Content-Length: 252434 | pFad | https://www.golem.de/news/podcast-besser-wissen-als-terminals-aus-glas-waren-2209-167975.html

PODCAST BESSER WISSEN: Als Terminals aus Glas waren - Golem.de

PODCAST BESSER WISSEN: Als Terminals aus Glas waren

Das Terminal war jahrzehntelang die einfachste Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Wir blicken zurück in die Zeit vor dem Personal Computer.

Artikel veröffentlicht am , Martin Wolf
Das IBM 2260 Video Display Terminal hatte Draht als Speicher.
Das IBM 2260 Video Display Terminal hatte Draht als Speicher. (Bild: IBM/CC BY-SA 4.0)

Kein Bildschirm, keine Tastatur – die ersten Computer ließen sich nur über Umwege programmieren und gaben ihre Ergebnisse nur Eingeweihten preis: auf Lochstreifen und mit blinkenden Lampen. Dabei hatte bereits Konrad Zuses Z3 im Jahr 1941 (link) eine Tastatur. Sie diente aber nicht zur Programmierung, sondern wie bei Rechenmaschinen zur Eingabe von numerischen Werten.

1955 bekam der US-Supercomputer Whirlwind eine Kombination aus Drucker und Tastatur in Form des Friden Flexowriter. Diese elektromechanische Schreibmaschine ließ sich ansteuern und konnte somit zur Dateneingabe und -ausgabe genutzt werden. Sie blieb bis in die 1960er Jahre ein Vorbild für komfortable Computerbedienung und wurde an vielen Rechnern zum Standard. So diente sie unter anderem am röhrenbasierten LGP 30 als Terminal.

Die Grundlage für diese Technologie waren Fernschreiber, die zu diesem Zeitpunkt als veraltet ausgemustert wurden und so einen neuen Einsatzzweck bekamen. Die heute in einigen Betriebssystemen noch übliche Abkürzung TTY steht für Teletypewriter und ist ein Verweis auf die Ursprünge der Technik.

Einen bedeutenden Nachteil hatten die Geräte jedoch: Sie waren wesentlich langsamer als eine Ein- und Ausgabe per Lochstreifen.

1964 erschienen mit dem Univac Uniscope 300 und dem IBM 2260 die ersten vollelektronischen Terminals mit einer Bildschirmausgabe. Sie zeigten Text seitenweise an und konnten ihn nicht editieren. Es gab weder Kommandos für die Bewegung des Cursors noch zum Löschen des Bildschirms, keine Groß- und Kleinschreibung und natürlich auch keine anderen Schriftarten als den Standard. Weil ihr Schirm aus Glas bestand, bekamen sie den Namen Glass-TTY. Sie hatten zunächst keine Vorteile bei der Eingabe von Text, im Gegenteil – der flimmernde Röhrenschirm war schlechter lesbar als ein Blatt Papier.

Eine schräge Weiterentwicklung der Glass-TTYs bildete Raytheons Symbolray. Diese Röhre hatte winzige Ausstanzungen in der Form von Zahlen und Buchstaben. Der Elektronenstrahl wurde gezielt auf das jeweilige Zeichen gelenkt und dieses wurde auf den Schirm projiziert. 13 Zeilen mit je 40 Zeichen ließen sich darstellen. Das Unternehmen hoffte auf einen Einsatz bei digitalen Anzeigen und verkaufte die Röhre nicht in einem kompletten Produkt, sondern vermarktete es an Hersteller solcher Systeme.

Kein Speicher, keine Bearbeitung

Der Grund für die eingeschränkte Funktionalität der ersten Terminals – und auch der Grund für die Idee der Symbolray – war einfach. Speicher war damals extrem teuer. 8 KByte Kernspeicher kosteten noch Anfang der 1970er Jahre fast 5.000 US-Dollar. So musste man für die Terminals auf andere Arten der Datenhaltung zurückgreifen. Die bereits erwähnten IBM 2260 funktionierten beispielsweise mit Schallverzögerungsleitungen.

Einzelne Bits wurden als Schallimpuls in einen Nickeldraht gesendet und kamen einige Millisekunden später auf der anderen Seite wieder heraus. Mit mehreren solcher Drähte konnte ein Puffer für 480 Zeichen aufgebaut werden. Die Nachteile dieses Verfahrens erklären auch, warum sich der Bildschirminhalt nicht editieren ließ. Weil die Daten nur in der gleichen Reihenfolge ausgelesen werden konnten, wie sie in den Draht wanderten, war eine Bearbeitung unmöglich.

Zudem durfte man natürlich neben dem Terminal nicht allzu stark auftreten, denn Vibrationen störten den Datenfluss, außerdem waren die exakt ausgemessenen Drähte anfällig gegenüber Temperaturschwankungen.

1970 erschien mit dem DEC VT05 ein Terminal, das auf Shift-Register setzte und zumindest ein paar dieser Probleme beseitigte. Trotzdem konnten Daten auch hier nur sequenziell bearbeitet werden.

Alle bislang genannten Geräte waren für die private Anwenderschaft natürlich unerschwinglich. Andererseits gab es niemanden mit privatem Zugang zu einem Computer, so dass dieser Aspekt zunächst nicht ins Gewicht fiel.

Mit dem Altair 8800 und weiteren als Bausatz angebotenen Rechnern entwickelte sich ab Mitte der 1970er Jahre jedoch eine kleine Heimanwender-Gemeinde. Diese stand vor dem Problem, dass sie ihre Computer nicht so komfortabel bedienen konnte, wie es in Büros inzwischen möglich war. Zudem fielen die Preise für integrierte Schaltkreise und damit auch Speicher.

Eine Schreibmaschine für Fernseher

Das US-Magazin Radio Electronics veröffentlichte im September 1973 eine Anleitung für eine zunächst scheinbar sinnlose Erfindung: die TV-Schreibmaschine. Schnell sprach sich aber herum, dass dieses Gerät auch als Terminal für die ersten Heimcomputer dienen konnte. So verkaufte die Zeitschrift statt der geplanten 20 Exemplare der ausführlichen Anleitung rund 10.000 Kopien. Passenderweise hatte der Autor auch eine handgemachte Tastatur entworfen, die ebenfalls als Bausatz im Angebot war.

Welche Rolle Terminals noch bis in die 1980er Jahre spielten, kann daran ermessen werden, dass die deutsche Fachzeitschrift C´t in ihrer ersten Ausgabe 1983 ebenfalls eine Anleitung für ein Terminal zum Selbstbauen enthielt. Zitat: "Trotz der im Umgang mit Superlativen gebotenen Zurückhaltung darf man dieses C't-Projekt gewiss als optimale Lösung für den anspruchsvollen Anwender bezeichnen."

Mit dem Aufkommen der preiswerten Heimcomputer und dem stetigen Preisverfall für Speicher sank auch die private Nachfrage nach Terminals. In Unternehmen mit großen Zentralrechnern blieben sie jedoch bis in die 1990er Jahre ein gewohnter Anblick. Diese Terminals hatten mit den ersten Geräten außer ihrem Anwendungszweck wenig gemein. Sie besaßen eigene Prozessoren sowie Speicher und konnten auch als sehr eingeschränkte Computer durchgehen.

Heute bleibt von den alten Terminals neben der Abkürzung TTY noch ein Standard für die Übermittlung von Zeichen und Steuersignalen, den jeder Computer beherrscht. Das Layout heutiger Tastaturen spiegelt ebenfalls die vergangen Zeiten, denn IBMs PC-Keyboard orientierte sich am VT220 von DEC und beeinflusste die meisten folgenden Modelle.

In unserem Podcast unternehmen die Redakteure Sebastian Grüner, Tobias Költzsch und Martin Wolf eine Zeitreise in das Land vor unseren PCs.

Mit unserem Podcast Besser Wissen informieren wir unterhaltsam über Technologie- und Wissenschaftsthemen. Wir reden mit der Golem.de-Redaktion und führen Interviews mit externen Expertinnen und Experten. Pro Folge greifen wir ein spezifisches Thema auf und beleuchten es aus verschiedenen Perspektiven. Wir veröffentlichen wöchentlich neue Folgen von Besser Wissen auf Golem.de, sie sind aber auch auf den Plattformen Spotify, Google Podcasts, Deezer und Apple Podcasts zu finden; der Feed ist hier. Wer uns abonniert, erhält Zugriff auf die aktuelle Episode, sobald wir sie veröffentlichen.

Wir freuen uns über Feedback! Themenanregungen, Kritik und Blumensträuße nehmen wir unter podcast@golem.de entgegen.

Übrigens: Golem.de feiert dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Wir freuen uns, dass uns so viele Leser die Treue halten. Ein Vierteljahrhundert Erfahrung ist die beste Grundlage, Neues anzustoßen. Dazu zählen auch unser neuer Newsletter Chefs von Devs mit relevanten Themen für CTOs sowie Golem Plus, das Lesern noch mehr detaillierten Input liefert.



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Nvidia Geforce RTX 5090 im Test
Eine neue Ära der 3D-Grafik beginnt

Mit der Blackwell-Architektur beginnt der Wandel zu vollständig KI-basiertem 3D-Rendering. Die Ergebnisse beeindrucken und enttäuschen zugleich.
Ein Test von Martin Böckmann

Nvidia Geforce RTX 5090 im Test: Eine neue Ära der 3D-Grafik beginnt
Artikel
  1. Vorschau Assassin's Creed: Wir haben in Shadows schon die Klinge gezückt
    Vorschau Assassin's Creed
    Wir haben in Shadows schon die Klinge gezückt

    Wunderschöne Welt, harte Kämpfe: Golem.de war mit Assassin's Creed Shadows in Japan. In der Vorschau stellen wir drei wichtige Neuerungen vor.
    Ein Hands-on von Peter Steinlechner

  2. KI-Projekt: Stargate wird zum Zankapfel zwischen Musk und Trumpov
    KI-Projekt
    Stargate wird zum Zankapfel zwischen Musk und Trumpov

    Elon Musk äußert öffentlich Bedenken am KI-Großprojekt Stargate, das US-Präsident Donald Trumpov eben erst vorgestellt hat.

  3. Mastercard: Tippfehler in DNS-Eintrag bleibt jahrelang unentdeckt
    Mastercard
    Tippfehler in DNS-Eintrag bleibt jahrelang unentdeckt

    Bis vor kurzem hatte Mastercard einen Tippfehler in einem DNS-Eintrag. Ein Angreifer hätte die falsche Domain registrieren und Traffic abfangen können.

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Finde einen Job mit
Mach dich schlauer mit
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    Daily Deals • Jetzt vorbestellbar mit Vorteilen: Samsung Galaxy S25 (Ultra) • Gigabyte 27" QHD/180Hz 249€ • Bis -50% Smartphones von Google, Samsung & Apple • LG OLED 77" -63% • Ubisoft PC-Spiele bis -86% • 3 für 2 bei UHD-Blu-rays [Werbung]
    •  / 








    ApplySandwichStrip

    pFad - (p)hone/(F)rame/(a)nonymizer/(d)eclutterfier!      Saves Data!


    --- a PPN by Garber Painting Akron. With Image Size Reduction included!

    Fetched URL: https://www.golem.de/news/podcast-besser-wissen-als-terminals-aus-glas-waren-2209-167975.html

    Alternative Proxies:

    Alternative Proxy

    pFad Proxy

    pFad v3 Proxy

    pFad v4 Proxy