnern von Europa und Amerika ſehen. –
Wenn die Menſchen von der Ebene auf die Höhe der
Berge ſteigen, iſt ſelbſt der Puls nicht verſchieden, obgleich
ſie doch einen geringern Luftdruck zu ertragen haben. Rulliet
ſtellte hierüber bei Bogota Verſuche an, als er mit
mehrere Reiſenden verſchiedenen Alters die dortiger Höhen
beſtieg, mit ihnen von 400 zu 400 Toiſen weilte und Be-
obachtungen machte, aber keiner Unterſchied fand. Bei
gleichen Verſuchen erhielt Bonpland bei Quito daſſelbe
Resultat.
Daß die große Flexibilität der Menſchen eine Folge
der Willenskraft iſt, zeigen uns die Dampfbäder oder die
Themaskals, wie die Spanier in Mexiko ſie nennen, am deut-
lichſten, wo ſie freiwillig eine ſo große Hitze ertragen. Der
Franzoſe Guillet ſperrte im Jahre 1764 ein Mädchen 10
Minuten lang in einem Ofen von + 105° R. ohne daß ſie
beſchädigt wurde. Der Kapit. Tigs und der Lord Molgret
ſahen, wie die Bewohner von Spitzbergen aus einer Kälte von
−30° R. ſogleich in die heiſſen Dampfbäder von 102° R. gingen,
ſo daß Beefſteck neben ihnen bereitet wurde. Wirkte
hier die Hitze unmittelbar auf den menſchlichen Körper, ſo
würde ſie unmöglich zu ertragen ſein; die Hitze aber veran-
laßt eine ſtärkere Ausdünſtung, die der Körper gleich einer
Atmosphäre ſchützend umhüllt, und verhindert daß die thieriſche
Wärme verändert wird, wenigſtens nicht merklich, dann das
Blut nimmt kaum 1½° an Wärme zu; ähnliche Ver-
ſuche mit Hunden angeſtellt haben daſſelbe Resultat gegeben.
Die Flexibilität der menſchlichen Organiſation geſtattet
daher, daß der Erdkörper unter den verſchiedenſten Einwirkungen
der Temperatur bewohnbar iſt. Auch in Taucherglocken hält
der Menſch oft 60″ Luftdruck aus, ohne ihn ſchädlich zu
ſein. – Der Menſch kann daher bei 40° unter dem
Gefrierpunkt, als auch bei einer künſtliche Hitze von 105° R.
leben, alſo einen Unterſchied der Temperatur von 145° ertragen.
Unter den Völkern die an den Extremen der Baffinsbai
wohnen, wo im Winter das Thermometer gewöhnlich bis auf
35° R. herabſinkt, ſind beſonders die Eskimòs die fröhlich-
ſten Menſchen und ihre Heiterkeit kann nur aus der
Herrſchaft der Geiſteskräfte hervorgehen.
Zu den Gegenſtänden, die mit einer beſondern, ſelbſt ge-
[häſ]ſigen Lebendigkeit betrieben ſind, gehört auch die Unter-
ſuchung der Menſchenracen. Bei ihren Betrachtung ſind gleich
der Geognoſie Sachen vereinigt, die im Bezug auf dieſen Gegen-
ſtand den Unterſuchungen fremd bleiben müßen. Große hiſtoriſche
Entdeckungen des innern Aſiens, haben auch ein Licht über
die Bewohner Europa’s verbreitet, die als von den alten
Iberiern abſtammend, betrachtet werden können.
Bei den Unterſuchungen hat man früher das verwechſelt,
was blos geſchichtlich iſt, mit dem was den Beobachtungen
angehört; beides werden wir trennen. Und da Lletzteres
uns nur zu Muthmaßungen führt, ſo werden wir uns länger
bei der Geſchichte und den verſchiedenen Betrachtungen, die
ſie darbietet, aufhalten.
Von den phyſiſchen Eigenſchaften der Menſchen iſt ſchon die
Rede geweſen, bei deren Flexibilität ſie ſich von Pol zu Pol
ausbreiten können. Wie die herrſchende Kraft des Intellec-
tuellen im Menſchen über den phyſiſchen Theil deſſelben hiervon
die Urſache iſt, ſehen wir beſonders bei den Wilden, die
nach heut zu Tage lange keine ſo große Flexibilität haben;
denn nur bei großen Opfern können die Wald-Indianer
der Gebirge von Amerika in den Ebenen leben, da ⅓ und
noch weit mehr bei dieſem Wechſel ſterben. Und ſo iſt es
auch umgekehrt der Fall, wenn die Kupferindianer der
Ebenen nach den Höhen gebracht werden.
Bei den Negern hingegen finden wir, daß ſie den Weiſſen
eine näher ſtehende Flexibilität haben, da ſie oft aus der
Hitze ihres Vaterlandes in ziemlich kalte Länder als
Sclaven verſetzt worden, und ſich an eine ganz andere Tempera-
tur gewöhnen; doch muß hierbe[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]i berückſichtigt werden, daß
gerade nur die Kräftigſten dieſer Nationen durch die unwür-
digſte Habſucht dieſem Schickſale Preis gegeben ſind, und
daher auch leichter dem veränderten Klima widerſtehen.
Es bleibt uns nun noch übrig, von einigen andern angeblichen
Verſchiedenheiten zwiſchen der Organiſation der Menſchen
und der höhern Thierorganiſation zu reden. Lange hat man
geglaubt, daß die Menſchen allein Stimmorgane beſitzen,
doch die beiden großen Anatomen Victaſin und Cammanon
behaupten, daß ſie auch den Affen nicht verſagt ſind.
Die Neger in Amerika haben den Glauben, daß die Affen
nur leiſe und heimlich mit einander reden, da ſie ſonſt von den
Weiſſen, wenn dieſe es wüßten, zur Arbeit gezwungen
würden. Scherzhaft hat man auch wohl von den Affen geſagt,
daß ſie deshalb ſtumm wären, weil ſie über nichts zu ſprechen
müßten.
Die Thiere haben Laute, die Menſchen aber articulirte
Töne, die nach Rudolphi nicht in dem Phyſiſchen ſondern in den
Anlagen der Seele begründet ſind. Es giebt vielleicht eines
Urtypus der Menſchen, aber das was ſie eigentlich characte-
riſirt, muß nicht im Bau der Organe ſondern in der geiſtigen
Intelligenz geſucht werden. Denn im Geiſtigen iſt wohl nur
allein der Unterſchied zu ſuchen. Was den Menſchen am
meiſten characteriſirt, iſt das Uebergewicht des Gehirns und
ſein aufrechter Gang, wodurch er ſich ſeiner Bildung nach
vor allen andern Thieren auszeichnet.
Eine niedere Entwickelung der Beiß- und Kauorgane
und des Geruchs erzeugt ſtarke Ausbildungen der Kiefern,
und ein Zurückſinken der Stirn, wie wir es in einem ſtär-
kern oder geringern Grade bei allen Wirbelthieren finden.
Dies giebt uns Anlaß zu den Unterſuchungen des Kamp-
ſchen Geſichtswinkel. Bei den Helenen, Cirkaſſiern und
den kaukaſiſchen Völkern, wurde die Schönheit durch den Geſichts-
winkel zwiſchen 80–85° bedingt, und unter den Kunſtwerken
dieſer früher Zeit, finden ſich übertriebene Geſichtswinkel, die
die Natur wohl ſchwerlich erzeugt haben konnte, in deſſen An-
wendung jedoch ſich eine richtige Idee von Schönheit ausſpricht.
Bei den Negern geht der Geſichtswinkel bis zum 70ten Grade.
Bei den Neu-Seeländern, die zu der malaiiſchen Race ge-
hören und auf den Inſelgruppen des ſtillen Meeres wohnen,
beträgt er nach Lishon und Garrot die mit Duperet reiſten
65°. Herr Sömmering hat keinen Affen gefunden, der einen
Geſichtswinkel über 58° gehabt hätte, und nur kaum erreichen
ſie dieſen; ſelbſt beim Champanca hat er nur 50°; und
wenn man von Orangutang ſagt, daß er 65° habe, ſo iſt
dies eine Unwahrheit.
Das Verhältniß des Gehirns zu den Nerven nimmt
nach Mickel in Halle bei den Negern ab, wo das 5te
Paar der Nerven ſtärker iſt, als bei andern Menſchenracen.
Diejenigen welche ſich freuen, wozu ich aber nicht gehöre,
daß die Neger vor den Weiſſen etwas Thieriſches haben,
ſuchen hierin einen Beweisgrund, und wenn gleich eine ſolche
Annahme albern iſt, ſo ſcheinen ſie ſich doch mehr dem thieriſchen
Character zu nähern.? – Noch einige weniger wichtige
Verſchiedenheiten des Menſchen, liegen in der mehr ausge-
drückten Exiſtenz des Kinns, einer regelmäßigen Anweſen-
heit des Hirnſandes, den aber auch die Hirſche beſitzen, eine
ſchiefe Lage des Herzens, mit der Spitze nach unten, und in den
mehr entwickelten größern Naſe. Die Simia roſtrata
hat aber ebenfalls eine ſehr entwickelte Naſe. Herr
de la Metri, Herausgeber des Journal de phyſique ſagt ſcherz-
hafterweiſe, daß wenn die Affen ſich wie wir aus ſchnaubten,
ſie auch eine größere und ſpitzere Naſe bekommen würden;
gleich wie die Sumpfvögel dadurch ſo hochbeinig geworden wären,
weil ſie ſich ſtets hüteten naß zu werden. Wenn aber auch
dieſes wirklich die Geſtalt verändern ſollte, ſo ſind doch ſolche
Ideen in dieſer Ausdehnung irrig.
Es liegt in den neuern Unterſuchungen etwas liebloſes,
wenn man von einer Stuffenleiter der Humanität der Menſchen
ſpricht; einige [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]gehen von den höher organiſirten Thieren
ſelbſt bis zu den Menſchen über, was ſich aber nicht an-
nehmen läßt. Nach Meiners ſoll dieſe aufſteigend
vom Orangutang zu den Waldnegern oder den Menſchenfreſſen
und von dieſen zu den Buſchhottentotten ſein; dieſen reihen
ſich nach ihm die Capus von Neu Guinea an, dann folgen
die Mongolen und einige tartariſche Völker, bis er
zu den Kaukaſen zu uns ſelbſt kommt.
Da in neuern Zeiten viel Licht über die Affen ver-
breitet iſt, ſo will ich 2 derſelben anführen, die dem Menſchen
noch am ähnlichſten ſind. Eine große Ungewißheit
herrſcht über die Thiere, welche unter dem Namen Orang-
utang beſchrieben ſind. Seine Name iſt von orang (klug)
und utang (wild) hergeleitet. In neueren Zeiten ſind 3
lebendige in Europa geweſen, von denen ich 2 ſah, es waren
jungen Individuen, des in ältern Jahren ſehr bösartigen
Affen Pongo. Sie blieben nur kurze Zeit am Leben, und
waren 35–36″ hoch, jedoch ſollen ſie in ihrer Heimath gegen 4′
hoch werden.
Je mehr man ſich den Affenländern nähert, hören auch die
Fabeln über ſie auf, die oft an das Wunderbare grenzen.
So ſollten ſie unter andere in Maisfeldern links gedrehte
Knoten machen. Eben ſo hat man die große Fertigkeit in den
Daumen der Affen, (wodurch ſie ſich mit von den übrigen Thieren
unterſcheiden) in Uebereinſtimmung mit den Menſchen gebracht,
und geglaubt, daß die Exiſtenz beider durch die Anweſenheit
derſelben bedingt ſei. Wenn dies auch der Fall wäre, ſo
kann man vom Menſchen nicht auf den Affen ſchlieſſen, da die
4 Daumen ihm nur zur Hülfe beim Klettern verliehen ſind.
Auch den Orangutang den der Lord Armhorſt beſaß habe ich
geſehen. – Auch Tileſius hat gefunden in neuern Zeiten,
daß alle für Orangutangs ausgegebenen Affen, junge Thiere
waren, und ihm ſtimmen Cuvier und Rudolphi bei, daß dieſe
artigen Geſchöpfe in ſpätern Zeiten ſehr häßliche und bös-
artige Affen werden. Es iſt alſo ſehr wahrſcheinlich, daß
der Orangutang ein Abkömmling des bösartigen Pongo iſt. –
In Menagerien hat man gefunden, daß die Paviane, deren Kopf
wie bei einem Hunde geſtaltet iſt, mit kugelrunden Köpfen geboren werden.
Ein anderes Thier iſt der Jocko, ein afrikaniſcher Affe,
auch Chimpanze genannt, welcher mit dem Orangutang häufig
verwechſelt wird. Er iſt aber noch weniger dem Menſchen
ähnlich; man hat ihn aber ſo weit gebracht daß er als Be-
diente agiren kann, und ſelbſt Thee in einer Geſellſchaft mit
trinkt. – Der ſchwarze Gibbon hat faſt keine Stirn,
und iſt am ganzen Körper mit Haaren bewachſen. –
Eine ſolche Scala der Humanität kann es alſo nicht gut
geben, wie Herr Meiners ausgesprochen hat.
Die Unterſuchung ob es unter den Menſchen mehrere
Arten oder nur eine Species und Varietäten giebt, iſt
ſeit den letzten 80 Jahren ſehr lebendig betrieben. Man
hat dieſe Unterſuchungen mit der Verwandſchaft der Spra-
chen in Verbindung gebracht, da es aber mongoliſche Völ-
ker giebt, die türkiſch reden, andern aber auch die ſich ganz
verſchiedener Sprachen bedienen, die in keiner Verwand-
ſchaft mit jener ſtehen, ſo kann dieſe Art der Unterſuchung
nur zu Irrthümern führen. Ebenſo iſt die europäiſche Sprache
aus der griechiſchen und römiſchen entſtanden oder mehr
ausgebildet. So iſt auch Leibnitz ſchon durch die Unter-
ſuchung über die Abſtammung der Sprachen irre geführt.
Durch Abel Remuſat und Julius Klaproth iſt in neuern
Zeiten über die Analogie der Völker heimiſchen Ur-
ſprungs, aus den ſalzigen Ebenen vom Kaspiſchen Meere und
Aralsſee gegen die chineſiſche Mauer zu, viel Licht verbreitet.
Die Samskritſprache iſt von Boch, Schlegel und meinem
Bruder geprüft; die Keilſchriften ſind von St. Martin
entdeckt.
Die Griechen und Römer unterſchieden nur 3 Stämmen:
Eingeborne, Erdgeborne und Eingewanderte. Herodot giebt
4 Stämme an, 2 einheimiſche und 2 fremde. In Afrika hatte
es vor der Einwanderung der Saracenen, ſchon 3 bis 4 mal
Einwanderungen gegeben, von Perſern, Medern und andern
kaukaſiſchen Völkern, auch die Hykſos ein arabiſcher Stamm,
fiel ſchon in frühen Zeiten ins nördliche Aegypten ein, und
faſt mit Gewißheit kann man ſie für arabiſche Hirten-
völker halten, da ein großer Contraſt zwiſchen den Nord-
ägyptern und denen gegen Merä hin jetzt noch ſtatt findet,
und wovon ſich der Abklang in der ägyptiſchen Mythologie
zeigt. Eine 3te Einwanderung geſchah ſpäter, bei der ſo-
genannten Völkerwanderung durch die Vandalen, von denen
ſich noch jetzt auf dem weſtlichen Atlas ein Stamm die
Cubaien findet.
Wenn auch Herodot nicht an die Unterſuchungen über
den Urſprung der Menſchen dachte, da dieſe erſt eine Folge
des Chriſtenthums waren, ſo ſpricht ſich doch in der Lebens-
geſchichte des Fabius von Agricola ein Gedenke aus;
der darauf hindeutet, daß alle Völker eine Abſtammung haben.
Die Idee der Einheit des Menſchengeſchlechts wurde erſt
durchs Chriſtenthum aufgeſtellt und herrſchend, und eine der
wichtigſten Wohlthaten deſſelben iſt, daß es die perſönliche
Freiheit eines großen Theils des Menſchengeſchlechts ge-
gründet hat, und die Menſchheit in eine nähere Beziehung
brachte.
Als Amerika entdeckt wurde, entſtand die Frage, ob die
dort Eingebornen als Menſchen betrachte werden könnten,
der Pabſt entſchied dieſe durch einige Bullen, welche die
Einheit des Menſchengeſchlechts in allen Ländern der Erde
bekannt machten. Die Lebensweiſe jener neu ent-
deckten Völker war anderer Art, als die der alten Welt
ſie waren nicht Hirtenvölker, waren ſie von der Natur
durch die unermeßlichen Waldungen wohl verhindert wurden.
Es iſt wunderbar genug daß dieſe Völker ſich nicht einmal
der Biſons bedienten, ſo wie andere Völker in öſtlichen
Aſien ſich nicht die Milch und das Fleiſch nutzbar zu machen wußten,
obgleich ſie von Hirtenvölkern umgeben waren. –
Daſſelbe iſt auch bei den amerikaniſchen Völkerſtämmen
der Fall, da einige Denkmäler derſelben uns ganz früher
Zeit erkennen laſſen, daß ein großer Verkehr zwiſchen
dem öſtlichen Theile von Aſien und dem weſtlichen Amerika
ſtatt gefunden hat.
Die Sclaverei als ſie ſich im 15 Jahrhundert ausbrei-
tete, wo man die Caraiben und Neger gewaltſam aus
ihrem Vaterlande wegſchleppte, muß man jedoch dem größen
Reichthum an Ländern zuſchreiben, da man ſoviel Land
ohne Hände für die Benutzung deſſelben entdeckte.
Bei der nähern Betrachtung der Menſchenracen, wollen
wir 2 Fragen aufwerfen: 1. Welche Verſchiedenheit
des menſchlichen Körpers bietet ſich bei den Völker-
ſtämmen gegenwärtig dar? 2. Wie ſind dieſe Ver-
ſchiedenheiten auf dem Erdkörper verbreitet?
In dem Cauſalzuſammenhange der Erſcheinungen bieten
ſich zwei Möglichkeiten über die Verbreitung der Menſchen
dar, denn entweder gab es einen Urtypus und eine ge-
meinſchaftliche Abſtammung, die durch Degenerationen und
Abweichungen von der urſprünglichen Art bei Einwirkungen
des Klimas und der Lebensweiſe die Menſchenbildungen
ſo verſchieden geſtaltete, wie wir ſie gegenwärtig ſehen;
oder es haben ſich mehrere Urtypen über den Erdball
verbreitet.
Im erſten Falle haben Pallas und Pritſcha angenommen,
daß die ſchwarze Farbe und deren Formen die Urſtämme ge-
weſen ſind, von welchen die Mongolen als Unterabtheilung
durch Zeit und Klima weiß geworden wären, durch die
Beobachtung, daß die dunkele Farbe der Thiere allmählig
zur hellern übergeht, wurden ſie hierzu verleitet, was
aber wenig Beifall findet. – Herr Denham hat
bei ſeiner Zurückkunft verſichert, daß ſeine weiße Farbe
und lange Naſe in Borneo und Murſuk bei den Negern
Uebelkeiten erregte, die beſonders auffallend bei den
Frauen hervortreten, die nicht allein vor ihm ausſpuckten,
ſondern ſogar in Ohnmacht fielen. –
Ideen von Schönheit und Häßlichkeit hängen von na-
tionellen Vorurtheilen ab, jede Nation ſucht die Schönheit
in ihren eigenen Individualitäten. Es giebt aber allgemeine
Begriffe von Schönheit der Formen und Anmuth der Züge,
die aber nur zum völligen Ebenmaß, durch den Ausdruck der
Ideen, die einer höhern Welt angehören, gelangen.
So zart und ſammetartig die ſchwarze Haut auch iſt, ſo
fehlt ihr doch der Ausdruck der zarteſten Anregungen des
Gefühls im Erröthen. Negerfrauen werden zwar bisweilen
röthlich, aber denn ſind es andere Einwirkungen; auch drücken
Gram und Leiden, oder große Gemäße der Freuden durch
die Wirkung des innern Gefühls ſich dadurch aus, daß eine
Bläſſe die angeborne Schwärze verdrängt.
Der Streit über die Abſtammung von einem oder
mehreren Typen, kann aber ſo wenig geſchlichtet werden,
als der, ob alle Sprachen von einer Urſprache ab-
ſtammen. Wohl zeigt es ſich in vielen indiſchen und
andern Schriften der Inſeln des indiſchen Archipels, daß
es mehrere Unterſchiede in den Schriftzeichen als den
Sprachen giebt; und man kann allerdings allgemeine
Formeln anführen, die in allen unſere Sprachen, in den
Trümmern wie in den Wurzeln ſich zeigen und den Ur-
typus bilden, die aber immer nur die Verbindung der
Völkerſtämme andeuten, ohne eine Uebereinſtimmung
der Menſchenracen ergründen zu laſſen.
Bei einem phyſiſchen Naturgemälde und einer Welt-
beſchreibung, beſchränke ich mich auf Vergleiche. Das
Chriſtenthum nahm die Idee auf daß alle Menſchen von
einem Paare abſtammten, wie es die moſaiſchen Tradi-
tionen lehrten. Doch dieſen iſt es blos eigen die Natur-
geſetzen unſers Erdkörpers ſowohl durch den Lauf der
Geſchichte darzuthun, wie die Einheit des Menſchengeſchlechts
als Folge einer abſoluten Abſtammung herzuleiten.
Es iſt aber auch kein Grund vorhanden, die Abſtam-
mung von einem Menſchenpaare gerade zu leugnen zu können,
da Uebergänge von Stamm zu Stamm vorhanden ſind,
wo das Klima verſchieden darauf wirkte. Dieſelben kli-
matiſchen Verſchiedenheiten finden wir auch bei den Thier-
racen, als bei Hunden, Ochſen, Schafen etc. die den Menſchen
überall folgten. Solche bleibende Abänderungen wie
das Thier- und Pflanzenreich ſie aufzuweiſen hat, be-
weiſen die neuern abnormen Bildungen deren Entſtehen
hiſtoriſch nach zuweiſen iſt, wie z. B. das neuerdings in
Connecticut geborene, und von Asconſchy beſchriebene Schaf
mit krummen ſäbelartigen Vorderbeinen, das wie die Känge-
ruhs hüpft, und dadurch den Vortheil darbietet, daß es [nicht]
über die Hecken ſpringen kann, von denen man jetzt in Eng-
land und Nordamerika ganze Heerden zu gezogen hat, bei
denen ſich die krummen Beine treu fortpflanzen. Die
früher angeführte Fragaria monophylla giebt ein an-
deres Beiſpiel, aber ſo die Schweine in Ungarn ohne
Haare. Alles dieſes erinnert an die Wahrſcheinlich-
keit, daß eine Urtype der menſchlichen Formen durch kli-
matiſche Einwirkungen große Veränderungen erlitten hat.
Die Unterſuchungen über die Menſchenracen ſind dadurch
verwirrt, daß man die hiſtoriſche Abſtammung mit der Be-
trachtung der geographiſchen Lage verwechſelt hat, wozu
das Wort Race um ſo mehr hinleiten mußte. Die Frage,
wie iſt Amerika bevölkert, lieſſe ſich vielleicht aus
einer andern Urſache von einem über alle Geſchichte hinaus
reichenden Verkehr des öſtlichen Aſiens mit dem weſt-
lichen Amerika herleiten; die gemeinſchaftlichen Mythen
beider laſſen einer Hoffnung hierzu Raum.
Eine allgemeine Ein[verlorenes Material]theilung auf Abſtammung iſt unmöglich,
das Zuſammentreffen kann zur Bildung vieler Gruppen führen;
daher auch alle Betrachtungen über die Menſchenracen zu
weniger Klarheit gelangt ſind. Die Zeit der Puberta
in den verſchiedenen Zonen, iſt bei manchen Völkern
ſehr abweichend, dagegen die Dotation dieſelbe iſt.
Die Frage der Abſtammung von einem oder mehrern
Menſchenpaaren bot ſich den aAlten niemals dar, was
bei den Griechen und aus dem Sanskrit entdeckt iſt,
bezieht ſich nur auf Lokalphänomene. Man unterſcheidet
aber auch das was die Beſtändigkeit eines Typus ſein
kann, von dem was die Einwirkungen des Klimas her-
vorbringen können. Einem ſolchen Studium ſtand bei den
Alten eine Verachtung aller fremden Völkerſtämme, oder
der Barbaren wie ſie ſich ausdrückten entgegen, auch hin-
derte ſie die Nichtkenntniß der Sprachen daran. Der
Begrif, daß die Einheit der Menſchen in der allgemeinen
Verwandſchaft durch gleiche Abſtammung begründet iſt,
iſt ein nicht zu erreichendes Ziel, da die Forſchungen
nicht bis zum Urſprung, der Dinge führen können, und
ſie nur glaubhaft durch die ſo genannten Mittelbildungen wird.
Daß die Typen feſt ſtehen, ſieht man daraus, daß die
Neger ihre ſchwarze Haut behalten, und die Nachricht von
portugiſiſchen Anſiedlern in Kongo, daß ſie mit der Zeit
auch ſchwarz geworden wären, iſt nach genauern Reiſebe-
richten verſchwunden. Eben ſo wenig, wird man wohl
glauben, daß die Neger eine forterbende Leberkrankheit
haben, welche die ſchwarze Farbe verurſache, indem ſich Kohlen-
ſtoff abſetze. Eine ſolche Meinung kann eine phyſiologiſche
Fabel genannt werden. – Von der Feſtigkeit
der Typen, wenn Menſchen verſchiedener Bildung ſich in
einer Zone befinden, giebt Huddel Beiſpiele, denn
er ſagt die Bewohner der Feuerinſeln ſind nicht größer
als 4′, während daneben ſüdlich von Orinoko, die ſchönen
großen ſelten unter 6′ hohen Patagonier wohnen.
Ebenſo leben in Südafrika die kleinen Buſchmänner
von 4′ Höhe neben dem ſchlanken Kaffern. Und uns
näher iſt ein ähnlicher Unterſchied zwiſchen den Hoch-
und Niederländer in Britannien.
Mit Recht hat man geſagt, es würde nicht ſo viele
Menſchenſtämmen geben, wenn es keine Neger gäbe,
welche neben den Weiſſen wohnen, und auch dieſe plötz-
liche Abſtuffung hat man weit mehr Wichtigkeit gelegt,
als ſie verdient, weil der Eindruck der Farbe ſo groß iſt.
Die Wichtigkeit derſelben ſchwindet aber bei reiflichen
Nachdenken, und die Contraſte wollen wir in folgenden
Abtheilungen zu betrachten ſuchen: als nach der Haut und
ihrem Pigmente, die Haaren, dann nach den Geſichtszügen
und den Geſichtswinkeln, und zuletzt nach der Sprache.
Die ſchwarze Menſchenrace lernten die Alten in den
Afrikanern kennen, alles was öſtlich von dieſen wohnte
gehörte zum vornehmen Menſchenſtamme. Die Idee der
Einwirkung der Sonne auf die Farbe, muß ſehr früh
entſtanden ſein, denn ſchon die Alten glaubten, daß
wenn in Nubien die Menſchen ſchwärzer würden, es von
der Hitze herrühre. Alexander’s Expedition beſtärkte
dieſe Anſicht noch mehr, dies ſieht man aus dem
Ariſtibul?, der die Frage aufſtellt, woher es komme,
daß im nördlichen Indien die Menſchen ſchwärzer wären
als im ſüdlichen, und glaubte, daß die feuchtere Wärme
weniger die Menſchen ſchwarz färbe, als die trockne.
Auch Plinius ſagt ſelbſt daß die Menſchen von der
Sonne gefärbt wären. In neuern Zeiten hat ſich
gezeigt, daß die Einwirkung der Sonne keinen Unter-
ſchied hervorbringt, ja in Indien giebt es bei den
verſchiedenen Stämmen eine Menge von Abänderungen
der Schwärze. –
Einen andern Unterſchied geben die Haare. Am
ſchlichteſten ſind dieſe bei den Amerikanern, die den
Malayen am meiſten gleichen, doch ſehen die der
erſtern mehr feucht aus. Bei den Kaukaſern ſind ſie
lockig, bei den Negern dagegen wollig, ohne jedoch immer
ſchwarz zu ſein, da ein Volk in Saudan eine Ausnahme macht.
Die 3te Eintheilung iſt die nach dem Geſichtswinkel,
welche auf die herabſteigende Scala der Menſchen ge-
führt hat. Nach Kamper iſt es derjenige Winkel, deſſen
eine Schenkel von den Schneidezähnen nach der Stirn führt,
und nach Sömmering zwiſchen 70–85° abweichend iſt.
Neuerdings hat man jedoch gefunden, daß er bei den
Neu-Seeländern nur 65° hat, weil ſie eine ſtark zu-
rückgeworfen Stirn haben.
Den 4ten Grund der Eintheilung hat man von den
Analogien und Verſchiedenheit der Sprachen hergenommen,
ſo wenig dieſe auch dazu geeignet ſind. –
Herodot erzählt, daß Pſametiſch um zu erfahren welches
Volk die älteſte Sprache habe, zwei Kinder einſperrte.
Das erſte Wort was ſie ſprachen war Bekos, und man
fand bei der Unterſuchung über den Urſprung dieſes Wortes
daß es Phrygiſch war. Die Aegypter verwunderten ſich bei
dieſer Entſcheidung, daß die Phrygier älter als ſie wären.
Wer an den Verhältniſſen der Sprachen zu einander
Intereſſe findet, den muß ich auf die Unterſuchungen
meines Bruders verweiſen. Denn die Sprachen ſind
nicht Nationenweiſe vertheilt, geſchichtliche Ereigniſſe haben
verſchiedenen Völkerſtämmen dieſelbe Sprache aufgedrungen
ſo reden viele von altgermaniſchen und ſlaviſchen Völkern
abſtammend römiſch; als Grundlage der ihrigen. Wenn
auch die Sprachen der Amerikaner verſchiedene Wurzeln
haben, ſo giebt es doch Ausdrücke die allen gemeinſchaftlich
ſind, und die ſich ſelbſt bei den Malaien wieder finden.
Von den Nationalunterſchieden muß man die der
Völkerſtämme unterſcheiden. Wenn ſie ſchon auffallend
in den verſchiedenen Theilen von Deutſchland ſind, ſo wird
man dieſe Unterſchiede nicht zu den Abtheilungen rechnen
können, in welche das ganze Menſchengeſchlecht zerfällt.
Wir müßen alſo verſch. Gradationen annehmen. Ebenſo
können Sprachen wirklich verſchieden, oder nur Dialecte
einer ſein. Die große Aehnlichkeit der Indogermani-
ſchen-Sprache, mit der deutſchen und perſiſchen, und wiederum
mit der lateiniſchen Sprache deutet auf eine Wurzel hin.
Auch die engliſche Sprache ſtammt von der germaniſchen Wurzel
und hat ſich nur der Form nach verändert, und man kann
keine Sprache finden, die nicht Veränderungen erlitten hätte.
Sehr weſentlich iſt es bei den Abtheilungen der Menſchen-
racen, die kleinern nicht mit den größern zu verwechſeln.
Die größte allgemeine Abſtuffung iſt genügenden, wenn
wir mit Cuvier drei annehmen, da ſie ihrer Allgemeinheit
wegen mehr zur Einheit führt. Blumenbach ſtellte 5 Ab-
theilungen auf, die aber ſchon ſchwieriger zu unterſcheiden ſind.
Cuvier unterſcheidet nämlich: weiſſe, gelbe und ſchwarze Menſchen.
Die weiſſe auch kaukaſiſche Race genannt, characteriſirt
die große Ausbildung, und der Typus der größten Schönheit
bewahrt ſie in Georgien und Circaſſien. Aus ihr ging die
moſaiſche wie die chriſtliche Religion und der Islam hervor.
Die Völker aber welche gegenwärtig den Kaukaſus bewohnen,
ſind größtentheils wenn wir die Oſſeten abrechnen, finniſchen
Urſprungs. Der Kaukaſus nämlich ſtellte wie andern Ge-
birge, dem Andrange der Völkerſtämme einen Wall ent-
gegen, ſo daß viele ſitzen blieben, und dieſer Gebirgsge-
genden wie andern, eine große Verſchiedenheit der Sprache
geben. Daſſelbe finden wir in Mexico, dem amerikaniſchen
Kaukaſus, wo über 30 Sprachen geredet werden, von größten-
theils bedeutender Verſchiedenheit. Wenn der große Zug
der Völker in der alten Welt von Oſten gegen Weſten ſich
ausbreitete, ſo iſt er in den neuen Welt von Norden gegen
Süden bis am Gilaſtrom geweſen, wo ſich noch beträchtliche
Denkmäler untergegangener Städte vorfinden. Die Geſchichte
lehrt uns leider nicht den Durchgang dieſer Völkerſtämme
über den Iſthmus von Panama, wir können ihn aber von
Gile bis zum Nicaragua folgen. – Die Benennung kau-
kaſich iſt europäiſch, und kommt von den Völkern her, die
aus dem öſtlichen Theile von Aſien, bei ihrem Vordringen nach
Weſten von der chineſiſchen Mauer her den Kaukaſus
nördlich oder ſüdlich umgingen, und nur ein kleiner Theil
iſt über denſelben gekommen.
Zu dieſer kaukaſiſchen Race gehören nun eine Maſſe
Völkerſchaften, ganz Europa, Helenen, Basken, Iberien,
Celten, Finnen, Slaven, Ungarn, Magieren, Litten und
andere kleinere Völker wie die Lappen und die Scandinaviſchen
Stämme. Ganz Europa hat eine ſehr kleine Zahl von Völker
Stämmen, wenn man die Abſtammung betrachtet, werden
kaum 5 oder 6 als ſolche beſtehen können; je wenn man auf
die Aehnlichkeit der Sprachen bei den Indogermanen, Slaven
und Celten achtet, ſo iſt es ſchwer nur große Unterſchie[de]
feſt zuſtellen, und dieſe Verwandſchaft der Sprachen [macht]
es wahrſcheinlich, daß alle dieſe Stämme in ihren frühern Wohn-
ſitzen, in einem großen Verkehr mit einander lebten. Wollen
wir die Slaven und Celten unterſcheiden, ſo iſt es noth-
wendig vom äußerſten Weſten anzufangen, als die erſten
Völker welche von Aſien auswanderten würden zuerſt die
Basken kommen, mit ihnen die Iberien, waren die Celten grenzten,
woher der Name Celtibarer wahrſcheinlich entſtand. Darauf
folgten germaniſche Stämme, denn die Finnen oder italiäniſche
Stämme, wozu der ungariſche oder magiariſche Stamme gehört
hat, und wahrſcheinlich mit Türken vermiſcht. In Italien
iſt auſſer den europäiſchen Stämmen ein altes Gemiſch
von Helenen und Etruskier gekommen, aber es iſt immer
ſchwierig diejenigen zu beſtimmen, welche ſich auf die Ur-
völker Italiens beziehen. Die Geſchichte Weſtpreuſſen’s
von Voigt lehrt, daß die Einwanderungen erſt in ſpätern
Zeiten ſtatt fanden, und mehr von Süden herkamen. Zu
dem heimiſchen, oder auch der uraliſche Stamm genannt, da man
gern die Menſchenſtämme auf die Gebirge zurückführt, gehören
auch die Hunnen, welche keine glänzende Idee von ſich
verbreiteten. Dionyſius Perigeta erwähnt ihrer zuerſt,
und ein anderer Schriftſteller dieſer Zeit ſagt, daß ſie Augen hatten
wie kleine Punkte. Der Biſchoff von Clermont gab im
6ten Jahrhundert von ihnen in der Sidonia von Apollonia eben-
falls eine lächerliche Beſchreibung, indem er ſagt, daß ſie
rohe Völker wären, die keine Augen hätten; Europa wäre
daher ſehr erſchrocken geweſen, regeloſe Fleiſchklumpen
heranrücken zu ſehen, an denen ſich weiter nichts fände
als einige Leute. Durch die unbedeutende Naſe wurde dieſer
Eindruck noch verſtärkt. Die Hunnen müßen aber nicht mit
den Mongolen verwechſelt werden, dieſe lebten tiefer in
Aſien, und türkiſche Stämme wohnten noch zwiſchen ihnen.
Auſſer den genannten, gehört zu den kaukaſiſchen Völkern
noch ein wunderbares Gemiſch anderer Stämme, nämlich alle
Türken, Perſer, Araber und Indier. Wir ſehen hieraus
wie ſchwierig es iſt, eine große Maſſe von Völker in
gleiche Abſtammung zu bringen, und die auch dieſe Weiſe
nur mehr Einheit erhalten.
Die kaukaſiſchen Völker zählen jetzt insgeſammt
etwa 440,000,000 Menſchen, von denen ¼ indiſchen
Urſprungs ſind, und noch jetzt in Indien leben. –
Die Sprache kann man nicht eigentlich als Criterium der
Abſtammung anwenden, da oft Völker verſchiedenen Ur-
ſprungs, wie es ſich gefunden hat, eine Sprache reden.
Einen Blick auf die Sprachfamilie von Europa zuwerfen
läßt dieſelbe als ſehr einfach erſcheinen, da es nur 8 oder
9 ſind, von denen es aber eigentlich nur 3 giebt, die als
abgeſondert betrachtet werden können. Dieſes ſind die
Baskiſche, die Iberiſche welche von Sanscrit abgeleitet, und
die Finniſche. Die andern ſind wegen der Aehnlichkeit
der grammatiſchen Formen, als ihnen zugehörig, anzunehmen.
Der kleine Theil, der von den Reſten der Hellenen
übrig blieb, iſt die albaniſche Sprache, welche altgrie-
chiſche Urformen hat. Endlich Malta ein kleiner Theil
der Semitiſchen, wo Reſte der finniſchen ſich Sprache finden.
Der Zuſammenhang der Völker des ſüdlichen und öſt-
lichen Aſiens, die ſich mit Europa verbanden, von den neuern
durch chineſiſche Geſichtsbächer gemachten Entdeckungen an zu
rechnen, wird von Intereſſe ſein, da in ihnen einige wicht[ige]
Aufſchlüſſe liegen. Daß die Hionguh’s, ein finniſcher
Stamm zwiſchen den Don und der Wolga, in der frühen
Völkerwanderung auf die Hunnen fielen, lehrt uns die
Geſchichte. Chineſiſche Nachrichten reden aber von einem
indogermaniſchen Stamme den ſie Uſen nennen, mit blonden
Haaren und blauen Augen angeben, und zwiſchen dem Baikal-
ſee und der chineſiſchen Mauer gewohnt haben ſoll. Dieſer
wurde von den Chineſen gereizt auf die Hionguſs zu fallen,
nach dieſer Zeitrechnung alſo ſchon 5 Jahrhunderts früher im
Innern von Aſien die erſte Bewegung der Völkerwanderung
verfiel, deren Kenntniß bisher nur bis 1 Jahrhundert vor
Chriſti Geburt reichte, und die ſpäter den großen Zügen
der Hunnen, Alanen und Gothen die große Ausdehnung gaben.
Ebenſo auffallend iſt die im Innern von Aſien gemachte Ent-
deckung, daß von den Kirgiſen, die unter dem Namen Hakas
bekannt ſind, und ebenfalls blonde Haare und blaue Augen
haben, (wodurch ſich die germaniſchen Völker auszeichnen,)
die Inſchriften zwiſchen dem Jeniſey und dem Ob herrühren,
die indogermaniſch ſind. Die Kirgiſen haben ſpäter die
türkiſche Sprache angenommen, aber die in Bochern und
China ſprechen rein perſiſch. Noch auffallender aber iſt
die von Abel Remuſat gemachte Entdeckung einer früher
rein ſeecondariſchen Sprache, die bis Madrid (?) ſich verbreitet
hat. In der Gegend von Kaſchgar war nach Abel Remuſat
eine indiſche Kolonie, die bis Koten ging.
Die gelbe Menſchenrace. Zu ihr gehören die Mon-
golen, Chineſen, Japaneſer, Malaien etc. und umfaßt
über 400,000,000 Menſchen. Sie bildeten den Weltreiche
des Attila, Chinquiſchan und Tamerlan, und China ſteht
als ein Ueberbleibſel davon noch jetzt da. – Man hat
lange die Tartaren und Mongolen für identiſch gehalten,
obgleich ſie einander entgegen ſtanden. Die Veranlaſſung
hierzu war, daß, als die Mongolen im 13ten Jahrhundert
bis zu uns vordrangen, und Rußland und Polen beſiegt hatte,
aber im Jahre 1241 bei Lignitz von Heinrich dem Schleſier
geſchlagen wurden, dieſer ſei wieder mit dem Namen
Tartaren ſoll bezeichnet haben. Die Verwechſelung aber,
welche zu den Irrthümern von Meiners und Schlösſer führten,
rührt daher, daß in der Armee des Chinchiſchan türkiſche
Soldaten waren, und dieſe auch zum größern Theil die höch-
ſten Stellen bekleideten, welche man mit dem Namen Tarta-
ren bezeichnete; wie auch jetzt noch in Rußland, der Bucharei
und einigen Theilen des Kaukaſus, die Türken Tartaren
genannt werden, was ſie aber ſehr übel aufnehmen.
Die ſchwarze Menſchenrace. Sie begreift weniger in
ſich als die vorher genannten, und iſt nicht allein Afrika
eigenthümlich, ſondert findet ſich auch in Ceylon, Malacon
und Neu-Guinea; aber doch nur um Littorale kommt ſie
auf dieſen Inſeln vor, da im Innern derſelben eine andere
Race wohnt, die den Bewohnern von Neuholland ähnlich ſind,
welche auch Neu-Irland und Neu-Britanien bewohnen.
Die Goloff’s (Gonodis?) im Innern von Afrika ſind am ſchwärze-
ſten von allen, und haben dabei eine europäiſche Geſichtsbildung,
ſelbſt dünne Lippen und eine europäiſche Naſe; aber dahin ge-
hören die ſanften Tulloh’s und Tibbo’s, die häufig mit
den Kaffern verwechſelt werden. Die Kaffern haben
eine europäiſchen Stirn und Naſe und wolliges Haar. Die
Neu-Irländer mit ſchwarzen Bärten und wollen Haaren
haben gleichfalls eine europäiſche Naſe. Hieraus ſehen
wir, daß die Bedingungen des Baues der ſchwarzen Race
ſehr verſchieden ſind.
Wenn man einen Meridian durch die Mitte von Neu-Guinea
zeiht, ſo iſt der öſtliche Theil der Inſel mit ſchwarzen, der weſt-
liche mit gelben Menſchen bewohnt. Die Negritos der Philippine
in der Südſee, die ganz ſchwarz ſind, leben im Innern und ſind
von weißen Malaien eingeſchoſſen, wie ſchon Forſter entdeckte.
Für Lapeyrouſe war es unglücklich genug, daß er nicht
einige 20 Meilen öſtlicher bei den Tropes ſtrandete, die im
Vergleich zu denen die ihn opferten, ein ſehr friedliebender
Völkerſtamm iſt. – Die ſchönſten Bewohner der Süd-
ſee ſind die der Neu-Carolinen. Herr Gernat fand daß
ſie in der Knochenbildung viel Aehnlichkeit mit den kauka-
ſiſchen Völkern haben. Zu ihnen würden alle gehören
die bis zu den Sandwichs- und Freundſchaftsinſeln wohnen.
Trennt man die Amerikaner von den Mongolen und
Malaien, ſo ſind dies die Blumenbachſchen Racen. Die
Amerikaner bewohnen den größten Theil der Erde, der
ſo abgeſondert liegt. In der Sprache haben ſie ſowohl
durch Wurzeln wie durch grammatikaliſchen Formeln mit den
kaukaſiſchen Völkern die nächſte Aehnlichkeit, doch ſind
nur die nördlichſten Völker kaukaſiſcher Abkunft, wie
die Schutſchuks, Eskimos und Grönländer. Letztere haben
durch ihre gelbe Farbe Zweifel erregt, doch rührt dieſe
von dem Schmutz und dem Thrane her, womit ſie ſich ſchmieren
denn die Kinder werden ganz weiß geboren. Dies ver-
leitete auch Blumenbach ſie zu den Lappländer zu rech[nen]
die aber finniſcher Abkunft ſind. Die Eskimos bewohnen
den ganzen nördlichen Theil von Amerika, und von ihnen
ſtrandeten einige 1682 und 84 (?) an der britanniſchen
Küſte. Verſchieden aber von ihnen ſind die Indianer
welche dem Königs von Frankreich Quintin Metellus Celer ?
vorgeſtellt wurden, eine Verwechſelung die von holländiſchen
Philologen herrührt.
Unter den Ureinwohnern von Amerika iſt in Hinſicht der
Farbe ein großer Unterſchied, denn die Menſchen ſind ſo unter
einander umhergeſchoben, daß die nördlichen Mexicaner, welche
6–7000′ hoch leben, wo ein ſehr mildes Klima herrſcht, ſehr
ſchwarz ſind, dagegen in den warmen Ebenen ziemlich weißen
Menſchen leben, z. B. die Guainas blancas am Orinoko,
die in den Urwälder wohnen. Was die Wunderbarkeit
des Schädels an betrifft, der bei den Caraiben beſonders
auffallend erſcheint durch die zuſammengedrückte Form, ſo iſt
dies nur als ein Werk der Kunſt anzuſehen. Ich ſelbſt war
Augenzeuge, daß die Köpfe der Kinder zwiſchen 2 Bretter
gelegt wurden, um ihnen dieſe Form zu geben. Ebenſo wird
bei ihnen das Muskelfleiſch wellenförmig gedreht, was
[a]ber beides nach Herodot ſchon früh die Völker des
innern Aſiens thaten.
Auf der Weſtküſte von Nordamerika in Norfolk-Sund,
das man auch das ruſſiſche Amerika nennt, findet ſich
nach Marchand eine blauäugige Menſchenrace, was ſehr
merkwürdig iſt; ſchon früher ſind ſie von ſpaniſchen Schrift-
ſtellern erwähnt, und es iſt vielleicht möglich, daß ſie
früher mit den indogermaniſchen Stämmen im Zuſammenhange
ſtanden. – Eine ſonderbare Form der Geſichtſtheile
muß ich noch erwähnen, die ſich in den amerikaniſchen Monu-
menten mit großen Habichtsnaſen findet. An den
Monumenten von Guatimala und den Ruinen von Palente
ſind Kinder dargeſtellt, die einem Kreuze vorgehalten
worden, und wo alle Figuren dieſe entſetzliche große
Naſen haben, die nach unſern Begriffen die Natur
wohl ſchwerlich hervorgebracht hat. Und doch ſollte man
faſt glauben daß es ſolche Menſchenſtämme gegeben hat,
da manches dafür ſpricht. – Auch in allen mexica-
niſchen Mythen, haben die Perſonen alle ſolche Naſen;
der Coxcox ſowohl, wie der amerikaniſchen Venus iſt ſie zu-
getheilt. Eine Sprachenunterſuchung, ob die Malaiſe mit denen
in Oſtaſien und Amerika Aehnlichkeit habe, iſt von meinem
Bruder geſchehen. Es finden ſich wohl viele Analogien,
die aber im Grammatiſchen liegen.
Wenn wir das älteſte der Geſchichte betrachten, was
die Aſtronomen aufbewahrten, ſo gab es ſchon dieſe ver-
ſchiedenen Menſchenſtämme. Und wenn die Afrikaner auch
ſchwarz waren, ſo können wir es nicht von den Aegyptern
glauben, da die großen Mumien als Reſte dieſer Völ-
ker kaukaſiſchen Urſprungs zu ſein ſcheinen.
Unter allen Völkern ſehen wir die Kultur zuerſt
in Indien am Euphrat auflodern, ſei es durch Keilſchriften
oder durch Bauten, wie die Römer von Perſepolis noch jetzt
zu uns reden, in denen noch 3 Keilſchriften ſich finden. Von
Thurm zu Babel hat man neuerdings beträchtliche Monu-
mente entdeckt, wo auch ſchon Keilſchriften vorkommen,
aber verſchieden von denen zu Perſepolis. Mit dieſen
Reſten der Kultur in Indien, Oberägypten, China,
Hellas u. ſ. w. geht es uns ebenſo wie mit den Himmels-
körper, deren Intenſität des Lichts wir wohl unter-
ſcheiden, aber ihre Entſtehung nur muthmaßen können.
Wir wiſſen nicht, ob die chineſiſche Kultur älter als die
aegyptiſche iſt, oder ob Indien der belebende Punkt beider
war. Bei dem Verſchwinden der Abſtammung ſelbſt,
müſſen wir uns an das Verhältniß der Menſchenſtämme
halten, was die Intelligenz als Producte hervorbrachte. –
So ſehen wir auch bei Völkern die eine Kaſtenkultur
hatten, die Despotismus permanent blieb, und bei
allen dieſen mongoliſchen Völkern war er eine Folge
des Hirtenlebens. Wenn man den Zuſtand von
Hellas mit Aegypten und China vergleicht, wo ſchon in
frühen Zeiten alles was Straßenbau und Kunſt be-
trifft zum großen Ziel gedieh, ſo erkennen wir doch nur
die ſchönſte Blüthe der Kultur bei den Völkern, die
eine Freiheit dem Individuum geben, wie ſie in Griechen-
land ſich ausbildete, und zu den Germaniern überging.
Geſchloſſen den 26ten Apr 1828.
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